Geschäftsführung: Die (berechtigten) Ängste des Geschäftsführers vor den Herren von den Consultings + Outing: Manager haben Burnout – Geschäftsführer müssen durchhalten + Weniger Bürokratie: IHK muss abspecken + GmbH-Verkauf: So schützt sich der Minderheits-Gesellschafter + Wirtschafts-Recht: Miet- und Pachterhöhung für die GmbH-Immobilie + Steuer: VGA bei Verzicht auf ein GmbH-Darlehen + Bürokratie: Strafzinsen unter Dauer-Beschuss + BISS …
Der Volkelt-Brief 15/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 8. April 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
zuletzt hatten wir in Ausgabe 44 + 45/2015 über eine Bilanzfälschung, deren Folgen und die Rolle und Haftung der Geschäftsführung berichtet. Die Eigentümer des mittelständischen Beleuchtungs-Herstellers Hess wollten mit dem Börsengang und dem damit verbundenen Verkauf ihrer Anteile das „ganz große Rad“ drehen. Unterdessen läuft der Prozess wegen Bilanzfälschung. Die finanziellen Zukunfts-Aussichten der ehemaligen Eigentümer auf Ruhe und Wohlstand sind dabei aber auf jeden Fall besser als die Chancen der handelnden (Fremd-) Geschäftsführer, die vor Gericht die Verantwortung für Bilanzfälschung und Insolvenzverschleppung übernehmen müssen.
Mit der mittelständischen Steilmann-SE gibt es jetzt schon wieder einen prominenten Ausfall-Kandidaten. Wenige Monate nach dem Börsengang muss das Unternehmen jetzt Insolvenz anmelden. Vorsicht: Das Ganze hat System. Dabei ist der Geschäftsführer die Soll-Bruchstelle. Worauf müssen Sie achten? Problematisch wird es für die Geschäftsführung immer dann, wenn die Gesellschafter externe Berater ins Unternehmen holen. Besonders hellhörig sollten Sie werden, wenn die Eigenkapitalquote ausschließlich bilanziell – also durch Umbuchungen – aufgebessert wird, ohne dass tatsächlich Kapital zugeführt wird oder die verbesserte Quote auf eine nachhaltige Entwicklung der Geschäfte zurückzuführen ist.
Outing: Manager haben Burnout – Geschäftsführer müssen durchhalten
Derzeit plaudern ausgeschiedene Top-Manager in der ARD-Serie Einsame Spitze (montags 22.45 Uhr) über ihre beruflichen Biografien, über Probleme und Schwierigkeiten im Berufsleben und die Verhältnisse hinter den verschlossenen Türen der Chef-Büros. Dabei geht es um einsame Entscheidungen, den richtigen Umgang mit Fehlern und deren Auswirkungen auf die Psyche und die gesundheitliche Befindlichkeit (Stress, Burn-out) der Unternehmenslenker. Herbert Henzler, Ex-Europa-Chef von McKinsey, beklagt: „Eigene Schwächen zuzugeben, ist sehr schwer. Wer Schwächen zeigt wird ausgetauscht“. Bert Bleicher, 2‑maligen Manager des Jahres, stellt fest: „Wer Fehler macht, bekommt statt sozialer Achtung soziale Ächtung“. Die Kehrseite dieser Medaille: Nach einer Kienbaum-Befragung aus dem Herbst 2015 interessieren sich unterdessen fast 50 % aller Hochschulabsolventen nicht (mehr) für eine Führungskarriere.
Fakt ist zudem, dass immer mehr (Fremd-) Geschäftsführer und Junioren/-innen in der 2. und 3. Unternehmergeneration die Schule internationaler Consulting- und Beratungs-Unternehmen durchlaufen, dort ihr Führungshandwerkszeug erlernen und nach wie vor immer noch eine überwiegend funktional orientierte Führungskultur trainieren.
Fakt ist aber auch: Die meisten Geschäftsführer kleinerer Unternehmen haben gar nicht die Zeit und den Apparat, sich um eine solche Fehlerkultur mit weißer Weste zu kümmern. Fehler werden unmittelbar offensichtlicht und müssen umgehend nachgebessert werden. Die meisten Chefs, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, haben keine Probleme damit, eigene Versäumnisse (meistens: Kommunikation, fehlende oder unvollständige Dokumentation) oder eigenes Fehlverhalten (Überforderung von Mitarbeitern) einzusehen, zuzugeben oder darüber zu sprechen. Im Gegenteil: Es herrscht eine Kultur, die sich mit „Fehler müssen sein, um besser zu werden“ am besten beschreiben lässt. Ärgerlich wird es nur dann, wenn der gleiche Fehler zweimal gemacht wird – von den gleichen Leuten. Spätestens dann muss der Geschäftsführer einschreiten. Die meisten Kollegen handhaben das auch so.
Weniger Bürokratie: IHK muss abspecken
Nicht wenige der Unternehmen, die Pflichtmitglied der IHK sind, sind mit der Arbeit und dem Leistungsangebot dieser Verbände unzufrieden. Bisher endeten alle Versuche, die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft abzuschaffen, vor den Gerichten ergebnislos. Jetzt scheinen andere Versuche erfolgreicher: So wurde jetzt durchgesetzt, dass sich die Dachorganisation DIHK mit allgemeinpolitischen Stellungnahmen zurückhalten muss. Ansonsten kann jedes Pflichtmitglied verlangen, dass seine IHK aus dem DIHK austritt (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.3.2016, 10 c 4.15). Das gilt insbesondere dann, „wenn der DIHK die Interessen der Kammern einseitig oder unvollständig repräsentiert, namentlich beachtliche Minderheitspositionen übergeht, oder wenn die Art und Weise seiner Äußerungen den Charakter sachlicher Politikberatung verlässt und die Gebote der Sachlichkeit und Objektivität missachtet“.
GmbH-Verkauf: So schützt sich der Minderheits-Gesellschafter
Vor dem Verkauf der GmbH oder eines GmbH-Anteils steht die Ermittlung des Preises. Entweder nach dem im Gesellschaftsvertrag festgelegten Verfahren (z. B. vereinfachtes Ertragswertverfahren) oder nach einem Wirtschaftsprüfer-Gutachten oder im sog. Due-Diligence-Verfahren. Letzteres ist sehr aufwändig, komplex, umfasst nahezu alle unternehmensrelevanten und zukunftsbezogenen Größen und ist in der Regel nur für mittelgroße und größere GmbHs geeignet. In der Praxis durchleuchten externe Spezialisten (Wirtschaftsprüfer, Juristen, Steuerberater, aber auch: Versicherungsfachleute usw.) das gesamte Unternehmen.
Risiko: Unternehmensinterna werden öffentlich und können z. B. vom kaufinteressierten Wettbewerber missbraucht werden. Dazu gibt es ein Grundsatz-Urteil des Landgerichts Köln: Danach müssen die Gesellschafter der GmbH zunächst einen Beschluss darüber fassen, ob das Due-Diligence-Verfahren angewandt werden darf. Dieser Beschluss muss – zum Schutz von Minderheits-Gesellschaftern – einstimmig gefasst werden (LG Köln, Urteil vom 26.03.2008, 90 O 11/08).
Wirtschaftsrecht: Miet- und Pachterhöhung für die GmbH-Immobilie
Der Vermieter, der Ihrer GmbH Büroräume / Gewerberäume zur Miete bzw. Pacht überlässt, kann eine Mieterhöhung nicht durchsetzen, wenn er damit begründet, dass er bei einer Neuvermietung/Verpachtung einen höhere Miete/Pacht erzielen kann. Laut OLG Hamm genügt diese Begründung bei Altverträgen nicht für eine Anpassung der Miet-/Pachthöhe (OLG Hamm, Urteil vom 5.1.2016, 10 W 46/15).
Steuer: VGA bei Verzicht auf ein GmbH-Darlehen
Verzichtet die GmbH gegenüber einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person auf Tilgung und Zinsen für ein gewährtes Darlehen, handelt es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Dazu der Bundesfinanzhof (BFH): Die Forderung auf Rückzahlung des Darlehens und die Forderung auf Zahlung der vereinbarten Darlehenszinsen sind getrennt voneinander zu bilanzieren. Dementsprechend schlägt die als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierende Wertberichtigung der Darlehensforderung nicht auf den Ausweis der Zinsforderungen durch (BFH, Urteil vom 11.11.2015, I R 5/14).
Bürokratie: Strafzinsen unter Dauer-Beschuss
Jetzt hat auch der Bund der Steuerzahler (BdS) die Zinspolitik des Bundesfinanzministeriums während der unterdessen seit zwei Jahren andauernden Niedrigzinsphase unter Beschuss genommen (vgl. Nr. 13/2016). BdS-Präsident Holznagel bracht die Kritik auf den Nenner: „Während Sparer sich mit fast gar keinen Zinsen zufrieden geben müssen, langt der Fiskus selbst ordentlich zu“. In den Jahren 2014 und 2015 nahm der Bund aus Strafzinsen zusätzlich insgesamt 1,92 Mrd. EUR ein.
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur