GmbH-Strategie: Wie digital ist Ihre GmbH? + Fehler in der GmbH: So halten Sie den Schaden in Grenzen + Steuer-Strafverfahren: Gerichte machen Kompromisse mit + GmbH-Recht: Direktor der „Limited“ haftet nach deutschem Recht + Arbeitsrecht: Arbeitnehmer darf seinen Arbeitgeber in der BILD-Zeitung anprangern + Vorgezogenes Erbe: Verlustvortrag der GmbH entfällt + BISS …
Der Volkelt-Brief 19/2016 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg 6. Mai 2016
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
eine neue Bitcom-Studie belegt: In 91 % aller Fällen kommt die Anregung zu und die Umsetzung von (digitalen) Innovationen von „innen“ – also von den eigenen Mitarbeitern. Das gilt sogar für strategische Lösungen, z. B. die konkrete Umsetzung von neuen Produktionsprozessen im Unternehmen oder für eine Überarbeitung des Geschäftsmodells als Ganzem. Nur zu 6 % setzen mittelständische Unternehmen auf eine Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen, etwa mit den Fraunhofer Instituten, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) oder der Industrie- und Arbeitsforschung der TU Dortmund. Und dass, obwohl der Bund solche Vorhaben großzügig fördert.
Stichwort: Plattform Industrie 4.0. Die Digitalisierung ist überall und wirkt auf alle Geschäftsmodelle. Die aktuellen Zahlen offenbaren aber auch großen Handlungsbedarf: Große Unternehmen (ab 1.000 Mitarbeiter) sehen sich immerhin zu 34 % als gut aufgestellt für die neuen Herausforderungen, die großen Mittelständler (500 bis 1.000 Mitarbeiter) sehen sich sogar noch etwas besser (37 %). Kleinere Unternehmen (bis 500 Mitarbeiter) haben allerdings nach wie vor erheblichen Nachholbedarf. Nur jedes 4. kleinere Unternehmen sieht sich für die Zukunft gerüstet.
Fehler in der GmbH: So halten Sie den Schaden in Grenzen
Fehler passieren in jeder Firma. Noch größer wird der Fehler allerdings, wenn Sie damit falsch umgehen. Im schlechtesten Fall führt das dazu, dass einer Ihrer Mitarbeiter den Vorfall öffentlich macht, vgl. etwa dem Whistleblowing um die Panama-Papers. Das Problem: Das Anprangern der Firma durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich durch den Grundsatz der Meinungsfreiheit gedeckt (EGMR, Urteil vom 21.7.2011, 28274/8). Allerdings können Sie verlangen, dass der Arbeitnehmer zunächst eine innerbetriebliche Lösung sucht. Kommt die Attacke durch einen Mitarbeiter völlig unerwartet, steigen damit Ihre Chancen, dieses Verhalten als Verletzung der Loyalitätspflicht zu ahnden und ggf. eine Kündigung wegen Störung des Betriebsklimas und Unzumutbarkeit einer weiteren Zusammenarbeit auszusprechen. Die Chancen für eine Kündigung stehen gut,
- wenn der Mitarbeiter seine Aussagen wissentlich und leichtfertig auf unwahre Tatsachen stützt,
- wenn der Vorwurf oder die Vorwürfe unverhältnismäßig sind und
- wenn der Mitarbeiter eigensüchtige Motive wie Rache verfolgt.
Beispiele: Ein Mitarbeiter zeigt seine Firma wegen Verstoßes gegen Umweltauflagen bei der Behörde an, ohne vorher eine interne Klärung zu suchen. Dann kann das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet werden (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.3.2012, 2 Sa 331/11). Oder zeigt der in der Firma für die Kinderbetreuung zuständige Mitarbeiter seinen Arbeitgeber vorschnell beim Jugendamt an, rechtfertig das eine fristlose Kündigung (LAG Köln, Urteil vom 5.7.2012, 6 Sa 71/12).
Nach derzeitigem Stand ist es Praxis der deutschen Arbeitsgerichte, Whistleblower-Fälle nach diesen Kriterien zu prüfen. Im Umkehrschluss bedeutet das für Sie: Wenn Sie einen der oben genannten Punkte darlegen können, hat die Kündigung gute Aussichten auf Erfolg. Am besten geht das, wenn Sie die Vorwürfe des Mitarbeiters genau prüfen und einen Fakten-Check vornehmen, also genau nachvollziehen, ob die genannten Vorwürfe sich durch konkrete Tatsachen belegen lassen.
Steuer-Strafverfahren: Gerichte machen Kompromisse mit
Wir berichten an dieser Stelle immer wieder über schwierige Steuer-Strafverfahren, die im Anschluss an eine (nachgewiesene) Steuerverkürzung bzw. Steuerhinterziehung von Amts wegen betrieben werden, so zuletzt zu den schwarzen Kassen eines Freiburger Metzgereibetriebes (vgl. Nr. 40/2015). Wobei diese Fälle durchaus als repräsentativ für das Vorgehen von Betriebsprüfung und Staatsanwaltschaft gelten können.
Das strafrechtliche Verfahren um Steuerhinterziehung ist in der Regel noch wesentlich aufwendiger als das finanzgerichtliche Verfahren. Oft muss die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden. Etwa mit der Folge, dass jeder strafrechtlich relevante Vorgang eigens belegt werden muss. Verprobungs- und Schätzungsgrößen, die im finanzgerichtlichen Verfahren üblich sind, greifen hier nicht oder nur bedingt (vgl. dazu Nr. 12/2016). Deswegen gehen die Gerichte unterdessen immer mehr dazu über, sich im Wege einer Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem zu einigen und damit die Verfahren abzukürzen und Verwaltungskosten einzusparen. In der Regel mit der Folge, dass das Strafmaß (erheblich) reduziert wird. Im Freiburger Fall wurde jetzt im Teilverfahren um eine Steuerhinterziehung die Geldstrafe von 70.000 EUR auf 17.000 EUR reduziert – also durchaus spürbar.
Direktor der „Limited“ haftet nach deutschem Recht
Mit Einführung der Unternehmergesellschaft (UG) in 2007 ist die Zahl der in Deutschland tätigen englischen Limited´s stark zurückgegangen. Offen war bis bisher noch die Rechtsfrage, ob für eine Limited im Insolvenzfall grundsätzlich auch die Rechtsvorschriften für GmbHs gelten. Danach haftet der Geschäftsführer für Zahlungen der GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife (§ 64 GmbH-Gesetz). Dazu der Bundesgerichtshof (BGH): „Die Geschäftsführer einer GmbH sind der Gesellschaft – oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter – zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Zu Recht hat das OLG diese Vorschrift auf den Direktor einer Limited angewandt“ (BGH, Urteil vom 15.3.2016, II ZR 119/14).
Arbeitnehmer darf den Arbeitgeber in BILD anprangern
Sofern Ihre Firma einigermaßen bekannt (prominent) ist und einer Ihrer Arbeitnehmer sich in der BILD-Zeitung wahrheitsgemäß über die Firma bzw. über Auseinandersetzungen mit der Firma äußert, müssen Sie das hinnehmen. Ein Anspruch auf Unterlassung besteht nicht. Das ergibt sich aus einem aktuellen Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach (ArbG Mönchengladbach, Urteil vom 25.4.2016, 5 Ga 7/16).
Vorgezogenes Erbe: Verlustvortrag der GmbH entfällt
Der Verlustvortrag einer GmbH geht verloren, wenn innerhalb von 5 Jahren mehr als 50 % der Anteile den Eigentümer wechseln. Laut Finanzgericht (FG) Münster gilt das auch, wenn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mehr als 50 % der Anteile auf den Nachfolger übertragen werden (FG Münster, Urteil 4.11.2015, 9 K 3478/13 F).
Mit besten Grüßen
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur