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Volkelt-Briefe

Insolvenz/GF-Haftung: Gesetzesänderung ist kein Freibrief (Handlungsempfehlungen)

Trotz Zuschüs­sen und Kre­dit­hil­fen: In vie­len GmbHs – so berich­ten es die Kollegen/Innen – wird wei­ter­hin fie­ber­haft gerech­net, wie das Geschäfts­jahr geret­tet wer­den kann, ohne dass eine kri­ti­sche rote Linie über­schrit­ten wer­den muss (vgl. zuletzt Nr. 15/2020). Stich­wort: Insol­venz. Ganz auf die Schnel­le hat der Gesetz­ge­ber die Insol­venz­an­trags­pflicht für den GmbH/UG-Geschäfts­füh­rer bis zum 31.12.2020 aus­ge­setzt. Aber – und dar­auf wei­sen unter­des­sen alle GmbH-Exper­ten nach aus­führ­li­chem Stu­di­um der recht­li­chen Grund­la­gen hin: Die neue Rechts­la­ge ent­bin­det den Geschäfts­füh­rer nur von der Haf­tung gegen Ver­stö­ße gemäß § 64 GmbH-Gesetz (Haf­tung für Zah­lun­gen nach Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Überschuldung).

Die neue Rechts­la­ge ent­bin­det aber nicht gegen Pflicht­ver­stö­ße nach § 43 des GmbH-Geset­zes (Haf­tung des Geschäfts­füh­rers). Danach gilt: „Die Geschäfts­füh­rer haben in den Ange­le­gen­hei­ten der Gesell­schaft die Sorg­falt eines ordent­li­chen Geschäfts­man­nes anzu­wen­den. Geschäfts­füh­rer, wel­che ihre Oblie­gen­hei­ten ver­let­zen, haf­ten der Gesell­schaft soli­da­risch für den ent­stan­de­nen Scha­den”. Im Klar­text heißt das: Wer in der Kri­se ein­fach wei­ter wirt­schaf­tet wie bis­her, geht ein hohes Risi­ko ein, schluss­end­lich mit dem Pri­vat­ver­mö­gen für offe­ne For­de­run­gen der GmbH/UG – sei es von Gläu­bi­gern, der Sozi­al­ver­si­che­rung oder den Steu­er­be­hör­den – ein­ste­hen zu müssen.

Bei­spiel „Miet- und Pacht­zah­lun­gen”: Der Fall Adi­das hat die Fra­ge der Geschäfts­füh­rer-Ver­ant­wor­tung sogar in die Medi­en gebracht. Hin­ter­grund: Besteht im Fal­le einer außer­ge­wöhn­li­chen wirt­schaft­li­chen Kri­se der GmbH/UG (hier: Pan­de­mie und die Fol­gen des staat­lich ver­ord­ne­ten Lock­down) für den Geschäfts­füh­rer die Pflicht, bestehen­de Ver­trä­ge zu kün­di­gen, um so das wirt­schaft­li­che Über­le­ben zu sichern. Ande­res Bei­spiel: Eini­ge Flug­ge­sell­schaf­ten haben bestehen­de Ver­trä­ge mit Flug­zeug­bau­ern „aus wich­ti­gem Grund” gekün­digt – und wol­len die bestell­ten Flug­zeu­ge nicht mehr abneh­men. Ent­schei­dend ist auch, was in den Ver­trä­gen steht. Man kann davon aus­ge­hen, dass ein Rück­tritts­recht aus wich­ti­gem Grund besteht – aller­dings nur gegen die ver­ein­bar­te Ver­trags­stra­fe. So weit die Bei­spie­le aus Kon­zer­nen (dazu: Grund­sätz­li­ches zur Rechts­la­ge in der Zeit­schrift Die Akti­en­ge­sell­schaft, „Update Coro­na­kri­se: Nütz­li­che” Ver­trags­brü­che von Geschäfts­lei­tern” von RA Dr. Ger­rit M. Bul­grin, LL.M., und RA Dr. Maxi­mi­li­an Wolf, LL.M., Kanz­lei Fresh­field, Hamburg).

Auch für Geschäfts­füh­rer klei­ne­rer Unter­neh­men (GmbH, UG) kann es eine Ver­pflich­tung zur Kün­di­gung von lau­fen­den Ver­trä­gen geben. Z. B., wenn abseh­bar ist, dass die Pacht­zah­lun­gen der nächs­ten Mona­te – bei ent­spre­chen­den Umsatz­rück­gän­gen – in eini­gen Mona­ten zur Zah­lungs­un­fä­hig­keit füh­ren wird. Was tun? Adi­das hat unter­des­sen die Miet- und Pacht­zah­lun­gen wie­der auf­ge­nom­men. Grund­sätz­lich gilt: Einen Anspruch auf Miet- und Pacht­re­du­zie­rung haben Sie nicht. Wir empfehlen:

  • Ver­las­sen Sie sich nur auf schrift­li­che Vereinbarungen.
  • Doku­men­tie­ren Sie gründ­li­cher als gewöhnlich.
  • Bezie­hen Sie die Gesell­schaf­ter bei Ent­schei­dun­gen mit wei­ter rei­chen­den Auswirkungen/verhältnismäßig gro­ßem finan­zi­el­len Umfang ein.
  • Han­deln Sie Zah­lungs­auf­schub aus – mit kla­ren Kon­di­tio­nen (Frist, Rate, Abschluss­zah­lung, Zin­sen (0‑Zins)).
  • Die meis­ten Gläu­bi­ger fah­ren mit einem Zah­lungs­auf­schub bes­ser als mit der Quote
  • Bezie­hen Sie die Haus­bank in Ihre wirt­schaft­li­chen Vor­ha­ben ein.
  • Kön­nen Sie nicht leis­ten, blei­ben Alter­na­ti­ven (Schutz­schirm­ver­fah­ren, Insol­venz in Eigenregie)
Für die Pra­xis: Der Draht­seil­akt geht wei­ter. Für die betrof­fe­nen Kollegen/Innen bedeu­tet das: Geschäfts­füh­rung immer in Abstim­mung mit dem Steu­er­be­ra­ter und mit Prü­fung der Aus­wir­kun­gen auf die Zah­len. Im Zwei­fel sind Sie gut bera­ten, sich juris­tisch abzu­si­chern bzw. haf­tungs­be­gren­zen­den Rat einzuholen.

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