Neues Urteil: Weitere Nachteile für Gesellschafter-Finanzierungen + Geschäftsführer-Kompetenzen: Das kann SIE den Job kosten + Neues Urteil: Beschränkungen für den GF-Anstellungsvertrag + Digitalisierung: So nehmen Sie Ihre Mitarbeiter mit auf den Weg + Steuer: Gericht billigt Zweitwertkonto für den Fremd-Geschäftsführer + Geschäftsführer privat: Zuzahlungen zum Firmenwagen mindern die Lohnsteuer + GmbH-Recht: Zur Wirksamkeit einer Rangrücktrittsvereinbarung
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 41/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 13. Oktober 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
zweiter Paukenschlag für alle GmbH-Gesellschafter, die Ihrer GmbH mit einem Darlehen oder einer Bürgschaft unter die Arme greifen: Zuerst wurden Gesellschafter-Darlehen schlechter gestellt, so dass diese Darlehen in der wirtschaftlichen Krise der GmbH sogar nach der vertraglich vereinbarten Rückzahlungsfrist vom Gesellschafter nachträglich an die GmbH – in die Insolvenzmasse – zurück gezahlt werden müssen.
Achtung: Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kann der Gesellschafter, der für ein Bankdarlehen der GmbH bürgt und dafür in Anspruch genommen wird, diesen finanziellen Einsatz steuerlich nicht bei den nachträglichen Anschaffungskosten auf die GmbH-Beteiligung verrechnen (BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15). Ganz unabhängig von der steuerrechtlichen Logik, die diesem Urteil zugrunde liegt: Viele Gesellschafter (-Geschäftsführer) werden sich nach diesem Urteil überlegen, ob Sie ihre angeschlagene GmbH nicht „sausen lassen“. Selbst, wenn Sie noch ein wirtschaftliches Potential sehen und eine Sanierung wahrscheinlich ist. Wer möchte schon sein Privatvermögen auf´s Spiel setzen?
Geschäftsführer-Kompetenzen: Das kann SIE den Job kosten
„Da haben Sie Ihre Kompetenzen überschritten“. So oder ähnlich müssen sich Geschäftsführer kritisieren lassen, z. B. wenn sie einen lang gedienten Mitarbeiter kündigen oder mit dem Konkurrenten Geschäfte machen. Auf welche Risiken lassen Sie sich ein, wenn Sie Fakten schaffen, ohne die Gesellschafter vorher zu informieren oder deren Plazet einzuholen?
Ein wichtiges Urteil für Geschäftsführer gibt es dazu vom Oberlandesgericht (OLG) Köln. Tenor der Entscheidung: Überzieht der Geschäftsführer seine Kompetenzen, kann er selbst dann abberufen werden, wenn die Mehrheit der Gesellschafter den Geschäftsführer gar nicht abberufen will (OLG Köln, Urteil v. 1.6.2010, 18 U 72/09). Folge: Verletzt der Geschäftsführer seine Treuepflicht (Beispiel: Er übergeht die Gesellschafterversammlung und veranlasst eine Entscheidung, obwohl er diese Entscheidung nur mit Zustimmung der Gesellschafter hätte treffen können), dann kann der Minderheits-Gesellschafter seine Abberufung durchsetzen – auch gegen den Willen der anderen, sogar des Mehrheitsgesellschafters. Das Urteil des OLG Köln ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revision nicht zugelassen (BGH, Beschluss v. 28.6.2011, II ZR 127/10).
Sie können davon ausgehen, dass diese Rechtsgrundsätze auch für alle ähnlichen Fälle in der Zukunft Maßstab sind. Der Geschäftsführer hatte einen bestehenden Darlehensvertrag zwischen der GmbH und einer GbR gekündigt. Dazu hätte er aber die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen müssen. Die Regelung im Gesellschaftsvertrag lautete: „ …ungewöhnliche Geschäfte sind vor ihrer Durchführung der Gesellschafterversammlung vorzulegen und bedürfen eines zustimmenden Gesellschafterbeschlusses“. Das Darlehen lief über 800.000 € und stellte damit eines der wesentlichen Aktiva der GmbH dar.
Neues Urteil: Beschränkungen für den GF-Anstellungsvertrag
In einem Gerichtsverfahren zur Reichweite des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) für den GmbH-Geschäftsführer hat das Oberlandesgericht (OLG)klargestellt, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn die Laufzeit des Geschäftsführer-Vertrages auf ein bestimmtes Alter begrenzt wird (hier: 60. Lebensjahr).
Voraussetzung: Es muss gewährleistet sein, dass dem Geschäftsführer ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens eine betriebliche Altersvorsorge zusteht (OLG Hamm, Urteil v. 19.6.2017, I‑8 U 18/17). Besteht eine Altersversorgung für den (Fremd-) Geschäftsführer nicht, kann eine auf das Alter bezogene Vertragsbeendigung ein Verstoß gegen das AGG bedeuten.
Digitalisierung: So nehmen Sie Ihre Mitarbeiter mit auf den Weg
Wie viel Zeit beanspruchen Ihre Mitarbeiter für die Weiterbildung? JA – Ich sage absichtlich „beanspruchen“. Denn es geht darum, sich nicht nur das Nötigste anzueignen, um die täglichen Herausforderungen zu leisten. Es geht darum, den Horizont zu erweitern. Den Markt nicht nur aus der Perspektive des Arbeitsplatzes zu sehen, sondern aus der Sicht des digitalen Kunden zu erleben. Allerdings können es sich nur einige große Unternehmen (Beispiele: Siemens, Deutsche Post und Deutsche Bahn, Springer) leisten, Ihre Führungskräfte und Techniker für ein paar Monate ins Silikon Valley zu schicken, um die neue Denke und die veränderten Arbeitsweisen, die mit der Digitalisierung einhergehen, vor Ort kennen zu lernen.
Für kleinere Unternehmen genügen dazu ein paar gezielte und gut vorbereitete Tage Einblick in die Digital- und StartUp-Szene in Tel Aviv oder Berlin. Stichwort: Lerning Journey – Reisen im Auftrag des Unternehmens, um sich neue Sichtweisen und Innovationsverfahren zu erschließen. Kleinere Firmen mit bewährtem Geschäftsmodell sind aber gut beraten, wenn sie zunächst einen Informations-Pool für ihr Geschäftsfeld aufbauen, in dem alle Informationen gebündelt und gesammelt werden, die die Zukunft der Branche betreffen. Das sind:
- Nutzen Sie Branchen-Informationen Ihres Verbandes und Weiterbildungsangebote zum Thema Digitalisierung.
- Richten Sie einen Google Alert Assistenten ein, der entsprechende Branchen-Infos systematisch anzeigt (Stichworte: Digitalisiserung + Branche/Produkt-Portfolio),
- Nehmen Sie eine Auszeit, um gemeinsam mit allen Mitarbeitern über die Zukunft des Unternehmens bzw. der Branche zu brainstormen. Wählen Sie dazu eine ungewohnte Umgebung (einfach!), verzichten Sie auf einen formell vorgegebenen Veranstaltungsablauf (TOP: Digitalisierung) und sorgen Sie für möglicht heterogene Projektgruppen und Gesprächsrunden.
Eine solche Veranstaltung ist auf jeden Fall ein Gewinn für alle – alleine schon deshalb, weil das gemeinsame „darüber“ reden Ängste abbaut und so den Weg für Lösungen erst frei macht.
Steuer: Gericht billigt Zweitwertkonto für den Fremd-Geschäftsführer
Wird dem (Fremd-)Geschäftsführer ein sog. Zeitwertkonto eingeräumt, sind die daraus ausgezahlten Leistungen erst mit der Auszahlung bzw. dem Zufluss zu versteuern. Wichtig: Alle Voraussetzungen zur steuerlichen Anerkennung des Zeitwertkontos (vertragliche Vereinbarung, Durchführung, Rückdeckung) müssen erfüllt sein (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.6.2017, 12 K 1044/15).
Geschäftsführer privat: Zuzahlungen zum Firmenwagen mindern die Lohnsteuer
Nach einigen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Ermittlung der Lohnsteuer für die Überlassung des Firmenwagens für die private Nutzung (1%-Methode, 0,03-Regelung) hat das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt reagiert. Nach einem neuen BMF-Erlass gilt jetzt: Private Zuzahlungen (Sprit, Leasing-Rate usw.) müssen vom Finanzamt berücksichtigt werden. Sie mindern die Bemessungsgrundlage, nach der der 1%-Nutzungswert berechnet wird (BMF-Schreiben v. 21.9.2017, IV C 5 – S 2334/11/10004–02, DOK 2017/0613843).
GmbH-Recht: Zur Wirksamkeit einer Rangrücktrittsvereinbarung
Gibt es Unklarheiten, auf welche genaue Forderung sich eine Rangrücktrittsvereinbarung bezieht oder zu welchem genauen Datum diese in Kraft treten soll, dann ist diese grundsätzlich unwirksam. Steuerliche Folge: Entsprechende Verluste können steuerlich nicht berücksichtigt werden (LG Düsseldorf, Urteil v. 30.8.2017, 41 O 103/15)
Eine informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst