PR-Gau: Ist der VW-Vorstand noch zu retten? + Totalausfall eines Geschäftsführer-Kollegen: Was tun, um die GmbH zu retten? + Verträge mit Familien-Angehörigen: Fehler lassen sich rückwirkend beseitigen + Digitales: Die Geschäftsführungs-Strategie der zwei Geschwindigkeiten + Kompakt: Konjunktur- und Finanz-Plandaten Februar 2019 + Neues Grundsatzurteil: Haftung des Steuerberaters für die Vermögensberatung + EU: Einheitliche Regeln für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel + Steuerprüfung: Überversorgung wird genau geprüft + DSGVO: Gesellschafter hat weiterhin Anspruch auf Auskunft + Betriebsrat: Kein Anspruch auf Überlassung der Entgeltlisten
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 06/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 8. Febraur 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
PR-Spezialisten können sich etwas abschauen und auch die Chef-Rhetoriker unter den Kollegen können ja immer etwas dazu lernen: Die im VW-Vorstand für Integrität/Compliance verantwortliche Diplom Ökonomin Hiltrud Werner hat jetzt im Handelsblatt-Interview vorgelegt, wie man mit professioneller Sprache Dinge verkehren kann. Bemerkenswert sind Aussagen wie „VW-Kunden haben weder Verluste noch Schäden erlitten“. Als Gegenmaßnahme räsoniert sie: „Wir haben die Zahl unserer Mitarbeiter in den letzten drei Jahren alleine in der Konzernzentrale fast verdreifacht“ (?). Ist das mutig, abgehoben oder realitätsfremd? Konzern-Manie? Ich lasse das einfach einmal unkommentiert. Was meinen Sie > Lothar.Volkelt@GmbH-GF.de .
Ausfall eines Geschäftsführer-Kollegen: Was tun, um die GmbH zu retten
„Mein Mit-Geschäftsführer ist jetzt schon zum zweiten Mal hintereinander über eine längere Zeit krank – was kann ich da tun?“. So die Anfrage eines Geschäftsführer-Kollegen, der nach eigenen Angaben die Arbeit nicht mehr alleine schafft und sich – wohl zu Recht – Gedanken um das weitere Fortbestehen der GmbH macht. Klar ist aber, dass sich die GmbH einen dritten Geschäftsführer nicht zusätzlich leisten kann. Was müssen Sie in einer solchen Situation beachten und wie können Sie den Bestand der GmbH auf längere Sicht sichern?
Ist absehbar, dass der Mit- (Gesellschafter-) Geschäftsführer auf längere Zeit nicht arbeitsfähig ist, müssen Sie als der verbleibende und alleinverantwortliche Geschäftsführer für das operative Geschäft Vorkehrungen treffen. Das sind:
- Prüfen Sie, welche Vertretungsregelung für Ihre GmbH im Handelsregister eingetragen ist. Ist Gesamtvertretung vorgegeben, müssen Sie dafür sorgen, dass die GmbH handlungsfähig bleibt. Ist der Mit-Geschäftsführer z. B. nicht in der Lage, Vereinbarungen mit Außenwirkung zu treffen, sollten Sie die Vertretungsregelung per Gesellschafterbeschluss so abändern, dass die GmbH rechtlich korrekt vertreten werden kann (Einzelvertretungsbefugnis).
- Im Innenverhältnis ist zu prüfen, welche Aufgabenbereiche des Geschäftsführers delegiert werden können bzw. welche Sie selbst übernehmen und welche Aufgaben und Entscheidungsfragen gemeinsam mit den übrigen Gesellschaftern entschieden werden.
- Ist der Mit-Geschäftsführer zugleich auch Mit-Gesellschafter sollten Sie dafür sorgen, dass eine Vollmacht des nicht handlungsfähigen Gesellschafters ausgestellt wird (z. B. für den Steuerberater, Rechtsanwalt oder Ehegatten).
- Ist die Erkrankung von nicht absehbarer Dauer, kann als einvernehmliche Lösung die Niederlegung des Amtes durch den Geschäftsführer erfolgen (Mitteilung an das Handelsregister).
Kommt eine einvernehmliche Lösung nicht zustande, kann der Geschäftsführer abberufen werden – sofern die dazu erforderliche Stimmenmehrheit erreicht wird. Ist das nicht der Fall, ist zusammen mit dem Anwalt zu prüfen, mit welchen Rechtsmitteln die Abberufung durchgesetzt werden kann (Gesellschafterbeschluss, gerichtliches Verfahren).
Möglich ist auch die Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund. Das sollte möglich sein bei einer lang andauernden Erkrankung (= krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit von mehr als 6 Monaten) oder bei häufigeren Kurzerkrankungen (= mindestens 3 Kurzerkrankungen im Kalenderjahr mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von mindestens 6 Wochen). Wird die Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigem Grund von der Gesellschafterversammlung beschlossen, dann hat der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich kein Stimmrecht.
Damit können Sie zumindest sicherstellen, dass die GmbH nicht auf unkalkulierbare Dauer Bezüge ohne Gegenleistung leisten muss. Aus der Praxis sind Fälle bekannt, in denen der dauerhaft erkrankte Geschäftsführer tageweise seinen Dienst antritt, um so seinen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung dauerhaft zu sichern. Das sollten Sie aber nur für eine absehbare Übergangszeit zulassen.
Digitales: Die Geschäftsführungs-Strategie der zwei Geschwindigkeiten
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells voranzutreiben, um einer möglichen und/oder absehbaren Disruption zuvorzukommen: Die Begründung eigener StartUps, Beteiligungen in der Form von Partnerschaften mit geeigneten Marktpartnern oder als Projekt integriert ins eigene Unternehmen. Jede der genannten Formen haben Vor- und Nachteile (vgl. dazu Nr. 29/2018).
Für komplexere Geschäftsbetriebe (Industrie, Großhandel) mit ertragsbewährten Kerngeschäft etabliert sich mehr und mehr die Strategie der zwei Geschwindigkeiten: Das bewährte Geschäftsmodell wird – auch unter Einsatz von Digitalisierungstechniken (Informationsprozesse, BIG DATA usw.) – konsequent weitergeführt. Hier wird das Geschäft ohne Hektik und Panik weiter entwickelt und hier wird das Geld für die Investitionen in die digitale Zukunft verdient. Parallel und unabhängig davon wird das Projekt „Disruption” organisiert und das neue Geschäftsmodell getestet, konzipiert und realisiert. Wichtige Aufgabe der Geschäftsführung: Sie müssen vermitteln, dass beide Projekte unabdingbar zusammen gehören, dass beide Teile des Unternehmens nur zusammen funktionieren können. Dazu gehört: Volle Transparenz der unternehmerischen Entscheidung für die Strategie der zwei Geschwindigkeiten, eine ehrliche Bestandsaufnahme der bevorstehenden Herausforderungen und eine gelebte Wertschätzung für die Mitarbeiter beider Projekte.
Kompakt: Konjunktur- und Finanz-Plandaten Februar 2019
Kommt Bewegung in den Arbeitsmarkt? Erste Unternehmen (Kaufhof, VW, RWE) planen den großflächigen Personalumbau. Auch in die Autobranche samt Zulieferer kommt Bewegung. Das wäre zumindest ein Aspekt, mit dem die unterdessen auch offiziell „Delle” genannte Entwicklung Phantasie freisetzt. Es herrscht die Unsicherheit.
Betrifft … | Trend |
Konjunktur | Die oben aufgezeigten Entwicklungen belegen auch die neuesten IfO-Zahlen. Die Erwartungen im Januar 2019 werden nur noch mit 94,2 Prozentpunkten bewertet – nach 97,3 Punkten im Vormonat. Trend: Damit liegen die Erwartungen erstmals seit Dezember 2012 bei „leicht pessimistisch”. Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem Abschwung. |
Steuer/Fristen | Für Ihre private Steuererklärung 2018 haben Sie ab diesem Jahr bis zum 31.7.2019 Zeit (bisher: 31.5.). Die vom Steuerberater erstellte Steuererklärung muss bis zum 28.2.2020 abgeben werden. Für verspätete Steuererklärungen droht ein Zuschlag, der sich an der Höhe der festgesetzten Steuer orientiert und mindestens 25 EUR für jeden angefangenen Monat der Verspätung beträgt. |
Arbeitsmarkt | Laut Bundesregierung wird die Arbeitslosenquote in 2019 weiter sinken – und zwar auf durchschnittlich 4,9 %. Die 30-DAX-Konzerne melden weiterhin insgesamt 20.000 offene Stellen. Die große Nachfrage nach Arbeitskräften wirkt auch auf die Löhne: 2019 werden Nettolohnsteigerungen um durchschnittlich 4,9 % erwartet. |
Rohstoffe 2019 | Der Rohstoffmarkt ist weltweit in Bewegung. Grund: Mit der stark gestiegenen Nachfrage nach den Basisrohstoffen für die Batterie-Produktion (Lithium, Kobalt)entstehen neue Handelsformen. Die großen Automobil-Hersteller (VW, BMW) werden selbst zu Akteuren und beteiligen sich an Kooperationen in den Erzeuger-Ländern (Glencore) oder begründen selbst – etwa in Zusammenarbeit mit der GIZ – neue Minengesellschaften. Trend: Experten sehen darin einen kräftigen Schub für weltweite Spekulationen für weitere Rohstoffe. |
Neues Grundsatzurteil: Haftung des Steuerberaters für die Vermögensberatung
Empfiehlt der Steuerberater Finanz-Anlagen(hier: geschlossener Schiffsfonds) einer Fonds-Gesellschaft, an der er selbst beteiligt ist, ohne auf diese Beteiligung hinzuweisen, haftet der für daraus entstehende Verluste. Allerdings ist der Mandant – also SIE – beweispflichtig – er muss belegen können, dass der Steuerberater einen entsprechenden Hinweis unterlassen hat (BGH, Urteil v. 6.12.2018, IX ZR 176/16).
EU: Einheitliche Regeln für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel
Europäisches Parlament und Rat haben sich auf neue Regeln für den Online-Verkauf von Waren und die Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen geeinigt. Der Schutz der Verbraucher in der gesamten EU soll damit verbessert werden. Wenn z. B. digitale Inhalte (Musik, Software usw.) fehlerhaft sind, haben die Verbraucher jetzt Anspruch auf Entschädigung. Künftig haben Verbraucher auch mehr Zeit um nachzuweisen, dass eine erworbene Ware zum Zeitpunkt des Kaufs fehlerhaft war. Für ein defektes Produkt gelten EU-weit dieselben Entschädigungsmöglichkeiten (Preisnachlässe, Erstattungen usw.). „Auch die Unternehmen werden von mehr Rechtssicherheit und einem fairen Wettbewerb profitieren“, verspricht Kommissionsvizepräsident Andrus Ansip, zuständig für den digitalen Binnenmarkt.
Steuerprüfung: Überversorgung wird genau geprüft
Ist in der betrieblichen Altersversorgung (z. B. auch in der Pensionszusage für den (Gesellschafter-) Geschäftsführer) eine jährliche Steigerungsrate von 3 % vereinbart, darf das Finanzamt prüfen, ob eine Überversorgung vorliegt. Auch eine so lautende Dynamisierungsklausel kann eine Angemessenheitsprüfung nicht verhindern (BFH, Urteil v. 31.7.2018, VIII R 6/15).
DSGVO: Gesellschafter hat weiterhin Anspruch auf Auskunft
Möchte der Gesellschafter einer GmbH & Co. KG Anteile seiner Mit-Gesellschafter erwerben und bittet dazu die Geschäftsführung um Auskunft über die Kontaktdaten aller Mit-Gesellschafter, dann ist der Geschäftsführer zur Auskunft verpflichtet. Er kann sich nicht auf die Datenschutzbestimmungen laut DSGVO berufen und das Auskunftsersuchen ablehnen (OLG München, Urteil v. 16.1.2019, 7 U342/18).
Betriebsrat: Kein Anspruch auf Überlassung der Entgeltlisten
Auch nach Inkrafttreten des neuen Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) im Juli 2017 hat der Betriebsrat nicht das Recht, die Überlassung der Entgeltlisten zu verlangen. Er hat nach wie vor lediglich ein Einsichtsrecht in die Entgeltliste. Dazu heißt es im Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf ausdrücklich: „Das EntgTranspG räumt dem Betriebsrat bzw. dem Betriebsausschuss seinem Wortlaut nach an keiner Stelle einen Überlassungsanspruch ein. In § 13 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG heißt es vielmehr „.….….. hat das Recht einzusehen” (LAG Düsseldorf, Urteil v. 23.1.2019, 8 TaBV 42/18).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief