Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 22/2015

Volkelt-NLWirt­schafts­in­ter­es­sen: Die Par­tei­en las­sen die Unter­neh­mer im Regen ste­hen – was tun? + Wie­der­vor­la­ge: Steu­er­be­schei­de mit Straf­zins-For­de­run­gen + Inte­rims-Geschäfts­füh­rer: Wor­auf es bei der Ver­trags­ge­stal­tung ankommt + GmbH-Steu­ern: Neue Vor­schrif­ten für die Kör­per­schaft­steu­er + Wirt­schafts­recht: Rück­zah­lung einer For­de­rung nach Rang­rück­tritts­ver­ein­ba­rung + Ver­trags­recht: Vor­sicht bei Kla­ge­ver­zichts­er­klä­rung + Not­fall: Mehr Mög­lich­kei­ten bei hand­lungs­un­fä­hi­gem Geschäfts­führer +  BISS

 

Der Vol­kelt-Brief 22/2015 > Down­load als PDF – lesen im „Print”

 

Frei­burg 29. Mai 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

CDU/CSU, FDP oder etwa AfD? Immer mehr Kol­le­gen zei­gen sich besorgt, wenn es dar­um geht, eine Inter­es­sen­ver­tre­tung zu erken­nen, die sich für die Belan­ge der Wirt­schaft ein­setzt und die­se durch­setzt. Fakt ist, dass der Wirt­schafts­flü­gel der CDU in den letz­ten Jah­ren kon­ti­nu­ier­lich an Ein­fluss in den Gre­mi­en ver­lo­ren hat. Fakt ist auch, dass die CDU bereits in der letz­ten aber noch mehr in der lau­fen­den Legis­la­tur­pe­ri­ode fast alle Geset­ze mit­ge­tra­gen hat, die die Wirt­schaft (stark) belas­ten (Min­dest­lohn, Frau­en­quo­te, Sozialkosten).

Eben­falls nicht gut für die Wirt­schaft war, dass sich die FDP fast selbst aus dem Ver­kehr geke­gelt hat. Nicht zu über­se­hen ist auch, dass die neu­en Füh­rungs­köp­fe der FDP zuneh­mend ohne wirk­li­ches wirt­schafts­po­li­ti­sches Pro­fil agier­ten und agie­ren. Und es ist zu befürch­ten, dass ein neu­es Mar­ken-Image für eine Reani­ma­ti­on nicht aus­reicht. Die AfD ist für die meis­ten Unter­neh­mer ohne­hin nicht dis­ku­ta­bel. Hier feh­len eine mit­tel­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve mit Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten und ein sicht­ba­res Wirt­schafts­pro­gramm. Was tun?

Als Unter­neh­mer und Geschäfts­füh­rer eines mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­mens sind Sie gut bera­ten, wenn Ihr poli­ti­sches Netz­werk sich nicht auf die IHK, die HWK oder den Bran­chen­ver­band beschränkt. Der direk­te Kon­takt in die poli­ti­schen Par­tei­en ist wich­tig, damit die wirt­schaft­li­chen The­men (Büro­kra­tie, Kos­ten­be­las­tung, TIPP) kon­se­quent auf der Tages­ord­nung der Par­tei­en blei­ben und Sie Ihre Vor-Ort-Poli­ti­ker mit Argu­men­ten aus der betrieb­li­chen Pra­xis füttern.

Wiedervorlage: Finanzamt muss Straf-Zinsen zurückzahlen

Mit Urteil vom 1.7.2014 (IX R 31/13) hat­te der BFH dem Gesetz­ge­ber vor­ge­ge­ben, dau­er­haft nied­ri­gen Zin­sen an den Steu­er­zah­ler wei­ter­zu­rei­chen. Satt der 6 % Zin­sen (0,5 % pro Monat, § 238 AO), die das Finanz­amt für Steu­er­rück­stän­de berech­net, darf die Finanz­ver­wal­tung nur ange­mes­se­ne Zin­sen ver­lan­gen. Unter­des­sen hat sich das nied­ri­ge Zins­ni­veau seit 2009 (unter 2,0 %) auf sehr nied­ri­ges Niveau ver­fes­tigt (heu­te: 0,05 %). Aber auch bei einer gering­fü­gi­gen Erhö­hung wird es sich um ein Zins­ni­veau han­deln, dass eine Norm-Ver­zin­sung für Steu­er­rück­stän­de bei 6 % ver­fas­sungs­recht­lich bedenk­lich erschei­nen lässt.

Unter­des­sen gibt es Hin­wei­se dar­auf, dass in Zukunft nicht nur Ban­ken bei der Ein­la­ge von Geld­mit­teln mit Nega­tiv-Zin­sen rech­nen. In Exper­ten­krei­sen geht man davon aus, dass es in nächs­ter Zeit zu gericht­li­chen Ver­fah­ren um die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des § 238 AO gehen wird (vgl. Nr. 42/2013). Einig ist man sich dar­über, dass „bei dau­er­haf­tem Nied­rig­zins“ eine Anpas­sung nach unten erfol­gen muss. Wir hal­ten Sie dazu auf dem Laufenden.

Als Steu­er­zah­ler, der für Steu­er­rück­stän­de bzw. für mit dem Finanz­amt ver­ein­bar­ten Raten­zah­lun­gen mit dem hohen 6 %-Zins­satz belas­tet sind, sind Sie gut bera­ten, die Zah­lun­gen nur unter Vor­be­halt zu zah­len. Ver­wei­sen Sie in der Begrün­dung auf die mög­li­che Ver­fas­sungs­wid­rig­keit des in § 238 AO fest­ge­leg­ten Zins­sat­zes bzw. das nied­ri­ge Zins­ni­veau gemäß dem oben genann­ten BFH-Urteil aus dem Jah­re 2014.

Interims-Geschäftsführer: Worauf es bei der Vertragsgestaltung ankommt

Ob Nach­fol­ge-Pla­nung, Kri­sen-Sze­na­rio oder krank­heits­be­ding­ter Aus­fall eines Füh­rungs­kraft in der GmbH: Unter­des­sen eta­bliert ist die Mög­lich­keit, Mana­ger auf Zeit ein­zu­stel­len – auf allen Ebe­nen der Geschäfts­lei­tung. Die Bran­che der Inte­rims-Mana­ger boomt. Eine Schwie­rig­keit liegt dabei dar­in, den kom­pe­tent qua­li­fi­zier­ten Part­ner zu fin­den, der in die Che­mie der Fir­ma passt. Wich­tig ist auch, den Part­ner auf Zeit so in die Fir­ma ein­zu­bin­den, dass der sei­ne Auf­ga­ben mit dem not­wen­di­gen und erwar­te­ten Enga­ge­ment ange­hen kann und dass unnö­ti­ge Risi­ken von der Fir­ma fern gehal­ten wer­den können.

Schau­en Sie sich den „Neu­en“ noch sorg­fäl­ti­ger an als den übli­chen Bewer­ber im Bewer­bungs­ge­spräch. Beson­de­res Augen­merk soll­ten Sie bei der Anstel­lung eines Inte­rims-Mana­gers auf die fol­gen­den Punk­te legen:

  1. Wer ist der Ver­trags­part­ner? Wird er Inte­rims-Mana­ger über einen Ver­mitt­ler (Pro­vi­der) ange­stellt, kön­nen Sie sich bei Schlecht-Leis­tung oder Nicht-Erfül­lung der ver­trag­li­chen Pflich­ten nicht direkt an den Inte­rims-Mana­ger wen­den. In der Pra­xis kann das zu kom­pli­zier­ten und lang­wie­ri­gen juris­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen füh­ren, z. B. bereits dann, wenn es um eine außer­or­dent­li­che Kün­di­gung des Ver­tra­ges geht.
  2. Ach­ten Sie dar­auf, dass die von Ihnen ein­ge­for­der­ten Leis­tun­gen (Erfül­lung der gesetz­li­chen Pflich­ten des Geschäfts­füh­rers, Siche­rung, Fort­füh­rung und Wei­ter­ent­wick­lung des Geschäfts­be­trie­bes, Ziel­ver­ein­ba­run­gen bezüg­lich Umsatz, Ertrag usw.) im Ver­trag voll­stän­dig auf­ge­lis­tet sind, dass die Kom­pe­ten­zen (Wei­sungs­rech­te, zustim­mungs­pflich­ti­ge Geschäf­te) klar abge­grenzt sind und dass Kon­di­tio­nen für die Been­di­gung der Zusam­men­ar­beit (Ver­trags­en­de, Kün­di­gungs­mög­lich­keit) klar defi­niert sind.
  3. Pro­ble­me kann es auch um die arbeits- und sozi­al­recht­li­che Ein­stu­fung des Inte­rims-Mana­gers geben. Ist der Inte­rims-Mana­ger als Geschäfts­füh­rer beru­fen und ein­ge­tra­gen und mit einem Anstel­lungs­ver­trag (Dienst­ver­trag) ein­ge­bun­den, müs­sen Sie für ihn Sozi­al­ab­ga­ben abfüh­ren – er ist in der Regel sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig. Soll der Inte­rims-Mana­ger sei­ne Tätig­keit als „Selbst­stän­di­ger“ aus­üben, müs­sen Sie auf­pas­sen. Hier kann es schnell pas­sie­ren, dass die DR auf Schein­selb­stän­dig­keit erkennt. Eine Beschrän­kung sei­ner Voll­mach­ten ist aber mög­lich, ohne dass er sei­ne selb­stän­di­ge Tätig­keit aufgibt.
  4. Mög­lich ist z. B., den Inte­rims-Mana­ger nicht mit den vol­len Rech­ten und Pflich­ten eines bestell­ten Geschäfts­füh­rers ein­zu­stel­len. Zu prü­fen ist, ob für die zu über­neh­men­de Auf­ga­be eine Hand­lungs­voll­macht oder eine Pro­ku­ra aus­rei­chend ist. Auch ein Ver­trags-Kon­strukt, wonach der Inte­rims-Mana­ger über sei­ne eige­ne GmbH ange­stellt wird und für das beauf­tra­gen­de Unter­neh­men tätig wird, ist möglich.
Vie­le auch eta­blier­te Bera­tungs­ge­sell­schaf­ten bie­ten unter­des­sen für den mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­mer Inte­rims-Manage­ment-Dienst­leis­tun­gen an. Auf­pas­sen müs­sen Sie hier, wenn das Bera­tungs­un­ter­neh­men über die­sen Mana­ger zusätz­li­che Bera­tungs­leis­tun­gen ver­kau­fen will. Die­se Pra­xis ist beson­ders in den US-Bera­tungs­fir­men ver­brei­tet (vgl. Nr. 10/2009, Bera­ter­fir­ma ALIX-Part­ners in Sachen Märk­lin und Kun­ert). Im Zwei­fel soll­ten Sie die ver­trag­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen von einem Gesell­schafts­recht­ler prü­fen las­sen. Z. B., wenn der Pro­vi­der auf die strik­te Umset­zung sei­nes Ver­trags­wer­kes besteht. Las­sen Sie sich Refe­ren­zen des Pro­vi­der-Unter­neh­mens und des Mana­gers vor­le­gen und prü­fen Sie die­se auf Stich­hal­tig­keit und Plau­si­bi­li­tät. Spre­chen Sie mit den Refe­renz-Ansprech­part­nern. Wei­ter­füh­rend: Dach­ver­band der Inte­rims-Mana­ger > DDIM

GmbH-Steuern: Neue Vorschriften für die Körperschaftsteuer

Das BMF hat den Ent­wurf der neu­en Kör­per­schaft­steu­er-Richt­li­ni­en vor­ge­legt (BMF-Schrei­ben vom 18.5.2015, IV C 2 – S 2930/08/10006). Nach Anga­ben des BMF geht es in ers­ter Linie um redak­tio­nel­le Anpas­sun­gen und um eine Berück­sich­ti­gung der aktu­el­len Recht­spre­chung des BFH. Der Ent­wurf des BMF-Schrei­bens kann direkt ein­ge­se­hen wer­den unter > KStR 2015 .

Dar­in gibt es aus­führ­li­che Hin­wei­se zu Beson­der­hei­ten der GmbH-Besteue­rung – z. B. zum Prü­fungs­ver­fah­ren für die Pen­si­ons­zu­sa­ge des (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rers. Danach wer­den in Zukunft zunächst alle for­ma­len Vor­aus­set­zun­gen (Erdien­bar­keit, Rück­de­ckung usw.) geprüft. In einem wei­te­ren Schritt prü­fen die Finanz­be­hör­den, ob eine sog. Gesell­schaf­ter-beding­te Ver­an­las­sung für den Pen­si­ons­an­spruch (Dritt­ver­gleich) vor­liegt. Noch kei­ne Aus­füh­run­gen ent­hält der Ver­wal­tungs­er­lass zur Zuläs­sig­keit von Tan­tie­me­zah­lun­gen an den (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­führer. Gehen Sie aber davon aus, dass hier­zu aus­führ­li­che Ver­wal­tungs­vor­ga­ben in den kom­men­den Wochen noch erar­bei­tet und vor­ge­legt wer­den. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Wirtschaftsrecht: Rückzahlung einer Forderung nach Rangrücktrittsvereinbarung

Zahlt die GmbH eine For­de­rung, für die der Gläu­bi­ger einem Rang­rück­tritt zuge­stimmt hat, den­noch aus, kann der Insol­venz­ver­wal­ter die Aus­zah­lung man­gels Rechts­grund kon­di­zie­ren (her­aus­ver­lan­gen) oder er kann die Aus­zah­lung als unent­gelt­li­che Leis­tung anfech­ten (BGH, Urteil vom 5.3.2015, IX ZR 133/14).

Der Bun­des­ge­richts­hof stellt aber klar, dass eine Rang­rück­tritts­ver­ein­ba­rung unmit­tel­bar vor und nach der Insol­venz wirkt und damit die aus­ste­hen­de For­de­rung in der Bilanz nicht mehr pas­si­viert wer­den muss. Den­noch ist der Rang­rück­tritt nie zugleich auch ein end­gül­ti­ger For­de­rungs­ver­zicht. Nach Abwen­dung der Insol­venz lebt die For­de­rung (Ver­jäh­rung: 4 Jah­re) wie­der auf und kann nur mit der Zustim­mung des Gläu­bi­gers auf­ge­ho­ben wer­den – nicht aber durch ein­sei­ti­ge Erklä­rung der GmbH, der Gesell­schaf­ter oder der Sanierungsgesellschaft.

Vertragsrecht: Vorsicht bei Klageverzichtserklärung

Ver­ein­bart die GmbH mit dem Geschäfts­füh­rer im Auf­he­bungs­ver­trag eine Kla­ge­ver­zichts­er­klä­rung, muss der Arbeit­ge­ber GmbH auf­pas­sen. Eine sol­che Erklä­rung kann unwirk­sam sein, wenn die zugrun­de lie­gen­de Kün­di­gungs­an­dro­hung zu Unrecht erfolg­te (BAG, Urteil vom 12.3.2015, 6 AZR 82/14).

Das Urteil betraf einen Arbeit­neh­mer, der nach 15 Jah­ren Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit wegen eines gering­fü­gi­gen Ver­ge­hens (Dieb­stahl und Ver­zehr von 2 Sup­pen) gekün­digt wur­de. Statt der Kün­di­gung wur­de ein Auf­he­bungs­ver­trag geschlos­sen, inkl. Kla­ge­ver­zichts­er­klä­rung. Für Geschäfts­füh­rer wich­tig: Basiert eine Kün­di­gungs­an­dro­hung auf fal­schen Behaup­tun­gen, hat der Geschäfts­füh­rer gute Chan­cen, einen dar­auf­hin abge­schlos­se­nen Auf­he­bungs­ver­trag gericht­lich anzu­fech­ten – z. B. dann, wenn sich im Nach­hin­ein her­aus­stellt, dass ein­zel­ne Ver­trags­punk­te den Geschäfts­füh­rer benach­tei­li­gen – z. B. ein zu weit gefass­tes Wettbewerbsverbot.

Notfall: Mehr Möglichkeiten bei handlungsunfähigem Geschäftsführer

Wird die GmbH wegen Hand­lungs­un­fä­hig­keit des allei­ni­gen Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rers (Schlag­an­fall) durch einen Betreu­er (Ehe­frau, Kind) ver­tre­ten, dann ist es die­sen Per­so­nen mög­lich, das Amt nie­der­zu­le­gen, ohne zugleich einen neu­en Geschäfts­füh­rer zu bestel­len. Die Amts­nie­der­le­gung ist dann nicht als rechts­miss­bräuch­lich zu bewer­ten (OLG Dres­den, Urteil vom 18.12.2014, 5 W 1326/14).

Hat dann z. B. der allei­ni­ge Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer sei­ne Ehefrau/Kinder per Ver­fü­gung zum Betreu­er für die GmbH-Geschäf­te ein­ge­setzt, dann kann der/die durch­set­zen, dass das Amts­ge­richt einen (qua­li­fi­zier­ten) Not-Geschäfts­füh­rer ein­setzt, ohne dass er/sie befürch­ten muss, für in der Zwi­schen­zeit ein­ge­tre­te­ne Ver­säum­nis­se oder Fehl­hand­lun­gen zur Rechen­schaft gezo­gen zu wer­den (Steu­er- und Abga­be­pflich­ten usw.).

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

Schreibe einen Kommentar