Kategorien
Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 30/2011

Mit­tel­stand muss sich mehr in die Poli­tik ein­mi­schen – und das geht so! + Unter­neh­mens­re­gis­ter: Zweig­nie­der­las­sun­gen wer­den nur noch am Haupt­sitz geführt + Grund­er­werb­steu­er: GmbHs müs­sen Immo­bi­li­en-Erwerb schnel­ler pla­nen + Ein Gesell­schaf­ter braucht Geld – was tun? + Schrott­im­mo­bi­lie gekauft? – BGH bringt Hoff­nung + elek­tro­ni­sche Lohn­steu­er­kar­te kommt wei­ter­hin 2012 + Mit frem­den Mar­ken wer­ben – was geht? + BISS 

The­men heu­te: Mit­tel­stand muss sich mehr in die Poli­tik ein­mi­schen – und das geht so! + Unter­neh­mens­re­gis­ter: Zweig­nie­der­las­sun­gen wer­den nur noch am Haupt­sitz geführt + Grund­er­werb­steu­er: GmbHs müs­sen Immo­bi­li­en-Erwerb schnel­ler pla­nen + Ein Gesell­schaf­ter braucht Geld – was tun? + Schrott­im­mo­bi­lie gekauft? – BGH bringt Hoff­nung + elek­tro­ni­sche Lohn­steu­er­kar­te kommt wei­ter­hin 2012 + Mit frem­den Mar­ken wer­ben – was geht? + BISS

30. KW 2011
Freitag, 29.7.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

in der Nach­kriegs-Ära unter Ade­nau­er und dem dama­li­gen Wirt­schafts­mi­nis­ter Lud­wig Erhard  war es Ehren­sa­che: Unter­neh­mer haben nicht nur Geschäf­te gemacht. Sie haben sich in die Tages­po­li­tik ein­ge­mischt. Vie­le von ihnen haben sich par­tei­po­li­tisch enga­giert und mit ihrer Hand­schrift dazu bei­getra­gen, dass die Wirt­schaftsprogram­me der Par­tei­en rea­lis­tisch, bür­ger- und mit­tel­stands­freund­lich angelegt waren. Die­se Zei­ten sind vor­bei. Die Poli­ti­ker ver­tre­ten sich in eige­ner Sache.

Für den Mit­tel­stand bedeu­tet das: Es gelingt immer weni­ger, mit­tel­stän­di­sche Inter­es­sen zu bün­deln und effek­ti­ve Lob­by­ar­beit zu leis­ten. Das ist die Domä­ne der Groß­kon­zer­ne und Oli­go­pol-Bran­chen und ihrer PR-Agen­tu­ren. Vie­le Mit­tel­ständ­ler sind aber nicht mehr bereit, hier taten­los zuzu­se­hen. O‑Ton eines Unter­neh­mers, der sich in der Schwarz­wald AG mit Gleich­ge­sinn­ten zusam­men­ge­schlos­sen hat: „Mit­ar­bei­ter, die sich poli­tisch betä­ti­gen wol­len, wer­den von uns unter­stützt“.

Dass das nicht nur rhe­to­risch gemeint ist, belegt die Pra­xis. Sol­che Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen Unter­neh­men und Mit­ar­bei­tern gibt es bereits schwarz aus weis. In der oben genann­ten Fir­ma haben die Mit­ar­bei­ter eine Rück­kehr-Garan­tie – im kon­kre­ten Fall bis zu 5 Jah­ren. Und die mora­li­sche Ver­pflich­tung, sich regel­mä­ßig mit dem Unter­neh­men kurz zu schlie­ßen – um sich das not­wen­di­ge Feed­back aus der betrieb­li­chen Pra­xis zu holen. Wer sonst könn­te mit­tel­stän­di­sche Inter­es­sen so haut­nah und effek­tiv ver­tre­ten?

Unternehmensregister: Zweigniederlassungen einfacher finden

Bis 2007 wur­den Zweig­nie­der­las­sun­gen von Unter­neh­men als eigen­stän­di­ge Fir­ma an ihrem Sitz im Han­del­re­gis­ter ein­ge­tra­gen. Nach der GmbH-Reform wer­den  Zweig­nie­der­las­sun­gen seit 1.1.2007 nur noch beim Regis­ter­ge­richt der Haupt­nie­der­las­sung geführt. Die­se Ände­rung wird jetzt auch im elek­tro­ni­schen Unter­neh­mens­re­gis­ter umge­setzt. Zweig­nie­der­las­sun­gen sind jetzt nur noch am Sit­ze der Haupt­niederlassung auf­ge­führt. Die­se Ände­rung ist noch nicht flä­chen­de­ckend umge­setzt. Die Suche nach Zweig­nie­der­las­sun­gen wird je nach Por­tal des Bun­des­lan­des unter­schied­lich umge­setzt. Es kann also vor­kom­men, dass Sie eine Zweignie­der­las­sung vor­übergehe­nd nicht fin­den, weil das Län­derportal gera­de umstellt und die Daten nicht abgeru­fen wer­den kön­nen.

Für die Pra­xis: Fir­men­ver­öf­fent­li­chun­gen der Zweig­nie­der­las­sun­gen (z. B. Ände­run­gen des Gesell­schafts­ver­tra­ges, Unter­neh­mens­ver­trä­ge, Ände­run­gen der Geschäfts­füh­rung usw.) kön­nen in der Regel nur noch unter den Ver­öf­fent­li­chun­gen der Haupt­nie­der­las­sung ein­ge­se­hen wer­den. Bei der Suche nach einem Unter­neh­men wird deut­lich gekenn­zeich­net, wenn es sich ledig­lich um eine Zweig­nie­der­las­sung han­delt, so dass es nicht zu Ver­wechs­lun­gen mit der Haupt­ge­sell­schaft kom­men kann. 

Grunderwerbsteuer: GmbHs müssen Immobilienerwerb schneller planen und durchziehen

Die Bun­des­län­der haben die Grund­werb­steu­er als „Ein­nah­me-Instru­ment“ ent­deckt. Nach Bran­den­burg, Thü­ringen und Schles­wig-Hol­stein wird nun auch Baden-Würt­tem­berg die Grund­er­werb­steu­er anhe­ben. Auch in Nord­rhein-West­fa­len ist eine Anpas­sung geplant. Die Erhö­hung von 3,5 %  auf in der Regel 5 % beträgt damit über 40 % und fällt aus Sicht des erwer­ben­den Unter­neh­mens über­pro­por­tio­nal ins Gewicht. Für eine Gewer­be­im­mo­bi­lie mit Anschaf­fungs­kos­ten von 400.000 € bedeu­tet das Zusatz­kos­ten von immer­hin 6.000 €.

Für die Pra­xis: Für GmbHs, die pla­nen, ein Gewer­be­grund­stück zur Bebau­ung zu erwer­ben oder die zur Ein­spa­rung von Miet­kos­ten eine Büro-Immo­bi­lie erwer­ben möch­ten, soll­ten prü­fen, inwie­weit der Erwerb noch vor der geplan­ten Erhö­hung der Grund­er­werb­steu­er rea­li­siert wer­den kann. Für die oben genann­ten Bun­des­län­der gilt: In Bran­den­burg, Thü­rin­gen und Schles­wig-Hol­stein steigt die Grund­er­werb­steu­er ab 2.1.2012 von 3,5 % auf 5 %. In NRW zum 1.10. 2011 auf 5 %. Auch in BW wird die Erhö­hung auf 5 % ab 10/2011 kommen. 

Ein GmbH-Gesellschafter braucht Geld – was tun?

Wer kennt das nicht: Für die Kin­der muss eine Woh­nung ein­ge­rich­tet wer­den oder die Reno­vie­rung der eige­nen Immo­bi­lie steht an. Das kos­tet Geld. Meis­tens dann, wenn fest ange­leg­tes Geld nicht frei ist. Auch die Kre­dit-Finan­zie­rung pri­va­ter Aus­ga­ben erfor­dert Sicher­hei­ten und kos­tet mehr Zin­sen als Sie für Geschäfts-Dar­le­hen zah­len. Als Gesell­schaf­ter einer GmbH haben Sie in die­sen Fäl­len zusätz­li­che Möglichkeiten:

  1. Ver­fügt die GmbH über die not­wen­di­ge Liqui­di­tät, kön­nen Sie dies sich selbst bzw. den Mit-Gesell­schaf­tern in Form eines Gesell­schafts­dar­le­hens zur Ver­fü­gung stel­len. Wich­tig: Das Dar­le­hen muss wie unter Drit­ten üblich ver­ein­bart und tat­säch­lich so durch­ge­führt werden.
  2. Mög­lich ist es auch, dass die GmbH ihrem Gesell­schaf­ter einen Gewinn­an­teil vor­ab in Form einer sog. Vor­ab­aus­schüt­tung auszahlt.

Als Geschäfts­füh­rer, soll­ten Sie dazu eini­ge Vor­sichts­maß­nah­men ein­hal­ten. Wich­tig: Eine Vor­ab­aus­schüt­tung ist recht­lich zuläs­sig. Vor­aus­set­zung ist, dass die GmbH tat­säch­lich Gewinn erwar­tet. Kei­ne Pro­ble­me gibt es, wenn die Vor­ab­aus­schüt­tung aus einer erwirt­schaf­te­ten Gewinn­rück­la­ge aus­ge­zahlt wird und für das lau­fen­de Geschäfts­jahr nicht mit Ver­lust gerech­net wer­den muss. Wird die Vor­ab­aus­schüt­tung aus dem vor­aus­sicht­li­chen Gewinn des lau­fen­den Geschäfts­jah­res gezahlt, muss die­se Gewinn­erwar­tung rea­lis­tisch sein. Dazu ist es nicht not­wen­dig, eine Zwi­schen­bi­lanz auf­zu­stel­len. Es genügt eine bilanz­mä­ßi­ge Vor­aus­be­rech­nung in Ver­bin­dung mit einer Liqui­di­tätsprognose oder eine zeit­na­he Betriebs­wirt­schaft­li­che Aus­wer­tung (BWA).

Für die Pra­xis: Wenn Sie einem Gesell­schaf­ter vor­ab einen Gewinn­an­teil aus­zah­len, han­delt es sich um eine vor­weg­ge­nom­me­ne Gewinn­ver­wen­dung (Ergeb­nis­ver­wen­dung). Dazu brau­chen Sie einen Beschluss der Gesell­schaf­ter (Abhal­tung einer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, Beschluss­fas­sung und Pro­to­kol­lie­rung). Hal­ten Sie sich als Geschäfts­füh­rer nicht dar­an und ver­an­las­sen Sie die Aus­zah­lung an den Gesell­schaf­ter, kön­nen die übri­gen Gesell­schaf­ter Sie wegen unzu­läs­si­ger Aus­zah­lung von GmbH-Ver­mö­gen in die Haf­tung nehmen. 

Elektronische Lohnsteuerkarte (ELStAM): Start-Termin Januar 2012 bleibt

Die offi­zi­el­le Ein­stel­lung des ELE­NA-Mel­de­ver­fah­rens hat kei­ne Aus­wir­kun­gen auf die Ein­füh­rung der elek­tro­ni­schen Lohn­steu­er­kar­te (ELS­tAM). Auch in die­sem Ver­fah­ren müs­sen Sie sich als Arbeit­ge­ber elek­tro­nisch authen­ti­fi­zie­ren. Das Ver­fah­ren ist aber ein­fa­cher und daten­recht­lich nicht umstrit­ten. Nach den Pla­nun­gen des BMF wer­den noch im Herbst die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für das papier­lo­se Ver­fah­ren geschaf­fen. Die alte Lohn­steu­er­kar­te wird danach ab 1.1.2012 endgültig Vergangenheit sein.

Für die Pra­xis: Nach der ange­kün­dig­ten Abschaf­fung des ELE­NA-Mel­de­ver­fah­rens steht es Unter­neh­men frei, ob sie die bis­he­ri­ge Mel­de­pra­xis bis zur offi­zi­el­len Ein­stel­lung des Ver­fah­rens wei­ter­füh­ren wol­len oder ob sie die Mel­dung sofort ein­stel­len wol­len. Im schlech­tes­ten Fall kann das aber bedeu­ten, dass Sie u. U. feh­len­de Mel­dun­gen spä­ter nach­rei­chen müs­sen. Exper­ten raten dazu, vor­erst wie bis­her per ELENA zu mel­den und das Ver­fah­ren erst dann umzu­stel­len, wenn ELENA  offi­zi­ell und recht­lich kor­rekt ein­ge­stellt wird.

Schrottimmoblien-Investoren haben Anspruch auf Schadenersatz

Wer in sog. Schrott­im­mo­bi­li­en inves­tiert hat, hat nach einem neu­en Urteil des Bun­des­ge­richts­hofs (BGH) gute Chan­cen auf voll­stän­di­gen Scha­dens­er­satz. Danach wur­de die Bank wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung ver­ur­teilt und muss den gesam­ten Scha­den erset­zen (BGH, Beschluss vom 5.7.2011, XI ZR 342/10).

Für die Pra­xis: Noch geht die Rechts­ab­tei­lung der Hypo­ver­eins­bank davon aus, dass es eine Ein­zel­fall­ent­schei­dung ist. Anders die Exper­ten: Sie sehen eine Grund­satz­ent­schei­dung. Danach wuss­te die Kre­dit geben­de Bank davon, dass der Kauf­preis völ­lig über­teu­ert war und die Miet­ein­nah­men nie zu erzie­len waren. Betrof­fe­ne soll­ten prü­fen, ob Sie eine Wie­der­auf­nah­me errei­chen bzw. inwie­weit sie Scha­dens­er­satz einklagen.

Fremde Marken dürfen als Schlüsselworte in den Google-Adwords verwendet werden

Immer mehr Unter­neh­men ent­de­cken die Wer­be­mög­lich­kei­ten in Goog­le, etwa mit den kur­zen Info-Käs­ten rechts neben dem eigent­li­chen Gogg­le-Lis­ting – den Goog­le-Adwords. Laut BGH ist zuläs­sig, dass Unter­neh­men in den dazu angelegten Schlüs­sel­wör­tern (Tags) frem­de Mar­ken­na­men ver­wen­den (BGH, Urteil vom 13.1.2011, I ZR 125/07).

Für die Pra­xis: Wich­tig ist aber, dass weder Logo noch Mar­ken­na­men des Kon­kur­ren­ten in der eigent­li­chen Adword-Anzei­ge erscheint. Ach­ten Sie auch dar­auf, dass auch nach Ankli­cken des Link auf Ihre Web­sites kei­ne Hin­wei­se auf die Kon­kur­renz bzw. Kon­kur­renz­pro­duk­te erscheinen.

Viel Erfolg wünscht Ihr Lothar Vol­kelt 

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur der Volkelt-Brief 

BISS > Die Wirt­schafts­sa­ti­re > https://www.gmbh-gf.de/biss/satire-wieso

Schreibe einen Kommentar