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Volkelt-Brief 48/2016

Volkelt-FB-01ACHTUNG – neue Rechts­la­ge: Woh­nen in der GmbH-Immo­bi­lie + Geschäfts­füh­rer-Com­pli­ance: Die neue Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung + Indus­trie-GmbHs: Neue Ver­gleichs­zah­len für die Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter + Der Fall WCCB: Geschäfts­füh­rer haf­tet nur für Teil-Dar­le­hen GmbH-Ver­kauf: Pen­si­ons­zu­sa­ge gegen Ablö­se­zah­lung + BISS

 

 

 

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Frei­burg 25. Novem­ber 2016

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

für alle Geschäfts­füh­rer unan­ge­neh­me Begleit­erschei­nung der jeweils neu­es­ten BFH-Recht­spre­chung ist: Die Finanz­be­hör­den wis­sen dann ganz genau, wie Sie es anpa­cken müs­sen, um Feh­ler in der Steu­er­erklä­rung zu fin­den. So wie jetzt beim Woh­nen in der GmbH-Immo­bi­lie – ein belieb­tes Steu­er­spar-Modell für Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer von klei­ne­ren GmbHs. Danach gilt: „Der Geschäfts­füh­rer (pri­vat) muss min­des­tens eine Mie­te zah­len, die die Kos­ten der GmbH für den Kauf und die Unter­hal­tung der Immo­bi­lie deckt und zusätz­lich einen ange­mes­se­nen Gewinn­auf­schlag bringt“ (BFH, Urteil vom 27.7.2017, I R 12/15).

Ach­tung: Die­se Grund­sät­ze gel­ten auch, wenn die GmbH als Ver­mie­ter ledig­lich die orts­üb­li­che Mie­te (gemäß Miet­spie­gel) ansetzt. Das Kos­ten-Argu­ment ist stär­ker. Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass die Finanz­be­hör­den unter Hin­weis auf das Urteil ent­spre­chen­de Fäl­le genau unter die Lupe neh­men wer­den. Ins­be­son­de­re wenn auf­wän­di­ge­re Repa­ra­tu­ren oder Reno­vie­rungs­ar­bei­ten ange­fal­len sind und die Kos­ten dafür als Betriebs­aus­ga­ben der GmbH abge­zo­gen wer­den, wer­den die Finanz­be­hör­den eine Ren­di­te-Ver­gleichs­rech­nung anstel­len. Ist die Mie­te nicht kos­ten­de­ckend, müs­sen Sie für den ent­spre­chen­den Auf­schlag als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) zusätz­lich Kör­per­schaft- und Gewer­be­steu­er zah­len. Und zwar rück­wir­kend für den gesam­ten Prü­fungs­zeit­raum. Da kön­nen schnell meh­re­re Tau­send EUR Nach­zah­lung zusam­men kommen.

Das genann­te Urteil ist nicht das ein­zi­ge in der Sache (vgl. Nr. 43/2015). Auch bis­her haben eini­ge Finanz­ge­rich­te (FG Köln, Urteil vom 20.8.2015, 10 K 12/08) zu nied­ri­ge Miet­zah­lun­gen als vGA moniert. Mit dem höchst­rich­ter­li­chen BFH-Urteil haben die Finanz­be­hör­den jetzt ein kla­res Kal­ku­la­ti­ons­mo­dell (AK, Umle­gung aller lau­fen­den Kos­ten (z. B. auch für den Ein­bau einer neu­en Hei­zungs­an­la­ge, Pho­to­vol­ta­ik-Anla­ge usw.) + Ren­di­te) vor­ge­legt, mit dem die Finanz­be­hör­den ganz genau rech­nen kön­nen. Prü­fen Sie zusam­men mit dem Steu­er­be­ra­ter, ob hier Handlungs­bedarf besteht – ggf. soll­ten Sie eine Staf­fel­mie­te ver­ein­ba­ren. Dann kön­nen Sie die zukünf­ti­gen Miet­ein­nah­men der GmbH bes­ser ver­rech­nen und so eine (fik­ti­ve) Ren­di­te ausweisen.

GF-Compliance: Die neue Arbeitsstättenverordnung 

Das Bun­des­ka­bi­nett hat den Ent­wurf einer neu­en Arbeits­stät­ten­ver­ord­nung (Arb­StättV) beschlos­sen (vgl. Nr. 8/2015). Sie müs­sen damit rech­nen, dass die neu­en Vor­schrif­ten zum 1.1.2017 wirk­sam werden.

Wich­tig: Die Vor­ga­ben der Bild­schirm­ar­beits­platz­ver­ord­nung wer­den damit ver­bind­lich für alle Arbeits­plät­ze. Wich­tig ist die neue Ver­ord­nung auch für alle Heim­ar­beits­plät­ze und damit auch für alle Mit­ar­bei­ter, für die Ablauf Heim­ar­beit arbeits­ver­trag­lich ver­ein­bart ist. Hier eini­ge wich­ti­ge Punk­te, die Sie umset­zen müssen:

  • PC-Arbeits­plät­ze im Pri­vat­be­reich der Mit­ar­bei­ter: Erfor­der­lich ist eine Ver­ein­ba­rung mit dem Beschäf­tig­ten über die Ein­rich­tung eines Bild­schirm­ar­beits­plat­zes im       Pri­vat­be­reich und zwar über die Arbeits­zeit und die Arbeitsbedingungen/Arbeitsplatz­gestaltung. Beruf­lich beding­te „mobi­le Arbeit“ (z. B. das gele­gent­li­che Arbei­ten mit dem Lap­top in der Frei­zeit oder das orts­un­ge­bun­de­ne Arbei­ten, wie unter­wegs im Zug) ist dage­gen nicht von der Arb­StättV erfasst.
  • Arbeits­schutz: Die Pflicht zur Arbeits­schutz-Unter­wei­sung der Beschäf­tig­ten wird kon­kre­ti­siert. Sie bezieht sich z. B. auf Brand­schutz­maß­nah­men, Ers­te Hil­fe, Flucht­we­ge und Notausgänge.
  • Psy­chi­sche Belas­tun­gen: In Zukunft müs­sen psy­chi­sche Belas­tun­gen bei der Gefähr­dungs­be­ur­tei­lung berück­sich­tigt wer­den. Für Arbeits­stät­ten wird dies jetzt kon­kre­ti­siert und betrifft z. B. Belas­tun­gen und Beein­träch­ti­gun­gen der Beschäf­tig­ten durch stö­ren­de Geräu­sche oder Lärm, unge­eig­ne­te Beleuch­tung oder ergo­no­mi­sche Män­gel am Arbeitsplatz.
  • Sicht­ver­bin­dung: Nur dau­er­haft ein­ge­rich­te­te Arbeits­plät­ze und sons­ti­ge gro­ße Sozi­al­räu­me benö­ti­gen eine Sicht­ver­bin­dung nach außen. Aus­nah­men gel­ten für Gebäu­de, die aus bau­li­chen oder betrieb­li­chen Grün­den eine sol­che Sicht­ver­bin­dung nach außen nicht zulas­sen (z. B. in Flug­hä­fen, Bahn­hö­fen, Sport­sta­di­en oder Einkaufszentren).
Wei­sen Sie die Berei­che IT/Personal ent­spre­chend an und zwar dann, wenn es sich um ech­te PC-Heim­ar­beit han­delt. Kein Hand­lungs­be­darf besteht, wenn die Mit­ar­bei­ter unter­wegs mit dem Notebook/labtop/tablet/Smartphone beruf­lich zu tun haben. Hat ihr Sozi­al­raum kei­ne Außen­sicht­ver­bin­dung soll­ten Sie sich etwas ein­fal­len las­sen, um das der Gewer­be­auf­sicht plau­si­bel zu machen – etwa mit Hin­weis auf „betrieb­li­che“ Grün­de (z. B.  in der GmbH-Immo­bi­lie gibt es kei­nen ande­ren Raum: „Wird bei der Erweiterung/beim nächs­ten Umbau berück­sich­tigt“). Pla­nen Sie 1 x jähr­lich eine Wei­ter­bil­dung zum Arbeits­schutz. Gibt es einen Fuhr­park (ab einem Fahr­zeu­ge), müs­sen Sie in Sachen Gefähr­der­haf­tung infor­mie­ren und weiterbilden.

Industrie-GmbHs: Neue Vergleichszahlen für Geschäftsführer-Gehälter

Die BBE-Media hat die neu­es­ten Zah­len zur Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tung 2016 vor­ge­legt. Wir haben die Zah­len für Indus­trie-GmbHs etwas genau­er unter die Lupe genom­men. Besonderheiten:

  • Je nach Seg­ment ist die Gehalts-Ent­wick­lung auch in die­sem Jahr sehr unter­schied­lich. In ers­ter Linie liegt das dar­an, dass klei­ne­re Indus­trie-GmbHs sehr stark von der Per­son des Geschäfts­füh­rers und dem jewei­li­gen Kun­den­stamm geprägt sind.
  • Inso­fern ist ein star­ker Ein­bruch (- 48 % im Seg­ment Ener­gie­wirt­schaft) eben­so wenig signi­fi­kant wie die größ­te ver­zeich­ne­te Stei­ge­rung (+ 56 % im Seg­ment Chemie/ Phar­ma). In die­sen Seg­men­ten bil­den meist nur weni­ge gro­ße Unter­neh­men die Daten­ba­sis, so dass ein­zel­ne Schwan­kun­gen sta­tis­tisch über­durch­schnitt­lich ins Gewicht fallen.
  • Bei den Zah­len han­delt es sich um Durch­schnitts­zah­len. In der Pra­xis gibt es aber in weni­gen Seg­men­ten die unter­schied­lichs­ten Betriebs­grö­ßen – von der Klei­ne­ren-GmbH mit ein­stel­li­gem Mil­lio­nen-Umsatz bis zur Indus­trie-GmbH mit 25 Mio. € und deut­lich mehr Umsatz im Jahr.

Gegen­über dem Vor­jahr sind eini­ge bran­chen­spe­zi­fi­sche Ver­än­de­run­gen fest­zu­stel­len. Das Gesamt-Niveau ist zufrie­den stel­lend bis gut. Bei den unten genann­ten Wer­ten han­delt es sich um die Fest­be­zü­ge. Zusätz­lich wird in fast 90 % der Indus­trie-GmbHs eine Tan­tie­me gezahlt und zwar im Durch­schnitt in Höhe von 16 % der Fest­be­zü­ge. Hier die aktu­el­len Ver­gleichs­zah­len der Geschäfts­füh­rer in den Industrie-GmbHs:

Bran­che Fest-Gehalt 2014/2015 Fest-Gehalt 2015/2016 Dif­fe­renz Gesamt­ver­gü­tung inkl. Tan­tie­me (16 %)
Bauzubehör/Holz 142.000 € 154.000 € + 8,4 % 179.000 €
Chemie/Pharma (?) 158.000 € 248.000 € + 56,9 % 288.000 €
Ener­gie­wirt­schaft (?) 260.000 € 126.000 € - 48,4 % 146.000 €
Elektro/Elektronik 132.000 € 128.000 € - 3,1 % 148.000 €
Fahr­zeug­bau 144.000 € 151.000 € + 4,8 % 175.000 €
Kunststoff/Textil/Leder 142.000 € 158.000 € + 11,2 % 183.000 €
Maschinen/Anlagenbau 141.000 € 161.000 € + 14,1 % 187.000 €
Metall/Werkzeuge 144.000 € 156.000 € + 8,3 % 181.000 €
Sons­ti­ge Industrie 180.000 € 155.000 € - 13,9 % 180.000 €

Beträ­ge auf vol­le Tau­send gerun­det. Quel­len: BBE Media Gehalts­um­fra­ge 2015/2016, eige­ne Analysen

Ori­en­tie­rungs­hil­fe für die Geschäfts­füh­rer von Indus­trie-GmbHs lie­fern die Karls­ru­her Tabel­len – das sind die offi­zi­el­len Ver­gleichs­zah­len der Finanz­be­hör­den zur Ange­mes­sen­heits­prü­fung der Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter. Für klei­ne­re Indus­trie-GmbHs mit einem Umsatz von bis zu 2,5 Mio. EUR hal­ten die Finanz­be­hör­den eine Spann­wei­te von 140.000 bis 180.000 € als Gesamt­ge­halt in der Regel für ange­mes­sen. Nur wer hier deut­lich nach oben aus­bricht muss damit rech­nen, dass eine vGA unter­stellt wer­den kann. In Indus­trie-GmbHs mit 2,5 bis 5 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt bereits zwi­schen 180.000 und 230.000 €. In Indus­trie-GmbHs mit 5 bis 25 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 230.000 € und 260.000 €. In Indus­trie ‑GmbHs mit 25 bis 50 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 280.000 € und 440.000 € (Quel­le: OFD Karls­ru­he vom 4.3.2009, S 2742/84 – St 221 Karls­ru­her Tabel­len). Die von der BBE-Media jetzt ermit­tel­ten Ver­gleich­zah­len bele­gen, dass in vie­len GmbHs längst nicht bis zu „Ange­mes­sen­heits­gren­ze“ ver­dient wird. Was im Ein­zel­fall auch Sinn macht, weil die Lohn­steu­er­be­las­tung für das Geschäfts­füh­rer-Gehalt z. B. bei 200.000 € schon rund 40 % beträgt.

Der Fall WCCB: Geschäftsführer haftet nur für Teil-Darlehen

Eigent­lich woll­te der ehe­ma­li­ge Geschäfts­füh­rer mit einem Pri­vat­kre­dit sei­ner ange­schla­ge­nen US Cen­ter Bonn GmbH aus einer finan­zi­el­len Schief­la­ge hel­fen. Für den pri­va­ten Kre­dit (hier: 11,7 Mio. EUR) muss­te der Geschäfts­führer eine Bürg­schaft sei­nes Arbeit­ge­bers ein­räu­men. Als es anschlie­ßend den­noch zur Insol­venz der gesam­ten dar­in ver­wi­ckel­ten Fir­men­grup­pe kam, for­der­te der Insol­venz­ver­wal­ter den gesam­ten Dar­le­hens-Betrag aus dem Pri­vat­ver­mö­gen des ehe­ma­li­gen Geschäftsführers.

Beson­der­heit: Das Ober­lan­des­ge­richt Köln sah – anders als noch die Vor­in­stanz – eine Haf­tung des Geschäfts­füh­rers nur für die Kre­dit­sum­me, die er de fac­to nicht sei­ner an­geschlagenen GmbH zur Ver­fü­gung wei­ter­ge­reicht hat­te. Tat­säch­lich sind 10,1 Mio. EUR der Kre­dit­sum­me der spä­ter insol­ven­ten GmbH zuge­flos­sen. Der Geschäfts­füh­rer haf­tet also ledig­lich für 1,6 Mio. EUR, die er nicht auf ein Kon­to der GmbH über­wie­sen hat­te (OLG Köln, Urteil vom 18.10.2016, 18 U 93/15).

Das bedeu­tet für den Geschäfts­füh­rer eine ech­te Ent-Haf­tung. Den­noch ist eine Nach­ah­mung nicht zu emp­feh­len. U. E. ist davon aus­zu­ge­hen, dass eine Über­brü­ckungs­fi­nan­zie­rung nicht in ers­ter Linie dem Inter­es­se der insol­venz­be­droh­ten Gesell­schaft dient, son­dern zur Siche­rung des Ver­mö­gens der Gesell­schaf­ter ein­ge­gan­gen wird. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie im ver­gleich­ba­ren Fall bes­ser bera­ten, wenn Sie statt eines per­sön­li­chen Kre­dits „ech­te“ Sanie­rungs­maß­nah­men (ESUG) umsetzen.

GmbH-Verkauf: Pensionszusage gegen Ablösezahlung

Wech­selt der Schuld­ner einer Pen­si­ons­zu­sa­ge gegen Zah­lung eines Ablö­sungs­be­trags, führt dies beim Arbeit­neh­mer nicht zum Zufluss von Arbeits­lohn, wenn dem Arbeit­neh­mer kein Wahl­recht zusteht, sich den Ablö­sungs­be­trag an sich selbst aus­zah­len zu las­sen (BFH, Urteil vom 18.8.2016, VI R 18/13).

Dahin­ter steht eine Inter­es­san­te Gestal­tung. Der Seni­or Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer woll­te sei­ne GmbH ver­kau­fen. Der Käu­fer bestand aber dar­auf, dass er die ver­ein­bar­te Pen­si­ons­ver­pflich­tung nicht über­neh­men woll­te. Der Seni­or über­trug die Pen­si­ons­zu­sa­ge gegen Zah­lung einer Ablö­se auf einer sei­ner ande­ren Fir­men. Damit ist mög­lich das Ver­kaufs­hin­der­nis Pen­si­ons­zu­sa­ge aus dem Weg zu räu­men – sogar ohne nach­tei­li­ge steu­er­li­che Aus­wir­kung und unter Bei­be­hal­tung der Ansprü­che auf Pen­si­ons­zah­lun­gen für den Senior.

 

Mit bes­ten Grüßen

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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