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Volkelt-Brief 11/2016

Volkelt-FB-01Füh­rung: Reden ist G(e)old – Mit­ar­bei­ter­ge­sprä­che sind kei­nes­wegs out + TTIP: Gro­ße Erwar­tun­gen, wenig Effekt und kaum Akzep­tanz + GmbH-Recht: Mit dem Smart­phone in die Sit­zung + Inter­net: Wie viel Klicks hat Ihre Kon­kur­renz? + Mani­pu­lier­te Kas­sen: Auch der Her­stel­ler wird jetzt zur Kas­se gebe­ten + Steu­er: Kos­ten für Geschäfts­füh­rer-Geburts­tag als Wer­bungs­kos­ten + Mar­ke­ting: Spon­so­ring für ein Golf­tur­nier + Geld/Finanzen: Es geht los – Süd­west­bank berech­net Straf­zin­sen + BISS

 

 

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Frei­burg 11. März 2016

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

wie hal­ten Sie es mit Mit­ar­bei­ter­ge­sprä­chen? Mit jedem? Zum Jah­res­an­fang oder zum Jah­res­en­de? Kei­ne Zeit? Unter den Exper­ten wird der­zeit hef­tig über Sinn und Nut­zen dis­ku­tiert. Bei SAP stellt man ab sofort um: Vom Jah­res­ge­spräch mit kon­kre­ten Ziel­ver­ein­ba­run­gen zum situa­ti­ven Gespräch. Eine groß ange­leg­te Stu­die zum Per­so­nal-Mana­ge­­ment (Lin­ked Per­son­nel Panel) belegt das Gegenteil.

Man­ko der Stu­di­en: Unter­sucht wer­den in der Regel gro­ße Unter­neh­men, in denen die Hier­ar­chie über meh­re­re Ebe­nen reicht und ein star­kes mitt­le­res Manage­ment imple­men­tiert ist. Das trifft für die meis­ten mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men aber so nicht zu. Auch in zwei von drei klei­ne­ren Unter­neh­men wer­den Leis­tungs­­­be­ur­tei­lungs-Gesprä­che geführt. Und die Mit­ar­bei­ter hono­rie­ren das. Wo mit­ein­an­der gespro­chen wird, gibt es eine hohr Arbeits­zu­frie­den­heit, die Mit­ar­bei­ter sind enga­giert, die Zustim­mung zum Arbeit­ge­ber ist grö­ßer (Com­mit­ment), die Wechsel­bereitschaft ist gerin­ger und die Mit­ar­bei­ter haben ein höhe­res Inter­es­se an der wei­te­ren Ent­wick­lung der Fir­ma. Eini­ges spricht dafür, das Gespräch als Füh­rungs­in­stru­ment zu nutzen.

Wich­tig ist, dass der Mit­ar­bei­ter das Leis­tungs­be­ur­tei­lungs-Gespräch als sol­ches wahr­nimmt und dass das Gespräch regel­mä­ßig statt­fin­det. Wesent­lich ist eine gute Vor­be­rei­tung –Fak­ten über die Per­son und über die Leis­tun­gen des Mit­ar­bei­ters. Zur Aner­ken­nung und Wert­schät­zung des Mit­ar­bei­ters gehört sach­li­che Kri­tik. Ver­mei­den soll­ten Sie Pole­mik, Wit­zig­keit und Plau­der­ton. Damit wird jedes Gespräch abge­wer­tet. Kon­kre­te Ziel­ver­ein­ba­run­gen sind nur sinn­voll, wenn es um rea­lis­ti­sche und quan­ti­f­zier­ba­re Zie­le geht – was in den meis­ten Fäl­len kaum mög­lich ist. Reden und Zuhö­ren ist so gese­hen G(e)old wert.

TTIP: Große Erwartungen, wenig Effekt und kaum Akzeptanz 

Seriö­se Stu­di­en (z. B. CEPR oder ifo-Insti­tut) erwar­ten aus dem Frei­han­dels­ab­kom­men TTIP zwi­schen der EU und den USA einen jähr­li­chen Wachs­tums­ef­fekt von 0,4 bis 0,5 % für den Euro-Raum bis ins Jahr 2027. Dem steht ein Rück­gang des Leis­tungs­aus­tauschs inner­halb der EU und ins­be­son­de­re mit den süd­eu­ro­päi­schen Län­dern gegen­über. Laut Stu­di­en resul­tiert das Wachs­tum dabei weni­ger aus dem Abbau von Zöl­len denn aus dem Abbau sog. nicht­ta­rifä­rer Han­dels­hemm­nis­se. Dabei geht es um Nor­men, Sozi­al- und Umwelt­stan­dards, Aus­schrei­bun­gen öffent­li­cher Auf­trä­ge, Ver­brau­cher­schutz, aber auch um den Inves­ti­ti­ons­schutz und damit um Ein­grif­fe in die Jus­tiz­ho­heit der Län­der (vgl. Nr. 48/2015).

Fakt ist: Selbst die Exper­ten – sprich Fach­an­wäl­te für Wirt­schafts- und Han­dels­recht – tun sich in der Beur­tei­lung des Ver­trags­werks schwer. Das liegt zum einen dar­an, dass nicht klar aus­ge­wie­sen ist, was bereits beschlos­se­ner Ver­trags­text ist und wel­che Pas­sa­gen noch zur Dis­po­si­ti­on ste­hen. Das liegt aber auch dar­an, dass es ledig­lich streng regle­men­tier­te Ein­sichts­mög­lich­kei­ten in das Ver­trags­werk gibt – so kön­nen nur Par­la­men­ta­ri­er und weni­ge Auto­ri­sier­te das Ver­trags­werk in der eng­li­schen Ori­gi­nal­fas­sung ein­se­hen. Das gibt Kri­ti­kern Recht, die man­gel­haf­te Trans­pa­renz bekla­gen. Auch unse­rer Redak­ti­on ist es bis­lang nicht gelun­gen, sich ein zuver­läs­si­ges, umfas­sen­des und seriö­ses Bild vom geplan­ten Geset­zes­werk zu machen. Eine stich­hal­ti­ge Begrün­dung, war­um die Ver­hand­lun­gen hin­ter strengs­tens ver­schlos­se­nen Türen statt­fin­den, ist u. E. nicht plau­si­bel darzustellen.

In den bis­he­ri­gen 12 Ver­hand­lungs­run­den wur­den tech­ni­sche Norm­fra­gen gelöst (Auto­mo­bil-Stan­dards, Che­mie-Klas­si­­fi­zie­run­gen) und weit­ge­hen­de Einig­keit in Zoll­fra­gen erzielt. Alle wich­ti­gen gesell­schaft­li­chen Aspek­te blei­ben aus­ge­klam­mert. So gibt es kei­ne oder nur wenig Fort­schrit­te bei den The­men IT/Datenschutz oder beim Schutz von Her­kunfts­be­zeich­nun­gen oder Stan­dards für Finanz­dienst­leis­tun­gen. Auch die Fra­ge der Schieds­ge­richts­bar­keit ist wei­ter­hin offen. Alle Betei­lig­ten tun sich schwer, posi­ti­ve Akzen­te für die poli­ti­sche Akzep­tanz zu set­zen. Kom­pro­miss­be­reit­schaft und poli­ti­sches Geschick sind gefragt.

GmbH-Recht: Mit dem Smartphone in die Sitzung

 „In unse­ren Gesell­schaf­ter­ver­samm­lun­gen geht es gele­gent­lich hoch her. Darf der Geschäfts­füh­rer und Lei­ter der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung das Smart­phone für das Pro­to­koll benut­zen?“. Wie sind Pro­to­koll-Mit­schnit­te recht­lich zu beur­tei­len? Wie so oft, gibt es hier kei­ne ein­fa­che JA/N­EIN-Lösung. In der Pra­xis soll­ten Sie fol­gen­de Richt­li­ni­en ein­hal­ten. Zu unter­schei­den ist:

  • In GmbHs mit vie­len Gesell­schaf­tern kann man unter­stel­len, dass ein gewis­ses öffent­li­ches Inter­es­se am ord­nungs­ge­mä­ßen Ablauf der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung besteht. Das betrifft die Doku­men­ta­ti­on der Rede­bei­trä­ge. Dann kön­nen Sie davon aus­ge­hen, dass ein Pro­to­koll mit Smart­phone-Auf­zeich­nung gedul­det wer­den muss.
 Das soll­te zutref­fen für eine GmbH mit mehr als 10 Gesell­schaf­tern und die kei­ne typi­sche Fami­li­en­ge­sell­schaft ist und mehr als 50 Mit­ar­bei­ter hat (Bilanz­sum­me grö­ßer als 6.000.000 €, Umsatz­er­lö­se grö­ßer als 12.000.000 € = mit­tel­gro­ße GmbH nach § 267 Abs. 2 HGB). Hier soll­ten Smart­phone-Mit­schnit­te in der Regel als Beweis­mit­tel aner­kannt werden.
  • Etwas ande­res gilt für klei­ne GmbH und typi­sche Fami­li­en-Gesell­schaf­ten: Teil­neh­mer einer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung brau­chen es nicht hin­zu­neh­men, dass ihre Wort­bei­trä­ge gegen ihren Wider­spruch mit dem Ton­band auf­ge­zeich­net wer­den, wenn es sich um die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung einer Fami­li­en­ge­sell­schaft han­delt (OLG Karls­ru­he Urteil vom 18.12.1997, 4 U 128/97 im Fal­le von Ton­band-Mit­schnit­ten). Spricht sich in einer sol­chen Kon­stel­la­ti­on auch nur ein Gesell­schaf­ter gegen Smart­phone-Pro­to­kol­le aus, so müs­sen Sie das akzeptieren.
Machen Sie den Gesell­schaf­tern vor der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung plau­si­bel, war­um Sie Auf­zeich­nun­gen machen wol­len (Rechts­si­cher­heit, Ver­ein­fa­chung bei der Pro­to­koll­füh­rung, exak­te­re Auf­zeich­nun­gen von Rede­bei­trä­gen als im Schrift-Gedächt­nis­­pro­to­koll usw.). Pro­to­kol­lie­ren Sie die Zustim­mung (aller!) Gesell­schaf­ter. Dann kön­nen Sie selbst­ver­ständ­lich Auf­zeich­nun­gen machen und die Wort­bei­trä­ge spä­ter ver­wen­den. Ist ein Gesell­schaf­ter mit der Auf­zeich­nung nicht ein­ver­stan­den oder schnei­den Sie heim­lich mit, kann der Mit­schnitt nicht als Beweis ver­wen­det werden.

Internet: Wie viel Klicks hat Ihre Konkurrenz?

Die meis­ten Unter­neh­men sind in der Lage, die Reich­wei­te und Akzep­tanz der eige­nen Inter­net-Sei­ten exakt nach­zu­ver­fol­gen. Das betrifft die Zahl der täg­lich auf­ge­ru­fe­nen Web-Sei­ten oder die Zahl der Besu­cher (visits) und die Zahl der ange­schau­ten Sei­ten pro Besu­cher. Es ist mög­lich, die Dau­er des Auf­ent­halts auf den Web-Sei­ten nach­zu­voll­zie­hen oder sich die TOP-10 der auf­ge­ru­fe­nen Web­sites anzei­gen zu las­sen. Dane­ben sind voll­stän­di­ge sta­tis­ti­sche Aus­wer­tun­gen in der Zeit­rei­he mög­lich. Bis dahin, dass jede User-URL ange­zeigt wird und man nach­voll­zie­hen kann, ob die Kon­kur­renz sich in Ihren Web­sites umge­se­hen hat. Als Geschäfts­füh­rer möch­te man selbst­ver­ständ­lich aber auch wis­sen, wie die Web­sites der Kon­kur­ren­ten posi­tio­niert sind. Fra­ge: Wie vie­le User hat die Konkurrenz?

Dazu gibt es kos­ten­freie und jeder­mann zugäng­li­che Ange­bo­te im Inter­net. Z. B. unter www.urlpulse.de kön­nen Sie deut­sche Ziel-Web­adres­sen ein­ge­ben und erhal­ten sofort aus­führ­li­che  Infor­ma­tio­nen über den jewei­li­gen Anbie­ter – von den User­zah­len bis zum Sei­ten-Wert. Aller­dings soll­ten Sie gewis­se Ein­schrän­kun­gen berück­sich­ti­gen. Nicht alle Fir­men kön­nen damit gelis­tet wer­den – es ist mög­lich, eine Wer­tung zu unter­sa­gen. Damit kann sich der Benut­zer schnell einen ers­ten Ein­druck von der Rele­vanz eines bestimm­ten Inter­net-Ange­bots verschaffen.

Manipulierte Kassen: Auch der Hersteller haftet

Der Druck zur Ein­füh­rung mani­pu­la­ti­ons­si­che­rer Regis­trier-Kas­sen-Soft­ware steigt. Bereits jetzt ist der 1.1.2017 für die Bran­chen mit Bar­ge­schäft (Gas­tro­no­mie, Ein­zel­han­del, Tank­stel­len, Markt­be­trei­ber) der Stich­tag zur Umstel­lung (Nr. 6/2016). Laut NRW-Fin­Min liegt die Mani­pu­la­ti­ons­quo­te für Kas­sen in der Gas­tro­no­mie bei 17 % (Durch­schnitt: 3,3 %).

Ach­tung: Jetzt sind die Her­stel­ler von Kas­sen­sys­te­men unter Druck. Laut FG Rhein­land-Pfalz dür­fen die Finanz­be­hör­den sogar den Kas­sen­her­stel­ler für Steu­er­for­de­run­gen in Anspruch neh­men, die beim miss­brau­chen­den (Gas­tro-) Unter­neh­men nicht durch­ge­setzt wer­den konn­ten (FG Rhein­land-Pfalz, Urteil vom 7.1.2015, 5 V 2068/14).

Zwar ist es Wil­le aller Par­tei­en das The­ma noch in 2016 zu erle­di­gen. In der Pra­xis sind die Umstel­lungs­pro­ble­me doch grö­ßer als gedacht, z. B. bei der Anpas­sung bestehen­der Waren­wirt­schafts­sys­te­me an den Insi­ka-Stan­dard. Noch nicht gelöst ist auch, wie die u. U. hohen Umstel­lungs­in­ves­ti­tio­nen für klei­ne­re Unter­neh­men abge­fe­dert wer­den kön­nen (AfA, Zuschuss).

Steuer: Geschäftsführer-Geburtstag und Werbungskosten

Der Geschäfts­füh­rer einer kom­mu­na­len Woh­nungs­bau-GmbH kann die Kos­ten sei­ner Geburts­tags­fei­er als Wer­bungs­kos­ten anset­zen, wenn nur Mit­ar­bei­ter, ehe­ma­li­ge Mit­ar­bei­ter und Mit­glie­der der Orga­ne ein­ge­la­den sind, die Fei­er in den GmbH-Räu­men statt­fin­det und die Kos­ten pro Mit­ar­bei­ter im Rah­men (hier: 35 EUR) blei­ben (FG Rhein­land-Pfalz, Urteil vom 12.11.2015, 6 K 1868/13).

Wol­len Sie die Kos­ten für eine Geburts­tags­fei­er als Wer­bungs­kos­ten anset­zen, soll­ten Sie das dem Finanz­amt gegen­über bele­gen. Und zwar mit dem Ein­la­dungs­text, einer Teil­neh­mer­lis­te und einer aus­führ­li­chen Kos­ten­über­sicht inkl. Berech­nung der Kos­ten pro Teilnehmer.

Marketing: Sponsoring für ein Golfturnier

Betei­ligt sich ein Unter­neh­men an den Kos­ten für die Ver­an­stal­tung eines Golf­tur­niers, sind die Kos­ten Betriebs­ausgaben, wenn damit der Absatz der Pro­duk­te des Unter­neh­mens ver­folgt wird und im Mit­tel­punkt steht (BFH, Urteil vom 14.10.2015, I R 74/13).

Nach wie vor beur­tei­len die Finanz­äm­ter die Kos­ten für Golf­tur­nie­re oder die Kos­ten fürs Gol­fen mit Skep­sis – wäh­rend die Kos­ten für Jagd, Fische­rei und Segel- oder Motor­jach­ten als Reprä­sen­ta­ti­ons­auf­wen­dun­gen und damit betrieb­lich ver­an­lasst aner­kannt wer­den. Ab sofort gibt es die Mög­lich­keit, Kos­ten für´s Gol­fen abzu­set­zen, wenn die Kos­ten­be­tei­li­gung werb­lich ein­ge­setzt wird – z. B., wenn das Golf­tur­nier in der Öffent­lich­keit ent­spre­chend genannt wird („Bit­bur­ger Golf Tur­nier“).

Geld/Finanzen: Südwestbank berechnet Strafzinsen

Ab April/Mai wer­den nun auch die Fir­men­kun­den der Südwestbank/Stuttgart mit Straf­zin­sen belas­tet. Das gilt zunächst für die Gut­ha­ben der Fir­men­kun­den ab 10 Mio. EUR.

Als Kun­de einer Bank, die Straf­zin­sen durch­set­zen will, sind Sie gut bera­ten 1. über einen Wech­sel der Haus­bank nach­zu­den­ken 2. Inves­ti­tio­nen in die eige­ne Fir­ma durch­zu­rech­nen oder 3. in ande­re Unter­neh­men zu investieren.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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