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Volkelt-Brief 45/2014

Fremd-Geschäfts­füh­rer: So pro­fi­tie­ren Sie von den Gehalts-Stei­ge­run­gen bei Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rern + Kon­flik­te in der GmbH: Bes­ser klar kom­men mit dem Betriebs­rat + IT/Organisation: Klei­ne­re Fir­men haben immer noch vie­le Sicher­heits-Lücken + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Unter­wegs bes­ser erreich­bar + Home-Office: Kün­di­gung nur mit Zustim­mung des Betriebs­ra­tes + Büro­kra­tie: Ver­fas­sungs­ge­richt wird „Rund­funk­ge­büh­ren” ent­schei­den + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Bank muss Son­der­til­gun­gen ver­rech­nen + BISS

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Nr. 45/2014

Frei­burg 7.11.2014

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

jeder 5. GmbH-Geschäfts­füh­rer ist nicht an der GmbH, für die er tätig ist, betei­ligt. Ent­we­der als Geschäfts­füh­rer einer Toch­ter­ge­sell­schaft im Unter­neh­mens­ver­bund, als Fremd-Geschäfts­füh­rer in einer Fami­li­en-GmbH oder als Res­sort-Geschäfts­füh­rer im Gre­mi­um. Im Ver­hält­nis zum Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer wer­den sie – so z. B. auch die Ergeb­nis­se der BBE-Ver­gü­tungs-Stu­di­en für Geschäfts­füh­rer – durch­schnitt­lich schlech­ter bezahl­te. In der Pra­xis sieht man einen Abschlag von bis zu 20 % bei den GmbHs mit mehr als 20 Mitarbeitern.

Begrün­dung: Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer tra­gen zusätz­lich das Ver­mö­gens­ri­si­ko. Nur in den wenigs­ten Anstel­lungs­ver­trä­gen die­ser Kol­le­gen ist eine Dyna­mi­sie­rungs­klau­sel ver­ein­bart, wonach das Gehalt regel­mä­ßig ange­passt wird. Allen­falls besteht ein Anspruch auf „jähr­li­che Prü­fung des Gehalts“. Der Geschäfts­füh­rer ist auf den Good­will sei­nes Arbeit­ge­bers ange­wie­sen. Etwas ver­rin­gern lässt sich der Abstand zum Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer-Gehalts­ni­veau, wenn Sie neben dem Fest­ge­halt und der Tan­tie­me zusätz­li­che Leis­tun­gen ver­ein­ba­ren, z. B. zur Alters­ver­sor­gung, zur Gesund­heits­vor­sor­ge oder zur per­sön­li­chen Fort­bil­dung. Ab 2015 wer­den eini­ge die­ser Leis­tun­gen steu­er­lich und sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­lich sogar noch inter­es­san­ter. Hier sind Sie gut bera­ten, wenn Sie zusam­men mit Ihrem Steu­er­be­ra­ter einen For­de­rungs-Kata­log erar­bei­ten (Gut­schein, Fahrt­kos­ten­zu­schuss, Wei­ter­bil­dungs­pau­scha­le, Über­nah­me der Betreu­ungs­kos­ten usw.).

Eine Erhö­hung des Fest­ge­halts ist erfah­rungs­ge­mäß leich­ter durch­zu­set­zen, wenn sich die Umsatz- und Ertrags­la­ge des Unter­neh­mens über einen län­ge­ren Zeit­raum sta­bil nach oben ent­wi­ckelt hat. Selbst die Erhö­hung des Gehalts­ni­veaus aller Mit­ar­bei­ter, ist allein noch kein Argu­ment zur Anhe­bung des Geschäfts­füh­rer-Gehalts. Auch der Hin­weis z. B. auf die aktu­el­le BBE-Gehalts­stu­die (vgl. Nr. 44/2014) ist für sich genom­men wenig hilf­reich. Als Fremd-Geschäfts­füh­rer müs­sen vie­le Kol­le­gen damit leben, dass es eine Zwei­klas­sen-Gesell­schaft bei der Bezah­lung gibt.

Konflikte in der GmbH: Besser klar kommen mit dem Betriebsrat

Ich habe bis­her nur gute Erfah­run­gen mit unse­rem Betriebs­rat gemacht“. So das Feed­back vie­ler Kol­le­gen zum Umgang mit Betriebs­rä­ten. Das ist aber nicht immer so. Je grö­ßer die Ent­fer­nung der Geschäfts­füh­rung zu den Mit­ar­bei­tern und je mehr Beschäf­tig­te im Unter­neh­men, umso pro­ble­ma­ti­scher sehen vie­le per­so­nal­ver­ant­wort­li­che Geschäfts­füh­rer das Ver­hält­nis zu den Arbeit­neh­mer-Ver­tre­tun­gen. Hier eini­ge Hin­wei­se wie Sie sich das Leben leich­ter machen:

  • Kom­mu­ni­ka­ti­on: Suchen Sie bewusst das 4‑Au­gen-Gespräch mit dem Betriebs­rats­vor­sit­zen­den. Stei­gen Sie dabei am bes­ten mit einem pri­va­ten The­ma ein. Es wird für Ihren Gesprächs­part­ner nach die­sem Ein­stieg schwie­rig, wie­der auf sei­nen dog­ma­ti­schen Weg zurück­zu­fin­den. Je per­sön­li­cher Sie auf die Per­son „Betriebs­rat“ ein­ge­hen, des­to grö­ßer ist Ihre Chan­ce, dass er von sei­nem klas­si­schen Feind­bild abweicht. Geben Sie ihm Ein­bli­cke in betrieb­li­che Belan­ge. Geben Sie ihm das Gefühl eines Infor­ma­ti­ons­vor­sprungs (Geschäfts­an­bah­nun­gen, Brancheninformationen).
  • Zeit zum Ver­han­deln: Stel­len Sie sich auf mög­li­cher­wei­se lang­wie­ri­ge Ver­hand­lun­gen ein und kal­ku­lie­ren Sie dies unbe­dingt beim Zeit­plan für Ihre Maß­nah­men ein. Es schwächt Ihre Ver­hand­lungs­po­si­ti­on als Arbeit­ge­ber unge­mein, wenn Sie unter Zeit­druck Ver­hand­lun­gen zu Ende brin­gen müs­sen. Drän­gen Sie nicht auf eine bestimm­te Zeit­vor­ga­be. Las­sen Sie Ihren gegen­über spü­ren, dass für Sie bei den Ver­hand­lun­gen die Zeit kei­ne Rol­le spielt – auch, wenn Ihnen das schwer fällt.
  • Kom­pe­tenz statt Ideo­lo­gie: Vie­le moti­vier­te und leis­tungs­ori­en­tier­te Mit­ar­bei­ter scheu­en oft davor zurück, ein Betriebs­rats­amt zu über­neh­men. Sie fürch­ten einen „Kar­rie­re-Knick” und Nach­tei­le für ihre beruf­li­che Ent­wick­lung. Als per­so­nal­ver­ant­wort­li­cher Geschäfts­füh­rer soll­ten Sie eine sol­che Situa­ti­on als Chan­ce sehen: Sie ver­lie­ren zwar einen guten Mit­ar­bei­ter, Ihr Unter­neh­men gewinnt dadurch aber unter Umstän­den einen loya­len und kom­pe­ten­ten Betriebs­rat, der die Betriebs­be­lan­ge bes­ser versteht.
  • Regel und Aus­nah­me: Vor­läu­fi­ge Per­so­nal­ein­stel­lun­gen in Eil­fäl­len soll­ten Sie als Vor­ge­setz­ter auf kei­nen Fall über­stra­pa­zie­ren. Ein dau­ern­der Miss­brauch kann zu einer gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung führen.
  • Wochen­end-Poli­tik: Kalen­der­ta­ge statt Arbeits­ta­ge Das Gesetz stellt auf Kalen­der­ta­ge ab. Daher ist beson­de­re Eile gebo­ten, wenn Sie die Mit­tei­lung des Betriebs­ra­tes an einem Frei­tag erhal­ten, z. B. Wider­spruch gegen Mehr­ar­beit. In die­sem Fall ist näm­lich der fol­gen­de Mon­tag bereits der letz­te Tag, um den Antrag auf Mehr­ar­beit beim Arbeits­ge­richt wirk­sam stel­len zu kön­nen. Neh­men Sie sol­che Wochen­end-Über­­ra­schun­gen unbe­dingt noch am Frei­tag zur Kennt­nis, damit Sie u. U. noch über das Wochen­en­de mit Ihrem Anwalt in der Sache Kon­takt auf­neh­men kön­nen.+ + +Laut Bun­des­kri­mi­nal­amt ver­ur­sa­chen Wirt­schafts­kri­mi­nel­le jähr­lich einen Scha­den von knapp 4 Mrd. EUR. Dabei geht es um Betrug, Dieb­stahl, Bilanz­fäl­schung, Ver­un­treu­ung und Inter­net-Kri­mi­na­li­tät. Auch mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men sind es, die sich hier zu sicher füh­len, zu viel Ver­trau­en haben und zu wenig Vor­sicht und Kon­trol­le wal­ten las­sen. Dabei kön­nen Sie mit weni­gen Vor­sichts­maß­nah­men Ent­schei­den­des erreichen:
Wert­vol­le Hil­fe kann der Betriebs­rat für die Geschäfts­lei­tung über­neh­men, wenn es zu Kon­flik­ten zwi­schen ein­zel­nen Mit­ar­bei­tern kommt, etwa wenn ein Vor­ge­setz­ter mit unter­ge­ord­ne­ten Mit­ar­bei­tern nicht klar kommt oder wenn Pro­jekt­mit­ar­bei­ter gegen­ein­an­der statt mit­ein­an­der funk­tio­nie­ren. Sie brau­chen dann nicht mehr bei jeder Ange­le­gen­heit ein­grei­fen und behal­ten sich den­noch die letz­te Ent­schei­dung vor, wenn der als Media­tor ein­ge­setz­te Betriebs­rat kei­ne Kon­flikt-Lösung durch­set­zen kann.

Kleinere Firmen haben immer noch viele Sicherheits-Lücken

Laut Bun­des­kri­mi­nal­amt ver­ur­sa­chen Wirt­schafts­kri­mi­nel­le jähr­lich einen Scha­den von knapp 4 Mrd. EUR. Dabei geht es um Betrug, Dieb­stahl, Bilanz­fäl­schung, Ver­un­treu­ung und Inter­net-Kri­mi­na­li­tät. Auch mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men sind es, die … sich hier zu sicher füh­len, zu viel Ver­trau­en haben und zu wenig Vor­sicht und Kon­trol­le wal­ten las­sen. Dabei kön­nen Sie mit weni­gen Vor­sichts­maß­nah­men Ent­schei­den­des erreichen:

  • Noch immer gibt es Unter­neh­men, in denen das Vier-Augen-Prinzp nicht kon­se­quent durch­ge­setzt wird. Wich­ti­ge Ent­schei­dun­gen und wich­ti­ge Auf­ga­ben (Auf­trags­ver­ga­be, Über­wei­sun­gen) wer­den grund­sätz­lich nicht von einer Per­son allein durchgeführt.
  • Der Zugriff auf alle sen­si­blen Daten des Unter­neh­mens soll­te grund­sätz­lich voll­stän­dig und über einen län­ge­ren Zeit­raum doku­men­tiert wer­den. Als Unter­neh­mer müs­sen Sie jeder­zeit wis­sen, wer, wann und in wel­chem Zusam­men­hang auf wel­che Daten Zugriff hat und hatte.
Das gilt auch für alle klei­ne­ren Unter­neh­men. Prü­fen Sie, wel­che Per­so­nen auf wich­ti­ge Ver­trä­ge mit Ihren Zulie­fe­rern und Ihren Kun­den zugrei­fen dür­fen. Gibt es eine wirk­sa­me Zugangs­kon­trol­le? Gibt es Wackelkandidaten?

Geschäftsführer privat: Unterwegs besser erreichbar

Wer regel­mä­ßig mit dem Fir­men­wa­gen ohne Frei­sprech­an­la­ge unter­wegs ist, für den ist es All­tag: Die Erreich­bar­keit mit dem Mobil-Tele­fon ist immer eine Grat­wan­de­rung mit dem Gesetz. Selbst das Tele­fo­nie­ren oder das Zur­hand-Neh­men des Mobil­te­le­fons um SMS-Ein­gän­ge oder die Tele­fon­lis­te beim Ampel­stopp abzu­fra­gen kos­tet Buß­geld und ggf. eine Ver­war­nung und einen Punk­te­ein­trag in Flensburg.

Ent­war­nung: Laut OLG Hamm ist es zuläs­sig, wenn der Fah­rer beim Ampel­stopp bei ein­ge­schal­te­ter Start-Stopp-Funk­ti­on das Mobil-Tele­fon benutzt (Beschluss vom 9.9.2014, 1 RBs 1/14).

Die­se Rechts­la­ge ergibt sich aus der Defi­ni­ti­on im Gesetz: Danach gilt das Han­dy-Ver­bot nicht bei „aus­ge­schal­te­tem Motor“. Kor­rekt. Es dürf­te aber ledig­lich eine Fra­ge der Zeit sein, bis wann der Gesetz­ge­ber nach­bes­sert und das Han­dy-Tele­fo­nie­ren gene­rell beim Auto­fah­ren ver­bie­tet. Da hilft dann doch nur die Blue­tooth-Frei­sprech­ein­rich­tung – am bes­ten noch vor dem Jah­res­en­de anschaffen.

Home-Office: Kündigung nur mit Zustimmung des Betriebsrates

Haben Sie mit einem Ihrer Mit­ar­bei­ter eine Ver­ein­ba­rung abge­schlos­sen, wonach die­ser einen Teil sei­ner Arbeit vom Home-Office aus erle­di­gen kann, dann kön­nen Sie die­sen nicht ohne wei­te­res kün­di­gen. Zum einen müs­sen Sie bei einer Kün­di­gung die kon­kre­te Situa­ti­on berück­sich­ti­gen. Zum ande­ren han­delt es sich um eine „Ver­set­zung“ des Arbeit­neh­mers, die nur mit Zustim­mung des Betriebs­rats zuläs­sig ist (LAG Düs­sel­dorf, Urteil vom 10.9.2014, 12 Sa 505/14).

Der Arbeit­ge­ber (Bank) ver­han­del­te ohne Erfolg um die Auf­lö­sung des Arbeits­ver­hält­nis­ses. Wie kei­ne Eini­gung mög­lich war, kün­dig­te die Bank vor­aus­schau­end schon ein­mal die Tele­ar­beits-Ver­ein­ba­rung. Damit wur­de der Ärger aber erst in Gang gesetzt. Die­se Kün­di­gung ist unwirk­sam. Gegen das Urteil ist Revi­si­on beim BAG eingelegt.

Verfassungsgericht wird „Rundfunkgebühren” entscheiden

Das VG Han­no­ver hat meh­re­re von Unter­neh­men geführ­ten Ver­fah­ren zur Recht­mä­ßig­keit der neu­en Rund­funk-Gebüh­ren­ver­ord­nung aus­ge­setzt, um dazu eine Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ein­zu­ho­len (VG Han­no­ver, Urteil vom 24.10.2014, 7 A 6504/13 u. a.).

Anhän­gig sind auch noch wei­te­re Ver­fah­ren (z. B. SIXT). Kri­ti­siert wird z. B. die Über­fi­nan­zie­rung der öffent­lich recht­li­chen Rund­funk­an­stal­ten. Inso­fern ist nicht aus­ge­schlos­sen, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt eine Über­prü­fung der aktu­el­len Gebüh­ren-Ord­nung ver­lan­gen wird. Wobei eini­ge Bran­chen (Hotels, Filia­lis­ten, Auto­ver­mie­tung) mit erheb­li­chen Rück­zah­lun­gen rech­nen kön­nen (vgl. Nr. 48/2013).

Geschäftsführer privat – Bank muss Sondertilgungen verrechnen

Wenn Sie das Dar­le­hen für den pri­va­ten Immo­bi­li­en­er­werb vor­zei­tig zurück­zah­len wol­len, muss die Bank bei der Berech­nung der Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung geleis­te­te Son­der­til­gun­gen berück­sich­ti­gen. Die AGB, wonach die­se unbe­rück­sich­tigt blei­ben und nicht zuguns­ten des Dar­le­hens­neh­mers berück­sich­tigt wer­den, ist unwirk­sam (VZ Ham­burg, Mit­tei­lung vom 27.10.2014).

Mit die­ser AGB – so z. B. das OLG Olden­burg (Urteil vom 4.7.2014, 6 U 236/13) – ist es der Spar­kas­se mög­lich, mehr Zin­sen zu berech­nen als ihr bei ord­nungs­ge­mä­ßer Been­di­gung des Dar­le­hens­ver­tra­ges zuste­hen. Eine sol­che AGB wird nicht nur bei der Spar­kas­se son­dern auch bei vie­len pri­va­ten Ban­ken ver­wen­det. Gegen das Urteil ist Revi­si­on zuge­las­sen. Wir hal­ten Sie auf dem Lau­fen­den. Bis dahin soll­ten Sie eine berech­ne­te Vor­fäl­lig­keits­ent­schä­di­gung nur antei­lig gekürzt zah­len (vgl. dazu auch Nr. 33/2014).

 

Volkelt

Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Chef­re­dak­teur + Herausgeber

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