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Neue Rechtsprechung: Geschäftsführer auf dem „Schleudersitz”

Abbe­ru­fung, Zustim­mungse­for­der­nis, Kata­log zustim­mungs­be­dürf­ti­ger Geschäf­te, Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter, Gesell­schaf­ter­be­schluss, Gesellschafterversammlung

Ein wich­ti­ges Urteil für Geschäfts­füh­rer kommt jetzt vom Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Köln. Tenor der Ent­schei­dung: Über­zieht der Geschäfts­füh­rer sei­ne Kom­pe­ten­zen, kann er selbst dann abbe­ru­fen wer­den, wenn die Mehr­heit der Gesell­schaf­ter den Geschäfts­füh­rer gar nicht abbe­ru­fen will (OLG Köln, Urteil vom 1.6.2010, 18 U 72/09) >

Dar­aus folgt: Ver­letzt der Geschäfts­füh­rer sei­ne Treue­pflicht (Bei­spiel: Er über­geht die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung und ver­an­lasst eine Ent­schei­dung, obwohl er die­se Ent­schei­dung nur mit Zustim­mung der Gesell­schaf­ter hät­te tref­fen kön­nen), dann kann der Min­der­heits-Gesell­schaf­ter sei­ne Abbe­ru­fung durch­set­zen – auch gegen den Wil­len der ande­ren, sogar des Mehr­heits­ge­sell­schaf­ters. Sichern Sie also bei weit rei­chen­den Geschäf­ten (vgl. dazu unse­re Check­lis­te auf Sei­te 2) ab, indem Sie sich Rücken­de­ckung ein­ho­len. Das oben zitier­te Urteil des OLG Köln ist zwar noch nicht rechts­kräf­tig. Das Gericht hat Revi­si­on zuge­las­sen. U. W. prüft der Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter, ob er von der Revi­si­on Gebrauch machen wird. Wir gehen aller­dings davon aus, dass auch die nächs­te Instanz (Bun­des­ge­richts­hof, Akten­zei­chen II ZR 127/10) nicht zu einer ande­ren Ein­schät­zung des Sach­ver­halts kom­men wird.

Kon­kret aus dem Urteils­sach­ver­halt: Der Geschäfts­füh­rer hat­te einen bestehen­den Dar­le­hens­ver­trag zwi­schen der GmbH und einer GbR gekün­digt. Dazu hät­te er aber die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung ein­ho­len müs­sen. Die kon­kre­te Rege­lung im Gesell­schafts­ver­trag lau­tet: „ …unge­wöhn­li­che Geschäf­te sind vor ihrer Durch­füh­rung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung vor­zu­le­gen und bedür­fen eines zustim­men­den Gesell­schaf­ter­be­schlus­ses“.  Das Dar­le­hen umfasst einen Betrag von 800.000 € und stell­te damit eines der wesent­li­chen Akti­va der GmbH dar.

Für die Pra­xis: Sie kön­nen sich also nicht mehr aus­schließ­lich auf die Loya­li­tät des Mehr­heits­ge­sell­schaf­ters ver­las­sen und dar­auf bau­en, dass die Macht­ver­hält­nis­se in der GmbH damit einen Abbe­ru­fungs­be­schluss unmög­lich machen. Bei gro­ben Pflicht­ver­let­zun­gen kann der Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter Ihre Abbe­ru­fung gericht­lich durch­set­zen. In der Pra­xis soll­ten Sie also bei allen Ent­schei­dun­gen, die laut Gesell­schafts­ver­trag nur mit Zustim­mung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung getä­tigt wer­den dür­fen, auf kei­nen Fall ohne Infor­ma­ti­on an alle Gesell­schaf­ter und einen ent­spre­chen­den Gesell­schaf­ter­be­schluss han­deln han­deln. Hell­hö­rig soll­ten Sie wer­den, wenn Ihnen der Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter ohne Abspra­che eine Anwei­sung zur Aus­füh­rung eines eigent­lich zustim­mungs­be­dürf­ti­gen Geschäfts gibt (z. B. Erwerb einer Immo­bi­lie, Geschäf­te außer­halb des Gegen­stan­des der GmbH). Das Risi­ko für eine Abbe­ru­fung  bzw. even­tu­el­len Scha­dens­er­satz gegen­über den ande­ren Gesell­schaf­tern liegt dann aus­schließ­lich bei Ihnen. Der Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter hat dann kein Stimm­recht, die Min­der­heits­ge­sell­schaf­ter kön­nen Sie voll ver­ant­wort­lich machen.

Check­lis­te: In die­sen Fäl­len soll­ten Sie als Geschäfts­füh­rer nicht ohne die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung handeln:

Han­delt es sich um ein Geschäft … Das müs­sen Sie beachten …
… außer­halb des Gegen­stan­des der GmbH laut Gesellschaftsvertrag Als Geschäfts­füh­rer sind Sie ledig­lich berech­tigt, Geschäf­te im Gegen­stand der GmbH aus­zu­füh­ren. In Grenz­fäl­len soll­ten Sie die Gesell­schaf­ter zumin­dest über das Geschäft infor­mie­ren (z. B. Ände­run­gen von Groß-Zulie­fe­rern, Aus­wei­tun­gen des Produkt-Portfolios).
… aus dem Kata­log zustim­mungs­pflich­ti­ger Geschäf­te laut Gesellschaftsvertrag Hier dür­fen Sie unbe­dingt nur mit einem zustim­men­den Beschluss der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung han­deln. Auch hier gilt: In unkla­ren Fäl­len soll­ten Sie auf jeden Fall die Gesell­schaf­ter informieren.
… um ein unge­wöhn­li­ches Geschäfte Auch hier ist es bes­ser, wenn Sie sich vor­her absi­chern und die Gesell­schaf­ter infor­mie­ren. Ist das Geschäft mit einem Risi­ko für die GmbH ver­bun­den (z. B. Anschaf­fung eines gro­ßen Grund­stücks), soll­ten Sie die Zustim­mung der Gesell­schaf­ter einholen.
… um ein Geschäft, der ein gro­ßes wirt­schaft­li­ches Risi­ko für die GmbH bedeutet Alarm: Hier soll­ten Sie nie ohne zustim­men­den Beschluss der Gesell­schaf­ter tätig wer­den. Platzt das Geschäft oder ent­steht ein Scha­den dar­aus für die GmbH und das Ver­mö­gen der Gesell­schaf­ter, kön­nen die Gesell­schaf­ter Sie per­sön­lich in die Haf­tung nehmen.

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