Erinnern Sie sich noch an Ihre Bewerbungen um den ersten Job? Als BWL-er, VWL-er oder Jurist gab es da ja kein vorbei an der FAZ. Und „nur so zum Spaß“ hat der ein oder andere seine Bewerbungsunterlagen auch ans Auswärtige Amt geschickt – auf die Ausschreibung für den gehobenen Dienst in einer deutschen Botschaften irgendwo in der weiten Welt – Karatschi oder Dakar. Da war so richtig Phantasie drin. Die perfekte Verbindung von Wohlstand und Abenteuer – was für ein Leben lag da vor den Füßen.
Wenn es da nicht das strenge Auswahlverfahren gegeben hätte. Abschluss mit Auszeichnung. Zwei Fremdsprachen fließend. Und – für die meisten „KO“-Kriterium: Perfekte Umgangsformen und ein Praktikum beim Goethe-Institut. Bis dato konnte man also guten Gewissens davon ausgehen, dass in Diplomatenkreisen Bildung, Stil und Etikette eine gewisse Rolle spielen – und nur die Besten zum Zuge kommen, bei uns wie in den USA.
Jetzt wissen wir: Selbst unter Diplomaten scheint es üblich zu sein, die Protagonisten ihrer Besinnungsaufsätze so zu beschreiben, dass jeder Penäler eine glatte sechs dafür bekommen würde. Geeignet für Stammtische oder XXDiaries – wie man das in RTL2-Zeiten nennt. Prekariats-Diplomatie. So gesehen offenbart das Veröffentlichungs-Drum-Drum um Wikileaks ein weiteres bisher nicht erkanntes (Bildungs-) Problem.