Noch mehr Bürokratie: EU will Vertrauensarbeitszeit kippen + GmbH/Finanzen: Passt Ihr Kalkulationsansatz noch für Ihr Geschäftsmodell? + Digitales: Die Erfolgsgaranten heißen Wachstum und Kapital + Geschäftsführer auf Zeit: Kein Stimmrecht zum Vertragsende + GmbH/Steuer: Neuer Basiszins für das Ertragswertverfahren + EU: Privatinsolvenz wird auf 3 Jahre verkürzt + Neues Urteil: Kein Anspruch auf Lohngleichheit +
Geschäftsführer/Firmenwagen: Gericht befristet Schadensersatzanspruch
BISS … die Wirtschaft-Satire
Der Volkelt-Brief 07/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 15. Febraur 2019
Sehr Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
„Die Aufzeichnung der Arbeitszeiten nach dem Mindestlohn-Gesetz kostet uns bei 50 Mitarbeitern wöchentlich 4 Stunden, im Jahr über 200 Stunden. Da ist eine Arbeitskraft einen ganzen Monat mit beschäftigt”. So das Fazit eines Kollegen, der überwiegend Teilzeit- und Mini-Jobber beschäftigt. Damit ist das Ende der bürokratischen Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Jetzt will die EU alle Unternehmen dazu verpflichten, ein (flächendeckendes) System zur Erfassung der effektiven Arbeitszeiten einzuführen. Der EU-Generalanwalt Giovanni Pitruzella hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) jetzt einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Es ist davon auszugehen, dass der EuGH diesen Vorschlag aufgreifen wird und die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung verpflichten wird. Dies ist – so die juristische Begründung – zur Einhaltung aller Verpflichtungen der EU-Richtlinie 2003/88 notwendig. Nur so ist die Einhaltung der Grenzen der täglichen Arbeitszeit und der Erfassung von Überstunden möglich.
Fakt ist, dass in immer mehr – insbesondere kleineren und mittelgroßen – Unternehmen Vertrauensarbeitszeit praktiziert wird. Aus guten Gründen: Die neuen Arbeitswelten, die permanente Dynamik der Prozesse und die Digitalisierung der Geschäftsmodelle brauchen Mitarbeiter, die mitdenken, die gestalten und die ihre Arbeitszeiten selbst bestimmen wollen. Da passt ein System zusätzlicher Gängelung nicht wirklich und nutzt weder den Unternehmen noch den Arbeitnehmern.
GmbH/Finanzen: Passt Ihr Kalkulationsansatz noch für Ihr Geschäftsmodell?
Ob Lebensmittel, Strom oder Rohstoffe: Die Preise steigen. Welche Auswirkungen hat das auf Gewinn und Rendite des Unternehmens? Rechnet sich das Geschäft überhaupt noch? Auf vielen Beschaffungsmärkten (Energie, Rohstoffe, Baustoffe) agieren Mono- und Oligopole, die die Preise vorgeben, ohne Konkurrenz fürchten zu müssen. Für diese Unternehmen sind die Preise Rechengrößen zur Erreichung des angestrebten Rendite-Zieles. Geschäftsführer von kleineren und mittelgroßen GmbHs haben da keine große Wahl. Entweder gelingt es, mit persönlichem Einsatz, guten Argumenten und bestem Service Kunden zu binden und Preiserhöhungen weiterzugeben. Wichtig ist dabei, je nach Geschäftsmodell mit dem richtigen Kalkulationsansatz zu rechnen:
- Profitcenterkalkulation: Während auf Kostenstellen nur Kosten gebucht werden, werden diese auf einem Profit Center den Erlösen des entsprechenden Geschäftsbereichs bzw. der entsprechenden Abteilung gegenüber gestellt. Die Idee ist dabei, dass das Profit Center wie ein selbstständiges Unternehmen denken und agieren soll. Die Profit Center-Kalkulation dient dazu, gewinnbringende Unternehmensbereiche von Verlustbringern zu unterscheiden und die Ergebnisbeiträge der einzelnen Mitarbeiter zu beurteilen.
- Divisionskalkulation (I): Bei der einfachen Divisionskalkulation werden die gesamten Kosten durch die Ausbringungsmenge (produzierte Stückzahl oder geleistete Einheiten Dienstleistung) dividiert, um so den Kostenanteil je Einheit zu berechnen. Auf Grund dieser Basis kann die weitere Kalkulation (Gewinnzuschlag, Kunden-Skonti, Kundenrabatte) vorgenommen werden. Diese Kalkulationsmethode ist sinnvoll anwendbar, wenn die Kosten für genau ein Produkt oder genau eine Dienstleistungsart bestimmt sind (Einproduktfertigung).
- Divisionskalkulation (II): Kalkuliert man Produktionen mit ähnlichen Produkten (z. B. ein Basisprodukt in verschiedenen Größen) oder Dienstleistungen, so muss man davon ausgehen, dass die Kostenanteile je Kostenträgereinheit sich bei den einzelnen Produktvarianten unterscheiden. Um diesen Unterschied zu bestimmen, weist man den einzelnen Varianten Verhältniszahlen (Äquivalenzziffern) zu, die Kostenverhältnisse widerspiegeln sollen. Dabei kann es sein, dass mehrere Faktoren in die Verhältniszahlen einfließen müssen (z. B. Mengen, Zeitbedarf, Zusatzstoffe etc.). Rechnerisch bestimmt man nun mittels eines gewogenen arithmetischen Mittelwerts die Kostenanteile: Dazu multipliziert man die Produktionsmenge jedes einzelnen Produkts mit seiner Äquivalenzziffer zu sog. Recheneinheiten deren Summe man bestimmt. Anschließend bestimmt man den Kostenanteil je Recheneinheit, indem man die Gesamtkosten durch die Summe der Recheneinheiten dividiert. Dieses Ergebnis wird nun mit den einzelnen Äquivalenzziffern multipliziert und man erhält den Kostenanteil für je ein Stück jeder Produktvariante.
- Zuschlagskalkulation: Die Zuschlagskalkulation wird bei der Einzel- und Serienfertigung angewandt, d. h. für jedes einzelne Produkt (Auftrag) bzw. für jede Serie muss eine gesonderte Kalkulation durchgeführt werden. Voraussetzung für die Zuschlagskalkulation sind die Kostenarten- und die Kostenstellenrechnung. Die Einzelkosten werden aus der Kostenartenrechnung übernommen und direkt den Kostenträgern zugeordnet. Die Gemeinkosten werden aus der Kostenartenrechnung übernommen, in der Kostenstellenrechnung auf die Kostenstellen verteilt und mit Hilfe von Zuschlagssätzen indirekt den Kostenträgern zugeordnet.
- Kundenkalkulation: Bei der Kundenkalkulation wird die Profitabilität einzelner Kunden oder Kundengruppen ermittelt. Dabei werden das Marktergebnis mit einem Kunden, die Bedeutung des Kunden sowie die Aktivität der Geschäftsbeziehung bewertet. Das Kundenergebnis ergibt sich dann als Marktergebnis abzüglich der Erlöse und Kosten, die dem Kunden zurechenbar sind. Darauf aufbauend können Sie Gruppenergebnisse aus Kundensegmenten berechnen.
Digitales: Die Erfolgsgaranten heißen Wachstum und Kapital
Traditionelle Unternehmen rechnen – vereinfacht gesagt – in Aufwand und Ertrag. Damit ist nicht nur das kalkulatorische Denken in einem statischen Maßstab gemeint, sondern in erster Linie eine Einstellung: Die Chance eines Geschäftsmodells orientiert sich in Zeiten der Digitalisierung und Skalierung aber nicht mehr an der Fortschreibung real erzielbarer Umsätze, sondern an den in der Zukunft möglichen Wachstumsraten. Die Bewertung der StartUps an den Kapitalmärkten richtet sich damit in erster Linie an der Wachstumsrate. Konkret: Unternehmen mit 10 bis 30 Mio. Umsatz sollten in den vergangenen 3 Jahren ein jährliches Wachstum um jeweils 80 % schaffen, um für die nächsten Finanzierungsrunden vorzeigbare Karten zu haben. Unternehmen mit 30 bis 100 Mio. Umsatz sollten in den vergangenen 3 Jahren ein jährliches Wachstum von 50 % vorzeigen können.
Unterdessen ist eine neue Investitionsbereitschaft auch in Deutschland angekommen. In 2018 wurden insgesamt etwas mehr als 4 Mrd. Dollar in deutsche Tech-Firmen investiert. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Zuwachs von 35 %. Unter den Top-50-Tech-Firmen in Europa gibt es 13 deutsche Unternehmen, das bedeutet Rang 1 vor der Schweiz und Frankreich. Dazu gehören Namen wie Blacklane, Exasol, Chrono24, N26 oder Outfittery.
Geschäftsführer auf Zeit: Kein Stimmrecht zum Vertragsende
Die Zeiten knapper Arbeitskräfte machen es möglich: Arbeitnehmer nehmen zunehmend Einfluss auf die vertragliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses. Das gilt auch für GmbH-Geschäftsführer, die auf Zeit bestellt werden. Sei es, um eine Nachfolge-Situation zu überbrücken oder um überhaupt einen verantwortlichen Unternehmenslenker zu finden und einzubinden. Für beide Seiten – also für den Arbeitgeber „GmbH” und den Arbeitnehmer „Geschäftsführer” – interessant: Das sog. Manager-Modell. Danach wird der Geschäftsführer für die Zeit seiner Bestellung zum Unternehmensleiter zugleich auch Gesellschafter der GmbH. Für den so in die Geschicke der GmbH eingebundenen Geschäftsführer bringt das 2 Vorteile: Zum einen kann er damit strategische Unternehmensentscheidungen beeinflussen und mitsteuern. Zum anderen ist er neben Gehalt und Tantieme als Gesellschafter am in seiner Ägide erwirtschafteten Gewinn der GmbH beteiligt. Insgesamt besteht so eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Wichtiger Vertragsbestandteil ist für beide Seiten die sichere Gestaltung des Vertragsendes. Meist ist eine „Befristung mit Verlängerungsoption” vereinbart. Mit Ablauf der vereinbarten Zeit (2, 3 oder 5 Jahre) endet dann die Bestellung und der Anstellungsvertrag. Damit endet auch seine Stellung als Gesellschafter. Der GmbH-Anteil geht wieder zurück an die GmbH oder an einen bestimmten Gesellschafter.
Achtung: Ist der Geschäftsführer zugleich Gesellschafter hat er Stimmrecht – gibt es keine Fristenlösung, kann er dann also über sein Vertragsende mit(be)stimmen. Ist z. B. eine qualifizierte Mehrheit (75 %) für Gesellschafterbeschlüsse erforderlich, kann er mit einer 25 %-Beteiligung einen Beschluss gegen sich jederzeit abwehren. Es gilt: Nur wenn eine Abberufung aus wichtigem Grund erfolgt, hat der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer kein Stimmrecht (§ 47 Abs. 4 GmbHG). Sonst aber immer. Ausweg: Es wird eine Hinauskündigungsklausel vereinbart – danach hat der Geschäftsführer kein Stimmrecht bei der Beschlussfassung über seine Abberufung/Kündigung. Das ist im Falle des Manager-Modells nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts Stuttgart zulässig (LG Stuttgart, Urteil v. 10.10.2018, 40 O 26/18, rechtskräftig).
GmbH/Steuer: Neuer Basiszins für das Ertragswertverfahren
Zur Ermittlung des steuerlichen Wertes eines GmbH-Anteils, für den es keinen Markt- oder Börsenwert gibt, wird das vereinfachte Ertragswertverfahren angewandt. Der darin anzusetzende Basiszins für das Kapitalisierungsverfahren wird jährlich von der Bundesbank festgelegt und ist mit Datum zum 2.1.2019 auf 0,52 % festgelegt (BMF-Schreiben vom 9.1.2019,IV C 1 – S 1980–1/14/10001).
EU: Privatinsolvenz wird auf 3 Jahre verkürzt
Europäisches Parlament, Rat und Kommission haben sich auf eine Verkürzung auf 3 Jahre geeinigt. Die entsprechende Richtlinie wird voraussichtlich im Sommer 2019 vorliegen. „Sie sollte zügig in deutsches Recht umgesetzt werden”, so die Empfehlung von Kai Henning, Fachanwalt für Insolvenzrecht. Die Richtlinie sieht vor, dass der Schuldner regelmäßig innerhalb von 3 Jahren eine Entschuldung erreichen können muss. Eine Anwendung der neuen Entschuldungsregeln auf Altfälle wird es allerdings nicht geben.
Neues Urteil: Kein Anspruch auf Lohngleichheit
Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch auf Lohngleichheit (hier: Journalistin des ZDF-Magazins „Frontal”) abgelehnt, weil diese nicht ausreichend darlegen konnte, dass sie aufgrund ihres Geschlechts weniger Geld erhielt als vergleichbare männliche Kollegen. Der Journalistin steht daher weder eine weitere Vergütung, noch eine Entschädigung oder ein Schadensersatz zu (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.2.2019, 16 Sa 983/18).
Geschäftsführer/Firmenwagen: Gericht befristet Schadensersatzanspruch
Ein Käufer, der Ende 2017 ein von der Abgasaffäre betroffenes Fahrzeug, das zum Zeitpunkt des Kaufs bereits ein Software-Update erhalten hatte, erworben hat, kann keine Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller geltend machen. Aus der Begründung des Urteils: „Über die Problematik der ursprünglichen Software zur Motorsteuerung in Fahrzeugen der betroffenen Baureihen hatte der Hersteller die Öffentlichkeit bereits weit vor dem Oktober 2017 informiert” (Landgericht Osnabrück, Urteil v. 30.1.2019, 2 O 2190/18).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief