KI und Literatur. Geht das? Und wie! Mit ein wenig Phantasie sollte es gelingen, aus der Auseinandersetzung Mensch-Maschine spannende Geschichten zu schreiben. Mit ganz viel Phantasie hat Marc-Uwe Kling daraus einen spannenden Zukunftsroman gemacht, in dem nicht nur die Menschen, sondern auch die Androiden um ihre Existenzberechtigung kämpfen müssen.
Allerdings ist anders als geplant aus dem Equality-Land – der Vision von Gleichheit, Wohlstand für alle und Demokratie – nur ein QualityLand geworden. Man misst und vergleicht sich, man will besser sein und nach oben kommen. Der Autor schreibt seine Geschichte mit einer Mischung aus Witz, Ironie, Lästern, Sex und nachhaltiger Kulturkritik.
Peter A., Überbleibsel aus der alten Welt, betreibt offiziell eine Schrottpresse. Doch statt ausgemusterte Roboter einzustampfen, hat er in einer ausgedienten Lagerhalle ein museales Alten- und Pflegeheim für seine Klientel eingerichtet. Seine Protagonisten – allesamt sprachbegabt – spaßen über die Vergangenheit, lästern über ihre Altersmacken und bescheißen sich beim Schachspielen, während Peter am Perfektionswahn seiner PartnerApp scheitern muss, weil „nobody is perfect”. Nicht besser geht es dem Androiden John of Us, der den Wahlkampf für die Regierungspartei gewinnen soll – aus Ermangelung menschlicher Kandidaten und dabei wirklich keine gute Figur macht und keine Tollpatschigkeit auslässt.
Besonders phantastisch, wenn der Autor die sich jetzt abzeichnenden Folgen von KI mit praktischem Leben füllt: Selbstfahrende Autos, die den Fahrgast vollplappern, Drohnen, die Waren bringen, von denen der Kunde nur ahnt, dass er sie sich wünscht, der Chip in der Augenlinse, der jeden Gegenüber identifiziert, und all die intelligenten Wesen – ob Mensch oder Maschine – , die ununterbrochen durcheinander reden, alle rhetorischen Stilmittel beherrschen und ausleben. Es entstehen flapsige Dialoge, witzige Gedanken und flüchtige Visionen. Und es bleibt immer Roman: Die menschlichen und androiden Protagonisten arrangieren sich – mit mehr oder weniger tauglichen und untauglichen Mitteln – mit ihrer Umwelt, die immer mehr von Ihnen abverlangt.
Für digitale Leser ein Muss. Für allen Analogen, die neugierig geblieben sind und Lust auf eine KI-Schreibe haben, eine Herausforderung. Eine großartige Sommerlektüre. Wichtig: Lesen Sie die helle Edition. Die dunkle ist düsterer. Zum Bestellen Cover anklicken >