Allein im Jahr 2014 legten 4,2 Millionen Steuerzahler Einspruch gegen ihren Steuerbescheid ein. In zwei von drei Fällen (rund 70 %) hatten die Steuerzahler Recht (BMF-Bericht). Der Steuerbescheid war falsch und musste zu Gunsten des Steuerzahlers korrigiert werden. Die Zahlen steigen seit Jahren und werden weiter ansteigen. In insgesamt 62.000 Fällen konnten sich Steuerzahler und Finanzamt nicht einigen. Diese Fälle landeten vor dem Finanzgericht. Auch hier bekommen die Steuerzahler zu 70 % Recht. …Wie viele falsche Vorauszahlungsbescheide in dieser Zeit an Unternehmen verschickt wurden, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass der Unternehmer nach jeder Finanzamts-Post seinen Berater einschalten, endlos telefoniert werden muss und am Schluss eine satte Beraterrechnung steht. Fakt ist, dass in vielen Fällen der Umgangston der Finanzbehörden mit den Unternehmen schärfer wird und Einiges zu wünschen übrig lässt.
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Behörden: Einspruch und Klage gegen das FA lohnen immer öfter
Dieser Stilwandel und die einnahmeorientierte Besteuerungspraxis der Finanzbehörden kommen nicht aus heiterem Himmel. Bis in die 80er Jahre rekrutierten die Finanzämter ihre Sachbearbeiter überwiegend selbst per Learning by doing. Das Berufsimage war nicht besonders. Die Ausbildung war nicht wissenschaftlich unterlegt. Unterdessen ist der Beruf attraktiv, das Image hat sich stark verändert (der Steuer-CD-Käufer als Retter des Wohlfahrtsstaates). In die Ausbildung wurde investiert. Die gesamte Organisation wurde professionalisiert. Das betrifft die Führungsebene und die technische Ausstattung. Ermessensspielräume werden konsequent Fiskalinteressen untergeordnet (siehe unten). Nicht zuletzt die öffentliche Diskussion um die Steuerhinterziehung und unversteuerte Gewinne (Hoeneß, Google, Starbucks) haben den Steuerbehörden Auftrieb gegeben und so dafür gesorgt, dass damit jetzt auch alle Unternehmen mit einer tendenziell fehlerbehafteten Besteuerungspraxis leben müssen.