Ende der Konjunktur: „Aus” für die Abgeltungssteuer für GmbH-Gesellschafter? + Steuern 4.0: Vorbereitungen laufen auf Hochtouren + Geschäftsführer-Versicherung: Doppelt hält besser + Achtung: Steuer-Wahlrecht gilt nur bis zur Abgabe der Steuererklärung + Vorteil: Finanzamt muss günstigeres Teileinkünfteverfahren zulassen + Kosten: GmbH darf ausländischen Steuerberater beauftragen + Verbands-Geschäftsführer: Das Arbeitsgericht ist zuständig + BISS …
Der Volkelt-Brief 42/2015 > Download als PDF – lesen im „Print”
Freiburg 16. Oktober 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
dass die nächste Konjunkturkrise eine neue Debatte um Steuererhöhungen auslösen wird, ist abzusehen. Im Fokus der Debatte steht dann auch die Besteuerung der GmbH. Genau: Die Besteuerung der Gesellschafter der GmbH. Argumentation der „Reformer“: Bei allen anderen Einkommensarten wird nach dem persönlichen Steuersatz versteuert – also progressiv. Die Progression ist Teil der Steuergerechtigkeit. Nur Kapitaleinkünfte werden in Deutschland pauschal mit 25 % – Abgeltungsteuer besteuert. Das ist – so die Kritiker der jetzigen Besteuerungspraxis – ein eklatanter Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
Nach einer Stellungnahme des Bundesrates aus dem September dieses Jahres (vgl. Nr. 41/2015) ist klar: Es handelt sich nicht nur um eine akademische Diskussion. Die Politik hat sich der Sache angenommen. Konkret: Wenn das Thema Steuererhöhung wieder auf die Tagesordnung ankommt, wird auch dieses Thema in die Diskussion einbezogen werden. SPD/Grüne – die Pläne liegen dort schon in der Schublade – werden versuchen, damit im Wahlkampf zu punkten. Gibt es einen politischen Wechsel, kann das auch unmittelbar in eine Höher-Besteuerung für GmbH-Gesellschafter führen.
Steuern 4.0: Vorbereitungen laufen auf Hochtouren
Derzeit wird der Gesetzentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens diskutiert (Referentenentwurf des BMF vom 26.8.2015). Damit sollen die Voraussetzungen für kompletten elektronischen Datenaustausch zwischen Bürgern, Unternehmen und den Finanzbehörden neu geregelt werden. In einem ersten Schritt werden nun die Voraussetzungen für die elektronische Einkommensteuer-Erklärung geschaffen. Im Einzelnen ist geplant:
- Erweiterung des Datenumfangs der vorausgefüllten Steuererklärung
- elektronische Bekanntgabe von Steuerbescheiden
- Ausbau der vollautomatischen Bearbeitung von Steuererklärungen mithilfe von Risikomanagementsystemen
- Vorlage von Belegen zur Steuererklärung nur noch auf Anforderung
- Ermöglichung des elektronischen Belegversands
Die gesetzlichen Maßnahmen sollen am 1.1.2017 in Kraft treten. Die technische Umsetzung der Maßnahmen soll im Jahr 2022 abgeschlossen sein. In Zukunft wird es nicht mehr ein zuständiges Finanzamt geben. Die Finanzbehörden werden optimieren und die elektronischen Steuererklärungen nach freien Kapazitäten bearbeiten. Der gewohnt kurze Weg zwischen Steuerzahler, Steuerberater und Finanzamts-Sachbearbeiter entfällt. Auch zahlreiche Detailregelungen führen laut DStV zu einer Verschlechterung der rechtlichen Stellung der Steuerbürger (Fristen, Einspruchsrechte, Bevollmächtigungen usw.).
Geschäftsführer-Versicherung: Doppelt hält besser
Die Prämien für sog. D & O – Policen, mit denen sich der Geschäftsführer gegen Haftungsrisiken absichern kann, sind in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auch, weil sich immer mehr Geschäftsführer gegen die zunehmenden Haftungsrisiken (Stichwort: Compliance) absichern. Wichtig ist dabei, dass der Leistungsumfang der Police speziell auf die Risiken des jeweiligen Geschäftsführers abgestimmt ist. In der Praxis wird die Versicherung in erster Linie für Fehler im Insolvenzverfahren einer GmbH oder – damit im Zusammenhang – für eine fehlerhafte Einlagezahlung in Anspruch genommen.
Risiko: Ist die D & O über die GmbH abgeschlossen, steigt die Bereitschaft des Insolvenzverwalters gegen den (Gesellschafter-) Geschäftsführer Ansprüche geltend zu machen und diese juristisch durchzusetzen. Gegenmittel: Sie schließen zwei getrennte Versicherungs-Policen ab. Und zwar
- eine D & O – Versicherung, die ausschließlich gegen Ansprüche der Gesellschafter absichert. Diese wird von der GmbH abgeschlossen. Die GmbH zahlt die Prämie.
- eine weitere D & O Versicherung schließen Sie privat ab. Diese sichert Sie ausschließlich gegen Ansprüche aus einem Insolvenzverfahren ab. Sie sind der Versicherungsnehmer und zahlen die Prämien aus eigener Tasche.
Psychologischer Vorteil: Der Insolvenzverwalter weiß dann nicht, dass eine solche Versicherung besteht. Sie sind nicht verpflichtet, dem Insolvenzverwalter Auskunft über das Bestehen einer solchen Versicherung zu geben. Sie können davon ausgehen, dass der Insolvenzverwalter nicht jeden strittigen Sachverhalt zu einer juristischen Auseinandersetzung machen wird (vgl. dazu Oliver Lange, Selbstschutzmaßnahmen des Geschäftsführers einer kriselnden GmbH, GmbH-Rundschau 19/2015, Seite 1009ff.).
Achtung: Steuer-Wahlrecht gilt nur bis zur Abgabe der Steuererklärung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Verfahren zur Wahl des Besteuerungsverfahrens (Abgeltungssteuer, Teileinkünfteverfahren) bei Gewinnausschüttungen der GmbH entschieden. Dabei ging es um die Besteuerung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA). Dabei stellt sich die Frage, ob und ggf. wie der Gesellschafter sein Besteuerungswahlrecht überhaupt noch ausüben kann. Nach der BFH-Rechtsprechung gilt: Der Antrag auf Regelbesteuerung für Ausschüttungen aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ist nur bis zur Abgabe der ESt-Erklärung möglich (BFH, Urteil vom 28.7.2015, VIII R 50/14).
Beispiel: Der Gesellschafter erzielt aus der GmbH-Beteiligung Einkünfte aus Kapitalvermögen in Form sog. verdeckter Gewinnausschüttungen. Diese werden mit Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % besteuert (§ 32d Abs.1 EStG). In der – vom Steuerberater erstellten und eingereichten – Steuererklärung stellt der Gesellschafter für diese Kapitalerträge zwar einen Antrag auf Günstigerprüfung, nicht jedoch einen Antrag auf Regelbesteuerung (§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst a EStG nach dem Teileinkünfteverfahren). Dies hätte zu einer geringeren Steuer geführt. Diesen Antrag stellte der Gesellschafter erst, nachdem er die von ihm unterschriebene Einkommensteuererklärung beim Finanzamt (FA) abgegeben hatte, allerdings noch vor dem Abschluss der Einkommensteuerveranlagung. Ergebnis: Nach Zugang der unterschriebenen ESt-Erklärung hat der Gesellschafter kein Wahlrecht auf Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren mehr.
Finanzamt muss günstigeres Teileinkünfteverfahren zulassen
Der mit 1 % und mehr beteiligte Gesellschafter, der in der GmbH mitarbeitet, kann auch dann die Besteuerung nach dem für ihn günstigeren Teileinkünfteverfahren verlangen, wenn er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Geschäfte hat (BFH, Urteil vom 25.8.2015, VIII R 3/14).
Kosten: GmbH darf ausländischen Steuerberater beauftragen
Derzeit prüft der Europäischen Gerichtshof (EuGH), ob ein Deutscher Steuerpflichtiger einen ausländischen Steuerberater oder eine ausländische Steuerberatungsgesellschaft mit der Erledigung der Buchführung und der Erstellung der Steuererklärungen beauftragen darf. Ein Verbot – z. B. gemäß deutschem Berufsrecht – widerspräche dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs (Schlussantrag des Generalanwalts, 1.10.2015, Rs C‑342/14).
Verbands-Geschäftsführer: Das Arbeitsgericht ist zuständig
Wird der Geschäftsführer eines Verbandes (hier: Dachdecker-Innung) abberufen und gekündigt, hat er grundsätzlich die Möglichkeit, vor einem Arbeitsgericht gegen die Kündigung vorzugehen. Insbesondere dann, wenn sein Anstellungsvertrag klare Vereinbarungen und Vorgaben bezüglich Arbeitszeit, Dauer, Ort und Durchführung der Tätigkeit enthält (BAG, Urteil vom 8.9.2015, 9 AZB 21/15).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Herausgeber + Chefredakteur