David gegen Goliath: Was tun gegen die Herrschaft des Kleingedruckten? + Verhärtete Fronten: So bleibt die GmbH wenigstens handlungsfähig + KSV: Werbekosten werden 2017 entlastet + Abzeichnen/Anweisen: Warum Ihre Unterschrift lesbar sein sollte + GmbH-Recht: Beschwerde gegen ein Pflichtoffenlegungs-Urteil + Betrug: Vorsicht bei E‑Mails mit dem Absender „Finanzbehörden“ + BISS …
Der Volkelt-Brief 36/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 2. September 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
damit ein Streit zwischen den Gesellschaftern der GmbH nicht zum Schaden des Unternehmens wird, ist in vielen Gesellschaftsverträgen das Schiedsgerichtsverfahren festgeschrieben. Ziele: 1.) der Konflikt zwischen den Gesellschaftern soll ohne langwierige Gerichtsverfahren zügig abgearbeitet werden und 2.) bei der Konfliktlösung soll das Wohl der Gesellschaft und nicht juristische Schlitzohrigkeit entscheiden. Dass so verfahren wird, hat gute Gründe. Wie zermürbend der Rechtsstreit zwischen den Gesellschaftern ausarten kann, lässt sich am Fall des Fleischproduzenten Tönnies verfolgen (vgl. zuletzt Nr. 32/2016). Nach fast drei Jahren ist jetzt die vorletzte juristische Runde erreicht. Der Fall wird wohl schlussendlich vor dem Bundesgerichtshof entschieden. Ob er damit beigelegt ist, ist eine andere Frage.
Wie folgenschwer unklare Vertragsrhetorik sein kann, haben wir im Konflikt zwischen Hersteller VW und den Zulieferer-Betrieben sehen können. Der GAU: Der Image-Schaden für die Beteiligten ist riesig und die Auseinandersetzung um Rendite und Lösungen (Supply Chain Management) ist in die Hände der Juristen bzw. der Gerichte gelegt. Professionell sieht anders aus.
Verhärtete Fronten: So bleibt wenigstens die GmbH handlungsfähig
Erfahrungsgemäß kommt es auch zwischen den Gesellschafter-Geschäftsführern von GmbHs alle 2 Jahre neben den üblichen inhaltlichen Differenzen über Sachfragen zu ernsthaften Konflikten über die Geschäftspolitik. Z. B., ob und welche neuen Mitarbeiter eingestellt werden sollen, wann und wo investiert werden soll oder welche Marketing- und Vertriebsschwerpunkt für die Zukunft gesetzt werden sollen. Einigen sich die Beteiligten nicht auf eine Zielrichtung, kommt es zu Problemen. Passiert das in der Zweipersonen-GmbH, ist absehbar, dass für den Kompromiss bereiten Gesellschafter irgendwann „das Ende der Fahnenstange erreicht“ ist und er einer konstruktiven Beschlussfassung nicht mehr zustimmt. Ist im Gesellschaftsvertrag einer solchen GmbH keine Klausel zur Beendigung der Gesellschaft vereinbart, kann das ziemlich aufreibend werden. Aus der Praxis sind Fälle bekannt, in denen über Jahre hinweg prozessiert wurde und die Geschäfte der GmbH auf der Strecke blieben. Grund dafür war die jahrelange Rechtsauffassung zur Abberufung des Geschäftsführers in der Zweipersonen-GmbH. Die Gerichte ließen die Abberufung eines Geschäftsführers nur dann zu, wenn ihm ein schuldhaftes Verhalten nachzuweisen war.
Beispiel: Es bestehen unterschiedliche Auffassungen über die zukünftigen Geschäfte. Laut Gesellschaftsvertrag können die Geschäftsführer nur gemeinsam handeln (Gesamtvertretungsberechtigung) und nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Damit der Vertrag mit einem neuen Geschäftspartner abgeschlossen werden kann, beschließt der Gesellschafter-Geschäftsführer mit seiner 51 % – igen Mehrheit seinen Mit-Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund abzuberufen – nur so lässt sich seiner Meinung nach der weitere Bestand der GmbH sichern. Der abberufene Geschäftsführer klagt dagegen. Er bekommt Recht, weil kein schuldhaftes Verhalten vorliegt. Der Geschäftsführer bleibt im Amt. Die geplante Neuausrichtung der GmbH kommt nicht zustande.
Die Rechtslage: Laut Bundesgerichtshofs (BGH) kann der (Gesellschafter-) Geschäftsführer aber bereits dann abberufen werden, wenn die Geschäftsführer untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist (z. B. BGH, Urteil vom 12.01.2009, II ZR 27/08). Damit kann zumindest der Mehrheits-Gesellschafter-Geschäftsführer ab sofort die Handlungsfähigkeit der GmbH bei Zerstrittenheit mit seinem Mit-Gesellschafter schneller wieder herstellen. Den Beweis dafür, dass „Zerstrittenheit“ vorliegt, ist sehr viel einfacher zu führen. Dazu genügt es, wenn Sie z. B. dokumentieren können, dass Verträge nicht zustande kamen, weil der Minderheits-Gesellschafter die Zustimmung verweigerte.
KSV: Werbekosten werden 2017 entlastet
Seit 2014 wird die ordnungsgemäße Meldung und Abführung der Beiträge zur Künstlersozialversicherung (KSV) durch die Deutsche Rentenversicherung (DR) geprüft. Ziel ist die flächendeckende Prüfung, die aber im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015 noch nicht durchgesetzt werden konnte. Informieren Sie sich vorab darüber, welche Leistungen beitragspflichtig sind. Beispiele gibt es auf der Homepage der KSV > www.kuenstlersozialkasse.de > Downloadbereich für Unternehmen und Verwerter. Der aktuelle Beitragssatz liegt bei 5,2 % des Auftragsvolumens. Ab 1.1.2017 wird es hier eine Entlastung geben. Der Beitragssatz wird von 5,2 auf 4,8 % abgesenkt. Stichtag ist jeweils der 31.3.des Folgejahres (vgl. Nr. 13/2016). Bis dahin müssen Sie die beitragspflichtigen Leistungen aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr an die KSV melden.
Abzeichnen/Anweisen: Warum Ihre Unterschrift lesbar sein sollte
Sie kennen das von Arzt-Rezepten oder von einer der Ihnen vorgelegten Krankschreibungen. Die Handschrift darauf kann niemand entziffern und Sie können nur hoffen, dass der Drogerist Ihnen das richtige Medikament verabreicht. Das Thema hat einen ernsthaften Hintergrund. Und zwar dann, wenn Sie einem Mitarbeiter kündigen. Gesetzgeber und die Arbeitsgerichte verlangen von Ihnen die Einhaltung strenger Formvorschriften und Form-Vorgaben. Eine davon betrifft Ihre Unterschrift unter das Kündigungsschreiben. Zum einen müssen Sie eigenhändig unterschreiben – als vertretungsberechtigter Geschäftsführer im Auftrag des Arbeitgebers. Mehr noch: Die Gerichte verlangen, dass Sie das Kündigungsschreiben mit einer „erkennbaren“ Unterschrift zeichnen. In einem Urteil des ArbG Berlin heißt es: „Ein Handzeichen oder ein Kürzel sind nicht ausreichend“. Die zu lässig abgezeichnete Kündigung ist unwirksam (LAG Nürnberg, Urteil vom 18.04.2012 – 2 Sa 100/11). Auf eine Korrektur dieser Rechtslage durch das Bundesarbeitsgericht sollten Sie nicht hoffen. Die Bundesrichter sehen das nicht anders (Aktenzeichen: 6 AZR 519/07).
GmbH-Recht: Beschwerde gegen ein Pflichtoffenlegungs-Urteil
Hat das LG einem Ablehnungsgesuch gegen ein Urteil zur Pflichtoffenlegung nicht stattgegeben, ist eine Rechtsbeschwerde als Rechtsmittel dagegen nur zulässig, wenn das Gericht die Beschwerde ausdrücklich zugelassen hat (OLG Köln, Beschluss vom 7.6.2016, 28 Wx 15/16).
Betrug: Vorsicht bei E‑Mails mit dem Absender „Finanzbehörden“
Die Finanzverwaltungen warnen erneut alle Steuerzahler – auch Unternehmen – vor nicht autorisierten, betrügerischen E‑Mails, die vermeintliche Steuerrückzahlungen ankündigen und die es ausschließlich auf vertrauliche Informationen wie Steuernummer, Kreditkartennummern oder PINs abgesehen haben. Die Länder-Finanzbehörden und das Bundeszentralamt für Steuern weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Finanzbehörden solche vertraulichen Informationen nie per E‑Mail versenden oder abfragen.
Mit besten Grüßen
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur