Geschäftsführer-Haftung: Die „Kleinen” hängen – der Freispruch für die Daimler-Benz AG ? + Firmenwagen: Auch das Finanzamt muss Beweise bringen + Flüchtlinge: Ab wann dürfen Sie wen einstellen? + Bargeld: GmbHs mit Bargeschäft müssen Kassensoftware updaten + GmbH-Zuschuss: Ihr Berater kann für Ihre GmbH bürgen – und den Verlust absetzen + Internet-Marketing: Amazon-Weiterempfehlungsfunktion taugt nicht für Werbezwecke + Gläsern: Kein Tabu für Geschäftsführer-Gehälter in kommunalen GmbHs + BISS …
Der Volkelt-Brief 06/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 5. Februar 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wenn Sie als Geschäftsführer vorsätzlich der Deutschen Rentenversicherung Sozialbeiträge vorenthalten, ist das ein strafrechtlich relevanter Vorgang. Allerdings: Vorsatz ist nicht gleich Vorsatz. Wenn die Daimler Benz AG z. B. die Arbeitsverhältnisse ihrer Testfahrer so lange gestaltet, dass diese schlussendlich „selbstständig“ tätig sind, dann – so jetzt die Staatsanwaltschaft Stuttgart – kann einzelnen Personen, die am Gestaltungsprozess beteiligt sind, ein bewusst vorsätzliches und damit strafbares Verhalten nicht vorgeworfen werden (dazu in: Spiegel vom 25.1.2016). Schließlich haben die Kriterien, nach denen Scheinselbständigkeit vorliegt, eine gewisse Unschärfe. Wer an dieser Stelle gestaltet, handelt jedenfalls nicht vorsätzlich.
Anders liegt da z. B. der Fall eines Freiburger Wurstverkäufers, der über Jahre hinweg für seine stundenweise tätigen Verkäuferinnen keine oder nur zu wenig Sozialbeiträge abgeführt hat. Hier unterstellte das Gericht glatten „Vorsatz“. Mit der Folge, dass der kleine Mann neben der Nachzahlung plus Zinsen tatsächlich eine Haftstrafe antreten musste (vgl. Nr. 16/2014). Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wer wie wir die Haftungsrechtsprechung gegen Geschäftsführer kleinerer GmbHs systematisch beobachtet und kommentiert, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht selten zumindest mit anderthalb Maß gemessen wird. Wer legt sich schon gerne mit den Großen an. Man denke z. B. an den Fall Würth. Erst nach der Androhung eines (Teil-) Standortwechsels ließen die Finanzbehörden in Sachen innerbetrieblicher Verrechnungspreise zumindest mit sich reden (vgl. Nr. 7/2013). Oder ist das doch schon zweierlei Maß?
Firmenwagen: Auch das Finanzamt muss Beweise bringen
Sind im Haushalt des Geschäftsführers private Pkw verfügbar, kann der Geschäftsführer die Lohnsteuer für den Firmenwagen einsparen, wenn er Fahrtenbuch führt und damit nachweist, dass keine privaten Fahrten mit dem Pkw unternommen werden. Für einen repräsentativen Firmenwagen (z. B. Audi A 6 mit Anschaffungskosten von 80.000 €) spart der Geschäftsführer damit Monat für Monat bis zu 400 EUR Lohnsteuer.
Die Crux: Hat das Finanzamt den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass der Wagen trotzdem privat genutzt wird, wird nachträglich versteuert und der Lohnsteuer-Vorteil ist dahin. Dazu gibt es jetzt ein interessantes Urteil des BFH, das Sie in einem solchen Fall sogar entlasten kann. Nämlich dann, wenn es nur einen Zeugen gibt. Dazu heißt es im Urteil: „Ein einzelner Zeuge kann nicht zum Nachweis der (vollständigen) Privatnutzung eines PKWs benannt werden“ (BFH, Urteil vom 1.12.2015, X B 29/15). Konkret bedeutet das:
- Es genügt nicht als Nachweis für eine ausschließlich geschäftliche Nutzung des Firmenwagens, wenn Sie dazu nur einen Zeugen (Ehefrau) benennen können.
- Umgekehrt kann man daraus schließen: Es genügt auch nicht zum Nachweis der privaten Nutzung, wenn das Finanzamt dafür einen einzigen Zeugen aufbietet.
- Wichtig ist aber, dass die private Nutzung im Anstellungsvertrag nicht zugelassen ist und dass Sie das Fahrtenbuch lückenlos führen. Wichtig ist auch, dass das Fahrtenbuch den finanzamtlichen Vorgaben genügt.
Flüchtlinge: Ab wann dürfen Sie wen einstellen?
Wollen Sie Flüchtlinge/Asylbewerber einstellen, dann brauchen die Bewerber neben der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA) bzw. der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung bzw. Duldung zusätzlich eine Erlaubnis der Ausländerbehörde zur Aufnahme einer Beschäftigung In vielen Fällen ist zudem die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich. Grundsätzlich gilt, dass Personen mit den genannten Aufenthaltspapieren zunächst einer Wartefrist unterliegen, in der sie keine Beschäftigung aufnehmen dürfen.
Für Geduldete beträgt diese Frist 3 Monate, für Personen mit BüMA oder Aufenthaltsgestattung beträgt die Frist mindestens 6 Monate und hält so lange an, wie sie verpflichtet sind, in einer Landesaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Geduldete können Beschäftigungen, die nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) bedürfen, mit Erlaubnis der Ausländerbehörde vom ersten Tag des Aufenthalts an aufnehmen. Nach Ablauf der Wartefrist unterliegen diese Bewerber bis zum 15. Monat des Aufenthalts in Deutschland dem Vorrangprinzip. Eine Beschäftigungserlaubnis wird nur erteilt, wenn für den konkreten Arbeitsplatz kein Deutscher, EU-Bürger oder ein Drittstaatsangehöriger mit einem besseren Aufenthaltsstatus zur Verfügung steht. Diese Prüfung nimmt die Zentralstelle für Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit vor. Ein freier Zugang zur Beschäftigung besteht erst ab dem 49. Monat des Aufenthalts in Deutschland. Dann entfällt die Zustimmungspflicht der BA.
Ab diesem Zeitpunkt kann der Geduldete oder Gestattete sich bei der Ausländerbehörde in sein Aufenthaltspapier eintragen lassen: „Beschäftigung gestattet“. Dann kann der Betreffende jede Beschäftigung aufnehmen. Der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist bei der kommunalen Ausländerbehörde zu stellen. Diese prüft die Voraufenthaltszeiten und bei Asylbewerbern und Geduldeten, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines Arbeitsverbots vorliegen. Ist eine Zustimmung der BA erforderlich, leitet die Ausländerbehörde den Antrag an die ZAV weiter. Diese führt eine Arbeitsbedingungsprüfung und gegebenenfalls die Vorrangprüfung durch. Die ZAV hat nach Erhalt des Antrags durch die Ausländerbehörde 2 Wochen Zeit, um der Ausländerbehörde mitzuteilen, ob sie ihre Zustimmung erteilt. Reagiert sie in dieser Zeit nicht, gilt die Zustimmung als erteilt. Erteilt sie die Zustimmung, liegt die endgültige Entscheidung im Ermessen der Ausländerbehörde.
Geld: GmbHs mit Bargeschäft müssen Kassensoftware updaten
GmbHs, die Bargeschäfte mit Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion oder mit Taxametern abrechnen, müssen die verwendete Software/Hardware spätestens bis zum 31.12.2016 an die neuen Vorschriften zur Aufbewahrung digitaler Daten anpassen (BMF-Schreiben vom 26.11.2010, IV A 4 – S 0316/08/10004–07). Dann läuft die bislang zugestandene Übergangsfrist aus. Damit ist die Schonzeit für die alten Kassensysteme, die bauartbedingt die vom Finanzamt geforderten Pflichtaufzeichnungen nicht ermöglichen, abgelaufen.
Ihr Berater kann für Ihre GmbH bürgen – und den Verlust absetzen
Bürgt der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungs-GmbH für einen seiner Mandanten (z. B. für Ihre GmbH), kann er die Aufwendungen dafür (Zinsen für ein dem Mandanten gewährtes Darlehen, Verlust) als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen (FG Münster, Urteil vom 15.10.2015, 3 K 472/14 E).
Amazon-Weiterempfehlungsfunktion taugt nicht für Werbezwecke
Nicht zulässig ist es, nach mit der bei Amazon angebotenen Weiterempfehlungsaktion per E‑Mail weitere Kontakte zu bewerben, die keine Zustimmung zum Empfang entsprechender Werbebotschaften gegeben haben (OLG Hamm, Urteil vom 9.7.2015, 4 U 59/14).
Kein Tabu für Geschäftsführer-Gehälter in kommunalen GmbHs
Die Forderung nach Transparenz der Geschäftsführer-Gehälter von kommunalen GmbHs (vgl. Nr. 2/2016) zeigt flächendeckend Wirkung. So sind die Gehälter der GmbHs mit städtischer Beteiligung in Freiburg/Baden-Württemberg ab sofort schwarz auf weis in der Badischen Zeitung vom 27. Januar 2016 nachzulesen. Darin wird nicht nur die Höhe des gezahlten Gehalts ausgelobt. Daneben sind die betroffenen Geschäftsführer mit Konterfei abgebildet. Wie die Betroffenen diese Öffentlichkeit bewerten, ist der Veröffentlichung nicht zu entnehmen und war dementsprechend auch kein Gegenstand der Recherche.
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur