China-Krise: Zinsen bleiben noch länger unten + Marketing-Ressort: Werbepartner müssen zusammenpassen + BFH-aktuell: Vorsicht bei Zahlungen auf das Privat-Konto + Neues EU-Recht: Der Senior-Gesellschafter lebt im Ausland + GmbH-IT: Verbraucherzentrale warnt vor Windows 10 + Werbung: Unzulässige Aussagen über angebliche Standorte + Recht: Post muss ungenehmigtes Porto zurückzahlen + Mitarbeiter: U1 und U2-Umlage für Minijobber werden teurer BISS …
Der Volkelt-Brief 34/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 21. August 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
noch sind die Folgen der chinesischen Wachstumsschwäche nur vereinzelt oder wenig spürbar in der deutschen Wirtschaft angekommen. Wer als Zulieferer in den Branchen Automobile und Maschinen- und Anlagenbau unterwegs ist, weiß, wie schnell die Räder unterdessen drehen. Die Margen, die abgerufen werden, sind in einigen Bereichen bereits verkleinert.
In Zahlen liest sich das so: VW verkaufte trotz hoher Rabatte im Juli 2,5 % weniger Autos als im Vorjahr. Auch BMW meldet sinkende Verkaufszahlen. Nur die Mittelklasse-Modelle von Mercedes verkaufen sich noch wie in besten Zeiten (+ 40 %). Bei Siemens sank der Auftragseingang in den ersten 9 Monaten um 17 % auf 4,8 Mrd. EUR. In den USA sieht man den konjunkturellen Aufschwung gefährdet, so dass in der FED ernsthaft über eine Verschiebung der Zinswende nachgedacht wird. Nach zögerlichen Ankündigungen waren steigende Zinsen für den Herbst, spätestens zur Jahreswende erwartet worden. Folge: Der EURO hat gegenüber dem Dollar in den letzten Tagen deutlich zugelegt, was wiederum die währungsbedingten Umsatzsteigerungen deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt zumindest mittelfristig bereinigen wird. Die Jahre stabilen und überdurchschnittlichen Wachstums in China sind jedenfalls erst einmal ausgezählt.
Marketing-Ressort: Werbepartner müssen zusammenpassen
Ob Michael Ballack, Reiner Callmund, Rudi Völler oder Bayer Leverkusen im Allgemeinen: Selten hat ein Unternehmen mit seiner Werbepartnern so daneben gelegen wie der Fußballclub aus der Chemie-Stadt. Ballacks Abschied aus der National-Mannschaft glich einem unendlichen Trauerspiel um eine Wade. Leverkusens Liaison mit Teldafax endete in einem Marketing-GAU mit einem Verbraucher-Betrugskandal um atemberaubende Beträge. U. U. muss Bayer Leverkusen Sponsorengelder in Millionenhöhe in die Insolvenzmasse zurückbezahlen.
Und jetzt ganz aktuell gleich zwei Bayer-Protagonisten als Werbe-Ikonen für die (erfolglosen) Internet-Portale Ab-in-den Urlaub.de und Fluege.de. Beide Portale gehören zur Unister Holding GmbH. Die letzten im Unternehmensregister veröffentlichten Jahresabschlüsse der Holding datieren aus dem Jahr 2011. Die Firmengruppe ist damit zwei Jahresabschlüsse im Rückstand. Kleinere und mittelständische Unternehmen stünden mit einer solchen Veröffentlichungspraxis längst am Pranger des BfJ und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Das Handelsblatt zitiert einen der Unternehmensgründer mit: „Es ist ein hohes Maß an Realitätsverlust der Geschäftsführung zu konstatieren“. Was irritiert ist, dass groß angelegte Geschäftsmodelle außerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen funktionieren, die für kleinere Unternehmen gelten und die gegen diese in der Regel auch radikal durchgesetzt werden. So gab es im Fall Teldafax schon Jahre vor dem Zusammenbruch deutliche Hinweise auf die wirtschaftliche Schieflage und sogar auf Betrug (vgl. Nr. 7/2015). Geschickter stellen sich die Bayern an: Thomas Müller passt bestens zur Müllermilch und David Alaba offensichtlich zum internationalen Image der Unicredit-Bank.
BFH-aktuell: Vorsicht bei Zahlungen auf das Privat-Konto
Wenn ein Kunde der GmbH die Rechnung auf das Privatkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers der GmbH zahlt, hat das Steuerfolgen. Zum einen handelt es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung. Das Finanzamt ist dann berechtigt, den Steuerbescheid entsprechend zu ändern (KSt, GewSt). Begleicht der Gesellschafter dann aus dieser Überweisung auch noch offene Rechnungen der GmbH, gilt das als verdeckte Einlage. Weitere Steuerfolge: Auch das kann zu einer Erhöhung des GmbH-Gewinns führen (BFH, Urteil vom 20.10.2014, VIII R 11/12).
Die Rechtslage: Im Urteilsfall war eine Rechnung von einem ausländischen Geschäftspartner über das Privatkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers beglichen worden. Die GmbH hatte dem gegenüber eine Bareinzahlung verbucht. Von Privatkonto wurden dann auch noch offene Rechnungen der GmbH bezahlt. Dem Finanzamt und dem Finanzgericht gegenüber begründete der Gesellschafter-Geschäftsführer das so, dass es eine (mündliche) Vereinbarung mit der Buchhaltung gab, wonach der Gesellschafter sich verpflichtete, GmbH-Schulden aus der Privatschatulle zu zahlen. Das Finanzamt hielt das für eine Ausrede.
Neues EU-Recht: Der Senior-Gesellschafter lebt im Ausland
Ab sofort gilt auch für allen Deutschen, die dauerhaft im Ausland leben, die EU-Erbrechtsverordnung. Folge: Hat der Senior-Gesellschafter seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem anderen Land, gilt für ihn das dortige Erbrecht (Ausnahme: Großbritannien, Irland und Dänemark). Stichtag ist der 17.8.2015. Das EU-Erbrecht ist auf alle Todesfälle nach diesem Stichtag anzuwenden. Ausnahme: Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem Staat des gewöhnlichen Aufenthalts hatte, so ist auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
Beispiele: Ein deutscher Rentner mit Grundbesitz in Spanien und weiterem (Betriebs-) Vermögen in München, der den Lebensabend in Südtirol verbringt, wird nach italienischem Erbrecht beerbt. Ein Franzose zieht zu seiner Freundin nach Frankfurt und gründet eine Familie in Deutschland. 2016 stirbt er. Er wird nach deutschem Erbrecht beerbt.
Der Erblasser kann aber auch z. B. testamentarisch verfügen, dass das Erbrecht des Staates, dessen Staatsangehöriger er ist, angewandt wird. Eingeführt wird damit das europäische Nachlasszeugnis, vergleichbar dem deutschen Erbschein. Keine Auswirkungen hat die EU-Erbrechtsverordnung auf die Besteuerung des vererbten Vermögens.
GmbH-IT: Verbraucherzentrale warnt vor Windows 10
Wer die Datenschutzbestimmungen des neuen Windows akzeptiert, willigt in eine umfassende Nachvollziehbarkeit (Ausforschung) der Nutzung ein. Microsoft wertet aus: Name, Adresse, Alter, Geschlecht, Telefonnummer und den Standort des Gerätes, die in den Apps und Diensten aufgerufenen Web-Seitenadressen, Suchbegriffe, Kontakte zu Personen und gekaufte Artikel (Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz vom 10.8.2015).
Werbung: Unzulässige Aussagen über angebliche Standorte
Wirbt ein Unternehmen damit, vor Ort an einem bestimmten Standort tätig und präsent zu sein, dann genügt es nicht, wenn das Unternehmen lediglich ein Mini-Lager unterhält und einen Briefkasten mit Firmenschild anbringt (OLG Celle, Urteil vom 7.7.2015, 13 W 35/15).
Recht: Post muss ungenehmigtes Porto zurückzahlen
Gute Nachrichten für Postversender. Die Bundesnetzagentur hatte der Post die Preiserhöhungen in den Jahren 2003 bis 2005 fälschlicherweise genehmigt. Der Kläger kann die zuviel gezahlten Entgelte zurückverlangen (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 5.8.2015, 6 C 8.14, 6 C 9.14 und 6 C 10.14).
Mitarbeiter: U1 und U2-Umlage für Minijobber werden teurer
Die Arbeitgeber-Umlage U1 (Arbeitsunfähigkeit) und U2 (Mutterschutz) werden für den Arbeitgeber teurer. Sie steigt für alle Minijobber mit dem Abrechnungsmonat September von 0,7 % auf 1 % (U1) bzw. von 0,24 % auf 0,3 % (U2). Die Umlage U1 betrifft alle kleineren Unternehmen, die im Vorjahr über 8 Monate weniger als 30 Mitarbeiter beschäftigt haben. Die Umlage U2 wird von allen Unternehmen erhoben.
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur