Fehler passieren in jeder Firma. Noch größer wird der Fehler allerdings, wenn Sie …
damit falsch umgehen. Im schlechtesten Fall führt das dazu, dass einer Ihrer Mitarbeiter den Vorfall öffentlich macht (sog. Whistleblowing). Problem: Das Anprangern der Firma durch den Arbeitnehmer ist grundsätzlich durch den Grundsatz der Meinungsfreiheit gedeckt (EGMR, Urteil vom 21.7.2011, 28274/8). Allerdings können Sie verlangen, dass der Arbeitnehmer zunächst eine innerbetriebliche Lösung sucht. Die Chancen für eine Kündigung stehen gut,
- wenn der Mitarbeiter seine Aussagen wissentlich und leichtfertig auf unwahre Tatsachen stützt,
- wenn der Vorwurf oder die Vorwürfe unverhältnismäßig sind und
- wenn der Mitarbeiter eigensüchtige Motive wie Rache verfolgt.
Deutschen Arbeitsgerichte prüfen Whistleblower-Fälle nach diesen Kriterien. Im Umkehrschluss bedeutet das für Sie: Wenn Sie einen der oben genannten Punkte darlegen können, hat die Kündigung gute Aussichten auf Erfolg.
Beispiele: Ein Mitarbeiter zeigt seine Firma wegen Verstoßes gegen Umweltauflagen bei der Behörde an, ohne vorher eine interne Klärung zu suchen. Dann kann das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet werden (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.3.2012, 2 Sa 331/11). Oder zeigt der in der Firma für die Kinderbetreuung zuständige Mitarbeiter seinen Arbeitgeber vorschnell beim Jugendamt an, rechtfertig das eine fristlose Kündigung (LAG Köln, Urteil vom 5.7.2012, 6 Sa 71/12).
Für die Praxis: Gibt es Hinweise darauf, dass ein Mitarbeiter Verstöße nach außen tragen will, sollten Sie ihm anbieten, seine Meinung intern einzubringen. Kann die Abteilungsleitung den Konflikt nicht kanalisieren, müssen Sie sich der Sache selbst annehmen. Oft handelt es sich bei den Kritikern um Menschen, die schwierig im Umgang sind. Aber: Die Firma ist kein Therapeut. Dennoch sollten Sie Gesprächbereitschaft zeigen, um im weiteren Verfahren keine Fehler zu machen. Es gilt: „Je mehr Sie innerbetriebliche Lösungen anbieten (Betriebsrat, Benennung einer Vertrauensperson) umso besser stehen Ihre Chancen auf eine (einvernehmliche) Trennung“. Noch im November wird es zum Whistleblowing ein wichtiges Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg geben, das weitere Hinweise für konkrete Handlungsanleitungen bringen wird. Dann muss das Arbeitsgericht über eine Job-Center-Mitarbeiterin entscheiden, die der BA öffentlich „menschenunwürdiges Verhalten“ und „Geldverschwendung“ vorgeworfen hat. Derzeit ist die Mitarbeiterin freigestellt und eine gütliche Einigung im Verfahren ist nicht in Sicht. Wir halten Sie auf dem Laufenden.