Unternehmensregister: So machen Sie die Pflicht zur Kür + Mini-GmbH: Mehr als 100.000 Unternehmergesellschaften in 6 Jahren + Haftung: Geschäftsführer muss Steuererklärungen eigenhändig prüfen + Elektronische Dienstleistungen: (Downloads, Software) Geschäfte in der EU werden komplizierter + Steuer: Keine Aussetzung der Vollziehung zur Anwendung der sog. Zinsschranke + Overhead: Mindestlohn kostet Unternehmen mindestens 900 Mio. EUR + Geschäftsführer-privat: GmbH zahlt Schaden für Fahrten mit dem Privat-Pkw + Krisen-Management: Geschäftsführer haftet bei spätem Insolvenzantrag für Insolvenzgeld + BISS …
Dipl. Vw. Lothar Volkelt, Herausgeber der Volkelt-Briefe
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Nr. 2/2015
Freiburg 9. Januar 2015
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
wie oft haben Sie im abgelaufenen Geschäftsjahr im Unternehmensregister recherchiert, z. B., um den Jahresabschluss eines Konkurrenten oder eines neuen Geschäftspartners nachzuprüfen? Ich selbst habe – schon aus beruflichem Interesse – regelmäßig reingeschaut. Allerdings mit eher bescheidenem Erkenntniswert. Z.B., weil die Daten Vergangenheitswerte sind und in der Regel 2 Jahre zurückliegen. Aus Gesprächen mit Geschäftsführer-Kollegen kleinerer Unternehmen weiß ich, dass die Zahlen und Fakten aus dem elektronischen Unternehmensregister nur gelegentlich bis selten eingesehen werden.
Hier gilt die Devise: „In der Branche weiß man ohnehin wie es um die Konkurrenz steht“. Anders sieht es bei der Nutzung im professionellen Bereich aus. Die veröffentlichten Unternehmenszahlen sind im Rating, beim Abschluss von Versicherungen, beim Scoring durch Wirtschaftsauskunfteien oder im Factoring eine feste Größe. Unvollständige oder unterlassene Eintragungen machen hier mehr als nur einen schlechten Eindruck – abgesehen davon, dass Sie sich auf das bürokratische Ordnungswidrigkeitenverfahren plus Verwaltungsgebühr einlassen.
Mini-GmbH: Mehr als 100.000 Unternehmergesellschaften in 6 Jahren
Die Mini-GmbH – oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), wie sie mit voll ausgeschriebenen Namen heißt – geht ins 7 Jahr. Unterdessen gibt es über 103.000 eingetragene UGs. Rund 8.500 von Ihnen sind „volljährig“ und bereits in eine GmbH umgewandelt. Wissenschaftlich begleitet wird die Entwicklung der „UG“ von der Uni Jena – hier kümmert sich der Gesellschaftsrechtler Prof. Dr. Walter Bayer um alle Daten und Fakten – er führt die offizielle UG-Statistik und trägt auch alle sonstigen Vorkommnisse rund um die „UG“ zusammen. Zum Beispiel besonders auffällige Firmierungen wie „Gruft des Heinrich Posthumus Reuß Gemeinnützige Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt“ oder „Oase der Barmherzigkeit Gottes Unternehmergesellschaft (haftungsbeschrränkt)“.
Interessant: Die meisten Unternehmergesellschaften sind Einpersonen-Gründungen (72 %). Rund 20 % der UGs haben zwei Gesellschafter, 5,3 % drei Gesellschafter. Lediglich 1,7 % aller Unternehmergesellschaften haben 3 und mehr Gesellschafter. Die Mini-GmbH erweist sich als ausgesprochenes Erfolgsmodell. Bisher gibt es in der Praxis nur zwei noch nicht gelöste Probleme mit dieser Rechtsform:
- Zum einen ist das die volle Einzahlung der Stammeinlagen bis zu einem Mindestkapital bis 25.000 €. Hier liegt u. E. eine Benachteiligung gegenüber der Voll-GmbH vor, bei der nur 50% der Stammeinlage eingezahlt werden muss.
- Außerdem sollte in Ergänzung zum Musterprotokoll ausdrücklich die Vereinbarung zur Vertretungsbefugnis der Unternehmergesellschaft klar geregelt werden.
Geschäftsführer muss Steuererklärungen eigenhändig prüfen
In den nächsten Wochen ist für viele GmbH-Geschäftsführer wieder trockene Schreibtischarbeit angesagt – der Steuerberater wird die Steuerklärungen für das abgelaufene Geschäftsjahr anfertigen und Ihnen zur Unterschrift vorlegen. Für viele Kollegen ist das eine reine Routineangelegenheit. Sie verlassen sich blind auf Ihren Steuerberater. Das ist zwar verständlich, kann aber in der Praxis unangenehme Spätfolgen haben. Als Geschäftsführer der GmbH sind Sie schlussendlich verantwortlich dafür, dass der abgegebene Inhalt der Steuererklärungen korrekt ist – genau genommen dürfen Sie sich also nicht „blind“ auf Ihren Berater verlassen.
Das sehen auch die Gerichte so, die zu entsprechenden Haftungsfragen entscheiden mussten. Laut Bundesfinanzhof (BFH) muss der Geschäftsführer „die vom Steuerberater erstellten Steuererklärungen auf Richtigkeit prüfen“. Unterlässt er das, muss er Steuerrückstände einer zwischenzeitlich liquidierten GmbH aus der eigenen Tasche zahlen (Urteil vom 28.08.2008, VII B 240/07). Im Fall hatte der Geschäftsführer übersehen, dass ein größerer Betrag (250.000 €) als umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferungen aufgeführt war. Dem Geschäftsführer – so das Gericht – hätte das auffallen müssen.
Elektronische Dienstleistungen: EU-Geschäfte werden komplizierter
GmbHs, die elektronische Dienstleistungen in der EU anbieten, müssen seit 1.1.2015 die neuen Vorschriften für die Umsatzsteuer umsetzen. Dabei geht es um das Privatkunden-Geschäft. Wer z. B. in mehrere EU-Länder an Privatkunden Downloads verkauft, muss die Umsatzsteuer im jeweiligen Lang melden. Deutsche Unternehmen können zur Vereinfachung das MOSS-Verfahren (Mini-One-Stop-Shop) nutzen. Dazu müssen Sie sich bei der Bundeszentrale für Steuern (BZSt) registrieren. Die Vorsteuer-Abwicklung übernimmt dann das BZSt. Ausführliche Informationen zum Verfahren gibt es unter www.bzst.de > Steuern international > Mini-One-Stop-Shop.
Kleine GmbHs: So sparen Sie beim Eintrag ins Unternehmensregister
Für kleinere GmbHs kann der Geschäftsführer den Jahresabschluss 2013 (Frist: spätestens 6 Wochen nach dem 31.12.2015) selbst online in das elektronische Unternehmensregister einstellen und damit Kosten sparen (Pauschalpreis für die Veröffentlichung: 35 EUR). Dazu gehen Sie so vor:
Registrieren | Zum Eintrag der Unternehmensdaten müssen Sie sich registrieren unter (www.unternehmensregister.de). Klicken Sie in der Kopfzeile auf „Registrieren” und füllen Sie das Registrierungsformular aus. Sie erhalten per E‑Mail Ihre Zugangsdaten (Benutzername und Passwort). Damit können Sie sich anschließend auf der Publikations-Plattform anmelden. |
Unterlagenübermitteln | Wenn Sie sich registriert und angemeldet haben, stehen Ihnen 2 Möglichkeiten offen, Ihre Unterlagen zu übermitteln:
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Datenverwalten | Wenn Sie sich auf der Publikationsplattform mit Ihrem Benutzernamen und Passwort anmelden, gelangen Sie zum Menü „Meine Daten”. Dort können Sie jederzeit auf Ihre Daten oder gespeicherte Vorlagen zugreifen und diese bearbeiten. |
Keine Aussetzung der Vollziehung zur Anwendung der Zinsschranke
Das Bundesfinanzministerium hat einen Nicht-Anwendungserlass zur Zinsschranke veröffentlicht. Danach ist die BFH-Rechtsprechung, wonach verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit der sog. Zinsschranke geprüft werden müssen (Beschluss vom 18.12.2013, I B 85/13, nicht über den Einzelfall anzuwenden (BMF-Schreiben vom 13.11.2014, IV C 2 – S 2742‑a/07/10001).
Mindestlohn kostet Unternehmen mindestens 900 Mio. EUR
Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit zahlt die Agentur mit der Einführung des Mindestlohn von 8,50 EUR 900 Mio. EUR weniger für die Aufstockung. Das ist aber nicht Alles an Zusatzbelastung für die Wirtschaft: Für die Unternehmen kommen dazu noch die Kosten für die Dokumentation der täglichen Arbeitszeiten. Für einen Betrieb mit 100 Mitarbeitern, die bisher kein Arbeitszeiterfassungs-System einsetzen, liegt die Zusatzbelastung monatlich zwischen 200 bis 300 EUR. Das entspricht zusätzlichen Beraterkosten und Kosten für die Zeiterfassung im Jahr zwischen 2.400 und 3.600 EUR.
GmbH zahlt Schaden für Fahrten mit dem Privat-Pkw
Sind Sie als Geschäftsführer mit Ihrem Privat-Pkw geschäftlich für die GmbH unterwegs und erhalten Sie dafür keine Vergütung von der GmbH (z. B. üblich: 0,30 EUR je Kilometer Wegstreckenentschädigung), muss die GmbH Ihnen nach einem Unfall den Schaden an Ihrem Wagen ersetzen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2014, 12 Sa 617/14).
Geschäftsführer haftet bei spätem Insolvenzantrag für Insolvenzgeld
Stellt der Geschäftsführer einer GmbH zu spät Insolvenzantrag (z. B. nach Ablauf der Dreiwochenfrist gemäß § 15a InsO, vorher § 64 GmbH-Gesetz) und beantragt der im weiteren Ablauf für die Mitarbeiter Insolvenzgeld, kann er gemäß § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung) von der Bundesagentur für Arbeit persönlich in die Haftung genommen werden (OLG Brandenburg, Urteil vom 19.3.2014, 11 U 215/12).
Eine unterhaltsame und informative Lektüre wünscht
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Chefredakteur + Herausgeber Volkelt-Brief