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Volkelt-Brief 44/2011

PWC-Stu­die Wirt­schafts­kri­mi­na­li­tät – der Feind kommt von „innen” + Geschäfts­füh­rer sind immer im Dienst – Vor­tei­le bei der Steu­er nut­zen + Kar­tell­be­hör­den gehen jedem Ver­dacht und jeder Anzei­ge der Kon­kur­renz nach + Leih­ar­beit­neh­mer zäh­len bei Betriebs­rats-Grö­ße + Ver­län­ge­rung der Eltern­zeit geht nur mit Ihrer Zustim­mung + BISS 

The­men heu­te:  PWC-Stu­die Wirt­schafts­kri­mi­na­li­tät – der Feind kommt von „innen” + Geschäfts­füh­rer sind immer im Dienst – Vor­tei­le bei der Steu­er nut­zen + Kar­tell­be­hör­den gehen jedem Ver­dacht und jeder Anzei­ge der Kon­kur­renz nach + Leih­ar­beit­neh­mer zäh­len bei Betriebs­rats-Grö­ße + Ver­län­ge­rung der Eltern­zeit geht nur mit Ihrer Zustim­mung + BISS

 

 

44. KW 2011
Frei­tag, 4.11.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

nach einer aktu­el­len PWC-Stu­die zur Wirt­schafts-Kri­mi­na­li­tät in deut­schen Unter­neh­men wird jede zwei­te Straf­tat von einem Mit­ar­bei­ter aus den eige­nen Rei­hen began­gen. Dabei stammt der Groß­teil der Täter „aus dem TOP-Manage­ment“. Auf­fäl­lig: Es wird mit zwei­er­lei Maß gemes­sen. Täter aus dem obe­ren Manage­ment wer­den vom Unter­neh­men sel­te­ner ange­zeigt als ande­re Mit­ar­bei­ter, denen ein Ver­ge­hen oder eine Straf­tat ange­las­tet wird.

Damit aber kein fal­sches Bild ent­steht: Am häu­figs­ten sind nach wie vor Ver­mö­gens­de­lik­te wie Betrug, Unter­schla­gung oder Dieb­stahl. Jedes 3. Unter­neh­men ist davon betrof­fen (32 %). Es fol­gen Ver­stö­ße gegen das Mar­ken- und Patent­recht (17 %), Kor­rup­ti­on oder Bestechung (12 %) und der Dieb­stahl ver­trau­li­cher Kun­den- und Unternehmens­daten (12 %). Auch mit­tel­stän­di­sche und klei­ne­re Fir­men sind davor nicht sicher.

Auf­ge­passt: Der „typi­sche“ Täter ist laut PWC-Stu­die männ­lich, zwi­schen 41 und 50 Jah­ren, gehört zum Manage­ment und ist bereits seit 11 bis 20 Jah­ren im Unter­neh­men  tätig. Bevor­zug­tes Ziel der Straf­tä­ter sind Firmen,

  • mit unzu­rei­chen­dem Risi­ko­ma­nage­ment (28 %),
  • mit unzu­rei­chen­den inter­nen Kon­trol­len im Unter­neh­men (28 %),
  • mit unzu­rei­chen­dem Kun­den- bzw. Geschäfts-Moni­to­ring (22 %) oder
  • mit einer man­gel­haf­ten Com­pli­ance im Unter­neh­men (22 %).

Sie sind gefor­dert. Mehr Infor­ma­tio­nen zu der auf­schluss­rei­chen PWC-Stu­die im Voll­text gibt es unter > https://www.pwc.de/de/pressemitteilungen.

Immer im Dienst: So nutzen Sie Ihren Dauerstress bei der Steuer 

Für die meis­ten (Gesell­schaf­ter-) Geschäfts­füh­rer ist die Rund-um-die-Uhr-Erreich­­bar­keit selbst­ver­ständ­lich. Mit eMail, SMS, IPad oder Mobil­te­le­fon ist das in der Regel kein Pro­blem – auch nicht am Wochen­en­de oder im Urlaub. Vie­le Geschäfts­füh­rer wis­sen das für Ihr Unter­neh­men zu schät­zen und neh­men dafür den Dau­er­stress in Kauf. Aber längst nicht alle Geschäfts­füh­rer neh­men die steu­er­li­chen Ver­güns­ti­gun­gen in Anspruch, die für außer­ge­wöhn­li­che Belas­tungs-Situa­tio­nen vom Gesetz­ge­ber mög­lich sind, z. B. durch Ein­rich­tung eines Heim­bü­ros für den Geschäftsführer.

Die Rechts­la­ge: Seit eini­gen Jah­ren kön­nen die Kos­ten des häus­li­chen Arbeits­zim­mers nur noch dann abge­setzt wer­den, wenn die­ses den Mit­tel­punkt der beruf­li­chen Tätig­keit bil­det. Für den Geschäfts­füh­rer, der in der GmbH ein eige­nes Büro hat, gilt das in der Regel nicht. Er erfüllt die­se Vor­aus­set­zung nicht und erreicht auf die­se Wei­se kei­ne steu­er­li­che Entlastung.

Für die Pra­xis: Mög­lich ist aber, dass der Geschäfts­füh­rer einen Büro­raum inner­halb sei­ner Immo­bi­lie an die GmbH ver­mie­tet. Die­se Kos­ten kann er dann als Betriebs­aus­ga­ben der GmbH anset­zen, wenn dafür „ein betrieb­li­ches Inter­es­se“ besteht (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 19.12.2005, VI R 82/04). Und das ist in der Regel gege­ben. Wohnt der Geschäfts­füh­rer z. B. eini­ge Kilo­me­ter von der GmbH ent­fernt, liegt es im Inter­es­se der GmbH, wenn er wich­ti­ge Unter­la­gen auch zu Hau­se auf­be­wahrt.  Z. B. um auch am Wochen­en­de Ange­bo­te erstel­len zu kön­nen oder Gesprä­che vor­zu­be­rei­ten. Das betrieb­li­che Inter­es­se kann hier in der Regel unter­stellt wer­den. Ggf. soll­ten ent­spre­chen­de Tätig­kei­ten doku­men­tiert wer­den. Auch wenn Sie in der Nähe Ihrer Woh­nung (z. B. im glei­chen Haus) ein Büro anmie­ten, sind die Kos­ten in der Regel Betriebsausgaben.

Wich­tig: Das Finanz­amt ver­langt für die steu­er­li­che Aner­ken­nung des von der GmbH ange­mie­te­ten Heim­bü­ros, dass eine kla­re schrift­li­che Ver­ein­ba­rung vor­liegt. Im Miet­ver­trag soll­ten Sie Mie­te, Über­nah­me der antei­li­gen Neben­kos­ten, Nut­zungs- und Kün­di­gungs­mög­lich­kei­ten klar regeln. Beach­ten Sie, dass die orts­üb­li­che Mie­te für Geschäfts­räu­me ver­ein­bart wird.

Umge­kehrt sind die Miet­zah­lun­gen der GmbH für Sie Ein­nah­men aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung. Prü­fen Sie zusam­men mit Ihrem Steu­er­be­ra­ter, wel­che Kos­ten ver­rech­net wer­den kön­nen und wel­chen Steu­er­ef­fekt Sie mit der Ver­mie­tung des Heim­bü­ros an die GmbH erzie­len kön­nen. Prü­fen Sie, ob zusätz­li­che steu­er­li­che Vor­aus­set­zun­gen berück­sich­tigt wer­den müs­sen (z. B. Abge­schlos­sen­heit) und ob eine umsatz­steu­er­pflich­ti­ge Ver­mie­tung einen wei­te­ren Vor­teil bringt. Ach­ten Sie dar­auf, dass die Mie­te dann auch regel­mä­ßig von einem Kon­to der GmbH über­wie­sen wird.

Verschwiegenheit lohnt: Kartellbehörden gehen jedem Verdacht nach 

Schon wie­der haben die Kar­tell­be­hör­den Mil­lio­nen­stra­fen gegen mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men ver­hängt. Dies­mal: Glas­her­stel­ler (Schott) und Cap­pu­ci­no-Anbie­ter. Das Strick­mus­ter ist immer das glei­che: Ein Wett­be­wer­ber nimmt die Kron­zeu­gen­re­ge­lung in Anspruch und mel­det (ver­meint­li­che) Preis­ab­spra­chen an die Kar­tell­be­hör­den (vgl. dazu Nr. 15/2011).

In der Zwi­schen­zeit hat der EuGH dazu klar­ge­stellt, dass sogar meh­re­re Kar­tell­ver­fah­ren auf der Grund­la­ge einer Ermitt­lung durch­ge­führt wer­den dür­fen. So darf das deut­sche Kar­tell­amt sogar zusätz­li­che Stra­fen ver­hän­gen, wenn bereits die EU-Behör­den Stra­fen aus­ge­spro­chen haben (vgl. Nr. 40/2011). Ab sofort soll­ten auch mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­mer im Umgang mit Wett­be­wer­bern abso­lu­te Zurück­hal­tung üben.

Für die Pra­xis: Stel­len Sie sich dar­auf ein, dass Wett­be­wer­ber die Kron­zeu­gen­re­ge­lung für sich in Anspruch neh­men kön­nen und ande­re Unter­neh­men unzu­läs­si­ger Wett­be­werbs­be­schrän­kun­gen beschul­di­gen kön­nen. In der Regel ent­schei­det die Behör­de nach Akten­lage. Eine Anhö­rung der Betrof­fe­nen ist im Ver­fah­ren nicht zwin­gend vor­ge­se­hen. Betrof­fe­ne Unter­neh­men kön­nen sich in der Regel nur mit einem auf­wen­di­gen gericht­li­chen Ver­fah­ren weh­ren – mit in der Regel „schwie­ri­gen“ Erfolgs­aus­sich­ten. Die deut­schen und euro­päi­schen Kar­tell­vor­schrif­ten sind (weit) inter­pre­tier­bar. Das Pro­zess­ri­si­ko liegt beim Unter­neh­men. Bis zum Gerichts­ent­scheid muss für das Buß­geld den­noch eine Bürg­schaft gestellt wer­den. Neh­men Sie regel­mä­ßig an Bran­chen-Erfa-Tref­fen teil, müs­sen Sie auf­pas­sen. Auch, wenn Sie sich nur mit einem oder weni­gen Wett­be­wer­bern zu einem Bran­chen­ge­spräch ver­ab­re­den, z. B. um die Umset­zung einer neu­en gesetz­li­chen Vor­schrift gemein­sam zu bespre­chen. Vor­sicht mit Pro­to­kol­len und ande­ren schrift­li­chen Auf­zeich­nun­gen. Ach­ten Sie dar­auf, was pro­to­kol­liert wird und dass kei­ne geschäft­li­chen Unter­la­gen wie Kal­ku­la­tio­nen, Ver­triebs­stra­te­gien usw. (etwa per eMail) an nicht auto­ri­sier­te Fir­men oder Per­so­nen her­aus­ge­hen. Wei­sen Sie alle Mit­ar­bei­ter ent­spre­chend ein.

Leiharbeitnehmer zählen nicht bei Berechnung der Anzahl der Betriebsräte

Laut Lan­des­ar­beits­ge­richt Nürn­berg zäh­len Leih­ar­beit­neh­mer bei der Bestim­mung der Grö­ße des Betriebs­ra­tes nicht mit (LAG Nürn­berg, Urteil vom 2.8.2011, 7 TaBV 66/10).

Für die Pra­xis: Im ent­schie­de­nen Fall beschäf­tig­te das Unter­neh­men 1.171 Beschäf­tig­te, davon 272 Leih­ar­beit­neh­mer. Der Betriebs­rat bestand dar­auf, dass der Betriebs­rat mit 15 Mit­glie­dern zu beset­zen sei. Der Arbeit­ge­ber rech­ne­te auf­grund der Stamm­be­leg­schaft von 879 Beschäf­tig­ten mit 13 Betriebs­rä­ten. Das LAG hat Revi­si­on zuge­las­sen. Gehen Sie davon aus, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt die­sen Fall abschlie­ßend ent­schei­den wird. Wir hal­ten Sie auf dem Laufenden.

Verlängerung der Elternzeit geht nur mit Ihrer Zustimmung

Laut Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) kann die ver­ein­bar­te Eltern­zeit nur mit aus­drück­li­cher Zustim­mung des Arbeit­ge­bers ver­län­gert wer­den (BAG, Urteil 18.10.2011, 9 AZR 315/10).

Für die Pra­xis: Zunächst hat­te das zustän­di­ge Arbeits­ge­richt die Kün­di­gung wegen nicht Erschei­nens zur Arbeit für unwirk­sam erklärt. Das BAG stellt den Sach­ver­halt klar: Erscheint der Arbeit­neh­mer nicht pünkt­lich nach Been­di­gung der Eltern­zeit, soll­ten Sie ihn zunächst abmah­nen. Hilft das nicht wei­ter, kön­nen Sie kündigen.

Mit bes­ten Grü­ßen Ihr

Lothar Vol­kelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur Volkelt-Brief

BISS Die Wirt­schafts­sa­ti­re > https://www.gmbh-gf.de/biss/okonomie-nobelpreis

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