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Volkelt-Briefe

EZB-Billionen: EU vor nächster Zerreißprobe

Der Zwei­te Senat des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts hat meh­re­ren Ver­fas­sungs­be­schwer­den gegen das Staats­an­lei­he­kauf­pro­gramm (Public Sec­tor Purcha­se Pro­gram­me – PSPP) stattgegeben.

Danach haben Bun­des­re­gie­rung und Deut­scher Bun­des­tag die Beschwer­de­füh­rer in ihrem Recht ver­letzt, indem sie es unter­las­sen haben, dage­gen vor­zu­ge­hen, dass die Euro­päi­sche Zen­tral­bank (EZB) in den für die Ein­füh­rung und Durch­füh­rung des PSPP erlas­se­nen Beschlüs­sen weder geprüft noch dar­ge­legt hat, dass die hier­bei getrof­fe­nen Maß­nah­men ver­hält­nis­mä­ßig sind. Dem steht das Urteil des Gerichts­hofs der Euro­päi­schen Uni­on (EuGH) vom 11. Dezem­ber 2018 nicht ent­ge­gen, da es im Hin­blick auf die Kon­trol­le der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der zur Durch­füh­rung des PSPP erlas­se­nen Beschlüs­se schlech­ter­dings nicht mehr nach­voll­zieh­bar und damit eben­falls ultra vires ergan­gen ist.

Kon­kret unter­sagt das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt der Deut­schen Bun­des­bank ein wei­te­res Mit­wir­ken an dem besag­ten Anlei­he-Kauf­pro­gramm – mit einer Über­gangs­frist von „höchs­tens 3 Monaten”.

Zur Erklä­rung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts > Hier ankli­cken

Urteil v. 5.5.2020 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 1651/15

Unser Kom­men­tar: Das ist nicht nur eine grund­sätz­li­che Kri­tik an der EU-Poli­tik der Bun­des­re­gie­rung. Das wird sicher­lich  für eini­ge Unru­he auf dem euro­päi­schen Finanz­markt sor­gen. Zumal die höher ver­schul­de­ten EU-Staa­ten (Ita­li­en, Spa­ni­en, Grie­chen­land) mit der Coro­na-Kri­se eine zusätz­li­che finan­zi­el­le Belas­tung bewäl­ti­gen müs­sen – Lösun­gen sind der­zeit nicht wirk­lich in Sicht. Bereits unmit­tel­bar nach Ver­kün­dung des Urteils gab der EURO gegen­über dem US-Dol­lar stark nach.

Die Fol­gen: Der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) sieht sich in sei­ner Kom­pe­tenz ver­letzt, dass ein deut­sches Gericht die Gerichts­ho­heit des EuGH in Fra­ge stellt. Der EuGH hat unter­des­sen bereits offi­zi­ell dar­auf ver­wei­sen, dass alle euro­päi­schen Gerich­te an die Vor­ga­ben des EuGH gebun­den sind. EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en prüft ein Ver­trags­ver­let­zungs­ver­fah­ren gegen Deutsch­land. Mög­li­cher­wei­se wird sich in der Sache als nach­tei­lig erwei­sen, dass es in Deutsch­land kei­ne direk­te demo­kra­ti­sche Betei­li­gung der Bevöl­ke­rung an der EU-Aus­ge­stal­tung gab und dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt so auf sei­ne  aus­schließ­li­che Gerichts­ho­heit ver­wei­sen kann. Das wird span­nend und birgt enor­me Sprengkraft.

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