BFH aktuell: Neue Möglichkeiten mit dem Gesellschafter-Darlehen + Geschäftsführer-Gehalt 2019: Handwerker-GmbHs profitieren vom Immobilien-Boom + Geschäftsführer-Perspektive: Erste Phantasien bei den Unternehmenssteuern + + Geschäftsführer/Compliance: Was Sie jetzt veranlassen müssen + Digitales: BIGDATA – nutzen Sie Ihre Daten selbst + Neues Urteil: Kündigung des Geschäftsführers – der Fall „Zeppelin GmbH“ + Bürokratie: Bundesfinanzministerium (BMF) plant neue Taskforce „Steuern” + GmbH/Recht: Aberkennung der Gemeinnützigkeit + Planung: Vorschläge für eine Reform der Unternehmensbesteuerung + Steuerprüfer: Stornos im Warenwirtschaftssystem + Mitarbeiter: Keine Entschädigung bei AGG-Missbrauch
Der Volkelt-Brief 48/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 29. November 2019
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
investieren die Gesellschafter die Geschäfte der GmbH mit einem Darlehen, müssen sie aufpassen. Die Finanzbehörden waren bisher nicht bereit, den Verlust eines solchen Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten zu bewerten – etwa dann, wenn die GmbH zahlungsunfähig wurde. Dazu hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden: „Gesellschafter, die ihrer GmbH bis zum 27.9.2017 eine (ehemals) eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe geleistet haben, können den Ausfall ihrer Ansprüche im Fall der Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten geltend machen” (BFH, Urteil v. 2.7.2019, IX R 13/18). Bisher hatte der Bundesfinanzhof eine steuerliche Anerkennung des Darlehensverlustes als nachträgliche Anschaffungskosten nur für die Fälle ab dem 27.9.2017 zugelassen (dazu: BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15).
ACHTUNG: Im Urteilsfall bezweifelt das Finanzamt, dass es das in der GmbH-Bilanz ausgewiesene Darlehen tatsächlich gegeben hatte. Dazu stellt der BFH jetzt klar: Ist der Jahresabschluss von den Gesellschaftern ordnungsgemäß festgestellt, ist davon auszugehen, dass diese Bilanz rechtsverbindlich ist und die darin ausgewiesenen Bilanzposten – auch das Gesellschafter-Darlehen – faktischen Bestand haben. Diese Anfechtung des Finanzamts ist damit gegenstandslos.
Geschäftsführer-Gehalt 2019: Handwerker-GmHs profitieren vom Immobilien-Boom
Die BBE-Media hat aktuelle Zahlen zur Geschäftsführer-Vergütung 2019 vorgelegt. Abgefragt wurde die Gehaltsentwicklung aus dem aktuellen Geschäftsjahr und den sich aus den vorläufigen Zahlen zum Jahresergebnis ergebenden Werten. Zum Beispiel die Gehaltsentwicklung für Großhandel-GmbHs: Spitzenreiter bei den Geschäftsführer-Gehältern im Großhandel ist die Branche Elektro/Sanitär/Heizung mit einem satten Gehaltsanstieg auf ein Jahres-Festgehalt von 215.000 EUR. Die Kollegen dieser Branche profitieren dabei vom Immobilien-Boom und von der nach wie vor enormen Nachfrage im Bau. Konstant: In der Branche wird jeder fünfte Euro als Erfolgs-Beteiligung gezahlt. Hier einige Orientierungswerte:
Großhandel mit … (11 bis 20 Mitarbeiter) | Gehalt 2018 (Werte gerundet) | Gehalt 2019 (Werte gerundet) | Tantieme 2019 (Durchschnitt) |
Elektro/Sanitär/Heizung | 185.000 EUR | 215.000 EUR | 20 % |
Büro/EDV | 179.000 EUR | 170.000 EUR | 20 % |
Metall/Werkzeuge | 165.000 EUR | 151.000 EUR | 20 % |
Chemische Produkte | 164.000 EUR | 160.000 EUR | 20 % |
Maschinen/Anlagen | 163.000 EUR | 152.000 EUR | 20 % |
Technischer Großhandel | 156.000 EUR | 120.000 EUR | 20 % |
Gesundheitswesen | 155.000 EUR | 145.000 EUR | 20 % |
Textil/Leder/Sportwaren | 154.000 EUR | 145.000 EUR | 20 % |
Sonstiger Großhandel | 152.000 EUR | 128.000 EUR | 20 % |
Baustoffe/Baubedarf | 151.000 EUR | 133.000 EUR | 20 % |
Import/Export | 138.000 EUR | 128.000 EUR | 20 % |
Handelsvertretung | 131.000 EUR | 143.000 EUR | 20 % |
Lebensmittel/Getränke | 126.000 EUR | 141.000 EUR | 20 % |
Geschäftsführer-Perspektive: Erste Phantasien bei den Unternehmenssteuern
Wettbewerb belebt das Geschäft. So die unstrittige Einsicht all derer, die eine ordnungspolitisch fundierte Wettbewerbswirtschaft für die leistungsfähigere Wirtschaftsordnung halten. Fakt ist auch, dass Deutschland im Wettbewerb um die Unternehmensbesteuerung mit fast 30 % einen der oberen Plätze einnimmt und nach der bereits beschlossenen Steuerreform in Frankreich noch einen Platz weiter nach oben rücken wird. Fakt ist allerdings auch – und das lässt aufhorchen – , dass Bewegung in die Sache kommt – aus welchen Gründen auch immer. Finanzminister Olaf Scholz dementiert zwar noch. Aber im Finanzministerium werden bereits die ersten Entlastungsvarianten durchgerechnet. Zauberwort: Anrechnung der Gewerbe- auf die Körperschaftsteuer bei gleichzeitiger Überprüfung der Hinzurechnungen von Mieten und Pachten. Steuersenkung durch die Hintertür. Warum nicht. Mit den besten Grüßen.
Geschäftsführer/Compliance: Was Sie jetzt veranlassen müssen
Betrifft … | Darum geht es … | to do … |
Terminsache
§ 42a GmbHG |
Als Geschäftsführer einer kleinen GmbH müssen Sie bis spätestens 30.11.2029 den Gesellschaftern den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2018 vorlegen, diesen feststellen und beschließen lassen. Daneben muss der Beschluss über die Verwendung des gewinns (Ausschüttung, Rücklage) gefasst werden. Für Sie als Geschäftsführer ist wichtig: Lassen Sie den Beschluss über Ihre Entlastung fassen. | Das geht jetzt nur noch mit einer informell einberufenen Gesellschafterversammlung. Dazu müssen alle Gesellschafter zustimmen bzw. anwesend sein. |
Digitales: BIGDATA – nutzen Sie Ihre Daten selbst
BIGDATA – so heißt nicht nur das Erfolgsrezept von Amazon, Google oder Alibaba und Facebook. Die Einsicht, dass das Wissen über den Kunden und seine Konsumgewohnheiten Go(e)ld wert ist, zeigt auch Wirkung in den Kreisen digitaler Tüftler. Etwa für den Software-Spezialisten Christian Kunz und seinem Schweizer StartUp Bitsabaoutme. Die Idee: Er dreht des Spieß einfach um. Nicht mehr der Internet-Händler verdient mit den Kundendaten, sondern der Kunde selbst.
Bitsaboutme entwickelt eine App, mit der der Konsument alle seine Verbraucherdaten systematisch in der Cloude erfassen kann. Diese Daten kann er anschließend – personalisiert oder anonymisiert – an Interessierte verkaufen. Gedacht ist dabei in erster Linie an wissenschaftliche Forschungseinrichtungen, aber durchaus auch zu kommerziellen Zwecken. Möglich ist eine lückenlose Erfassung dieser Daten, weil alle Internet-Firmen (z. B. auch Payback, Amazon usw.) mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf Anfrage die gespeicherten Kundendaten herausgeben müssen. Gewusst wie: Christian Kunz war zuvor bei Ebay tätig und kennt sich mit der systematischen Erfassung und Auswertung von Kundendaten bestens aus.
Neues Urteil: Kündigung des Geschäftsführers – der Fall „Zeppelin GmbH“
Die Auseinandersetzung zwischen dem Geschäftsführer der Zeppelin GmbH Jürgen Knepper und Andreas Brand, dem Oberbürgermeister der Stadt Friedrichshafen und zugleich Aufsichtsratsvorsitzenden der Hauptgesellschafterin, um umstrittene Beraterverträge wurde öffentlich und kontrovers diskutiert. Später hatten sich die Parteien auf einen Aufhebungsvertrag verständigt. Im Nachtrag ließ der Geschäftsführer vom Oberlandesgericht Stuttgart prüfen, ob der Beschluss des Aufsichtsrats zu seiner Abberufung überhaupt zulässig war und wirksam zustande gekommen ist. Ist es. Aber: Wichtig für alle Kollegen/innen sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Gerichts zur Reichweite des abgeschlossenen Aufhebungsvertrags (OLG Stuttgart, Urteil v. 12.11.2019, 1 U 247/18).
So heißt es im Urteil: „Grundsätzlich ist zwar von der organschaftlichen Bestellung der schuldrechtliche Anstellungsvertrag des Geschäftsführungsmitglieds zu unterscheiden. Trotz der dogmatischen Trennung stehen Bestellung und Anstellung jedoch in einem engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang. Ohne die Organstellung hat der Anstellungsvertrag seine eigentliche Bedeutung verloren, wie auch eine Organstellung ohne Anstellungsvertrag nicht sinnvoll ist”. In der Bestätigung des Aufhebungsvertrages ist somit auch eine Anerkennung der erfolgten Abberufung zu sehen.
Bürokratie: Bundesfinanzministerium (BMF) plant neue Taskforce „Steuern”
Im Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) wird eine neue Spezialeinheit zur Bekämpfung von groß angelegtem Steuerbetrug eingerichtet. Die „Taskforce gegen Steuergestaltungen am Kapitalmarkt” wird zunächst mit 43 Stellen besetzt. Auslöser ist der Milliarden-Steuerbetrug um sog. Cum-Ex-Gestaltungen, mit denen Kapitalertragsteuer von den Finanzbehörden ungerechtfertigt doppelt zurückerstattet wurde.
GmbH/Recht: Aberkennung der Gemeinnützigkeit
Eine gGmbH ist dann nicht selbstlos tätig, wenn sie die durch Spenden ihrer Gesellschafter erlangten (nicht gebundenen) Vermögensmittel ausschließlich und von vornherein zur Finanzierung einer von diesen Gesellschaftern beherrschten Personengesellschaft einsetzt. Die „Finanzierung” ist kein selbstloser und damit förderungswürdiger Zweck. Konkret ging es um zinsgünstige Darlehen, mit denen die Gesellschafter ein Krankenhaus finanzierten. Die Spendenbescheinigungen wurden vom Finanzamt nicht anerkannt bzw. nicht einkommensmindernd berücksichtigt (BFH, Urteil v. 22.8.2019, V R 67/16).
Planung: Vorschläge für eine Reform der Unternehmensbesteuerung
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat einen Vierpunkteplan zur Förderung der Wirtschaft vorgelegt. Das sind: 1. Verbesserungen und Entlastungen bei der Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen sowie ergänzend die Einführung eines Optionsmodells zur Körperschaftsbesteuerung. 2. Die Verbesserung der Gewerbesteueranrechnung bei der Einkommensteuer und für Kapitalgesellschaften deren Einführung bei der Körperschaftsteuer. 3. Eine moderate Absenkung des aktuellen Körperschaftsteuersatzes von 15%. 4.Die schrittweise Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen (vgl. dazu unsere Ausführung auf Seite 2).
Steuerprüfer: Stornos im Warenwirtschaftssystem
Stellt die Steuerprüfung anhand zahlreicher Stornos im Warenwirtschaftssystem eines Händlers fest, dass Schwarzeinkäufe getätigt wurden, muss das Finanzamt nicht jeden einzelnen Einkauf detailliert belegen. Ein Steuervergehen kann bereits dann unterstellt werden, wenn der Beschuldigte diesen Vorwurf nicht substantiiert entkräften kann – er also keine ihn entlastende Gründe oder Belege anführen kann (BFH, Beschluss v. 27.8.2019, X B 160/18 und andere).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief