Spätestens mit dem „Fall Middelhoff“ (vgl. dazu ausführlich im Handelsblatt vom 15.9.2017) müssen Sie als Geschäftsführer einer GmbH bzw. als deren verantwortlicher Vermögensverwalter damit rechnen, dass in der wirtschaftlichen Krise der GmbH von dem vom Amtsgericht eingesetzten Insolvenzverwalter höchst kritisch geprüft wird, ob Ihnen nachträglich Pflichtverletzungen vorgeworfen werden und diese gerichtlich durchgesetzt werden können. Nicht zuletzt aus diesem Grunde berichten wir an dieser Stelle regelmäßig zu entsprechenden Verfahren, die Vorgaben für die Praxis enthalten (vgl. dazu zuletzt Nr. 37/2017).
- Besonders drastisch ist …
- eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem März diesen Jahres. Danach macht sich der Geschäftsführer u. U. sogar strafbar (Bankrott), wenn er ein kapitalersetzendes Darlehen an einen Gesellschafter zurückzahlt (BGH, Urteil v. 9.3.2017, 3 StR 424/16). Im Urteilsfall hatte sich der Geschäftsführer sein Darlehen an die GmbH wie vertraglich vereinbart fristgerecht zurückgezahlt. Das allerdings führte zur Insolvenz bzw. zur Schmälerung der Masse. Der BGH hält das zumindest für einen betrügerischen Bankrott gemäß § 283 Strafgesetzbuch mit dem dafür vorgesehenem Strafmaß – bis zu 5 Jahren Gefängnis. Problematisch ist das in der Praxis immer dann, wenn Sie ein Darlehen, das Sie Ihrer GmbH geben, zurückzahlen und wenn der GmbH anschließend im Laufe des nächsten Jahres eine Insolvenz droht. Sie müssen bei einer Darlehensvergabe an die eigene GmbH zumindest immer die mittelfristige Perspektive des Unternehmens im Auge behalten. Als Instrument der Krisenbewältigung ist ein Gesellschafter-Darlehen dementsprechend nur noch zu empfehlen, wenn die Sanierungsaussichten gut bis sehr gut sind und die Sanierung vertraglich abgesichert ist.
- Für die Praxis interessant ist auch ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt, dass den überteuerten Kauf einer GbR durch die GmbH nachträglich als masseschmälernde Maßnahme des Gesellschafter-Geschäftsführers monierte und sich einen Teil des Kaufpreises von diesem ersetzen ließ (OLG Frankfurt, Urteil v. 2.6.2017, 25 U 107/13). Sachverhalt: Die GmbH hatte eine Patent-beantragende GbR zum Preis von 30.000 EUR erworben – konkret gezahlt wurden 4.540 EUR für Gegenstände des Anlagevermögens und 25.460 EUR für den Firmenwert – so stand es im Kaufvertrag. Das Patent wurde allerdings nicht beantragt und auch nicht weiterentwickelt. Dazu das OLG: „Der Kaufpreis für den Firmenwert ist eine nicht zu verantwortende Minderung des geldwerten Gesellschaftsvermögens der GmbH“. Dafür muss der Geschäftsführer nachträglich gerade stehen. An diesem Fall können Sie deutlich erkennen, wie gründlich jede Zahlung in der wirtschaftlichen Krise der GmbH vom Insolvenzgericht nachvollzogen und aufgearbeitet wird.
- Ein weiteres rechtliches Schlupfloch in Sachen masseschmälernde Auszahlungen in der wirtschaftlichen Krise der GmbH hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt geschlossen. Danach gilt: Zahlt der GmbH-Geschäftsführer nach Ablauf der Dreiwochenfrist weiter Gehälter und offene Rechnungen, ohne den notwendigen Insolvenzantrag zu stellen, kann er das nicht damit rechtfertigen, dass er dafür eine Gegenleistung (Arbeitsleistung, Strom) erhalten hat, so dass die Masse nicht geschmälert wurde. Das zählt nicht. Der BGH stellt klar, dass eine solche spitzfindige Argumentation vor Gericht keinen Bestand hat. Der Geschäftsführer haftet für diese Auszahlungen mit seinem privaten Vermögen (BGH, Urteil v. 4.7.2017, II ZR 319/15).
- Auch in einem Verfahren vor dem Kammergericht (KG) Berlin ging es um die strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers. Dabei ging es um die unterlassene bzw. verspätete Abgabe von Steuererklärungen für die GmbH. Dazu stellt das Gericht klar: „Hat Ihr Vorgänger im Amt des Geschäftsführers Steuererklärungen nicht oder verspätet abgegeben, können Sie dafür nicht strafrechtlich belangt werden – etwa gemäß den Folgen aus § 370 Abgabenordnung mit 5 Jahren Haft“. Voraussetzung: Sie sorgen umgehend dafür, dass die fehlenden Steuererklärungen erledigt und eingereicht werden (KG Berlin, Beschluss v. 24.11.2016, 121 Ss 169/16, rechtskräftig). Sie sind also gut beraten, sofort nach einer Amtsübernahme bzw. Neubestellung zum Geschäftsführer, sich mit dem Steuerberater zusammenzusetzen und zu prüfen, ob Ihr Vorgänger seine Steuerpflichten erledigt hat, bzw. anzuweisen, dass ausstehende Steuererklärungen (KSt, GewSt, LSt, USt und ev. GrErwSt) umgehend erstellt und abgegeben werden. Achten Sie darauf, dass die entsprechende Anweisung an den Steuerberater schriftlich dokumentiert ist.