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Volkelt-Brief 50/2015

Volkelt-FB-01Geschäfts­füh­rer-Rech­te: Amts­nie­der­le­gung wird ein­fa­cher + OLG Mün­chen: Geschäfts­füh­rer hat kei­nen Anspruch auf Weih­nachts­geld + Geschäfts­füh­rer in der Indus­trie: Hier kön­nen Sie rich­tig ver­die­nen + Betriebs­prü­fung: Vor­ab-Steu­er­zah­lung bringt Zins­nach­lass + Steu­er: Finanz­amt darf kei­ne Schen­kungs­steu­er auf vGA berech­nen + Mit­ar­bei­ter: Prak­ti­kum ver­kürzt Azu­bi-Pro­be­zeit nicht + BISS

 

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Frei­burg 11. Dezem­ber 2015

Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,

bis­her muss­te man davon aus­ge­hen, dass eine Amts­nie­der­le­gung des GmbH-Geschäfts­­­füh­rers „zur Unzeit“ nicht mög­lich ist. Mit der Fol­ge, dass der Geschäfts­füh­rer bei Insol­venz­ge­fahr im Amt blei­ben muss­te oder – sofern er sein Amt nicht aus­üb­te – er den­noch für Insol­venz­ver­ge­hen in der Kri­sen­zeit zur Haf­tung her­an­ge­zo­gen wer­den konn­te. Auf­ge­passt: Hier gibt es ein inter­es­san­tes Urteil des OLG Düs­sel­dorf, das erfreu­lich für alle Geschäfts­füh­rer ist. Tenor: „Die Nie­der­le­gung des Amtes des Geschäfts­füh­rers einer GmbH ist im Grund­satz selbst dann wirk­sam, wenn objek­tiv kein wich­ti­ger Grund vor­liegt oder wenn sie zur Unzeit erfolgt“ (OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 10.6.2015, I‑25 Wx 18/15).

Nur wenn die Amts­nie­der­le­gung rechts­miss­bräuch­lich ist, ist sie nicht mög­lich. Das ist aber nur der Fall, wenn der Geschäfts­füh­rer allei­ni­ger Geschäfts­füh­rer ist und er zugleich allei­ni­ger Gesell­schaf­ter ist und er kei­nen neu­en Geschäfts­füh­rer bestellt. Also nur im Fal­le einer Ein­per­so­nen-GmbH. Im Umkehr­schluss heißt das: Ist der Geschäfts­führer nicht zugleich Gesell­schaf­ter (also: der Fremd-Geschäfts­füh­rer), dann kann er sein Amt jeder­zeit nie­der­le­gen. Sind meh­re­re Geschäfts­füh­rer bestellt, geht das auch, wenn die­se zugleich Gesell­schaf­ter der GmbH sind. Auf­pas­sen müs­sen Sie, wenn alle Geschäfts­füh­rer ihr Amt in der Kri­se nie­der­le­gen wol­len und die Gesell­schaf­ter sich nicht auf die Bestel­lung eines neu­en Geschäfts­füh­rers ver­stän­di­gen kön­nen. Dann müs­sen Sie im Amt bleiben.

Unbe­rührt von die­ser Rechts­la­ge bleibt die Haf­tung des Geschäfts­füh­rer für den Fall, dass er sein Amt ohne wich­ti­gen Grund nie­der­legt und der GmbH des­we­gen ein Scha­den ent­steht. Bei­spiel: Weil die GmbH im Moment hand­lungs­un­fä­hig ist und des­we­gen schei­tert eine Ver­trags­un­ter­zeich­nung über ein bereits ver­ein­bar­tes Pro­jekt. Der Ver­trags­part­ner zieht sein Ange­bot zurück und der Abschluss kommt nicht zustan­de. Das kann teu­er wer­den, ent­spre­chend soll­ten Sie vor­her abwägen.

OLG München: GF hat keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld

Für alle Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer von GmbHs ist klar: Allei­ne schon aus steu­er­li­chen Grün­den müs­sen alle Ver­gü­tungs­be­stand­tei­le (Fest­ge­halt, Tan­tie­me, Zusatz­leis­tun­gen wie Weih­nachts- oder Urlaubs­geld) schrift­lich im Anstel­lungs­ver­trag ver­ein­bart wer­den. Und zwar ein-ein­deu­tig nach Anlass, Höhe und Fäl­lig­keit. Ist hier ein Weih­nachts­geld vor­ge­se­hen, dann hat der Geschäfts­füh­rer einen Anspruch auf die­se Zusatz­zah­lung. Was aber, wenn es kein ein­deu­ti­ges Ver­trags­werk gibt? Dazu gibt es ein Urteil des OLG München.

Das bringt ins­be­son­de­re Klar­heit für alle Fremd-Geschäfts­­­füh­rer, die kei­nen umfang­rei­chen schrift­li­chen Anstel­lungs­ver­trag abge­schlos­sen haben oder Min­der­heits-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer, die sich auf­grund jähr­li­cher Übung ein Weih­nachts­geld aus­zah­len, eigent­lich aber kei­nen schrift­li­chen Zah­lungs­an­spruch haben. Dazu die Münch­ner Rich­ter: „Es ist Sache des Geschäfts­füh­rers dazu­le­gen und ggf. zu bewei­sen, dass er einen Zah­lungs­an­spruch hat“ (OLG Mün­chen, Urteil vom 22.10.2015, 23 U 4861/14, Quel­le: GmbH-Rund­schau R 357). Exis­tiert kein schrift­li­cher Anstel­lungs­ver­trag, kann der Geschäfts­füh­rer wie folgt argumentieren:

  • Erhielt er schon über Jah­re Weih­nachts­geld, kann man davon aus­ge­hen, dass die Gesell­schaf­ter von der Zah­lung wuss­ten. Haben Sie das gedul­det, lag der Zah­lung ein Anspruch des Geschäfts­füh­rers zugrunde.
  • Erhält der Geschäfts­füh­rer erst­mals zusätz­li­ches Weih­nachts­geld und wider­spre­chen der oder die Gesell­schaf­ter, muss man davon aus­ge­hen, dass es kei­nen Rechts­an­spruch auf die­se Zah­lung gibt.
Auch wenn sich der Geschäfts­füh­rer das Weih­nachts­geld bereits – mit dem Novem­ber­ge­halt – ange­wie­sen hat, hat die GmbH dann einen Rück­zah­lungs­an­spruch. Der Geschäfts­füh­rer muss das Gehalt zurück über­wei­sen oder mit dem nächs­ten Gehalt ver­rech­nen. Wenn Sie sich im nächs­ten Jahr den Anspruch auf Weih­nachts­geld sichern wol­len, soll­ten Sie eine ent­spre­chen­de Ände­rung des Anstel­lungs­ver­tra­ges mit den Gesell­schaf­tern ver­ein­ba­ren bzw. als Allein-Gesell­schaf­ter-Geschäfts­­­füh­rer pro­to­kol­lie­ren. Die glei­che Rechts­la­ge gilt auch für ein zusätz­li­ches Urlaubsgeld.

Geschäftsführer in der Industrie: Hier können Sie richtig verdienen

Die BBE-Media hat die neu­es­ten Zah­len zur Geschäfts­füh­rer-Ver­gü­tung vor­ge­legt. Heu­te neh­men wir die Zah­len für GmbHs im indus­tri­el­len Sek­tor etwas genau­er unter die Lupe. Im Ver­gleich zum Vor­jahr fällt auf:

  • Die Gehalts-Ent­wick­lung stellt sich sehr unter­schied­lich dar. Unse­res Erach­tens ist die laut BBE fest­ge­stell­te Abwärts­ent­wick­lung in den Berei­chen Chemie/Pharma und Ener­gie­wirt­schaft so nicht nach­zu­voll­zie­hen. Wir gehen davon aus, dass sich bei einer klei­nen Daten­ba­sis bereits eini­ge Abwei­chun­gen bei weni­gen gro­ßen Fir­men deut­lich auf das Gesamt­ergeb­nis auswirken.
  • Nimmt man den (gewich­te­ten) Indus­trie-Durch­schnitt gibt es in der Gesamt­sicht einen leich­ten Auf­wärts­trend. Das Durch­schnitts-Fest­ge­halt stieg 2015 im Durch­schnitt von 127.000 € (2014) auf jetzt 132.000 €. Das ist eine Abwei­chung gegen­über 2014 um + 3,9 %. Die durch­schnitt­lich in der Indus­trie gezahl­te Tan­tie­me bliebt nahe­zu unver­än­dert bei ca. 35.000 €. Das Durch­schnitts-Gesamt­ge­halt stieg damit um 2,4 % auf 167.000 EUR.

Trend: Gegen­über dem Vor­jahr gibt es einen leich­ten Auf­wärts­trend. Das Gesamt-Niveau bleibt gut bis sehr gut. In Indus­trie-GmbHs wird nicht nur im gesam­ten Bran­chen­ver­gleich (vgl. Nr. 46 – 49/2015) am bes­ten ver­dient. Auch bei den Zuwachs­ra­ten 2014/2015 lie­gen die Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter in der Indus­trie vor­ne. Hier die aktu­el­len Ver­gleichs­zah­len zur Gesamt­ver­gü­tung der Geschäfts­füh­rer in den wich­tigs­ten Industrie-Sektoren:

Indus­trie Gehalt 2014/2015 Gehalt 2013/2014 Dif­fe­renz
Chemie/Pharma 198.000 € 217.000 € - 8,8 %
Fahr­zeug­bau 175.000 € 153.000 € + 14,3 %
Metall/Werkzeuge 172.000 € 157.000 € + 9,5 %
Maschi­nen-/An­la­gen­bau 170.000 € 162.000 € + 4,9 %
Bauzubehör/Holz 162.000 € 165.000 € - 1,9 %
Elek­tro-/Elek­tro­nik 160.000 € 157.000 € + 1,9 %
Kunststoff/Textil/Leder 156.000 € 159.000 € - 1,9 %
Ener­gie­wirt­schaft 148.000 € 160.000 € - 7,5 %
Bran­che (Durch­schnitt) 167.000 € 163.000 € + 2,4 %

Beträ­ge auf vol­le Tau­send gerun­det. Quel­len: BBE Media Gehalts­um­fra­ge 2014/2015, eige­ne Analysen

Zusätz­li­che Ori­en­tie­rungs­hil­fe für die Geschäfts­füh­rer von Indus­trie-GmbHs lie­fern die sog. Karls­ru­her Tabel­len – das sind die offi­zi­el­len Ver­gleichs­zah­len der Finanz­be­hör­den zur Ange­mes­sen­heits­prü­fung der Geschäfts­füh­rer-Gehäl­ter. Auch hier bestä­tigt der Blick in die Zah­len: Für klei­ne­re Indus­trie-GmbHs mit einem Umsatz von bis zu 2,5 Mio. EUR hal­ten die Finanz­be­hör­den eine Spann­wei­te von 140.000 bis 180.000 € als Gesamt­ge­halt in der Regel für ange­mes­sen. Nur wer hier deut­lich nach oben aus­bricht muss damit rech­nen, dass eine ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung (vGA) unter­stellt wer­den kann. In Indus­trie-GmbHs mit 2,5 bis 5 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt bereits zwi­schen 180.000 und 230.000 €. In Indus­trie-GmbHs mit 5 bis 25 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 230.000 € und 260.000 €. In Indus­trie-GmbHs mit 25 bis 50 Mio. € Umsatz liegt das bezo­ge­ne Ver­gleichs­ge­halt zwi­schen 280.000 € und 440.000 € (Quel­le: OFD Karls­ru­he vom 4.3.2009, S 2742/84 – St 221 Karls­ru­her Tabel­len). Die von der BBE-Media jetzt ermit­tel­ten Ver­gleich­zah­len bele­gen, dass in vie­len GmbHs längst nicht bis zu „Ange­mes­sen­heits­gren­ze“ ver­dient wird. Was im Ein­zel­fall auch Sinn macht, weil die Lohn­steu­er­be­las­tung für das Geschäfts­füh­rer-Gehalt z. B. bei 200.000 € schon rund 40 % beträgt.

Betriebsprüfung: Vorab-Steuerzahlung bringt Zinsnachlass 

In letz­ter Zeit gibt es immer mehr Hin­wei­se dar­auf, dass die Steu­er­prü­fer sich bei Betriebs­prü­fun­gen viel Zeit las­sen. So wer­den immer wie­der Fäl­le bekannt, in denen selbst bei klei­ne­ren Betrie­ben erst nach Mona­ten ein Zwi­schen­er­geb­nis bekannt gege­ben wird und es auch dann noch Wochen bis zur Schluss­be­spre­chung dau­ert (vgl. zuletzt Nr. 44/2015). In die­sem Besteue­rungs­ver­fah­ren muss­te die geprüf­te GmbH nach dem vor­läu­fi­gen Nach­zah­lungs­er­geb­nis 700.000 EUR zah­len sol­len. Erst nach einem hal­ben Jahr einig­te man sich in der Schluss­be­spre­chung auf eine Nach­zah­lung von gera­de ein­mal 50.000 EUR.

GmbHs, die sich gegen eine über­lan­ge Prü­fungs­dau­er beschwe­ren und des­we­gen einen Erlass­an­trag über die Nach­steu­ern stel­len, haben bis­lang wenig Aus­sicht auf Erfolg. Die Finanz­äm­ter leh­nen Erlass­an­trä­ge in der Regel ab. Nach einem Beschluss des Bun­des­fi­nanz­hofs (BFH) kommt jetzt Bewe­gung in die Sache. Dort hat­te der BFH in  einem extrem lan­gen Prüf­ver­fah­ren (mit 10 jäh­ri­ger Unter­bre­chung) ent­schie­den, dass eine Nach­zah­lung nicht mehr geleis­tet wer­den muss (BFH, Beschluss vom 21.1.2015, VIII B 112/13).

Eine ande­re Mög­lich­keit ergibt sich aus der Abga­ben­ord­nung (AEAO zu § 233 Nr. 70.1). Dar­in legt die Steu­er­ver­wal­tung fest, „dass ein Zins­er­lass aus Bil­lig­keits­grün­den mög­lich ist, wenn noch vor Fest­set­zung der zu ver­zin­sen­den Steu­er frei­wil­li­ge Leis­tun­gen erbracht wer­den“. Im Klar­text: Wenn Sie vor­ab Steu­er­nach­zah­lun­gen anwei­sen, besteht die Mög­lich­keit, dass das Finanz­amt die Zin­sen erlässt. Immer­hin. Einen Rechts­an­spruch dar­auf haben Sie aller­dings nicht. Es geht nur mit etwas Good­will. In der Pra­xis dürf­te sich das dar­an ent­schei­den, wie koope­ra­tiv Sie mit dem Prü­fer zusam­men arbei­ten. Das ist zumin­dest ein Ver­such wert.

Steuer: Finanzamt darf keine Schenkungssteuer auf vGA berechnen

Zahlt die GmbH an ihren Gesell­schaf­ter eine über­höh­te Mie­te, darf das Finanz­amt die über­höh­ten Zah­lun­gen als ver­deck­te Gewinn­aus­schüt­tung ver­steu­ern – nicht aber als Schen­kung an den Gesell­schaf­ter (FG Müns­ter, Urteil vom 22.10.2015, 3 K 986/15).

Das Gericht hat aus­drück­lich Revi­si­on zuge­las­sen. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Finanz­be­hör­den den Sach­ver­halt vor dem BFH durch­fech­ten wol­len. Aller­dings: Die Erfolgs­aus­sich­ten sind nicht beson­dern gut. Das FG argu­men­tiert schlüs­sig, dass die über­höh­te Zah­lung zwar einen Ver­mö­gens­vor­teil dar­stellt, des­we­gen aber kei­ne Schen­kung sein kann. Für die Miet­ein­nah­men muss der Gesell­schaf­ter ohne­hin Ein­kom­men­steu­er zahlen.

Mitarbeiter: Praktikum verkürzt Azubi-Probezeit nicht

In der Regel ist im Aus­bil­dungs­ver­hält­nis eine ein- bis 4‑monatige Pro­be­zeit vor­ge­schal­tet. Sie kön­nen als Arbeit­ge­ber in die­ser Zeit ohne Frist kün­di­gen. Absol­viert der Azu­bi vor­her ein Prak­ti­kum in Ihrer Fir­ma, dann wird die­se Zeit nicht auf die Pro­be­zeit ange­rech­net (BAG, Urteil vom 19.11.2015, 6 AZR 844/14).

Vie­le Azu­bis ver­kür­zen die War­te­zeit bis zum offi­zi­el­len Start der Leh­re, indem Sie vor­ab ein Prak­ti­kum schal­ten. Vor­teil für den Arbeit­ge­ber: Sie kön­nen sich einen ers­ten Ein­druck von Ihrem Kan­di­da­ten machen. Sind Sie wei­ter unsi­cher, müs­sen Sie aber nicht befürch­ten, dass die Pro­be­zeit durch das Prak­ti­kum kür­zer ausfällt.

 

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Volkelt

Her­aus­ge­ber + Chefredakteur

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