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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 25/2017

Der Fall Tön­nies: Jetzt zah­len alle für einen Feh­ler + GmbH-Finan­zen: Es gilt das Klein­ge­druck­te + Urlaubs-Aus­hil­fen: Was geht und was es kos­ten darf + GF/Personal: Mit­ar­bei­ter muss Urlaubs-Anspruch nach­wei­sen + GF/Marketing: Wer­be­kos­ten wer­den 2018 ent­las­tet + GF/Rewe: Steu­er­prü­fer prüft GmbH-Immo­bi­len + GmbH-Finan­zen: Klei­ne­re Anschaf­fun­gen müs­sen bis 2018 war­ten +

BISS die Wirtschaft-Satire

 

 

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Frei­burg, 23. Juni 2017

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

über den Schal­ke-04-Mäzen und Fleisch­fa­bri­kant Cle­mens Tön­nies und des­sen fami­liä­re Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Herr­schaft im Tön­nies-Fleisch- und Wurst-Impe­ri­um haben wir an die­ser Stel­le bereits mehr­fach berich­tet (vgl. zuletzt Nr. 40/2016). Aber nicht nur in die­ser Sache hat sich der Unter­neh­mer immer wie­der als gewief­ter Tak­ti­ker bewie­sen. Auch in den gegen sei­ne Unter­neh­men geführ­ten Kar­tell­ver­fah­ren ließ sich Cle­mens Tön­nies die Wurst nicht vom Brot neh­men: Immer wie­der schafft es der Unter­neh­mer, Kar­tell­stra­fen abzu­weh­ren, indem er sei­ne Unter­neh­men so umstruk­tu­rier­te, dass die Durch­setzung von Buß­gel­dern nicht mög­lich war (vgl. Nr. 27/2015). Jetzt hat der Gesetz­ge­ber reagiert und die bestehen­de gesetz­li­che Lücke geschlos­sen. Seit Anfang Juni gel­ten neue Kar­tell-Vor­schrif­ten (9. Novel­le des Geset­zes gegen Wett­be­werbs­be­schrän­kun­gen).

Danach gilt: Kar­tell­stra­fen kön­nen grund­sätz­lich auch im Unter­neh­mens­ver­bund durch­gesetzt wer­den. Danach haf­tet die Kon­zern-Ober­ge­sell­schaft z. B. für ent­spre­chen­de Buß­gel­der, die gegen Toch­ter­ge­sell­schaf­ten oder ver­bun­de­ne Unter­neh­men fest­ge­setzt wer­den. Das gilt auch für Rechts­nach­fol­ger für den Fall der Unter­neh­mens­fort­füh­rung nach einer Sanie­rung oder einer Umstruk­tu­rie­rung. Fak­tisch bedeu­tet das, dass es in Zukunft kaum noch mög­lich ist, durch „Gestal­tun­gen“ Buß­gel­der wegen Kar­tell­ver­ge­hen zu umgehen.

Fazit: Hier hat Tön­nies sei­ne Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten überzogen.

Aller­dings – die Zeit der hohen, fast alle Bran­chen betref­fen­den Buß­geld-Fes­t­­set­zun­gen ist erst ein­mal aus­ge­stan­den. Die wirt­schafts­po­li­ti­schen Rah­men­be­din­gun­gen haben sich in den letz­ten Jah­ren geän­dert (vgl. Nr. 24/2017). Der Fokus der Kar­tell­wäch­ter ver­schiebt sich zuneh­mend auf den Bereich der (grenz­über­grei­fen­den) Fusi­ons­kon­trol­le beim Zusam­men­schluss / bei der Über­nah­me von markt­be­herr­schen­den Unternehmen.

GmbH-Finanzen: Es gilt das Kleingedruckte

Gewährt eine Bank Kre­di­te von mehr als 750.000 €, ist sie ver­pflich­tet, sich vom Kre­dit­neh­mer die wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se regel­mä­ßig offen legen zu las­sen (§ 18 Kre­dit­we­sen­ge­setz). Ein Kol­le­ge ver­wei­ger­te der Bank kon­ti­nu­ier­lich die Vor­la­ge wirt­schaft­li­cher Nachweise.

Fol­ge: Die Bank kün­dig­te alle bestehen­den Dar­le­hen der GmbH. Der Kol­le­ge ließ das gericht­lich prü­fen. Die Bank bekam Recht. Der Geschäfts­führer muss­te die Kre­di­te der GmbH zurück­zah­len. Neue Kre­di­te wur­den nicht gewährt (OLG Frank­furt, Urteil vom 25.3.2011, 19 U 173/10). Wich­tig:

  • Die Bank ist zur Kün­di­gung von Kre­di­ten berech­tigt, wenn die Kre­dit­sum­me unter dem oben genann­ten kri­ti­schen Betrag laut KWG liegt. Ent­schei­dend ist, ob die Bank in ihren AGB auf die bestehen­den Vor­la­ge­pflich­ten laut KWG ver­wie­sen hat. Ist das der Fall, soll­ten Sie die Vor­la­ge­pflich­ten kor­rekt und von sich aus – also ohne wei­te­re Auf­for­de­rung – erfül­len und den Jah­res­ab­schluss und ande­re ange­for­der­te Unter­la­gen ter­min­ge­recht vorlegen.
  • Die Bank kann die Kre­di­te selbst dann kün­di­gen, wenn das Kre­dit­kon­to nicht oder nie im Soll war und selbst dann, wenn Sie als Kre­dit­neh­mer die Til­gung stets regel­mä­ßig gezahlt haben.
Neh­men Sie die klein gedruck­ten Bank-Kon­di­tio­nen nicht auf die leich­te Schul­ter. Selbst wenn die Bank die im Ver­trag genann­ten Vor­la­gen nicht noch­mals aus­drück­lich ein­for­dert, kann sie ein sol­ches außer­or­dent­li­ches Kün­di­gungs­recht durch­set­zen. Wei­sen Sie die Mitarbeiter/Abteilungen an, die in den Kre­dit­ver­trä­gen ange­for­der­ten Unter­la­gen zeit­nah an die Bank wei­ter­zu­ge­ben. Nut­zen Sie die Über­ga­be der Unter­la­gen (Jah­res­ab­schluss, Geschäfts­be­richt) dazu, den per­sön­li­chen Kon­takt zu Ihrer Haus­bank zu aktua­li­sie­ren und die Bank – ver­trau­ens­bil­dend – über Ihre wei­te­ren Pla­nun­gen zu informieren.

Urlaubs-Aushilfen: Was geht und was es kosten darf 

In den nächs­ten Wochen star­tet Deutsch­land in die Som­mer­fe­ri­en. Wie jedes Jahr wer­den in die­ser Zeit in vie­len Unter­neh­men Aus­hilfs­kräf­te ein­ge­setzt. Wich­tig ist, dass Sie für die Zeit Ihres eige­nen Urlaubs bzw. Ihrer Abwe­sen­heit kla­re Vor­ga­ben machen, wie und wel­che Aus­hilfs­kräf­te beschäf­tigt wer­den dür­fen, z. B. damit nicht zusätz­lich Steu­ern bzw. Sozi­al­ab­ga­ben anfal­len oder arbeits­recht­li­che Vor­schrif­ten ver­letzt wer­den. Danach gilt:

  • Arbeits­recht: Kin­der, die das 15. Lebens­jahr noch nicht voll­endet haben, dür­fen kei­ne regu­lä­ren Jobs aus­üben. Kin­der über 13 Jah­re dür­fen aber zwei Stun­den pro Tag leich­te Tätig­kei­ten, wie das Aus­tra­gen von Zei­tun­gen oder Baby­sit­ten über­neh­men. Jugend­li­che kön­nen einen rich­ti­gen Feri­en­job anneh­men, wenn sie min­des­tens 15 Jah­re alt sind und die Zustim­mung der Eltern haben. Unter­lie­gen die Schü­ler noch der Voll­zeit­schul­pflicht, darf wäh­rend der Feri­en höchs­tens 4 Wochen pro Jahr gear­bei­tet wer­den. Für Schü­ler der höhe­ren Klas­sen ist die Dau­er der Feri­en­ar­beits­zeit nicht begrenzt. Nacht- und Schicht­ar­beit und auch das Arbei­ten an Wochen­en­den und Fei­er­ta­gen ist für Jugend­li­che unter 18 Jah­ren ver­bo­ten. Schul­pflich­ti­ge dür­fen zudem nur zwi­schen 6 Uhr und 20 Uhr arbei­ten. Aus­nah­men: Bäcke­rei­en, Kran­ken­häu­ser, Gast­stät­ten, Landwirtschaft.
  • Sozi­al­ab­ga­ben: Kurz­fris­ti­ge Feri­en­jobs sind sozi­al­ver­si­che­rungs­frei, egal wie viel ver­dient wird. Solan­ge der Schü­ler nicht mehr als 3 Mona­te oder 70 Arbeits­ta­ge im Jahr arbei­tet, fal­len für die Feri­en­jobs kei­ne Abga­ben für die Sozi­al­ver­si­che­rung an. Auch Stu­den­ten kön­nen in den Semes­ter­fe­ri­en ver­si­che­rungs­frei ver­die­nen. Vor­aus­set­zung: Der Job­ber war vor den Feri­en gar nicht oder nicht mehr als 20 Stun­den pro Woche beschäf­tigt. Gene­rell fal­len erst ab dem 51. Arbeits­tag Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge an. Stu­die­ren­de müs­sen aller­dings auch wäh­rend der Feri­en Kran­ken­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge bezah­len. Der Arbeit­ge­ber muss eine kurz­fris­ti­ge Beschäf­ti­gung (Per­so­nen­grup­pe 110) im DEÜV-Ver­fah­ren bei der Mini­job-Zen­tra­le mel­den und im Bei­trags­nach­weis-Ver­fah­ren die Umla­ge U1 (und auch die nur bei einer auf mehr als 4 Wochen befris­te­ten Beschäf­ti­gung), die Umla­ge U2 (Mut­ter­schaft) und die Insol­venz­geld­um­la­ge anzei­gen und zahlen.
  • Steu­ern: Feri­en­jobs sind lohn­steu­er­pflich­tig. Arbeit­ge­ber kön­nen die Lohn­steu­er mit pau­schal 25 Pro­zent über­neh­men. Aller­dings darf die Tätig­keit dann maxi­mal an 18 Tagen im Monat aus­ge­übt wer­den, das Ent­gelt nicht über 68 € pro Tag lie­gen und der durch­schnitt­li­che Stun­den­lohn nicht über 12 €. Für Mini-Job­ber bis 450 €/Monat fällt in den meis­ten Fäl­len außer der 2%-Pauschalsteuer kein Lohn­steu­er an. Ver­dient ein Feri­en­ar­bei­ter über 450 € im Monat, behält der Arbeit­ge­ber die Lohn- und Kir­chen­steu­er sowie den Soli­da­ri­täts­zu­schlag ein. Sofern der Job­ber den steu­er­li­chen Grund­frei­be­trag (Steu­er­klas­se 1: 8.820 + 1.000 € Wer­bungs­kos­ten­pau­scha­le + Son­der­aus­ga­ben Pau­scha­le 36 € + Vor­sor­ge­pau­scha­le höchs­tens 1.900 € = ins­ge­samt 11.756) nicht über­schrei­tet, bekommt er die abge­führ­ten Abzü­ge beim Lohn­steu­er­jah­res­aus­gleich zurück.
  • Unfall­ver­si­che­rung: Wie alle ande­ren Arbeit­neh­mer sind Schü­ler und Stu­die­ren­de wäh­rend eines Feri­en­jobs bei Arbeits­un­fäl­len gesetz­lich ver­si­chertDie Kos­ten trägt allei­ne der Arbeit­ge­ber. Sie müs­sen die Aus­hil­fen an die zustän­di­ge Unfall­ver­si­che­rung mel­den. Vor­sicht ist für Grenz­gän­ger im Aus­land gebo­ten. Der Ver­si­che­rungs­schutz gilt in der Regel nur für Deutschland.

 

GF/Personal: Mitarbeiter muss Urlaubs-Anspruch nachweisen

Wenn ein neu­er Mit­ar­bei­ter Urlaub bean­tra­gen möch­te, gilt: Solan­ge er kei­ne Urlaubs­be­schei­ni­gung des alten Arbeit­ge­bers bei­bringt oder ander­wei­tig nach­weist, ob und wie viel Urlaub bereits gewährt wor­den ist, sind Sie berech­tigt, die Urlaubs­ge­wäh­rung hin­aus­schie­ben. Der Mit­ar­bei­ter kann die­se Urlaubs­be­schei­ni­gung beim alten Arbeit­ge­ber anfor­dern. Die­ser ist ver­pflich­tet, dem Arbeit­neh­mer bei Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses eine Beschei­ni­gung über den gewähr­ten oder abge­gol­te­nen Urlaub aus­zu­hän­di­gen (§ 6 Abs.2 BUrlG). Umge­kehrt gilt das auch für Sie: Auch Sie sind ver­pflich­tet, einem aus­ge­schie­de­nen Mit­ar­bei­ter eine kor­rek­te Urlaubs­be­schei­ni­gung auszustellen.

Die Urlaubs­be­schei­ni­gung muss enthalten:

  • Voll­stän­di­ger Name, falls nötig auch Geburts­da­tum oder Anschrift,
  • Kalen­der­jahr, für das die Beschei­ni­gung aus­ge­stellt wird,
  • Zeit­raum, in dem das Arbeits­ver­hält­nis bestan­den hat,
  • Urlaubs­an­spruch für das Kalenderjahr,
  • Anzahl der für das Kalen­der­jahr gewähr­ten oder abge­gol­te­nen Tage Urlaub (ohne über­tra­ge­nen Urlaub aus dem Vorjahr),
  • Hin­weis auf Umfang des Arbeits­ver­hält­nis­ses, wenn Abwei­chun­gen von der Fünf-Tage-Woche vorliegen.

 

GF/Marketing: Werbekosten werden 2018 entlastet 

Seit 2014 wird die ord­nungs­ge­mä­ße Mel­dung und Abfüh­rung der Bei­trä­ge zur Künstler­sozialversicherung (KSV) durch die Deut­sche Ren­ten­ver­si­che­rung (DR) geprüft. Ziel ist die flä­chen­de­cken­de Prü­fung, die aber auch im abge­lau­fe­nen Geschäfts­jahr 2016 noch nicht durch­ge­setzt wer­den konn­te. Infor­mie­ren Sie sich vor­ab, wel­che Leis­tun­gen bei­trags­pflich­tig sind. Bei­spie­le gibt es auf der Home­page der KSV > www.kuenstlersozialkasse.de. Der  aktu­el­le Bei­trags­satz liegt bei 4,8 % des Auf­trags­vo­lu­mens. Ab 1.1.2018 wird der Bei­trags­satz von 4,8 auf 4,2 % sin­ken. Stich­tag ist jeweils der 31.3.des Fol­ge­jah­res (vgl. Nr. 36/2016). Bis dahin müs­sen Sie die bei­trags­pflich­ti­gen Leis­tun­gen aus dem abge­lau­fe­nen Geschäfts­jahr an die KSV mel­den (Mit­tei­lung des BMAS vom 9.6.2017).

Prü­fen Sie, wel­che Leis­tun­gen Sie ggf. im eige­nen Haus ohne KSV-Bei­trag erstel­len kön­nen, z. B. die For­mu­lie­rung von Wer­be­tex­ten, eige­ne Fotos durch Mit­ar­bei­ter erstel­len, Gestal­tung der Web-Sei­ten durch die eige­ne IT usw.. Kei­ne KSV-Gebüh­ren ent­ste­hen auch dann, wenn Sie KSV-pflich­ti­ge Leis­tun­gen über eine Agen­tur in der Rechts­form GmbH/UG einkaufen.

GF/Rewe: Steuerprüfer prüft GmbH-Immobilen

Nach einem Urteil des FG Düs­sel­dorf kön­nen die Finanz­be­hör­den den Abzug von Auf­wen­dun­gen und Reno­vie­rungs­kos­ten für eine als Gäs­te­haus der GmbH erwor­be­ne Immo­bi­lie als Betriebs­aus­ga­ben ver­wei­gern, wenn es Unklar­hei­ten über die tat­säch­li­che Nut­zung gibt. Im Urteils­fall hat­te der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer eine Woh­nung selbst genutzt und Mit­ar­bei­ter und „nicht dem Unter­neh­men zuzu­ord­nen­de Per­so­nen“ im Gäs­te­haus unter­ge­bracht (FG Düs­sel­dorf, Urteil vom 4.4.2017, 6 K 3320/14 K, F)

Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass die Steu­er­prü­fer nach die­sem Urteil Gäs­te- und Besu­cher­lis­ten akri­bisch nach­prü­fen wer­den. Auch die Eigen­nut­zung durch den/die Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer spricht gegen eine ausschließlich/überwiegend betrieb­li­che Nut­zung. Damit lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung vor. Nach Art (Ein­fa­mi­li­en­haus) und Lage der Immo­bi­lie sprach Eini­ges dafür, dass der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer die Immo­bi­lie auf Kos­ten der GmbH Luxus-sanie­ren woll­te, um die­se anschlie­ßend pri­vat zu nut­zen. Die zwi­schen­zeit­li­che Nut­zung als Gäs­te­haus der GmbH ließ der Steu­er­prü­fer, das FA und jetzt auch das Finanz­ge­richt nicht zu.

 

Eine infor­ma­ti­ve Lek­tü­re wünscht

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst

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