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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 05/2012

The­men heu­te: kei­ne neu­en Impul­se für Unter­neh­men aus Ber­lin + balan­ced score­card: immer wich­ti­ger für Unter­neh­mens­steue­rung auch im Mit­tel­stand + mehr­fa­che Befris­tung von Arbeits­ver­trä­ge ist zuläs­sig + IT-Daten­schutz wird noch stren­ger + GF-pri­vat: Ban­ken dür­fen kei­ne Zusatz­ge­büh­ren ver­lan­gen + Kar­tell­be­hör­de: Kei­ne Akten­ein­sicht im Kron­zeu­gen­ver­fah­ren + BISS .…

 

5. KW 2012
Frei­tag, 3.2.2012

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

seit Mona­ten bestim­men die Schul­den- und Finanz­kri­se und ande­re Neben­the­men die Schlag­zei­len. Vie­le wich­ti­ge The­men der Wirt­schaft blei­ben dabei auf der Stre­cke. Ob Arbeits- oder Steu­er­recht, Büro­kra­tie­ab­bau: Not­wen­di­ge Refor­men und Ver­ein­fa­chun­gen ste­hen an. Für kei­nes die­ser Vor­ha­ben gibt es der­zeit kon­kre­te Vor­schlä­ge aus Ber­lin. Bis­lang ein­zi­ge Neue­rung seit Mona­ten ist die Neu­fas­sung des Umwand­lungs­steu­er-Erlas­ses. Der sorg­te in der Fach­welt aller­dings eher für Unbe­ha­gen. So sind dar­in statt Ver­ein­fa­chun­gen neue Stol­per­fal­len ein­ge­baut, die umwand­lungs­wil­li­gen Unter­neh­men wie­der zusätz­li­che Kos­ten auf­bür­den werden.

Für die Pra­xis: Ganz rea­lis­tisch müs­sen Sie aber wei­ter davon aus­ge­hen, dass sich an die­sem Poli­tik-Still­stand bis zu den Neu­wah­len nichts ändern wird. So wird z. B. die refor­mier­te Neu­auf­la­ge für eine flä­chen­de­cken­de Nut­zung der elek­tro­ni­schen Medi­en zum Büro­kra­tie-Abbau (ELENA, ELSTAM) Jah­re brau­chen. Auch das The­ma Steu­er­ver­ein­fa­chung liegt wei­ter auf Eis. Als Unter­neh­mer müs­sen Sie sich mit den bestehen­den Rah­men­be­din­gun­gen enga­gie­ren. Auf der kom­mu­na­len Ebe­ne wird es in den nächs­ten Jah­ren sogar noch zu wei­te­ren Belas­tun­gen durch die flä­chen­de­cken­de Anhe­bung von Gebüh­ren, Kom­mu­nal­steu­ern und zusätz­li­chen Auf­la­gen kommen.

Balanced Scorecard: Bewertungsgröße auch für den Mittelstand

Bei Unter­neh­mens­ver- und ‑zukäu­fen kommt es nicht nur auf die Zah­len und Fak­ten aus dem Jah­res­ab­schluss oder dem Lage­be­richt des Unter­neh­mens an. Auch die Bewer­tung von Kun­den­struk­tu­ren oder die Markt­chan­cen von Pro­duk­ten, die Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit und das Know how eines Unter­neh­mens wird dazu genutzt. Ver­brei­tet ist die sog. balan­ced score­card („aus­ge­wo­ge­ner Berichts­bo­gen“). Auch zur Bewer­tung und Steue­rung von mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men wird die­ses Ver­fah­ren zuneh­mend angewandt.

Die balan­ced score­card wur­de ursprüng­lich mit dem Ziel ein­ge­führt, die in Unter­neh­men mit finan­zi­el­len Grö­ßen gemes­se­ne Leis­tungs­fä­hig­keit durch zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen über die Kun­den, die inter­nen Geschäfts­pro­zes­se sowie die Anpas­sungs­fä­hig­keit des Unter­neh­mens zu ergän­zen. Inzwi­schen wird die­ses Ver­fah­ren in vie­len Unter­neh­men auch als Instru­ment des stra­te­gi­schen Manage­ments ein­ge­setzt, inso­weit kommt ihr auch die Funk­ti­on zu, die Aus­wer­tun­gen aus den unter­schied­li­chen Berei­chen zu inte­grie­ren. Die Grund­idee der balan­ced score­card beruht auf der Annah­me, dass eine ein­di­men­sio­na­le Beschrei­bung und Steue­rung eines Unter­neh­mens aus dem Zah­len­werk des Rechungs­we­sens der Rea­li­tät nicht gerecht wird. Mit ihrer Hil­fe sol­len die wesent­li­chen Dimen­sio­nen eines Unter­neh­mens abge­bil­det und die für die Steue­rung des Unter­neh­mens benö­tig­ten Infor­ma­tio­nen ver­füg­bar gemacht wer­den. Die als rele­vant erach­te­ten Dimen­sio­nen eines Unter-neh­mens sind:

1. Finan­zen: Die finan­zi­el­le Dimen­si­on eines Unter­neh­mens wird tra­di­tio­nell in Jah­res- oder Quar­tals­ab­schlüs­sen dar­ge­stellt. Sie beinhal­tet Infor­ma­tio­nen über die Vermögens‑, Finanz- und Ertrags­la­ge eines Unternehmens.

2. Kun­den: Eine kun­den­ori­en­tier­te Sicht­wei­se lie­fert Infor­ma­tio­nen über die Posi­tio­nie­rung des Unter­neh­mens in bestimm­ten Markt­seg­men­ten, über die Kun­den­zu­frie­den­heit oder die Kundenbindung.

3. Geschäfts­pro­zes­se: Auf Ebe­ne der Geschäfts­pro­zes­se erfolgt die Beschrei­bung des Unter­neh­mens anhand der ein­zel­nen im Unter­neh­men imple­men­tier­ten Arbeitsabläufe.

4. Lernen/Wachstum: Die vier­te Dimen­si­on beinhal­tet sog. wei­che Erfolgs­fak­to­ren. Die­ses sind die Moti­va­ti­on und der Aus­bil­dung­s­tand der Mit­ar­bei­ter, der Zugang zu rele­van­ten exter­nen Infor­ma­ti­ons­quel­len und die Orga­ni­sa­ti­on des Unternehmens.

Der grund­sätz­li­che Auf­bau der ein­zel­nen Sicht­wei­sen (Dimen­sio­nen) auf das Unter­neh­men mit Hil­fe der balan­ced score­card ist iden­tisch. Er glie­dert sich in die fol­gen­den vier Schritte:

Stra­te­gien: Für jeden der vier Aspek­te, unter denen das Unter­neh­men betrach­tet wird, sind die stra­te­gi-schen Zie­le zu for­mu­lie­ren. Das ist Auf­ga­be der Geschäfts­füh­rung. Für den Finanz­be­reich sind an die­ser Stel­le die Anfor­de­run­gen der Inves­to­ren (Eigen- und Fremd­ka­pi­tal­ge­ber) sowie der Kapi­tal­märk­te zu be-rück­sich­ti­gen. Dar­über hin­aus wird gene­rell der lang­fris­ti­ge öko­no­mi­sche Erfolg, der das Über­le­ben des Unter­neh­mens sichert, als Ziel­set­zung betrach­tet. Ana­log sind auch die stra­te­gi­schen Zie­le im Hin­blick auf die Kun­den des Unter­neh­mens (Kun­den­zu­frie­den­heit, Kun­den­bin­dung), die Geschäfts­pro­zes­se (Fest­le­gung der Berei­che für die Ver­bes­se­rung von Geschäfts­pro­zes­sen) sowie die wei­chen Fak­to­ren des Unter­neh­mens (Aus­bil­dungs­stand und Moti­va­ti­on der Mit­ar­bei­ter, Zugang zu wich­ti­gen Infor­ma­tio­nen) abzuleiten.

Maß­grö­ßen: Nach­dem die For­mu­lie­rung der stra­te­gi­schen Zie­le abge­schlos­sen ist, sind in jedem Bereich geeig­ne­te Maß­grö­ßen, die eine Mes­sung des Ziel­er­rei­chungs­gra­des zulas­sen, abzu­lei­ten. Schwie­rig­kei­ten dürf­ten im Wesent­li­chen bei der Mes­sung der Anpas­sungs­fä­hig­keit (Lernen/Wachstum) auf­tre­ten. Für den Finanz­be­reich beschränkt sich die Pro­ble­ma­tik auf die Aus­wahl geeig­ne­ter Kenn­zah­len für ein­zel­ne in den stra­te­gi­schen Zie­len berück­sich­tig­te Berei­che (Ren­di­te, Liqui­di­tät, Wachstum).

Ziel­grö­ßen: Zu den im Ein­zel­nen ver­wen­de­ten Maß­grö­ßen sind im Rah­men der Ope­ra­tio­na­li­sie­rung der stra­te­gi­schen Zie­le kon­kre­te Ziel­grö­ßen vor­zu­ge­ben und auf der balan­ced score­card auszuweisen.

Maß­nah­men: Der vier­te Abschnitt beinhal­tet eine ver­ba­le Umschrei­bung der zur Errei­chung der ein­zel­nen stra­te­gi­schen Zie­le ergrif­fe­nen Initiativen.

Dauernder Vertretungsbedarf rechtfertigt die mehrfache Befristung eines Arbeitsverhältnisses

Müs­sen Sie für einen Mit­ar­bei­ter, der regel­mä­ßig oder wie­der­keh­rend krank oder sonst ver­hin­dert ist, einen zusätz­li­chen Mit­ar­bei­ter ein­stel­len, dann dür­fen Sie einen Mit­ar­bei­ter mit einem befris­te­ten Arbeits­ver­trag ein­stel­len und die­sen sogar mehr­fach befris­tet ver­län­gern (EuGH, Urteil vom 26.1.2012, C‑586/10).

Für die Pra­xis: Auf­pas­sen müs­sen Sie aber, dass sich aus dem Abschluss von befris­te­ten Ket­ten-Arbeits­ver­trä­gen nicht ein Anspruch des Arbeit­neh­mers auf Fest­an­stel­lung ergibt. Aus die­sem Grun­de soll­ten Sie den befris­te­ten Arbeits­ver­trag regel­mä­ßig neu fas­sen (Arbeits­zei­ten, Ver­gü­tung, Dau­er der Befris­tung, Begründung).

EU-Kommission will alle IT-Mitarbeiter zum Datenschutz verpflichten

Die EU-Kom­mis­si­on plant eine Neu­aus­rich­tung des Daten­schut­zes. Dazu wer­den die Unter­neh­men stär­ker als bis­her in den Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten ein­be­zo­gen. So soll z. B. in Zukunft nicht mehr nur der Daten­schutz­be­auf­trag­te im Unter­neh­men für die Ein­hal­tung des Schut­zes per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten ver­ant­wort­lich gemacht wer­den kön­nen. In Zukunft muss jeder ein­zel­ne Mit­ar­bei­ter in der IT des Unter­neh­mens für deren Ein­hal­tung sor­gen bzw. bei miss­bräuch­li­chen Abläu­fen sofort den Daten­schutz­be­auf­trag­ten infor­mie­ren (Vor­schlag der EU-Kom­mis­si­on vom 25.1.2012).

GF-privat: Banken dürfen keine Kreditbearbeitungsgebühr verlangen

In einem wei­te­ren Urteil hat jetzt auch das OLG Cel­le fest­ge­stellt, dass die Ban­ken eine Gebühr für die Kre­dit­be­ar­bei­tung nicht erhe­ben dür­fen. Danach sind die Ban­ken ver­pflich­tet, bereits ent­rich­te­te Gebüh­ren zurück­zu­zah­len und die­sen Betrag auch zu ver­zin­sen (OLG Cel­le, Urteil vom 13.10.2011, 3 W 86/11).

Für die Pra­xis: Unter­des­sen haben bereits eini­ge Ober­lan­des­ge­rich­te die­se Rechts­auf­fas­sung bestä­tigt. Damit steigt die Wahr­schein­lich­keit dafür, dass Sie bereits gezahl­te Gebüh­ren für die Kre­dit­be­ar­bei­tung zurück ver­lan­gen kön­nen. Stel­len Sie ent­spre­chen­de Bele­ge zusam­men und for­dern Sie die Bank unter Anga­be einer Frist von 15 Tagen schrift­lich auf, die ver­zins­ten Gebüh­ren­be­trä­ge zurück­zu­zah­len. In der Regel erstat­ten zah­lungs­wil­li­ge Ban­ken die Gebüh­ren für die letz­ten 3 Jah­re zurück.

Unternehmen hat kein Recht auf Akteneinsicht im Kronzeugenverfahren

Laut Amts­ge­richt Bonn haben Unter­neh­men, die auf­grund einer Kron­zeu­gen­mel­dung in ein Kar­tell­ver­fah­ren ver­wi­ckelt wer­den, kei­nen Anspruch auf Akten­ein­sicht ins­be­son­de­re in die Aus­sa­gen der Kron­zeu­gen. Damit bestä­tigt das Gericht die Auf­fas­sung des Bun­des­kar­tell­amts, wonach Kron­zeu­gen­an­trä­ge beson­ders ver­trau­lich behan­delt wer­den müs­sen sind. Das Gericht berief sich dabei auf eine Vor­ent­schei­dung des EuGH (Urteil vom 14. Juni 2011, C‑360/09, Fall: Pflei­de­rer AG)

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS – die Wirt­schafts-Sati­re > Zeit­kauf .…

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