Es gibt viele Eigenschaften und Ausprägungen, die dem modernen Chef unterschoben werden, wenn er die Herausforderungen der digitalen Wirtschaft bewältigen will: Er nimmt sich zurück. Er stellt die richtigen Fragen. Er denkt nicht in Planerfüllung, sondern deckt Schwachstellen auf. Am besten gefällt mir: „Die Führungskraft der Zukunft kennt nicht die Lösung, sondern organisiert den Prozess, der zum Finden der Lösung führt“ (Quelle: DGFP Kongress, Berlin 2016). Eine Aussage mit höchstem Anspruch. Zugleich das Ende der fachlichen Überlegenheit des Chefs – auch in kleineren Unternehmen. >
Der Springer-Digitalisierungsbeauftragte Christoph Keese widmet in seinem interessanten Buch Silikon Germany dem Thema erfolgreiche Charaktere von Führungspersönlichkeiten in der Digitalisierung gleich ein ganzes Kapitel. So beschreibt er ausführlich den Netflix-Chef Reed Hastings als bürolosen Dauer-Kommunikator, Motivator und Netzwerker, der in seinen Unternehmen alles nur Denkbare veranlasst, damit sich seine kreativen Mitarbeiter ohne jegliche Firmen-interne Bürokratie auf die Produktentwicklung konzentrieren können. Sein Credo: „Wir begegnen dem Wachstumschaos nicht durch mehr Regeln, sondern durch mehr kreative Köpfe“. In den meisten kleineren deutschen Unternehmen geht es natürlich nicht um den großen technologischen Wurf, sondern regelmäßig um die fehlerfreie und pünktliche Erbringung von Leistungen – also darum, dass eine gut eingeübte Organisation ihre Aufgaben systematisch und zuverlässig erbringt. Dafür steht der Chef und seine Fähigkeit, sein Unternehmen auf einem hohen Standard zu halten.
Wichtig ist, dass auch in kleineren Unternehmen Kapazitäten vorhanden sind, die den gewohnten Geschäftsbetrieb hinterfragen, den Markt ständig beobachten und neue Entwicklungen in die Firma einbringen. Das kann nicht mehr alleine Chefsache sein und abzuwarten bis der/die Junior/in frischen digitalen Wind in die Firma bringt, dauert zu lange. Das gilt nicht mehr nur für gestandene, ältere Kollegen, sondern für alle Altersstufen – der Wandel ist gegenwärtig, ständig und generationsübergreifend. Sie sind also gut beraten, sich einen kreativen Mitarbeiter zu leisten und den dazu zu animieren, quer zu denken und ihn das auch aussprechen zu lassen.