Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 43/2011

Fol­gen der Finanz­kri­se für klei­ne­re und mit­tel­gro­ße Unter­neh­men + BAG ver­bes­sert Schutz für Fremd-Geschäfts­füh­rer + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Nut­zen Sie den neu­en Scha­dens­frei­heits-Rabatt + Leih­ar­beit­neh­mer zäh­len mit bei Infor­ma­ti­ons­pflich­ten + GmbH-Kauf: Pen­si­ons­rück­stel­lun­gen sind AK + Kei­ne Chan­ce gegen teu­re 1%-Regelung + BMF-Schrei­ben zur Mindesbesteuerung

The­men heu­te: Fol­gen der Finanz­kri­se für klei­ne­re und mit­tel­gro­ße Unter­neh­men + BAG ver­bes­sert Schutz für Fremd-Geschäfts­füh­rer + Geschäfts­füh­rer pri­vat: Nut­zen Sie den neu­en Scha­dens­frei­heits-Rabatt + Leih­ar­beit­neh­mer zäh­len mit bei Infor­ma­ti­ons­pflich­ten + GmbH-Kauf: Pen­si­ons­rück­stel­lun­gen sind AK + Kei­ne Chan­ce gegen teu­re 1%-Regelung + BMF-Schrei­ben zur Min­des­be­steue­rung + BISS

 

 

43. KW 2011
Frei­tag, 28.10.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

lang­sam aber sicher schla­gen die lang­fris­ti­gen Fol­gen die Finanz­kri­se durch bis zu den Unter­neh­men der Real­wirt­schaft. So konn­te die Liqui­di­täts­kri­se der Ban­ken nur abge­mil­dert wer­den, indem von den Zen­tral­ban­ken in den USA und in Euro­pa neu­es Geld in den Wirt­schafts­kreis­lauf gepumpt wur­de. Fol­ge: Die gestie­ge­ne Geld­men­ge führt mit­tel- und lang­fris­tig zwangs­läu­fig zu einem mehr an Infla­ti­on. Im EU-Raum wird der Sta­bi­li­täts­wert von 2 % unter­des­sen seit Mona­ten regel­mä­ßig über­schrit­ten. In Groß­bri­tan­ni­en gab es im Sep­tem­ber bereits eine Teue­rungs­ra­te von alar­mie­ren­den 5,2 %.

Jetzt ist zusätz­lich abseh­bar, dass die geplan­te Ent­schul­dung Grie­chen­lands zu wei­te­ren Liqui­di­täts­pro­ble­men bei den euro­päi­schen Ban­ken füh­ren wird. Für alle Bank­kun­den und auch für die Real­wirt­schaft wird es damit kurz- und mit­tel­fris­tig zu deut­lich schlech­te­ren Finan­zie­rungs­be­din­gun­gen kom­men. Stel­len Sie sich dar­auf ein,

  • dass bank­fi­nan­zier­te Inves­ti­tio­nen in den nächs­ten Jah­ren erheb­lich teu­rer wer­den. Gehen Sie davon aus, dass die Zin­sen für gewerb­li­che Kre­di­te schnell um bis zu 3 Pro­zent­punk­te teu­rer werden.
  • Finan­zie­ren Sie lang­fris­ti­ge Inves­ti­tio­nen grund­sätz­lich nur mit Umschul­dungs­op­tio­nen, damit Sie bei schwan­ken­den Zin­sen reagie­ren können.
  • Nut­zen Sie alle Mög­lich­kei­ten, das Eigen­ka­pi­tal der Fir­ma zu stär­ken (Umwand­lung von Rück­la­gen, Auf­nah­me neu­er Gesell­schaf­ter, stil­le Betei­li­gun­gen). Unter­neh­men mit einer hohen EK-Quo­te haben ein erheb­lich gerin­ge­res Insolvenzrisiko.

Klei­ne­re und mitt­le­re Unter­neh­men müs­sen beim Liqui­di­täts­ma­nage­ment opti­mie­ren. Unbe­dingt ver­mie­den wer­den soll­ten unge­plan­te Über­zie­hun­gen. Außen­stän­de müs­sen noch kon­se­quen­ter ver­folgt werden.

Bundesarbeitsgericht verbessert Schutz für Fremd-Geschäftsführer 

Ein wich­ti­ges neu­es Urteil zum Schutz des Fremd-Geschäfts­füh­rers kommt jetzt vom Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG). Dabei geht es um die Fäl­le, in denen ein Arbeit­neh­mer (kurz­fris­tig) zum Geschäfts­füh­rer bestellt wird, um ihn anschlie­ßend ein­fa­cher kün­di­gen zu kön­nen – eine Pra­xis, die gele­gent­lich in Kon­zern-Gesell­schaf­ten prak­ti­ziert wird.

Ach­tung: Wird der Arbeit­neh­mer unter Bei­be­hal­tung sei­nes bis­he­ri­gen Arbeits­ver­tra­ges zum Geschäfts­füh­rer bestellt (also kein aus­drück­li­cher Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­­­ver­trag abge­schlos­sen), bleibt es bei einer Abbe­ru­fung vom Geschäfts­füh­rer-Amt bei der Zustän­dig­keit der Arbeits­ge­rich­te (BAG, Beschluss vom 23.8.2011, 10 AZB 51/10). Vor­teil für den frü­he­ren Arbeit­neh­mer: Es gilt das Arbeits­recht mit den ent­spre­chen­den Schutz­be­stim­mun­gen für Arbeit­neh­mer. Damit ist es z. B. ein­fa­cher, eine Kün­di­gung abzu­weh­ren bzw. einen Abfin­dungs­an­spruch durchzusetzen.

Für die Pra­xis: Anders liegt der Fall, wenn mit der Bestel­lung des Arbeit­neh­mers zum Geschäfts­füh­rer aus­drück­lich ein neu­er Anstel­lungs­ver­trag abge­schlos­sen wird. Nach gän­gi­ger Recht­spre­chung gilt dann der bis­he­ri­ge Arbeits­ver­trag im bei­der­sei­ti­gen Ein­ver­neh­men für auf­ge­löst. Es sei denn, im Anstel­lungs­ver­trag wird ver­ein­bart: „Mit Been­di­gung des Geschäfts­füh­rer-Anstel­lungs­­­ver­tra­ges hat der Arbeit­neh­mer Anspruch auf sei­ne bis zur Beru­fung zum Geschäfts­füh­rer aus­ge­üb­te Tätig­keit zu den Bedin­gun­gen des Arbeits­ver­tra­ges vom <DATUM>“. Hat der zum Geschäfts­füh­rer bestell­te Arbeit­neh­mer den Ein­druck, dass die Bestel­lung nur erfolgt, um ihn leich­ter kün­di­gen zu kön­nen, soll­te er die oben genann­te Klau­sel in sei­nen Anstel­lungs­ver­trag auf­neh­men oder dar­auf bestehen, dass er wei­ter­hin auf der Grund­la­ge sei­nes bestehen­den Arbeits­ver­tra­ges als Geschäfts­füh­rer tätig wird.

Geschäftsführer privat: Nutzen Sie die neue Schadensfreiheitsklasse

Die Kfz-Ver­si­che­rer haben für 2012 zum Teil erheb­li­che Bei­trags­er­hö­hun­gen ange­kün­digt. Wich­tig: Noch bis zum 30.11.2011 kön­nen Sie Ihre Kfz-Ver­si­che­rung kün­di­gen und zu einem güns­ti­ge­ren Anbie­ter wech­seln. Eini­ge Ver­si­che­rer bie­ten für 2012 neue Scha­dens­frei­heits-Rabat­te. Beson­ders für Fah­rer, die seit lan­gem ohne Scha­dens­fall unter­wegs sind, bie­ten sich damit gute Ersparnismöglichkeiten.

Eine gute und aus­führ­li­che Markt­über­sicht bie­tet dazu die Stif­tung Waren­test unter https://www.test.de/ > Tests + The­men > Auto + Ver­kehr. Gegen eine gerin­ge Gebühr (16 €) erhal­ten Sie für Ihr Fahr­zeug und Ihre spe­zi­el­le Ver­si­che­rungs­si­tua­ti­on eine Aus­wer­tung aus ins­ge­samt 152 Ange­bo­ten von 73 Versicherungen.

Leiharbeitnehmer zählen mit

Alle Leih­ar­beit­neh­mer, die län­ger als 3 Mona­te im Betrieb beschäf­tigt sind, zäh­len bei der Ermitt­lung des kri­ti­schen Schwel­len­wer­tes für die Anzahl der Beschäf­tig­ten mit. Müs­sen Sie zum Bei­spiel bei einer Betriebs­än­de­rung mit dem Betriebs­rat über einen Inter­es­sen­aus­gleich ver­han­deln (bei mehr als 20 Arbeit­neh­mern), zäh­len nicht nur die fest ange­stell­ten, son­dern auch die Leih­ar­bei­ter. Unter­las­sen Sie die Anhö­rung fälsch­li­cher­wei­se, haben laut Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) gekün­dig­te Arbeit­neh­mer einen Anspruch auf Inter­es­sen­aus­gleich. Im Klar­text: Sie müs­sen für jeden Fall damit rech­nen, dass der gekün­dig­te Arbeit­neh­mer eine Abfin­dung durch­set­zen kann (BAG, Urteil vom 18.10.2011, 1 AZR 335/10).

Für die Pra­xis: Ver­rech­nen Sie sich hier, kann eine Kün­di­gung wegen einer Betriebs­än­de­rung teu­er für Sie wer­den. U. U. ist es also bes­ser, die Betriebs­än­de­rung erst dann durch­zu­füh­ren, wenn die Ver­trä­ge mit den Leih­ar­beit­neh­mern aus­ge­lau­fen sind.

Finanzamt muss Pensionsrückstellungen zu Anschaffungskosten berücksichtigen

Über­nimmt eine GmbH einen Betrieb inkl. der Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen für die Arbeit­neh­mer bzw. den Geschäfts­füh­rer, darf das Finanz­amt bei der Ver­rech­nung mit dem Kauf­preis nicht den (gerin­ge­ren) Teil­wert (gemäß § 6a Abs. 3 EStG) anset­zen. Viel­mehr muss das Finanz­amt die tat­säch­li­chen Anschaf­fungs­kos­ten berück­sich­ti­gen. Auf kei­nen Fall kommt es jedoch zu einer zusätz­li­chen steu­er­pflich­ti­gen Gewin­n­er­hö­hung (FG Müns­ter, Urteil 15.6.2011, 9 K 1292/07 K).

Für die Pra­xis: Das FG Müns­ter hat in die­ser Sache aus­drück­lich Revi­si­on zuge­las­sen. Begrün­dung: Der Fall hat grund­sätz­li­che Bedeu­tung und soll­te vor dem BFH abschlie­ßend ver­han­delt wer­den. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Finanz­be­hör­den in die Revi­si­on gehen wer­den. Solan­ge besteht in ver­gleich­ba­ren Fäl­len das Risi­ko von Zusatz­steu­ern. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Keine Chance gegen 1%-Regelung

Geschäfts­füh­rer, die regel­mä­ßig einen Jah­res­wa­gen oder einen gebrauch­ten Pkw kau­fen oder lea­sen, sind steu­er­lich gegen­über einem Neu­wa­gen­be­sit­zer benach­tei­ligt, weil Sie den gelt­wer­ten Vor­teil für die Pri­vat­nut­zung nach der 1%-Methode ver­steu­ern müs­sen. Bemes­sungs­grund­la­ge ist auch hier der Lis­ten­preis des Neu­wa­gens. Die Kla­ge eines Geschäfts­füh­rers, der die­se Rege­lung  jetzt gericht­lich auf Zuläs­sig- bzw. Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit prü­fen ließ, blieb aller­dings ohne Erfolg. Laut Finanz­ge­richt (FG) Nie­der­sach­sen ist die­se Besteue­rungs­pra­xis nicht zu bean­stan­den (FG Nie­der­sach­sen, Urteil vom 14.9.2011, 9 K 394/10).

Für die Pra­xis: Die teu­re Besteue­rung nach der 1%-Methode lässt sich nur ver­mei­den, wenn der Geschäfts­füh­rer den Wagen aus­schließ­lich für geschäft­li­che Zecke nutzt. Das muss ver­trag­lich so ver­ein­bart sein und er muss das glaub­haft bele­gen kön­nen, dass eine pri­va­te Nut­zung aus­ge­schlos­sen ist (zusätz­li­ches Pri­vat­fahr­zeug im Haushalt).

BMF klärt Zweifelfragen zur Mindestbesteuerung

Die Min­dest­be­steue­rung führt laut BFH zu einer unzu­läs­si­gen Steu­er­be­las­tung, wenn ein Ver­lust­ab­zug ohne­hin nicht mehr mög­lich ist, z. B. bei Auf­lö­sung der Gesell­schaft oder im Todes­fall. Das BMF hat jetzt klar­ge­stellt, dass in die­sen Fäl­len eine Besteue­rung nicht durch­ge­führt wird (BMF-Schrei­ben vom 19.10.2011, IV C 2 – S 2741/10/10002).

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS > Die Wirt­schafts­sa­ti­re > https://www.gmbh-gf.de/biss/