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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 04/2013

The­men heu­te: Geschäfts­füh­rer kla­gen über zuneh­men­de Kon­trol­len und Gän­ge­lei­en + Steu­er-Anmel­dun­gen: Vie­le Pro­ble­me nach Online-Umstel­lung – was tun? + BGH-aktu­ell: Wie­der neu­es Urteil zur Geschäfts­füh­rer-Haf­tung + GmbH-Recht: Lei­ter der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung hat pri­vi­le­gier­tes Stimm­recht + D & O: Geschäfts­füh­rer muss Wech­sel der Gesell­schaf­ter mel­den + Auf­sichts­rat der kom­mu­na­len GmbH kann abbe­ru­fen wer­den + Recht: Kei­ne Ein­tra­gung des neu­en Geschäfts­füh­rers bei unge­klär­tem Rechts­strei­tig­kei­ten + BISS

 

 

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

25% weni­ger Büro­kra­tie hat­te die Koali­ti­on ver­spro­chen. Aus Sicht eines Geschäfts­füh­rers fällt das Ergeb­nis kurz vor Ablauf der Legis­la­tur­pe­ri­ode eher ernüch­ternd aus. Vie­le Vor­ha­ben sind lie­gen geblie­ben oder ver­tagt – etwa Unter­neh­mens­steu­er, Erb­schafts­steu­er, Auf­be­wah­rungs­fris­ten, Umsatz­steu­er­re­form, elek­tro­ni­sche Steuer­erklärungen. Vie­le Geschäfts­füh­rer kla­gen dar­über, dass die hoheit­li­che Prü­fungs- und Gän­ge­lungs-Men­ta­li­tät wei­ter zuge­nom­men hat. Und zwar in allen Berei­chen: Bei der Steu­er­prü­fung, bei Vor-Ort-Kon­trol­len durch den Zoll, die Gewer­be­auf­sicht oder durch die Kar­tell­be­hör­den oder den Wirt­schafts­kon­troll­dienst (WKD). 

Für die Pra­xis: Klei­ne Unter­neh­men haben in der Pra­xis schlech­te Kar­ten. Hier wird beson­ders auf die Fin­ger geschaut, nach Stan­dard geprüft und wenig Rück­sicht auf betrieb­li­che Beson­der­hei­ten genom­men. Dage­gen ist kein Kraut gewach­sen. Mel­den Sie offen­sicht­li­che Anma­ßun­gen, Über­grif­fe und Ver­stö­ße kon­se­quent an die Rechts­ab­tei­lung der IHK, HK und an den Branchenverband.

Steuer-Anmeldungen: Viele Probleme nach Online-Umstellung – was tun?

Spä­tes­tens zum 10.1.2013 muss­ten GmbHs/UGs USt-und Lohn­steu­er-Vor­an­­mel­dun­gen für das 4. Quar­tal 2012/Dezember 2012 ein­rei­chen. Sonst dro­hen Ver­zugs­zin­sen. ACHTUNG: Bei vie­len klei­nen Unter­neh­men mit ein­fa­cher IT sind Pro­ble­me vor­pro­gram­miert – selbst dann, wenn die Anmel­dung zur Authen­ti­fi­zie­rung kor­rekt durch­ge­führt wur­de. Was tun? Wur­de die Vor­anmel­dung bis­her mit dem übli­chen Els­ter-For­mu­lar abge­wi­ckelt, kön­nen Sie damit auch noch wei­ter­hin Ihre LSt- und USt-Vor­anmel­dung im nicht zer­ti­fi­zier­ten Ver­fah­ren durch­füh­ren. Die Finanz­be­hör­den räu­men eine Über­gangs­frist bis zum 31.08.2013 ein. Im Ein­zel­nen gilt:

  1. GmbHs/UGs, die sich bis­her noch nicht zum elek­tro­ni­schen Zer­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren bei Els­ter Online ange­mel­det haben, soll­ten eine Regis­trie­rung unver­züg­lich nach­ho­len > https://www.elsteronline.de/eportal/eop/auth/Registrierung.tax.
  2. GmbHs/UGs, die sich zwar ange­mel­det haben, aber kei­nen Zugriff erhal­ten (z. B. wegen ver­al­te­ter Java-Ver­si­on) soll­ten zusam­men mit dem IT-ler prü­fen, wo bei der Soft­ware nach­ge­rüs­tet wer­den muss. Ver­mer­ken Sie sich das auf der todo-Lis­te für die nächs­te IT-Runde.
  3. Klappt der Zugriff auf das ePor­tal von Els­ter > mein Kon­to > soll­ten Sie ab sofort nur noch die dort ange­bo­te­nen For­mu­la­re verwenden.

BGH-aktuell: Wieder neues Urteil zur Geschäftsführer-Haftung

Der Geschäfts­füh­rer einer Wert­pa­pier­han­dels­bank-GmbH soll­te pri­vat in die Haf­tung genom­men wer­den, weil sei­ne Bank für sog. Garan­tie­ver­spre­chen gegen­über ihren Anle­gern kei­ne aus­rei­chen­den Rück­stel­lun­gen gebil­det hat­te. Das Amts- bzw. in zwei­ter Instanz das Land­ge­richt bestä­tig­ten zunächst die Haf­tung des Geschäfts­füh­rers. Begrün­dung: Zwar hat­te die GmbH für die­sen Fall eine Rück­stel­lung aus­ge­wie­sen. Die­se Rück­stel­lung deck­te aber nicht den Total­ver­lust und ist damit nicht in aus­rei­chen­der Höhe gebil­det wor­den. Anders sieht das jetzt aber der BGH. Er ver­langt nicht, dass die Rück­stel­lung das gesam­te mög­li­che Garan­tie­ri­si­ko abdeckt. Es genügt, wenn die Rück­stel­lung nach han­dels­recht­li­chen und betriebs­wirt­schaft­lich Maß­stä­ben bzw. in der übli­chen Höhe aus­gewie­sen wird (BGH, Urteil vom 20.11.2012, VI ZR 268/11).

Für die Pra­xis: Das Urteil ist wich­tig für Geschäfts­füh­rer aller Bran­chen. Und zwar dann, wenn für die lau­fen­den Geschäf­te Garan­tie-Rück­stel­lun­gen (§ 249 HGB)gebil­det wer­den müs­sen. Das ist der Fall, wenn nach dem Maß­stab des sorg­fäl­ti­gen Geschäfts­man­nes mit Nach­for­de­run­gen aus einem Geschäft gerech­net wer­den muss (z. B. erfah­rungs­ge­mäß für Bau­leis­tun­gen oder bei Aus­schuss­lie­fe­run­gen). Für die­se Fäl­le soll­ten Sie die Rück­stel­lun­gen in han­dels­recht­lich übli­cher Höhe ein­stel­len. Ansons­ten kann es pas­sie­ren, dass Sie – im Fal­le einer Insol­venz der GmbH – auch noch Jah­re spä­ter pri­vat in die Haf­tung genom­men wer­den können.

Leiter der Gesellschafterversammlung hat privilegiertes Stimmrecht

In der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung von GmbHs mit meh­re­ren Gesell­schaf­tern ist es rat­sam, die Ver­samm­lung „unter Lei­tung“ zu stel­len. Z. B., wenn vie­le TOPs bespro­chen wer­den müs­sen und es auf eine feh­ler­freie Beschluss­fas­sung ankommt. Im GmbHG selbst ist ein Ver­samm­lungs­lei­ter nicht vor­ge­se­hen. Dabei kön­nen die Gesell­schaf­tern einen Gesell­schaf­ter, einen Geschäfts­füh­rer oder einen außen ste­hen­den Drit­ten (Haus­an­walt, Steu­er­be­ra­ter) zum Ver­samm­lungs­lei­ter bestim­men. Dazu genügt ein Gesell­schaf­ter­be­schluss mit ein­fa­cher Mehr­heit. Kommt es auf der Ver­samm­lung zu Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten um den Ablauf (z. B. Antrag auf Ende de Debat­te und Beschluss­fas­sung, Ver­ta­gen von TOPs), gel­ten auch ohne gesetz­li­che Vor­ga­ben bestimm­te Spiel­re­geln. Laut Recht­spre­chung müs­sen Sie beach­ten (OLG Thü­rin­gen, Urteil vom 25.4.2012, 2 U 520/11):

  1. Der die Ver­samm­lung lei­ten­de Gesell­schaf­ter hat ein Stimm­recht zu  allen Beschlussgegenständen.
  2. Das gilt auch für Abstim­mun­gen über die Ver­samm­lungs­lei­tung, also z. B. über sei­ne Abwahl als Ver­samm­lungs­lei­ter oder über bestimm­te Maß­nah­men, die er als Ver­samm­lungs­lei­ter zur Beschluss­sa­che macht (Abstim­mungs­ver­fah­ren, Vertagung).

Für die Pra­xis: Der Ver­samm­lungs­lei­ter muss Spiel­re­geln ein­hal­ten. Über­schrei­tet er sei­ne Kom­pe­ten­zen (z. B. eigen­hän­di­ge Fest­legung neu­er, in der Ladung nicht vor­ge­se­he­ner Tages­ord­nungs­punk­te), kann er aus „wich­ti­gem Grund“ abbe­ru­fen wer­den. Liegt ein wich­ti­ger Grund vor, heißt das, dass er selbst kein Stimm­recht hat. Als Ver­samm­lungs­lei­ter sind Sie also gut bera­ten, sich exakt an die Vor­ga­ben einer Geschäfts­ord­nung zu hal­ten bzw. sich an die für den Ablauf von offi­zi­el­len Ver­samm­lun­gen gel­ten­den Ver­fah­rens­vor­ga­ben zu halten.

D & O: Geschäftsführer muss Wechsel der Gesellschafter melden

Die kom­ple­xen Anfor­de­run­gen an Geschäfts­füh­rer und das damit ver­bun­de­ne stei­gen­de Haf­tungs­ri­si­ko wird immer mehr auch von mit­tel­stän­di­schen GmbHs abge­si­chert. Sie schlie­ßen für die Geschäfts­füh­rer eine Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung (D & O – Poli­ce) ab. Damit ist sicher­gestellt, dass der GmbH aus Fehl­ent­schei­dun­gen der Geschäfts­füh­rer kein Scha­den ent­steht (außer: gro­be Fahr­läs­sig­keit oder aus vor­sätz­li­cher Hand­lung). Nach zuletzt stei­gen­den Ver­si­che­rungs­schä­den aus Mana­ger-Haf­tungs­fäl­len begren­zen die Ver­si­che­rer ihre Risi­ken. Z. B.: In der Poli­ce wird eine Klau­sel zur Anzei­ge­pflicht bei einem „Kon­troll­wech­sel“ im Unter­neh­men ver­langt. Im Klar­text: Wird die GmbH ver­kauft, fin­det ein anzei­ge­pflich­ti­ger Kon­troll­wech­sel statt. Unter­lässt der Geschäfts­füh­rer die Mel­dung an sei­ne D & O, ver­liert er den Versicherungsschutz.

Für die Pra­xis: Laut Recht­spre­chung des BGH besteht eine sol­che Anzei­ge­pflicht nur, wenn mit dem Eigen­tü­mer­wech­sel tat­säch­lich eine Risi­ko­er­hö­hung für den Ver­si­che­rer ein­tritt (BGH, Urteil vom 12.9.2012, IV ZR 171/11). Ist aber eine sol­che Anzei­ge­pflicht aus­drück­lich für jeden Fall des Kon­troll­wech­sels vor­ge­se­hen, gilt das auch so wie ver­ein­bart. Als Geschäfts­füh­rer sind Sie also gut bera­ten, wenn Sie bei einem Eigen­tü­mer­wech­sel die Vor­ga­ben in Ihrer D & O- Poli­ce prü­fen und im Zwei­fel den Wech­sel an die Ver­si­che­rung melden.

Aufsichtsrat der kommunalen GmbH kann abberufen werden

Ist im Gesell­schafts­ver­trag der GmbH fest­ge­legt, dass die Amts­zeit des Auf­sichts­rats mit der Wahl­pe­ri­ode endet, heißt das nicht, dass der Auf­sichts­rat nicht zwi­schen­zeit­lich ab­berufen wer­den kann (Ver­wal­tungs­ge­richt Göt­tin­gen, Beschluss vom 29.11.2012, 1 B 191/12).

Für die Pra­xis: Im Urteils­fall erfolg­te die Abbe­ru­fung auf­grund kom­mu­nal­recht­li­cher Vor­schrif­ten. Die­se haben Vor­rang vor dem Gesell­schafts­ver­trag. Unab­hän­gig davon ist eine Abbe­ru­fung des Auf­sichts­rats aus wich­ti­gem Grund jeder­zeit mög­lich und auch nicht durch Bestim­mung im Gesell­schafts­ver­trag zu ver­hin­dern. Der Auf­sichts­rat hat­te die Frak­ti­on gewech­selt und wur­de dar­auf­hin vom zustän­di­gen Aus­schuss abberufen.

Keine Eintragung des neuen Geschäftsführers bei ungeklärtem Rechtsstreitigkeiten

Ist unge­klärt, ob der Beschluss zur Abberufung/Berufung des in einer Zwei­per­so­nen-GmbH auf der Grund­la­ge eines kor­rek­ten Gesell­schaf­ter­be­schlus­ses zustan­de gekom­men ist, ist das Regis­ter­ge­richt befugt, eine ent­spre­chen­de Ein­tra­gung abzu­leh­nen (OLG Zwei­brü­cken, Urteil vom 30.8.2012, 3 W 108/12).

Für die Pra­xis: In der Regel kann das nur nach gericht­li­cher Prü­fung beur­teilt wer­den. Als betrof­fe­ner Geschäfts­füh­rer soll­ten Sie sich bei unge­klär­ten Rechts­ver­hält­nis­sen an den offi­zi­el­len Ein­tra­gun­gen im Regis­ter­ge­richt ori­en­tie­ren. Solan­ge Sie dort als Geschäfts­füh­rer geführt wer­den, müs­sen Sie auch die Geschäfts­füh­rer-Pflich­ten wahr­neh­men (z. B. Steu­er­pflich­ten, Abfüh­ren von Sozialbeiträgen).

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS Die Wirt­schafts-Sati­re > „Leih­stim­men“ > https://www.gmbh-gf.de/biss/Leihstimmen

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