Behörden: Einspruch und Klage gegen das FA lohnen immer öfter + Finanzamt: Betriebsunterbrechungsversicherung im Visier – jetzt nachbessern + GmbH-IT: Was müssen Sie beim Umstieg auf Windows 10 beachten + GmbH-Finanzen: Einsparpotenzial „bargeldloses Unternehmen“ + Arbeitsrecht: Vor Gericht müssen Sie konsequent bleiben + Steuernachweis: Diktiergerät ist kein Fahrtenbuch + Bürokratie: Die neuen Dokumentationspflichten der Arbeitszeiten sind amtlich + BISS …
Der Volkelt-Brief 33/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 14. August 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
allein im Jahr 2014 legten 4,2 Millionen Steuerzahler Einspruch gegen ihren Steuerbescheid ein. In zwei von drei Fällen (rund 70 %) hatten die Steuerzahler Recht (BMF-Bericht). Der Steuerbescheid war falsch und musste zu Gunsten des Steuerzahlers korrigiert werden. Die Zahlen steigen seit Jahren und werden weiter ansteigen. In insgesamt 62.000 Fällen konnten sich Steuerzahler und Finanzamt nicht einigen. Diese Fälle landeten vor dem Finanzgericht. Auch hier bekommen die Steuerzahler zu 70 % Recht.
Wie viele falsche Vorauszahlungsbescheide in dieser Zeit an Unternehmen verschickt wurden, ist nicht bekannt. Wohl aber, dass der Unternehmer nach jeder Finanzamts-Post seinen Berater einschalten, endlos telefoniert werden muss und am Schluss eine satte Beraterrechnung steht. Fakt ist, dass in vielen Fällen der Umgangston der Finanzbehörden mit den Unternehmen schärfer wird und Einiges zu wünschen übrig lässt.
Finanzämter nehmen Betriebsunterbrechungsversicherung ins Visier
Gesellschafter-Geschäftsführer, mit deren Leistungsfähigkeit das Wohl der GmbH steht und fällt (Handwerk, Freiberufler-GmbH), schließen in der Regel eine Berufsunfähigkeitversicherung ab. Weitere Existenzsicherung: Die GmbH schließt eine Betriebsunterbrechungsversicherung ab. Bei (Total-) Ausfall des Geschäftsführers übernimmt die Versicherung für einige Zeit die Gehaltszahlung für den Gesellschafter-Geschäftsführer.
Wichtig: Hier muss die Vertragsgestaltung stimmen. In einem hat das Finanzamt jetzt die Zahlung der Versicherungsbeiträge durch die GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilt und damit Recht bekommen (BFH, Urteil vom 11.3.2015, I R 16/13). Beiträge, die die GmbH zu einer Betriebsunterbrechungsversicherung zahlt, sind nur dann Betriebsausgaben, wenn diese „im Interesse der GmbH“ gezahlt werden und die Versicherungsleistungen der GmbH zugute kommen. Wichtig ist, dass nicht die Gesellschafter-Geschäftsführer als bezugsberechtigte Personen für den Versicherungsfall eingesetzt sind. Hier muss der GmbH der Anspruch auf die Versicherungsleistung zustehen, z. B., um damit einen Fremd-Geschäftsführer einzustellen, der die Geschäfte der GmbH in der Ausfallzeit des Gesellschafter-Geschäftsführers fortführt.
GmbH-IT: Was müssen Sie beim Umstieg auf Windows 10 beachten
Nur wenige Geschäftsführer haben den Umstieg auf das Betriebssystem Windows 8.0 veranlasst. Für die, die zu schnell oder schlecht beraten umgestellt haben, ist jetzt Besserung in Sicht. Dazu unser IT-Experte Stefan Schwab: „Der Versuch, professionelle Ansprüche mit spielerischen Komponenten zu verbinden, konnte nicht gut gehen“. Mit Windows 10 sind nun viele Mängel behoben. Das System ist damit jetzt auch für den professionellen Einsatz in kleineren Unternehmen optimiert. Als Geschäftsführer sollten Sie bei einer geplanten Umstellung insbesondere auf Folgendes achten:
- Warten Sie mit einer Umstellung noch einige Wochen ab. Erfahrungsgemäß werden viele (kleine, aber ärgerliche) Fehlerhaftigkeiten erst mit und kurz nach der Markteinführung offensichtlich.
- Vor der Umstellung sollten Sie ein vollständiges Backup anlegen. Das Risiko eines korrupten Betriebssystems ist bei derartigen Updates immer gegeben, so dass die Umstellung geplant werden sollte.
- Die neue Oberfläche ist klar strukturiert und übersichtlich. Darin sind zahlreiche neue und gute Funktionen implementiert, so z. B. das Suchsystem Cortana, mit dem sämtliche Inhalte des Systems (Dateien, Outlook, auch: Internet) blitzschnell durchsucht werden, auch per Sprachbefehl. Das System arbeitet schneller als das bisherige, und zwar auf allen Komponenten (Drucker, Multifunktionsgeräte). Alle geöffneten Programme können nebeneinander angezeigt werden. Es gibt eine biometrische Nutzererkennung.
- Grundsätzlich zu empfehlen ist die Umstellung in erster Linie den Nutzern von Windows 8/Windows 8.1. Diese Anwender profitieren von einer klaren und übersichtlichen Oberfläche und Verbesserungen bei der Nutzung des Touch-Displays.
- Eine Umrüstung von Windows 7‑basierten Systemen sollte man dagegen gut abwägen. Hardware mit einem Alter von mehr als zwei Jahren bietet nicht die optimale Basis zur Nutzung des aktuellen Betriebssystems. Und: Wer sein System ohnehin „in die Hand“ nimmt, sollte auch gleich über den Einsatz einer SSD als Ersatz für eine veraltete und langsame Festplatte nachdenken.
Dazu noch folgende Zusatz-Information: Die Verbraucherzentralen warnen vor Windows 10. Wer die Datenschutzbestimmungen des neuen Windows akzeptiert, willigt in eine umfassende Nachvollziehbarkeit (Ausforschung) der Nutzung ein. Microsoft wertet aus: Name, Adresse, Alter, Geschlecht, Telefonnummer und den jeweiligen Standort des Gerätes, die in den unternehmenseigenen Apps und Diensten aufgerufenen Web-Seitenadressen, eingegebene Suchbegriffe, Kontakte zu anderen Personen und gekaufte Artikel. Windows 10 gibt dem Rechner eine eindeutige Identifikationsnummer zur Verwendung durch App-Entwickler und Werbenetzwerke (Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz vom 10.8.2015).
Unsere Einschätzung vom Experten Stefan Schwab (Schwab-IT): „Da muss man bei Einrichten von Windows 10 tatsächlich aufpassen. Wie bei Windows 8/8.1, Apple iOS- und den Android-Geräten bietet Windows 10 bei einer „Standard-Installation“ ein Microsoft-Konto als Benutzerprofil an. Hierbei handelt es sich um einen Online-Account, mit diversen Vorzügen der Datensicherheit, Flexibilität und hohem Komfort. Doch anders als bei Android und Apple iOS kann Windows 8/8.1 oder Windows 10 auch mit einem „lokalen“ oder „Domänen-Konto“ genutzt werden. Dies bedeutet, dass die Daten – analog zu den älteren Versionen – auf dem lokalen PC oder beim Domänen-Konto auf dem Firmenserver abgelegt werden. Funktionen wie Microsoft’s Cortana, die Sprach-Assistentin, lassen sich nur mit einem Microsoft-Cloud-Konto nutzen. Und nur die Professional-Version von Windows 8/8.1 oder 10 lässt sich in eine Firmen-Domäne einbinden”.
GmbH-Finanzen: Einsparpotenzial „bargeldloses Unternehmen“
Ein Unternehmen mit 25 Geschäftsreisen pro Monat kann nach Schätzungen jährlich ca. 3.500 € an Verwaltungskosten einsparen, wenn nicht mehr mit Bargeld abgerechnet wird. Das sind Kosten für die Bevorratung mit Bargeld, für zusätzliche Verbuchungen und Kontrollen. Dazu kommen in der Regel Barzahlungen für viele Kleineinkäufe wie Büromaterialien, Werkzeuge und kleinere Dienstleistungen. In vielen Firmen werden Sonderzahlungen noch in bar geleistet.
Das Gegenmittel heißt Firmenkreditkarte. Damit werden die betrieblichen Kostenströme zeitnah, vollständig und transparent erfasst. Zusätzliche Kontrollen von Geldbeständen entfallen. Es geht ohne Kasse, Kassenbuch und tägliche Kassenkontrolle nach dem Vieraugenprinzip. Das Sparpotenzial in kleineren Firmen liegt jährlich bei einigen Tausend EURO. In Unternehmen mit intensiver Geschäftsreise-Tätigkeit (Vertrieb im Außendienst, Messen, Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen) kann das schon zu einer fünfstelligen Ersparnis führen. Wird die Firmenkreditkarte ausschließlich zu betrieblichen Zwecken genutzt, sind alle Kosten Betriebsausgaben der GmbH. Wird die Karte auch für private Einkäufe genutzt, gilt das steuerlich als Sachbezug, der nur bis zur Freigrenze von 60 EUR steuerfrei bleibt (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG).
Arbeitsrecht: Vor Gericht müssen Sie konsequent bleiben
Im Arbeitsgerichtsprozess gegen einen Mitarbeiter dürfen Sie zwar zusätzliche Gründe für die Kündigung nachschieben. Nicht möglich ist es aber, die Kündigung mit einem völlig neuen Grund oder völlig neuen Gründen zu belegen. Das „Auswechseln“ von Kündigungsgründen ist grundsätzlich nicht möglich. Es handelt sich dann um eine erneute Kündigung. Folge: Es muss erneut geprüft werden, ob die Voraussetzung für eine Kündigung (verhaltensbedingt, betriebsbedingt) vorliegen und ob Fristen korrekt eingehalten sind (LAG Düsseldorf, Urteil vom 24.6.2015, 7 Sa 1243/14).
Steuernachweis: Diktiergerät ist kein Fahrtenbuch
Diktiert der Geschäftsführer zu Beginn und zum Ende der Fahrt die vorgeschriebenen Daten auf Kassette und trägt er diese Daten anschließen in eine Excel-Tabelle ein, genügt das nicht den Voraussetzungen für ein ordnungsgemäß zu führendes Fahrtenbuch. Begründung: Diese Diktate lassen sich verändern, ohne dass sich das nachträglich feststellen lässt (FG Köln, Urteil vom 18.6.2015, 10 K 33/15).
Die neuen Dokumentationspflichten der Arbeitszeiten sind amtlich
Das BMAS hat jetzt die angekündigten Erleichterungen bei der Dokumentationspflicht nach den Mindestlohnvorschriften verkündet (vgl. Nr. 29/2015). Danach wird die Einkommensschwelle von 2.958 € modifiziert. Danach entfällt die Aufzeichnungspflicht nach dem Mindestlohngesetz bereits dann, wenn das regelmäßige Monatsentgelt mehr als 2.000 € brutto beträgt und dieses Monatsentgelt jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate nachweislich gezahlt wurde. Außerdem sind bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers) die Aufzeichnungspflichten nicht mehr anzuwenden (Quelle: Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung vom 1.8.2015).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur