Bis vor einigen Jahren war das Thema „Kartellvergehen“ nur etwas für große Unternehmen. Seit der Kronzeugenregelung (2002) und …
der Ausweitung des Straftatbestandes auf Vertriebsabsprachen (vgl. Nr. 13/2013) steht auch der Mittelstand immer mehr im Fokus der Aufsichtsbehörden. Wir haben dazu in der Vergangenheit immer wieder berichtet und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen aufgezeigt (vgl. zuletzt Nr. 18/2013 mit Hinweisen auf die aktuelle BGH-Rechtsprechung zur Zulässigkeit dieser Verfahren). Unterdessen ist klar: „Das Kartellamt legt die verbotenen Verhaltensweisen ziemlich weit aus“ (so z. B. laut Kanzlei Arnold & Porter). Hier einige Kriterien, nach denen Sie prüfen können, ob in Ihrer GmbH Handlungsbedarf besteht bzw. ob Sie für die Vertriebs-Mitarbeiter neue Handlungsanweisungen vorgegeben müssen:
- Jede Form der konkreten Preisabsprache mit Konkurrenten oder mit dem Handel ist unzulässig. Das gilt für jede Stufe der Wertschöpfungskette.
- Vorsicht bei unverbindlichen Preisempfehlungen. Entsteht der Endruck, dass Sie damit Druck auf den Handel ausüben, liegt ein Missbrauch vor.
- Absprachen mit dem Handel über Packungsgrößen sind dagegen zulässig (Stichwort: selektive Vertriebssysteme).
- Direkt Preisvorgaben sind auch im E‑Commerce unzulässig.
- Vorsicht bei öffentlichen Preisankündigungen, z. B. von Preiserhöhungen über die Presse. Und zwar insbesondere dann, wenn (größere) Mitbewerber sofort einsteigen und die Preise ebenfalls anpassen.
- Vorsicht auch beim Informationsaustausch der Vertriebs-Mitarbeiter z. B. auf Messen oder Branchentreffen. Auch wenn Sie das kaum unterbinden und kontrollieren können, sollten Sie dem Vertrieb klare Vorgaben machen: „Auf Messen und Branchentreffen wird grundsätzlich nicht über Preise und Konditionen gesprochen“.
2012 verhängten die Kartellbehörden in Deutschland Bußgelder für unzulässige Preis- und Vertriebsabsprachen über 248 (auch genannt: 303 Mio.) EUR. Tendenz: steigend. Einen beträchtlicher Anteil davon geht unterdessen zu Lasten mittelständischer Unternehmen wie Süßwarenhersteller (Ritter Sport, Balsen), Bierbrauer (Kölsch-Kartell), Kartoffel-Händler, Papierhersteller. Die Reihe lässt sich unterdessen quer durch alle Branchen fortsetzen.
Für die Praxis: Noch immer nehmen viele, insbesondere mittelständische Firmen das Thema Preis- und Vertriebsabsprachen auf die leichte Schulter. Vorsicht: Inzwischen geht es nur noch darum, ob und wie die Kartellbehörden Preis- und Vertriebsabsprachen beweisen können. Dank Kronzeugenregelung (Achtung: auch eigene Mitarbeiter können Ihre Firma anzeigen) und der Ausweitung des Straftatbestandes sollten Sie als Geschäftsführer einer mittelständischen GmbH prüfen, welche Schwachstellen Ihre GmbH hat – etwa anhand der oben dargestellten Kriterien oder z. B. mit einem externen Audit durch die IHK-Rechtsexperten oder einen auf Kartellrecht spezialisierten Anwalt.