Intuition: Stimmt die Chemie mit den Gesellschaftern noch? – Wie Sie ein Gespür dafür bekommen + Bürokratie-Abbau: Der Mindestlohn ist nur ein (kleiner) Baustein + Ressort-Geschäftsführer: Passen die Aufgaben und Qualifikationen noch? + Neues Urteil: Geschäftsführer können Laufbahn-Ende flexibler planen + Steuer: Unternehmensvertrag darf nicht nur auf dem Papier stehen + Betriebsprüfung: Finanzamts-sichere Kassensysteme kommen + BISS …
Der Volkelt-Brief 17/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 24. April 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
Psychologie ist gefragt, wenn der Chef zu einem wichtigen Mitarbeiter keine Basis findet. Dann fallen im Vorfeld der Trennung schon einmal Sätze wie: „Sie haben sich verändert in letzter Zeit“ oder „Ihr Team steht nicht mehr hinter ihnen“. Dabei handelt es sich genau genommen meist lediglich um Spekulationen oder Unterstellungen, die sich einer sachlichen Auseinandersetzung entziehen. Diese Art psychologischer Kriegsführung gegen unbeliebte Mitarbeiter nimmt zu. Zuletzt hat sich Andreas Nentwich, Gesellschafter-Geschäftsführer der Interims Agents GmbH, in seinem Buch „Rausfliegen mit Erfolg“ mit solchen polemischen Techniken auseinandergesetzt.
Aber aufgepasst: Auch und gerade in den Führungsetagen werden solche Techniken besonders gerne und oft eingesetzt. Also dann, wenn Manager bzw. Geschäftsführer in Ungnade fallen und ausgewechselt werden sollen – wie zuletzt im Fall Piech/Winterkorn. Aber auch im kleineren Rahmen – also z. B. in der Familien-GmbH mit verschiedenen Gesellschafter-Stämmen oder in einer GmbH mit mehreren Gesellschafter-Geschäftsführen – kündigt sich eine bevorstehende Abberufung sehr viel früher an als es auf den ersten Blick erscheint. Sie sind also gut beraten, genau hinzuhören, wenn unterschwellige Polemik zunimmt, Gerüchte über Sie herumschwirren, Zweifel an Ihrer Leistungsfähigkeit geäußert werden oder wenn man sich Besorgnis über Ihre Gesundheit macht. Dann sind Sie gut beraten, die Zeichen richtig zu deuten.
Bürokratie-Abbau: Der Mindestlohn ist nur ein (kleiner) Baustein
Wenn die Mindestlohn-Runde der Bundesregierung heute zur Bestandsaugnahme zum Mindestlohn zusammen kommt, haben die meisten Geschäftsführer ohnehin keine größeren Erwartungen. Fakt ist, dass es nur zu einer Kontrolle nach Papier kommen dürfte – in der Praxis wird sich spätestens nach 2 Wochen kein Arbeitnehmer mehr daran erinnern können, wie er an welchem Tag gearbeitet hat. Die persönliche Befragung der Mitarbeiter durch den Zoll wird kaum verwertbaren Erkenntnisse bringen. Dabei geht es den meisten Unternehmen nicht – wie von der Politik unterstellt – um das „Führen von Listen“, sondern um die) Arbeitszeit für die Dokumentation und das Geld für das Lohnbüro.
Zusätzliche Bürokratie bringt dieses Jahr auch noch der erweiterte Anspruch auf Bildungsurlaub für alle Arbeitnehmer (Baden-Württemberg). Immer noch nicht abschließend festgelegt sind die Vorgaben für eine Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (vgl. Nr. 48/2014). Seit 2012 (Basiswert: 100) wird die Kostenbelastung der Unternehmen vom Statistischen Bundesamt mit dem Bürokratiekostenindex (BKI) ermittelt. Für März 2015 wird ein Index in Höhe von 100,23 ausgewiesen. Das entspricht seit 2012 einer Erhöhung unter 1 %. Das deckt sich aber nicht mit der Praxis insbesondere kleinerer Unternehmen. In einzelnen Branchen (Zeitarbeit, Gastronomie) kam es im Zeitraum sogar zu deutlichen Kostensteigerungen für Beratungsleistungen.
Ressort-Geschäftsführer: Passen Aufgaben und Qualifikationen?
In GmbHs mit mehreren Geschäftsführern werden Ressorts eingerichtet. Entweder nach BWL-Vorgabe in ein kaufmännisches und ein technisches Ressort (oder: Vertrieb, Marketing, Produktion usw.). Effektiver in kleineren Firmen ist es, die Ressorts nach den tatsächlichen Abläufen im Unternehmen und nach der Qualifikation des Geschäftsführers auszurichten. Wie Ressorts gebildet werden, dazu gibt es keine gesetzlichen Vorgaben.
Die Ressortverteilung kann im Gesellschaftsvertrag, in einer Geschäftsordnung oder alleine im Anstellungsvertrag des jeweiligen Geschäftsführers von den Gesellschaftern vorgegeben werden. In der Praxis bewährt hat sich die Ressortaufteilung nach Kompetenzen – danach ist es für die GmbH immer die beste Lösung, wenn das Ressort des einzelnen Geschäftsführers konkret an die Qualifikationen und Fähigkeiten der Person des Geschäftsführers angepasst wird. Ob die Voraussetzungen für eine effektive Ressortaufteilung in der GmbH noch stimmen, muss also regelmäßig überprüft werden
- beim Wechsel eines Geschäftsführers (Ausscheiden oder bei Einstellung eines zusätzlichen Geschäftsführers),
- bei der Einführung von neuen Projekten, Produkten und Verfahren,
- aber z. B. auch bei zusätzlich erworbenen Fähigkeiten und Qualifikationen durch einen der aktiven Geschäftsführer.
Neues Urteil: Geschäftsführer können Laufbahn-Ende flexibler planen
Viele Geschäftsführer haben zur Alterssicherung eine Pensionszusage mit der GmbH vereinbart. Problem bisher: Werden nicht alle steuerlichen Voraussetzungen eingehalten, drohen bei einer Betriebsprüfung saftige Nachzahlungen. Z. B., wenn eine sog. Überversorgung vorliegt. Das ist nach Auffassung der Finanzbehörden immer dann der Fall, wenn der Geschäftsführer nach dem Ausscheiden mehr als 75 % seines letzten Bruttoverdienstes aus seiner Altersversorgung erhält. So monieren die Finanzämter, wenn die Pensionszusage auf 75% des letzten Aktivbezugs vereinbart wird, für den Geschäftsführer aber zusätzlich eine Direktversicherung von der GmbH gezahlt wird. Kam es zu einer Betriebsprüfung, dann musste die überhöhte Pensionsrückstellung aufgelöst werden und dem Papier-Gewinn der GmbH zugeschlagen.
Die Steuerbehörden verweisen auf einen Verwaltungserlass, in dem diese 75%-Versorgungsgrenze (mehr oder weniger willkürlich) festgelegt wurde. Zu Unrecht, wie das FG Berlin-Brandenburg feststellte. Für eine solche Obergrenze gibt es keine gesetzliche Grundlage. Im Urteil heißt es: „Die Grundlagen der Berechnung der Überversorgung (75%-Grenze) sind unklar und führten insbesondere bei der Inanspruchnahme von Altersteilzeit zu ungerechten Ergebnissen, da sich die Berechnungsgrundlage wegen des reduzierten Gehalts zuungunsten des Versorgungsempfängers verschiebe. Dies konterkariere die vom Gesetzgeber gewollte und arbeitsmarkpolitisch sinnvolle Förderung der Altersteilzeit“ (FG Berlin Brandenburg, Urteil vom Urteil vom 2.12.2014, 6 K 6045/12).
Steuer: Unternehmensvertrag darf nicht nur auf dem Papier stehen
Das Finanzamt akzeptiert die Steuerwirkung eines Gewinnabführungsvertrages nur, wenn alle Vorgaben exakt eingehalten sind. In vielen Fällen wird die vorgeschriebene 5‑Jahres-Frist nicht eingehalten. Z. B. dann, wenn im Vertrag eine Laufzeit über 5 Wirtschaftsjahre korrekt datiert ist (hier: 1.1.2005 bis 31.12.2010). Die Organgesellschaft aber erst zu einem späteren Zeitpunkt (hier: mit Vertrag vom 9.2.2005) ordnungsgemäß ins Handelsregister eingetragen wurde (FG Düsseldorf, Urteil vom 3.3.2015, 6 K 4332/12 K, F).
Betriebsprüfung: Finanzamts-sichere Kassensysteme kommen
Um sicherzustellen, dass in Zukunft nur noch Kassensysteme in der Praxis eingesetzt werden dürfen, die gegen jede Art von Manipulationen geschützt sind, prüfen die Grünen derzeit, welcher Schaden durch fehlerhafte Kassensysteme verursacht wird und welchen Aufwand es verursachen würde, neue Kassen-Systeme einzuführen (Quelle: Kleine Anfrage der Fraktion Die Grünen an die Bundesregierung vom 14.4.2015).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur