Themen heute: Achtung: So erkennen Sie, wenn mit einer „GmbH” Betrug gemacht wird + Überschuldungs-Status: Nehmen Sie den Steuerberater mit ins Boot + Neues Insolvenzrecht nimmt Formen an + Geschäftsführer-Firmenwagen: Finanzamt darf Firmenwagen-Missbrauch nicht einfach per „Anscheinsbeweis“ unterstellen + Die neuen (kostenfreien) Beratungs-Hotlines des Bundeswirtschaftsministeriums + Nur wenige Mini-GmbHs (UG) geben auf + Internet: Mitarbeiter-Fotos dürfen nur mit dessen Zustimmung auf die Homepage + BISS …
35. KW 2012, Freitag, 31.8.2012
Sehr geehrte Geschäftsfüher-Kollegin, sehr geehrte Kollege,
ein ganz schön dreister Fall: Ein Dachdecker-Handwerksbetrieb firmierte als H‑GmbH u. G. (i. G.). Da muss man schon zweimal hinschauen, um den Trick zu bemerken. Bei genauer Betrachtung handelte es sich um eine Unternehmergesellschaft (u. G.) in Gründung (i. G.). Die Bezeichnung „H‑GmbH“ war lediglich die Firma, hatte aber auch nichts mit der Rechtsform der Firma zu tun.
Immerhin: Der anschließende Wirtschaftskrimi brachte es bis vor den Bundesgerichtshof (BGH). Der allerdings machte den Anwälten der Betrugs-Firma schnell den Garaus: Da schützte den Missbrauch treibenden Gesellschafter-Geschäftsführer weder die GmbH noch die UG. Es handelt sich um die sog. Rechtsscheinhaftung (§ 179 BGB). Der Betrüger muss voll aus privater Tasche für den gesamten Schaden aufkommen (BGH, Urteil vom 12.6.2012, II ZR 256/11).
Unerheblich ist dann auch, ob der Schädiger mit dem Haftungskapital der GmbH (mindestens 25.000 €) oder dem Haftungskapital der Unternehmergesellschaft (hier: 100 €) gerade stehen muss. Bei einem solchen Missbrauch reicht die Haftung regelmäßig bis ins Privatvermögen – der die Haftung beschränkende Firmen-Mantel ist dann nicht das wert, was drauf steht: Es gibt keine Haftungsbeschränkung.
Für die Praxis: Ob vermeintliche Gewerbeauskünfte, Branchenbuch-Einträge oder Abzock-GmbHs: Auch dieser Fall zeigt wieder einmal, dass ein gesundes Misstrauen im Geschäftsverkehr angebracht ist. Und zwar immer dann, wenn es um neue Geschäftsanbahnungen geht. Verlassen Sie sich nicht auf Ihren gesunden Menschenverstand. Informieren Sie sich über Ihren neuen Geschäftspartner, holen Sie sich Referenzen ein und nutzen Sie diese auch. Auch das gehört zu Ihren Aufgaben als Geschäftsführer – indem Sie Schaden von Ihrer GmbH abhalten.
Überschuldungs-Status: Nehmen Sie den Steuerberater mit ins Boot
Die meisten Geschäftsführer verlassen sich nicht nur bei der Vorbereitung und Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten der GmbH voll und ganz auf Ihren Steuerberater. Auch die Beurteilung von bilanziellen Fragen ist für viele Geschäftsführer ohne Steuerberater-Rat nicht möglich. Besonders wichtig ist das in der Krise der GmbH. Also wenn es darum geht, festzustellen, ob die GmbH überschuldet ist. Das ist in der Praxis meist nur mit der Aufstellung einer sog. Zwischenbilanz möglich. Vorsicht: Dazu muss Ihr Steuerberater nicht von sich aus tätig werden. Wichtig ist, dass Sie ihm im richtigen Zeitpunkt den Auftrag dazu erteilen. Hier machen die Gerichte klare Vorgaben, die Sie in der Krise der GmbH beachten müssen. Nur dann ist sichergestellt, dass der Steuerberater Sie korrekt beraten muss und eventuell sogar bei einer Falschberatung mit in die Haftung genommen werden kann. Es gilt:
- Der Steuerberater ist zur Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten nur aufgrund eines gesonderten Auftrags verpflichtet. Beteiligt er sich aber an Gesprächen über die Frage der ggf. eingetretenen insolvenzrechtlich relevanten Überschuldung einer von ihm steuerlich beratenen Gesellschaft, die auf der Grundlage der von ihm erstellten Bilanzen bzw. betriebswirtschaftlichen Auswertungen geführt werden, muss ein von ihm erteilter Rat zutreffen.
- Ohne Erstellung eines gesondert in Auftrag zu gebenden Insolvenzstatus wird er aber nicht zuverlässig feststellen können, ob eine Gesellschaft tatsächlich im insolvenzrechtlichen Sinn überschuldet ist (vgl. OLG Celle, Urteil vom 6.4.2011, 3 U 190/10).
Für die Praxis: Als Geschäftsführer der GmbH sind Sie also gut beraten, bereits bei kleinsten Krisenanzeichen den Steuerberater mit ins Boot zu nehmen. Rechtlich sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie schriftlich eine Einschätzung des Beraters zur Lage der GmbH einfordern (eMail). Sieht er das kritisch, sollten Sie ebenfalls per schriftlichem Auftrag die Erstellung des Überschuldungsstatus anweisen.
Neues Insolvenzrecht nimmt Formen an
Mit der 2. Stufe der Insolvenzrechtsreform wird es für natürliche Personen (Gesellschafter und Existenzgründer) noch bessere Möglichkeiten für einen Neuanfang geben. Dazu wird die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von jetzt 6 Jahren auf 3 Jahre verkürzt. Diese Möglichkeit besteht, wenn es dem Schuldner gelingt, innerhalb der ersten 3 Jahre des Verfahrens mindestens 25% der Gläubigerforderungen und die Verfahrenskosten zu begleichen. Eine vorzeitige Restschuldbefreiung soll nach 5 Jahren möglich sein, wenn zumindest die Verfahrenskosten beglichen werden. Ansonsten bleibt es bei der derzeitigen Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von 6 Jahren.
Für die Praxis: Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Umgekehrt dürfte sich die Bereitschaft für riskante Geschäfte sprunghaft erhöhen. Für Unternehmen heißt das, dass sie ihre Kunden noch genauer unter die Lupe nehmen müssen. Zu prüfen ist auch, inwieweit die Zahlungsbedingungen überprüft und angepasst werden müssen (Zahlungsziele, Eigentumsvorbehalte, Vorkasse, Barzahlung). Ggf. muss auch das Vorsorge-System überprüft werden (Inkassoauskünfte, Eigenrecherche).
Finanzamt darf Firmenwagen-Missbrauch nicht einfach per „Anscheinsbeweis“ unterstellen
Das Finanzgericht (FG) Niedersachen hat jetzt klargestellt, dass das Finanzamt die vertragswidrige Nutzung des an den Geschäftsführer überlassenen Firmenwagens nicht einfach unterstellen kann. Beispiel: Der Firmenwagen wird zur ausschließlichen geschäftlichen Nutzung überlassen. Eine Privatnutzung wird untersagt. Dann muss das Finanzamt belegen, welche konkreten Gründe es für eine Privatnutzung sprechen (es gibt kein Privatfahrzeug im Haushalt, die GmbH hat keinen Parkplatz – also wird der Wagen „zu Hause“ geparkt usw.). Alleine der sog. „Anscheinsbeweis“ genügt nicht, um die private Nutzung und die nachträgliche Besteuerung nach der 1%-Methode zu unterstellen (FG Niedersachen, Urteil vom 8.2.2012, 3 K 406/10).
Für die Praxis: Das Urteil hat für die Finanzbehörden u. U. weit reichende Folgen. In der Praxis unterstellen die Betriebsprüfer nämlich die private Nutzung per Anscheinsbeweis – also anhand von Schlussfolgerungen aus den vorgefundenen Sachverhalten. So einfach geht das nach dem FG-Urteil nicht mehr. Ist eine Privatnutzung per Vereinbarung ausgeschlossen, gilt das erst einmal. Das gilt auch dann, wenn parallel dazu ein fehlerhaftes Fahrtenbuch geführt wird. Achtung: Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der BFH wird in letzter Instanz entscheiden (Az: VI R 23/12) Wir halten Sie auf dem Laufenden..
Nur wenige Mini-GmbHs (UG) geben auf
Nach Einschätzung der Bundesregierung hat die Unternehmergesellschaft (Mini-GmbH) nach 4 Jahren den Praxistest bestanden (Regierungsbericht 17/10329). Von den ersten 1.200 UG-Gründern wurden nur 90 wieder aus dem Handelsregister gelöscht (7,5 %). 109 UGs der ersten Generation stehen in der Abwicklung (9,8 %).
Für die Praxis: Nach Auskunft der Bundesregierung ist nicht geplant, die Umwandlung von Unternehmergesellschaften in eine vollwertige GmbH zu erleichtern. Das bisherige Verfahren hat sich in der Praxis bewährt.
Neue Kontaktdaten für die (kostenfreien) Beratungsangebote des Bundeswirtschaftsministeriums
Ab sofort sind die Beratungs-Hotlines des BMWi auf örtliche Rufnummern umgestellt. So informiert das Infotelefon für den Mittelstand über Förderprogramme für kleine und mittelständische Unternehmen (Beratung zu: Erstellung Businessplan, Anmeldungen und Genehmigungen, Finanzierung, Soziale Absicherung). Außerdem gibt es Informationen zum Handwerks- und Gewerberecht und zu Coachingangeboten. Tel: 030–340 60 65 60. Beim Infotelefon zum EHUG erhalten Sie Auskünfte zum Unternehmensregister, zur Offenlegung von Jahresabschlüssen und zum Ordnungsgeldverfahren. Tel: 030–340 60 65 80. Weitere Beratungsangebote: Finanzierungshotline: 030–18615 8000, Förderberatung „Forschung und Innovation“: 0800–2623008.
Mitarbeiter-Fotos dürfen nur mit dessen Zustimmung auf die Homepage
Wenn Sie das Konterfei eines Ihrer Mitarbeiter mit auf den Internet-Seiten veröffentlichen wollen, brauchen Sie dazu regelmäßig dessen Zustimmung. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sein Foto gelöscht wird. Auf der sicheren Seite sind Sie, wenn Sie bereits im Arbeitsvertrag die Zustimmung des Arbeitsnehmers für solche Bild-Veröffentlichungen einholen (LAG Hessen, Urteil vom 24.1.2012, 19 SaGa 1480/11).
Mit besten Grüßen Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief