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Volkelt-Briefe

Lehren aus Wirecard: Nur keine (Luft-) Buchungen

Der­zeit staunt die inter­es­siert (Wirt­schafts-) Öffent­lich­keit über das jähe Ende des bör­sen­no­tier­ten Finanz­dienst­leis­ters Wire­card. Zuge­ge­ben: Ein welt­wei­tes Fir­men­ge­flecht, das sich nur unter Vor­be­halt mit den wirt­schaft­li­chen Akti­vi­tä­ten eines mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­mens ver­glei­chen lässt. Aus Sicht der Geschäfts­füh­rung ist die Rol­le des Wirt­schafts­prü­fers (hier: E & Y) von Inter­es­se. Gro­ße GmbH müs­sen den Jah­res­ab­schluss ohne­hin regel­mä­ßig prü­fen las­sen. Mit­tel­gro­ße GmbH las­sen den Jah­res­ab­schluss zusätz­lich und frei­wil­lig prü­fen, etwa um Inves­to­ren zu gewin­nen. Fakt ist, dass die Unter­neh­men für die Prü­fung zusätz­lich tief in die Tasche grei­fen müs­sen. Für eine mit­tel­gro­ße GmbH sind das ca. 8.000 bis 10.000 EUR – in 10 Jah­ren ent­spricht das einem 6‑stelligen Betrag, der erst ein­mal ver­dient sein muss.

Bera­tungs- und Prü­fungs­feh­ler kön­nen aber auch in der klei­ne­ren GmbH Fol­gen habe, die für den Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer pri­va­te Kon­se­quen­zen haben. Zum Bei­spiel, wenn es um eine nicht erkann­te, feh­ler­haf­te Kapi­tal­erhö­hung geht. Das betrifft gera­de jetzt vie­le GmbH/UG, die zum Stich­tag 30.9. über­schul­det sind und die die Unter­bi­lanz mit einer Kapi­tal­erhö­hung aus­glei­chen wol­len, um ein dro­hen­des Insol­venz­ver­fah­ren zu ver­mei­den (vgl. zuletzt Nr. 30/2020 – Bei­trag: Insol­venz­an­trags­pflicht des Geschäfts­füh­rers). In der Regel wei­sen Steu­er­be­ra­ter und Bank auf die­ses Risi­ko hin. Ach­tung: Mit einer ein­fa­chen Umbu­chung geht es aller­dings nicht. Damit ver­la­gern Sie Ihr per­sön­li­ches Risi­ko ledig­lich in die Zukunft.

Bei­spiel: Sie buchen aus­ste­hen­des Geld, dass Sie pri­vat in die GmbH gesteckt haben (Gesell­schaf­ter­dar­le­hen) als Kapi­tal­erhö­hung. Der für die Kapi­tal­erhö­hung not­wen­di­ge Gesell­schaf­ter­be­schluss wird anschlie­ßend pro­to­kol­liert. Schon sieht die Bilanz etwas bes­ser aus. Aller­dings nur bis zur nächs­ten Kri­se: Die Kapi­tal­erhö­hung gilt nur dann als „erbracht“, wenn das Geld tat­säch­lich ein­ge­zahlt wur­de. Das prüft spä­tes­tens der Insol­venz­ver­wal­ter. Wur­de ledig­lich umge­bucht, müs­sen Sie den Erhö­hungs­be­trag noch­mals zah­len. Und zwar aus Ihrer pri­va­ten Scha­tul­le. Kon­kret für den Dar­le­hens­fall gilt: „Wird die Vor­leis­tung (hier: das Dar­le­hen) 18 Mona­te vor dem Kapi­tal­erhö­hungs­be­schluss erbracht, ist die Ein­zah­lung nicht erfolgt“ (AmtsG Frankfurt/Oder, Urteil v. 24.4.2013, HRB 9724 FF).

Noch wei­ter geht der BGH: „Schon bei Erbrin­gung der Vor­leis­tung müs­sen die Vor­be­rei­tun­gen der Kapi­tal­erhö­hung erkenn­bar sein“ (BGH, Urteil v. 26.6.2006, II ZR 43/05).

Für die Pra­xis: Ver­las­sen Sie sich nicht dar­auf, dass die feh­ler­haf­te Kapi­tal­erhö­hung nicht erkannt wird. Spä­tes­ten dann, wenn über die GmbH ein Insol­venz­ver­fah­ren eröff­net und ein exter­ner Insol­venz­ver­wal­ter ein­ge­setzt wird, wird die Kapi­tal­erhö­hung nach­träg­lich geprüft. In der Pra­xis wird ein sol­cher Feh­ler in der Kapi­tal­erhö­hung vom Insol­venz­ver­wal­ter bis zur Ver­jäh­rungs­frist (das sind 10 Jah­re) nach­ge­for­dert. Zusätz­lich sind Ver­zugs­zin­sen fäl­lig. Der Zins liegt bei 5 Pro­zent­punk­ten über dem Basis­zins (§ 20 GmbH-Gesetz). Dass das nicht nur Papier­for­de­run­gen sind, son­dern Beträ­ge, die vom Insol­venz­ver­wal­ter auch per Voll­stre­ckung durch­ge­setzt wer­den, zei­gen die dazu anhän­gi­gen gericht­li­chen Ver­fah­ren in der Sache. Das kann sogar ziem­lich teu­er wer­den. Bei­spiels­rech­nung: Nach 10 Jah­ren müs­sen Sie für eine aus­ste­hen­de Ein­la­ge über 10.000 € einen Betrag von ca. 20.000 € aus dem Pri­vat­ver­mö­gen nach­zah­len. Bes­ser: Gibt es ein Gesell­schaf­ter-Dar­le­hen, dann las­sen Sie sich das von der GmbH aus­zah­len (Über­wei­sungs­be­leg) und zah­len den Betrag anschlie­ßend auf ein Haben-Kon­to der GmbH ein – mit dem Ver­merk: „Ein­zah­lung Stammeinlage“.