Willkür? FA darf GF-Gehalt nachträglich monieren + GmbH/Vermögen: Geschäftsführer muss es professionell verwalten + Geschäftsführer-Perspektive: Hilfe CO2 – was tun? + Unternehmens-Trend: Die Schlichtungsstelle wird zum MUSS + Digitales: Neue Lösungen für den Fuhrpark + Steuerprüfer: Was zu viel ist, ist zu viel + Pensionszusage: Kleine Mängel gefährden steuerliche Anerkennung nicht + Bürokratie: Bundesregierung korrigiert die Handwerksordnung + Mitarbeiter: Grenzen der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat + Geschäftsführer-privat: Vermietung an den Lebenspartner steuerlich nicht anerkannt
Der Volkelt-Brief 42/2019 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 18. Oktober 2019
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
selbst wenn Sie die Höhe und die Zusammensetzung Ihres Geschäftsführer-Gehalts nach einer Steuerprüfung genau nach den Vorgaben des Betriebsprüfers nachbessern, ist das keine Garantie dafür, dass Ihr Geschäftsführer-Gehalt bei der nächsten Betriebsprüfung nicht noch einmal beanstandet wird. Das kann in der Praxis z. B. dann passieren, wenn ein neuer, junger und ehrgeiziger Betriebsprüfer den Fall übernimmt und der zeigen will, dass er besonders gründlich hinschaut (scharfer Hund).
Die Rechtlage: Das Finanzamt kann das Gehalt jederzeit anhand von aktuellen Gehaltsstruktur-Untersuchungen (z. B. Kienbaum Geschäftsführer-Gehaltsstudie oder BBE Geschäftsführer-Vergütungs-Studie) auf steuerliche Angemessenheit prüfen (BFH, Beschluss v. 17.2.2010, I R 79/08). U. U. auch rückwirkend. Etwa dann, wenn eine aktuelle Gehaltsstudie nicht vorliegt, aktuelle Zahlen erst beschafft werden müssen oder wenn die Finanzbehörden über neue Erkenntnisse verfügen. Und sogar dann, „wenn sich lediglich die Zusammensetzung der einzelnen Gehaltsbestandteile (Festgehalt, Tantieme, Prämien) ändert, sich aber die Höhe des Gesamtgehaltes nicht verändert”.
GmbH/Vermögen: Geschäftsführer muss es professionell verwalten
Auch alle GmbHs, die in den letzten Jahren gut verdient haben und hohe Rücklagen bilden konnten, tun sich schwer mit dem Angesparten: Was tun mit den Gewinn-Rücklagen? Nur noch (Hoch-)Risiko-Anlagen bringen einigermaßen Rendite. Geld auf dem Konto kostet, traditionelle Sparanlagen in festverzinslichen Anlagen bringen keine Verzinsung (Sparkassen, Volksbanken) oder bei den Privatbanken nur noch minimale Zinsen. Für den (Allein-) Gesellschafter-Geschäftsführer ist das lediglich ein Vermögenspoker. Entweder begnügt er sich mit leicht schrumpfenden Vermögenswerten oder er entscheidet sich für eine Risikoanlage. Wenn es gut geht, hat er gewonnen. Wenn nicht: Wo kein Richter, da keine Strafe.
Schwieriger ist es für den Fremd-Geschäftsführer oder den Geschäftsführer mit geringer Eigenbeteiligung und einigen Mit-Gesellschaftern. Hier gibt s in der Tat ein Haftungsproblem: Entscheiden die sich nämlich für eine Risiko-Anlage, müssen Sie bei einem Verlust damit rechnen, dass Sie zur Verantwortung gezogen werden können.
Juristisch bedeutet das: Sie verwalten fremdes Vermögen. Sie müssen die Anlageentscheidung mit der Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes treffen – d. h. Sie sind verpflichtet, (Vermögens-) Schaden von der GmbH abzuhalten. Konkret heißt das für Sie:
- Wenn Sie über Anlagen bisher alleine entschieden haben, sollten Sie ab sofort die Mit-Gesellschafter mit ins Boot nehmen.
- Informieren Sie ausführlich, wenn Verträge auslaufen und neue Anlage-Entscheidungen getroffen werden müssen.
- Treffen Sie eine Vorauswahl und machen Sie entsprechende Vorschläge (Anlageart, Verzinsung, Laufzeit, Kündigungsmöglichkeit) – immer versehen mit dem Risiko-Hinweis des Anlageberaters.
- Gibt es Anzeichen dafür, dass die Gesellschafter hier unterschiedliche Auffassungen und Einstellungen haben, sollten Sie einen Gesellschafter-Beschluss dazu einholen.
- Das muss nicht in einer aufwendigen und extra dazu einberufenen Gesellschafterversammlung passieren. Es genügt, wenn Sie sich im schriftlichen Abstimmungsverfahren (E‑Mail) die Stimmen der Gesellschafter dazu einholen.
- Achten Sie darauf, dass die Anlage-Alternativen inkl. Risikohinweisen und die letztendliche Anlageentscheidung der Gesellschafter korrekt dokumentiert werden.
Geschäftsführer-Perspektive: Hilfe CO2 – was tun?
Noch gehöre ich zu den 49 % Firmenwagen-Nutzern, die seit Jahren einen Diesel (EURO 5) fahren (Quelle: Dataforce). Braucht kaum Sprit. Ist zuverlässig und verfügt über eine Reichweite, bei der ich mir keine Gedanken um´s Tanken oder Zurückkommen machen muss. Das wird sich ändern. Ich gehöre nämlich auch zu denen 25 % aller Geschäftsführer-Kollegen und Kolleginnen, die bei der Anschaffung des zukünftigen Firmenwagens einen Plug-in-Hybride bevorzugen würden. Nur 12 % der Kollegen/innen können sich dagegen vorstellen, auf ein E‑Auto umzusteigen. Neuester Trend: Der Diesel-Plug-in-Hybride – vereint die Vorteile eines Diesels mit der Ökologie eines E‑Motors. Mercedes und Citröen verkaufen schon die ersten Modelle. Peugeot zieht nach. Oder soll es sogar ein Wasserstoff-Plug-in-Hybride werden? Auch das gibt es schon – wird aber vorerst nur an ausgewählte Kunden verkauft. Immerhin: 2 % aller Firmenwagen fahren in Deutschland bereits mit Wasserstoff. Die Entscheidung rückt näher. Und spätestens, wenn ich nicht mehr nach Stuttgart einfahren darf, werde ich mich entscheiden. Das kann dauern. Mal sehen, wie die Gerichte entscheiden. An mir soll es jedenfalls nicht liegen. Mit den besten Grüßen.
Unternehmens-Trend: Die Schlichtungsstelle wird zum MUSS
Betrifft … | Darum geht es … | to do … |
Missstände in Unternehmen | Laut EU-Vorgabe werden Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern verpflichtet, zuverlässig funktionierende (interne und externe) Meldekanäle für Missstände einzurichten. Realisierung: Bis 2021 muss die EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden (Quelle: EU-Richtlinie). | Prüfen Sie zusammen mit den Arbeitnehmern, ob und wie eine Schlichtungsstelle eingerichtet werden kann. In Zukunft müssen Sie spätestens 3 Monate nach einer Reklamation reagieren. |
Digitales: Neue Lösungen für den Fuhrpark
Leerfahrten, Wartezeiten und im Stau stehen sind Kostenfresser in der Logistik-Branche – aber ganz so leicht scheinen die Optimierungsprobleme der Branche mit Telefon, Fax und eMail nicht aus der Welt zu schaffen zu sein. Jetzt hat Finanzinvestor Frank Thelen hier einen dicken Investitionsstau und eine Finanzierungslücke aufgetan. Mit seiner Beteiligung an dem StartUp Smartlane will er jetzt Abhilfe schaffen und sogar eine europaweite Dienstleister-Lösung ins Rennen schicken: Mit Künstlicher Intelligenz (KI) werden die Parameter Lieferzeitfenster, Kapazitäten der Fahrer, Transportware, Wünsche der Kunden und Art und Größe der Flotte optimiert – und zeit, Sprit und Kosten einzusparen. Derzeit setzen erst 54 % der Branche auf vergleichbare Big-Data-Analytik. In 5 Jahren werden es über 80 % sein. Darauf baut das Entwicklungsteam von Smartlane und will bis dahin zur festen Marke in Europa werden.
Steuerprüfer: Was zu viel ist, ist zu viel
Mithin Aufgabe dieses Informationsdienstes ist es, den Umgang von Behörden mit Unternehmen transparent zu machen. Z. B. das Vorgehen einzelner Finanzämter im Besteuerungs- bzw. Prüfverfahren öffentlich zu machen und so – neben dem Einspruchs- und Finanzgerichtsverfahren – zusätzlich eine Öffentlichkeit herzustellen, um möglichen Missbrauch oder Kompetenzüberschreitungen einzelner Behördenvertreter offen zu legen.
Beispiel: Gibt es bei einer Betriebsprüfung Abweichungen von den Werten der finanzamtlichen Richtsätze, werden die Umsätze „verprobt“, d. h. nach oben gerechnet. Mehr als ärgerlich ist es aber, wenn die Umsatzschätzungen einfach unrealistisch hoch angesetzt werden. So ist z. B. jetzt ein Fall bekannt geworden, wonach der Betriebsprüfer den Jahresumsatz eines Gastronomiebetriebes um jährlich 500.000 EUR hochgerechnete. Über 3 Jahre errechneten die Prüfer daraus eine Umsatz- und ESt-Schuld von zusätzlichen 700.000 EUR. Der Gesellschafter-Geschäftsführerin war bestürzt – weil die vorgerechneten Werte mit der vorhandenen Kapazität gar nicht zu erwirtschaften war. Dieser Schwebzustand dauerte fast ein halbes Jahr, bevor die Prüfer im Schlussgespräch einen Kompromiss vorschlugen. Danach sollte die Nachzahlung nur noch 50.000 EUR (!) betragen und in monatlichen Raten von 350 EUR abgezahlt werden. Das ist gerade einmal 1/12 der ursprünglich genannten Forderung. Fazit: Bei einer so hohen Abweichung der Beträge ist nicht auszuschließen, dass hier Druck ausgeübt werden sollte, um „Macht zu demonstrieren“ und gezielt einzuschüchtern.
Pensionszusage: Kleine Mängel gefährden steuerliche Anerkennung nicht
Pensionszusagen sind auch nach Einfügung des sog. Eindeutigkeitsgebots anhand der allgemein geltenden Auslegungsregeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht klar und eindeutig ist. Lässt sich z. B. eine Abfindungsklausel dahin auslegen, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende sog. Sterbetafel trotz fehlender ausdrücklicher Benennung eindeutig bestimmt ist, ist die Pensionsrückstellung dennoch steuerrechtlich anzuerkennen (BFH, Urteil v. 10.7.2019, XI R 47/17).
In der Abfindungsklausel zur Pensionszuage für den Geschäftsführer war vereinbart: „Das Unternehmen behält sich vor, bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze bzw. Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes anstelle der Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe des Barwerts der Rentenverpflichtung zu gewähren. Hierdurch erlöschen sämtliche Ansprüche aus der Pensionszusage einschließlich einer etwaigen Hinterbliebenenrente. Bei der Ermittlung des Kapitalbetrages sind ein Rechnungszinsfuß von 6 % und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden”. Der Betriebsprüfer bemängelte diese Formulierung. Der BFH lässt eine solche Unschärfe dagegen zu. Sie können sich also mit guten Erfolgsaussichten gegen eine solche Einschätzung durch das Finanzamt wehren.
Bürokratie: Bundesregierung korrigiert die Handwerksordnung
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Meisterpflicht vorgelegt. Danach wird die Zulassungspflicht für 12 derzeit zulassungsfreie Handwerke wieder eingeführt. Der selbstständige Betrieb eines solchen Handwerks ist dann nur noch zulässig, wenn der Betriebsinhaber oder ein technischer Betriebsleiter in der Handwerksrolle eingetragen ist. Im Einzelnen geht es um die folgende gewerke: Fliesen‑, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter, Orgel- und Harmoniumbauer. Wer nach 2004 einen Betrieb in einem zulassungsfreien Handwerk gegründet hat und keinen Meisterbrief besitzt, der muss nach den aktuellen Plänen keine nachträgliche Prüfung oder ähnliches fürchten. Für Betriebe der Anlage B1 wird es einen Bestandsschutz geben (Quelle: Gesetzentwurf).
Mitarbeiter: Grenzen der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
Ein Betriebsrat, der die Zusammenarbeit mit der Personalleitung verweigert, unzutreffende Aussagen über den Arbeitgeber macht und in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise gerichtliche Verfahren gegen den Arbeitgeber einleitet, ohne zuvor mit ihm verhandelt zu haben, verletzt seine gesetzlichen Pflichten in grober Weise. In einem solchen Fall kann auch in Zukunft eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber nicht erwartet werden (Arbeitsgericht Solingen, Urteil v. 4.10.2019, 1 BV 27/18).
Geschäftsführer-privat: Vermietung an den Lebenspartner steuerlich nicht anerkannt
Die Vermietung einer gemeinsam benutzten Wohnung zur Hälfte an den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird von den Finanzbehörden in Zukunft steuerlich nicht mehr anerkannt. Gehen Sie davon aus, dass die Finanzbehörden Informationen aus den Steuererklärungen der Beteiligten dazu auswerten werden bzw. auch nicht davor zurückschrecken, – wie im entschiedenen Fall – vor Ort-Prüfungen dazu durchführen werden (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 6.6.2019, 1 K 699/19).
Einen guten Start in ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief