AZUBIS: Sozial-Praktikum – eine gute Idee erweitert den Horizont und die Sozialkompetenz + Durchhalten: Mindestlohn-Bürokratie kommt doch auf den Prüfstand + Betriebsprüfung beim Sternekoch: 5 Fehler, die (Ihnen) nicht passieren dürfen + Geschäftsführer-privat: Vorarbeiten für die ESt-Erklärung 2014 + Pflichtversicherung: Rückzahlungen sind keine vGA + GmbH-Recht: Gesellschafter darf Unterlagen einsehen + GmbH-Recht: Geschäftsführer muss unzulässige Zahlungen erstatten + GmbH-Bilanz: Investitionsabzugsbetrag kann aufgestockt werden + BISS …
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Nr. 8/2015
Freiburg 20. Februar 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
„das hätte ich nicht für möglich gehalten, dass es so etwas gibt“. So die Reaktion eines Azubis, der im Rahmen seiner Ausbildung in einem Kfz-Betrieb ein Sozialpraktikum im Freiburger Tafelladen absolvieren konnte. Fakt ist, dass ein solches Praktikum den Horizont erweitert und darüber hinaus die Sensibilität im Umgang mit Menschen erhöht.
Unterdessen müssen alle Azubis des Freiburger Autohauses ein solches Praktikum absolvieren. Mehr noch: Die meisten Azubis – so die begleitende Befragung – halten das Sozialpraktikum für eine wertvolle Erfahrung, die sie weiter gebracht hat und auf die sie auf keinen Fall mehr verzichten wollten. Viele begreifen erst danach, welche Chance sie mit einer qualifizierten Ausbildung haben und was es bedeutet, in einer Ausbildungsgemeinschaft und in einem Betrieb sozial eingebettet zu sein. Wir meinen: Eine gute Idee des Ausbildungsbetriebes und der Verantwortlichen des Freiburger Tafelladens.
Änderungsverordnung soll Arbeitsstättenverordnung retten
Bereits im Oktober hatte das Bundeskabinett die Überarbeitung der Arbeitsstättenverordnung nach den Vorgaben der Koalitionsvereinbarung gebilligt. Allerdings waren die konkreten Ausführungsbestimmungen der Verordnung auf Kritik der Arbeitgeber gestoßen. Z. B. Punkte wie: Ausstattung der Pausenräume, Vorgaben für Arbeitsplätze, Vorgaben für Telearbeitsplätze, abschließbare Spinde für die Mitarbeiter usw. Unterdessen ist man bereit, bürokratische Auswüchse zu korrigieren.
Risiko: Können sich die Beteiligten im Bundesarbeitsministerin Nahles/SPD und Arbeitgeberverbände/CDU auf der anderen Seite nicht einigen, bleiben die im Gesetz festgeschriebenen Vorgaben verbindlich – z. B. die Vorgaben für Bildschirmarbeitsplätze. Danach unterliegen Home-Arbeitsplätze den gleichen Vorschriften wie Büro-Arbeitsplätze. Z. B., dass die Arbeitgeber selbst oder ein Arbeitsmediziner die Telearbeitsplätze zu Hause überprüfen müssten.
Durchhalten: Mindestlohn-Bürokratie kommt doch auf den Prüfstand
Alleine in der ersten Januarhälfte 2015 gab es 5.325 Anfragen auf der Hotline der Bundesregierung zum Mindestlohn. Das waren überwiegend Arbeitgeber, die mit der konkreten Umsetzung Probleme hatten und haben. Auf Druck der Arbeitgeber, der Verbände und anderer Betroffener hat die Bundesregierung nun eine Prüfung der Umsetzungsbestimmungen zum Mindestlohn bis April zugesagt. Dabei soll es nicht nur um Sonderprobleme (Vereine, ausländische Beschäftigte) gehen. Auf Druck z. B. des Wirtschaftsflügels in der Union werden wohl auch die Probleme zur Sprache kommen, die in der Praxis kleinerer mittelständischer Firmen auftreten. Nach wie vor ungelöst sind:
- die Anrechnung und Berücksichtigung von Sonderzahlungen,
- die Umrechnung von leistungsbezogenen Löhnen (Umsatz- oder Stück-abhängige Bezahlung),
- die Erfassung der Arbeitszeiten in Unternehmen ohne ein automatisches Zeiterfassungs-System,
- die Dokumentation der Arbeitszeiten von Mini-Jobbern und
- die Dokumentation frei zu vereinbarender Arbeitszeiten.
Für die Praxis: Bis Mitte April werden von der Bundesregierung noch Rückmeldungen aus der Praxis angenommen – dann wird neu entschieden. Wenn Sie eine Rückmeldung geben wollen: Kein Problem > www.Der-Mindestlohn-gilt.de > Ihre Fragen > Hotline unter 030/60280028.
Wichtig: Die Dokumentationspflicht gilt nur für geringfügig Beschäftigte (Minijobber) und für die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (§ 2a) genannten Wirtschaftsbereiche, in denen eine besondere Missbrauchsgefahr besteht. Sie ist in diesen Bereichen beschränkt auf Beschäftigte mit verstetigten regelmäßigen Monatsgehältern von höchstens 2.958 EUR (Baubranche, Logistik und Transport, Gastronomie, Personenbeförderung, Gebäudereinigung, Fleischwirtschaft).
Betriebsprüfung beim Sternekoch: 5 Fehler, die nicht passieren dürfen
Befragt auf seine Betriebsprüfungs-Gerüchte reagierte Sternekoch Johann Lafer schon im Frühjahr 2014 im SWR1-Talk nur höchst zurückhaltend: „Kein Kommentar zum laufenden Verfahren“. Jetzt läuft sein Verfahren vor dem Landgericht Koblenz. Die Betriebsprüfer haben – mit Hilfe von ehemaligen Angestellten und deren Anwälten – Lafers Firmen-Geflecht auseinander genommen.
Diese 5 Fehler sollten Ihnen auf keinen Fall passieren:
- Ausgangspunkt war die Forderung seiner Hausangestellten, eine Zusatzzahlung wegen ausgebliebener Sozialbeiträge gegen Herrn Lafer durchzusetzen.
- Der duldete keinen Widerspruch und schaltete umgehend seinen Anwalt ein. Daraufhin sah sich die Hausangestellte veranlasst, ebenfalls einen Anwalt einzuschalten.
- Die Ereignisse verselbständigten sich. Die Anfrage an die Sozialkasse war absehbar. Die anschließende Prüfung ergab: Die Hausangestellte war über die Firma angestellt.
- Der Sozialprüfer rief die Steuerprüfung auf den Plan. Die stellten fest: Auch für 8 andere Angestellte und für die Ehefrau wurden keine regulären Arbeitsverhältnisse abgeschlossen.
- Die tatsächlichen Tätigkeiten deckten sich nicht mit den für die Sozialversicherung und das Finanzamt vorgelegten Verträgen.
Geschäftsführer-privat: Vorarbeiten für die ESt-Erklärung 2014
Mit dem Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz hat der Finanzminister seit 2010 ein Instrument geschaffen, das auch systematische Steuerprüfungen bei privaten Steuerzahlern möglich macht. Und zwar dann, wenn der Steuerzahler mehr als 500.000 EUR positives Einkommen im Jahr zu versteuern hat. Eine besondere Begründung ist nicht notwendig.
Alleine der Tatbestand des Gutverdienens rechtfertigt den staatlichen Einblick in private Sphären. Hier gilt es, vorbeugend zu handeln. Z. B. bei den Belegen. Sie müssen alle privaten Belege, die für die steuerliche Beurteilung von Bedeutung sind, über 6 Jahre aufbewahren. Weisen Sie z. B. keine Zinseinkünfte aus, müssen Sie belegen können, dass Sie Ihr Einkommen anderweitig ausgegeben haben – z. B. auf Reisen (Belege aufbewahren). Anschlussprüfungen sind möglich.
Pflichtversicherung: Rückzahlungen sind keine vGA
Zahlt die GmbH an die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers zu unrecht abgeführte Beiträge zur Rentenversicherung aus, handelt es sich nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung. Voraussetzung: Der Arbeitsvertrag mit der an der GmbH beteiligten und mitarbeitenden Gesellschafterin entspricht den zwischen Dritten zu vereinbarenden Bedingungen (BFH, Urteil vom 21.10.2014, VIII R 21/12).
GmbH-Recht: Geschäftsführer muss unzulässige Zahlungen erstatten
Veranlasst der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH unzulässige Auszahlungen aus dem Vermögen der KG an die Gesellschafter der Komplementär-GmbH haftet er persönlich für diese Beträge – und zwar unabhängig davon, ob es neben der Komplementär-GmbH auch noch andere voll haftende Komplementäre gibt (BGH, Urteil vom 9.12.2014, II ZR 360/13).
GmbH-Bilanz: Investitionsabzugsbetrag kann aufgestockt werden
Entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzerwaltung (BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl I 2013, Seite 1493) ist es zulässig, den beanspruchten und genehmigten Investitionsabzugsbetrag im Folgejahr innerhalb des 3jährigen Investitionszeitraums bis zum zulässigen Höchstbetrag aufzustocken, solange die entsprechenden Investitionen wie geplant vorgenommen werden (BFH, Urteil vom 12.11.2014, X R 4/13).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Briefe