Kommunale GmbHs: Wo wird am besten/schlechtesten verdient? + Neues Urteil: Manager-Gehälter auf dem Prüfstand + Neue Rechtslage: Produkthaftung – Indizienbündel statt Gutachten + Bürokratie: Keine Rückstellung für zukünftige HWK-Beiträge + Mitarbeiter: Minusstunden rechtfertigen eine fristlose Kündigung + Geschäftsführer privat: Zusammenveranlagung nur mit eingetragener Lebensgemeinschaft
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 27/2017 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 7. Juli 2017
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
bereits letzte Woche hatte ich auf eine neue Studie zur Veröffentlichung der Gehälter der Geschäftsführer in kommunalen GmbHs berichtet (Die komplette Studie der Zeppelin Universität Friedrichshafen gibt es unter https://www.zu.de > Suche: Papenfuß > Studie: „Nur 823 von 2.948: Deutschlandweites Transparenzgefälle bei Top-Managementvergütung öffentlicher Unternehmen“). Neben den Daten zur Offenlegungsverpflichtung (vgl. Nr. 26/2017) offenbart die Studie: Die Geschäftsführer der GmbHs, die keinen Ertrag erwirtschaften bzw. die aus öffentlichen Haushalten bezuschusst werden müssen, verdienen am schlechtesten. Das sind insbesondere die Branchen Kultur und Soziales, also z. B. Theater, Jugendhäuser, aber auch Pflegeheime, Krankenhäuser, Gesundheitswesen. Auffällig: Das sind zugleich auch die Branchen, in denen die personenbezogenen Geschäftsführer-Gehälter am ehesten veröffentlicht werden – bei denen die Transparenz am größten geschrieben wird.
Beispiel: In Freiburg verdient der Geschäftsführer der Energieversorgung 340.000 EUR, der Geschäftsführer „Messe und Touristik“ 205.000 EUR (Tourismus: 230.000) und der Geschäftsführer der regionalen Beschäftigungsgesellschaft 80.000 EUR (Zeitarbeit: 140.000) (in Klammern: Vergleichszahlen aus der Privatwirtschaft). Der Druck auf die Kommunen als Gesellschafter kommunaler Unternehmen steigt. Bislang sind es aber immer noch die kleineren Kommunen (< 50.000 Einwohner), in denen es noch keine gesetzliche Vorgabe gibt, die zur Veröffentlichung der individuell gezahlten Geschäftsführer-Gehälter verpflichtet. Vorreiter bisher: Hamburg – hier werden die kompletten Zahlen auf den Internet-Seiten der Finanzbehörden veröffentlicht.
Neues Urteil: Manager-Gehälter auf dem Prüfstand
Wir haben an dieser Stelle bereits mehrfach zum Fall Thomas Middelhoff berichtet (vgl. Nr. 6/2017). Dabei ging es zum einen um die Manager-Haftung, aber auch um die Manager-Vergütung. Bis zuletzt war umstritten, inwieweit der Ex-Karstadt-Manager den Aufsichtsrat dahingehend beeinflusst hat, ihm eine überzogene und ungerechtfertigte Abfindung zuzugestehen. Jetzt hat das Landgericht (LG) Essen das Verfahren eingestellt – allerdings auch mit Folgen für die Diskussion um die Höhe und Angemessenheit von Manager-Gehältern und damit auch von Führungskräften und GmbH-Geschäftsführern (LG Essen, Urteil v. 21.6.2017, 21 KLs 18/15). Worauf müssen Sie sich einstellen?
GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer können – so die Theorie – so viel verdienen wie vertraglich vereinbart. Allerdings verlangen die Finanzämter, dass Sie als Geschäftsführer nur bis zur Angemessenheitsgrenze verdienen. Das ist soviel wie „der Kollege in einer vergleichbaren GmbH“ verdient. In der Praxis führt diese unscharfe Formulierung dazu, dass sich die Kollegen immer wieder gegen eine zusätzliche Steuer-Veranlagung des zuviel gezahlten Gehalts vor das Finanzgericht ziehen müssen. Wir berichten an dieser Stelle regelmäßig über entsprechende Verfahren. Soweit diese Rechtslage: Andererseits fordert die Rechtsprechung vom GmbH-Geschäftsführer: Erwirtschaftet die GmbH über einen längeren Zeitraum Verluste, muss der (Gesellschafter-) Geschäftsführer sein Gehalt kürzen (so z. B. OLG Köln, Urteil v. 6.11.2007, 18 U 131/07) – mit entsprechenden Steuerfolgen.
Folgen des LG-Essen-Urteils: Einige Experten interpretieren das Urteil des LG Essen als Aufforderung an den Gesetzgeber, klare Kriterien für die Manager-Vergütung vorzugeben. Dabei sollte/kann man sich am Durchschnittsgehalt orientieren, das im Unternehmen gezahlt wird. Diskutierte Obergrenze: das fünfundzwanzig-/dreißigfache des Durchschnittsgehalts (vgl. Nr. 18/2017). Um aber einen einheitlichen Standard über alle Branchen zu gewährleisten, wird es auf die im Unternehmen gezahlte Lohnsumme als Entscheidungskriterium hinauslaufen. Das hat dann insbesondere Auswirkungen auf die Branchen, in denen hohe Umsätze und Erträge mit wenig Personal erwirtschaftet wird (Verwaltungs- und Verwertungsgesellschaften, Handelsgesellschaften, Immobilien, Beratungsunternehmen, Vermarktung von Luxusartikeln usw.). Fakt ist, dass das Regulierungsinteresse des Staates bzw. der Behörden in den letzten Jahren enorm zugenommen hat – und es auf diese Weise möglich wäre, Arbeitsmarktpolitik und Vergütungsinteresse der Manager zu koppeln – was politisch derzeit durchaus gewollt ist. Dazu aktuelle Zahlen: Im Durchschnitt verdient ein Vorstand in einem deutschen DAX-Unternehmen derzeit das 50-fache (2016: das 54-fache) des durchschnittlich im Unternehmen gezahlten Gehalts.
Neue Rechtslage: Produkthaftung – Indizienbündel statt Gutachten
Bislang entscheiden Gerichte bei fehlerhaften Produkten nur dann auf Herstellerhaftung, wenn das Beweisverfahren mit wissenschaftlicher Gründlichkeit geführt werden kann. Nach einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann eine solche Produkthaftung in Zukunft bereits dann durchgesetzt werden, wenn ein Indizienbündel für eine Verursachung des Schadens spricht (EuGH, Urteil v. 21.6.2016 C‑621/15).
Bürokratie: Keine Rückstellung für zukünftige HWK-Beiträge
HWK- und IHK-Beiträge müssen zwar jährlich bezahlt werden. Eine Rückstellung für zukünftige Beitragszahlungen (hier: Zusatzbeiträge) ist aber laut Bundesfinanzhof (BFH) nicht möglich. Begründung: Zusatzbeiträge sind erst im laufenden Jahr „wirtschaftlich veranlasst“ (BFH, Urteil v. 5.4.2017, X R 30/15).
Mitarbeiter: Minusstunden rechtfertigen Kündigung
Bei mehrfachem und bereits angemahnten Überschreiten der zulässigen Minusstunden (hier: 59 statt 20), sind Sie berechtigt, fristlos und ohne vorherige formelle Abmahnung zu kündigen (LAG Hamburg, Urteil v. 2.11.2016, 5 Sa 19/16).
Zusammenveranlagung nur mit Lebensgemeinschaft
Wenn Sie mit Ihrem Lebenspartner – wie lange auch immer – zusammen einen Haushalt führen, ohne verheiratet zu sein oder heiraten zu wollen, berechtigt Sie das noch lange nicht zur steuerlichen Zusammenveranlagung. Das geht nur, wenn Sie in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft leben (BFH, Beschluss v. 26.4.2017, III B 100/16).
Eine informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur Geschäftsführer-Fachinformationsdienst