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Volkelt-Briefe

Neue Urteile: Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung

Der über­wie­gen­de Teil der GmbH-Geschäfts­füh­rer ist zugleich auch Gesell­schaf­ter ihrer GmbH. Im Grund­satz sind die Rech­te und Pflich­ten der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung und die Vor­aus­set­zun­gen für eine ord­nungs­ge­mä­ße Beschluss­fas­sung im GmbH-Gesetz recht klar vor­ge­ge­ben. In der Pra­xis gibt es immer wie­der neue Rechts­fra­gen. Hier eine Zusam­men­fas­sung der wich­tigs­ten neue­ren und rechts­kräf­ti­gen Urtei­le dazu, die Sie ken­nen müssen: …

Zustel­lung der Ein­la­dung: Ein Geschäfts­füh­rer kann die Ein­la­dung von Gesell­schaf­tern zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung jeden­falls dann nicht wirk­sam durch Ersatz­zu­stel­lung unter einer Adres­se bewir­ken, von der er posi­tiv weiß, dass die Gesell­schaf­ter dort nicht woh­nen, und wenn ihm die Gesell­schaf­ter mit­ge­teilt haben, wie er sie errei­chen kann (OLG Cel­le, Urteil vom 24.9.2013, 9 U 69/13).

Im Urteils­fall wuss­te der Geschäfts­füh­rer, der die Ersatz­zu­stel­lung ver­an­lass­te, dass der Gesell­schaf­ter nicht unter der ange­ge­be­nen Adres­se zu errei­chen war. Zugleich hat­ten ihm ande­re Mit-Gesell­schaf­ter die kor­rek­te Adres­se mit­ge­teilt. In die­sem Fall ist der Geschäfts­füh­rer ver­pflich­tet, die Ein­la­dung zur Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung an die ihm genann­te Adres­se zu ver­schic­ken. Und zwar unter Wah­rung der Frist und Nen­nung der Tages­ord­nung. Geht es um eine weit rei­chen­de Beschluss­fas­sung, soll­ten sich recht­lich uner­fah­re­ne Geschäfts­füh­rer streng an die im Gesetz vor­ge­ge­be­nen Form­vor­schrif­ten hal­ten bzw. bei Unklar­hei­ten einen Anwalt ein­schal­ten, um Form­feh­ler zu ver­mei­den. Sonst muss eine neue Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung ein­be­ru­fen werden.

Ort der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung: Gesell­schaf­ter­be­schlüs­se, die in den Räu­men eines ver­fein­de­ten Gesell­schaf­ters gefasst wer­den, sind in der Regel anfecht­bar, wer­den aber wirk­sam, wenn ein bestimm­tes Beschluss­ergeb­nis fest­ge­stellt und eine frist­ge­rech­te Anfech­tung nicht erfolgt ist (BGH, Urteil vom 24.3.2016, IX ZB 32/15).

Das ist sicher­lich schon ein Extrem­fall. Der Ehe­mann der ein­la­den­den Gesell­schaf­te­rin hat­te ange­droht, der zer­strit­te­nen Mit-Gesell­schaf­te­rin Haus­ver­bot für sei­ne Räum­lich­kei­ten zu ertei­len, in denen die GmbH einen Büro­raum ange­mie­tet hat­te. Vor­sicht: Dann reicht es nicht, ein­fach fern­zu­blei­ben. Sie müs­sen die in Ihrer Abwe­sen­heit gefass­ten Beschlüs­se anfechten.

Zustim­mungs­pflicht des Gesell­schaf­ters (I): Auf­grund der Treue­pflicht muss der Gesell­schaf­ter einer Maß­nah­me zustim­men, wenn sie zur Erhal­tung wesent­li­cher Wer­te der GmbH oder zur Ver­mei­dung erheb­li­cher Ver­lus­te, die die GmbH erlei­den könn­te, objek­tiv unab­weis­bar erfor­der­lich ist und den Gesell­schaf­tern unter Berück­sich­ti­gung ihrer eige­nen schutz­wür­di­gen Belan­ge zumut­bar ist, also wenn der Gesell­schafts­zweck und das Inter­es­se der Gesell­schaft gera­de die­se Maß­nah­me zwin­gend gebie­ten (BGH, Urteil vom 12.4.2016, II ZR 275/14).

Müs­sen die Gesell­schaf­ter einen Beschluss gegen den Wil­len eines Gesell­schafters durch­set­zen, ist dies ohne gut­ach­ter­li­che Stel­lung­nah­me (etwa den Steu­er­be­ra­ter oder Wirt­schafts­prü­fer) kaum zu errei­chen. Das ist z. B. dann ange­ra­ten, wenn die GmbH ohne Beschluss­maß­nah­men in eine Insol­venz­si­tua­ti­on gera­ten wür­de (Zustim­mung zu einer Kapi­tal­erhö­hung). Wol­len die Gesell­schaf­ter ledig­lich eine Maß­nah­me beschlie­ßen, die z. B. zur Erhö­hung der EK-Ren­di­te führt, dürf­te das nicht genü­gen, um den Gesell­schaf­ter zur Zustim­mung zu einer sol­chen Ent­schei­dung gericht­lich zu zwingen.

Zustim­mungs­pflicht des Gesell­schaf­ters (II): Die Rege­lung in der Sat­zung der GmbH, wonach die Geschäfts­füh­rer für den Abschluss ein­zel­ner Rechts­ge­schäf­te die Zustim­mung aller Gesell­schaf­ter ein­zu­ho­len haben, ist dahin aus­zu­le­gen, dass jedem Gesell­schaf­ter ein indi­vi­du­el­les Son­der­recht auf Zustim­mung ein­ge­räumt wird. Dies gilt auch für Beschlüs­se zur Ände­rung die­ser Klau­sel (OLG Hamm, Urteil vom 21.12.2015, I‑8 U 67/15).

Ist das so ver­ein­bart, genügt für die Beschluss­fas­sung kein Mehr­heits­be­schluss und auch kei­ne qua­li­fi­zier­te Mehr­heit (3/4 – Mehr­heit). Not­wen­dig ist dann die aus­drück­li­che Zustim­mung jedes ein­zel­nen Gesell­schaf­ters. Bereits eine Stimm­ent­hal­tung genügt dann, um eine zustim­mungs­pflich­ti­ge Ent­schei­dung zu blockieren.

Stimm­rechts­aus­schluss des Gesell­schaf­ters: Ein Gesell­schaf­ter darf bei einer Beschluss­fas­sung, wel­che die Vor­nah­me eines Rechts­ge­schäfts ihm gegen­über betrifft, nicht mit­stim­men. Die Vor­schrift des GmbH-Geset­zes (§ 47 Abs. 4 GmbHG: Stimm­recht des Gesell­schaf­ters in Sachen Rechts­geschäfte in eige­ner Sache) ist ent­spre­chend anzu­wen­den, wenn der Gesell­schaf­ter der GmbH zugleich zu 50 % Gesell­schaf­ter der Ver­trags­part­ne­rin und auch deren allei­ni­ger Geschäfts­füh­rer ist (KG Ber­lin, Urteil vom 8.5.2014, 12 U 22/13).

Pro­ble­ma­tisch ist das, wenn ein Gesell­schaf­ter in meh­re­ren ver­bun­de­nen Gesell­schaf­ten (Toch­ter- und Enkel­ge­sell­schaf­ten) enga­giert ist und die Gesell­schaf­ten in enger wirt­schaft­li­cher Bezie­hung ste­hen, so dass regel­mä­ßig Ver­trä­ge mit­ein­an­der abge­schlos­sen wer­den. Im Zwei­fel soll­ten Sie prü­fen, ob ein Stimm­rechts­ver­bot besteht. Dann ist sicher­ge­stellt, dass es nicht zu einer Anfech­tung der Beschluss­fas­sung mit Fol­gen für die Ver­trags­ab­wick­lung kom­men kann.

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