Themen heute: Ein Geschäftsführer scheidet aus – wer darf die GmbH vertreten (TIPP) + BMF blockiert grenzüberschreitende Verlustverrechnung + Nebentätigkeiten: Fehler gefährden das Amt + Fianzamt darf Steuerdaten verwenden + Ordnungsgeld bei Pflichtveröffentlichung ist rechtens + Finanzamt muss nicht auf geänderte Rechtslage hinweisen + BISS …
21. KW 2011
Freitag, 27.5.2011
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
in vielen 2‑Personen-GmbHs wird Gesamtvertretung praktiziert – danach dürfen die beiden Geschäftsführer die GmbH nur gemeinsam vertreten (z. B. Verträge und Steuererklärungen unterschreiben, Darlehen aufnehmen oder Anträge bei Behörden stellen). Vorteil: Die Geschäftsführer sind über Entscheidungen mit Außenwirkung zeitgleich informiert und unterliegen damit jederzeit der Kontrolle durch den anderen. Diese sog. Gesamtvertretung ist meist im Gesellschaftsvertrag fest vereinbart.
Frage eines Kollegen: „Was ist, wenn einer der beiden abberufen wird. Ist die GmbH dann noch handlungsfähig?“. JA: Wenn nur der verbleibende Geschäftsführer unterschreibt, ist das korrekt. Das hat zuletzt das OLG Schleswig-Holstein bestätigt (Urteil vom 15.12.2010, 2 W 150/10). Im Urteilsfall war Gesamtvertretung von 3 Geschäftsführern vereinbart. Zwei wurden abberufen. Das OLG hielt die Vertretung der GmbH durch den verbleibenden einzigen Geschäftsführer für rechtlich nicht zu beanstanden.
Für die Praxis: Es gibt aber Fälle, in denen verweigern die Registergericht die Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers unter Hinweis auf ein fehlende oder unklare Vertretungsregelung nach der Abberufung. TIPP: Die Gesellschafter sollten dann – sofern die Vertretungsregelung nicht ganz klar ist – mit dem Abberufungsbeschluss eine Ermächtigung aussprechen, nach der der verbleibende Geschäftsführer zur Alleinvertretung befugt wird.
BMF blockiert grenzüberschreitende Verlustverrechnung
Zur Vereiheitlichung des Wirtschaftsraums Europa arbeitet die EU-Kommission derzeit an einer Vorlage, nach der der für Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, UG) eine ein-heitliche Bemessungsgrundlage zur Erhebung der Körperschaftsteuer geschaffen werden soll (sog. GKKB-Konzept).
Vorteil: Die (aufwendige und bürokratische) Praxis der innerbetrieblichen Verrechnungspreise bei Lieferungen von und zwischen Tochter-Gesellschaften würde ersatzlos entfallen. Zusätzlich soll es eine grenzüber-schreitende Verlustverrechnung zwischen den Konzern- und Tochtergesellschaften geben. Um den Staaten die Steuereinnahmen zu sichern, wird das Steueraufkommen der Konzern-Obergesellschaft dann auf die Länder der verschiedenen Unternehmensstandorte verteilt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) befürchtet aber für Deutschland hohe Steuerausfälle und wird diesem Vorschlag so nicht zustimmen. Laut BMF „besteht das Risiko erheblicher Steuermindereinnahmen“.
Für die Praxis: Abzusehen ist bisher, dass es in der nächsten Stufe zur Harmonisierung euro-päischer Standars lediglich zu einer einheitlichen Bemessungsgrundlage zur Erhebung der KSt kommen wird. Zu befürchten ist, dass der Verwaltungsaufwand unverändert bleibt – so dass neben dem Rechnungslegungs-standard IFRS, eine Steuerbilanz für deutschen Behörden und zusätzlich eine Konzern-Steuerbilanz für den EU-Raum erstellt werden muss. Auch an der komplzierten Praxis der Verrechnungspreise wird sich in den nächsten Jahren nichts ändern.
Nebentätigkeiten: Fehler gefährden Geschäftsführer-Amt
Viele Geschäftsführer sind auch in anderen Lebensbereichen aktiv, sei es in einer ehrenamtlichen Tätigkeit für Vereine oder soziale Organisationen, sei es als Beirat in einem anderen Unternehmen oder als Inhaber eines Parteiamtes oder als Referent im Rahmen einer Veranstaltung oder als Autor von Fachbeiträgen in Fachzeitschriften oder Büchern. Wichtig: Die GmbH darf bei Nebentätigkeiten – egal ob vergütet oder ehrenamtlich – mitreden. Im Zweifel sollte sich der Geschäftsführer die ausdrückliche Zustimmung der Gesellschafter oder seiner Mit-Gesellschafter-Geschäftsführer einholen.
Dabei gilt: Der Geschäftsführer muss sich neben einer korrekten seines Amtes in der Geschäftsführung auch in allen anderen Tätigkeiten, die er ausübt, korrekt verhalten. Dazu die Frage eines Kollegen: „Ich im Vorstand eines Vereins. Hier ist es zu Pflichtverletzungen gekommen. Hat das Auswirkungen auf meine Tätigkeit als Geschäftsführer?“.
Die Rechtslage: Dazu gibt es Rechtsprechung. So gilt z. B. für die Geschäftsführungs-Tätigkeit in einer weiteren Firma: Kommt es hier zu Unregelmäßigkeiten (Untreue), gilt das als wichtiger Grund für eine sofortige Abberufung aus seinem Amt als Geschäftsführer in der davon nicht betroffenen Firma. Der Bundesgerichtshof hat dies zuletzt für den Fall einer Tätigkeit eines Geschäftsführers in einer BGB-Gesellschaft entschieden. Sie müssen also davon ausgehen, dass zumindest bei Pflichtverletzungen mit Vorsatz Auswirkungen auch auf Ihre Haupttätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH haben können. Das ist z. B. dann anzunehmen, wenn es im Rahmen der Vorstandstätigkeit zu Untreue oder anderen Straftaten/Wirtschaftsstraftaten gekommen ist (so zuletzt BGH, Urteil vom 11.2.2008, II ZR 67/06).
Für die Praxis: Ob aber z. B. eine Pflichtverletzung in Form einer fehlerhaften Ausübung einer Aufsichts- oder Kontrollpflicht im Rahmen einer Nebentätigkeit für eine Abberufung vom Amt des Geschäftsführers in der Haupttätigkeit genügt, ist zweifelhaft. Hinweise darauf können sich aber aus dem Anstellungsvertrag oder einer Geschäftsordnung ergeben, wenn dort z. B. unter den Prämissen eine „jederzeit fehlerfreie und korrekte Ausübung aller seiner beruflichen und nebenberuflichen Tätigkeiten“ erwartet wird.
Finanzamt darf Steuerdaten verwende
Jetzt ist es amtlich – die Finanzbehörden dürfen Steuerdaten, die aus von den Finanzbehörden oder anderen Institutionen angekauften sog. Steuer-CDs gewonnen werden, im offiziellen Besteuerungsverfahren verwenden. Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit dieses Verfahrens bereits grundsätzlich zugelassen (BVerfG, Urteil vom 9.11.2010, 2 BvR 2101/09). Jetzt hat das Finanzgericht (FG) Köln ausdrücklich entschieden, dass diese Daten auch im finanzgerichtlichen Verfahren verwendet werden dürfen (FG Köln, Urteil vom 15.12.2010, 14 V 2484/10).
Für die Praxis: Das Urteil ist rechtskräftig. Eine Revision beim Bundesfinanzhof wurde nicht zugelassen. Damit muss der Steuerzahler die geschätzten 5 % des Kontostandes seines Schweizer Kontos, das dem Finanzamt per Steuer-CD bekannt wurde, zahlen. Eine Aussetzung der Vollziehung zur neuerlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit wurde vom Gericht abgewiesen.
Ordnungsgeld bei Verstoß gegen Pflichtveröffentlichung ist rechtens
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat jetzt in einem weiteren Urteil bestätigt, dass das Gebot zur Pflichtveröffentlichung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften und das Verfahren zur Durchsetzung der Veröffentlichungspflichten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BVerfG, Urteil vom 1.2.2011, 2 BvR 1236/10).
Für die Praxis: Als Geschäftsführer sind Sie für die Umsetzung der Vorschriften zur Pflichtveröffentlichung verantwortlich. In der Praxis wird bei Pflichtverstößen das Ordnungsgeld gegen den Geschäftsführer festgesetzt – das Ordnungsgeld kann sogar mehrmals gegen den Geschäftsführer verhängt werden, z. B. dann, wenn er auch nach mehrmaliger Aufforderung die Pflichtangaben weiterhin nicht veröffentlicht. Wichtig: Die Unterlagen müssen an den Betreiber des elektronischen Unternehmensregisters eingereicht werden – und nicht – wie im entschiedenen Fall fälschlicherweise passiert – an das Bundesamt für Justiz.
Finanzamt muss nicht auf geänderte Rechtslage hinweisen
Hat das Finanzamt eine verbindliche Auskunft erteilt, muss es sich nicht an die dort festgestellte Besteuerung halten, wenn sich in der Zwischenzeit die Rechtslage geändert hat. Auch dann nicht, wenn das Finanzamt den Steuerpflichtigen nicht auf die geänderte Rechtslage hingewiesen hat (BFH, Urteil vom 30.3.2011, XI R 30/09).
Für die Praxis: Im entschiedenen Fall ging es um die Umsatzsteuerpflicht eines Gutachtens eines Heilpraktikers. Hier hatte es eine Rechtsänderung gegeben, so dass für diese Leistungen ab 2002 Umsatzsteuer zu berechnen ist. Der Steuerzahler hatte seine Einkünfte weiterhin nach der alten Rechtslage besteuert – unter Bezug auf die telefonische Auskunft des Sachbearbeiters aus dem Vorjahr. Er konnte sich aber nicht auf die verbindliche Auskunft bzw. Treu und Glauben berufen.
Mittelständische Unternehmen brauchen weniger Bürokratie
Laut Bundesverband der Deutschen Banken nennen 41 % aller mittelständischen Unternehmen den Bürokratie-Abbau als wichtigste Maßnahme zur Förderung des Mittelstandes. Lediglich 20 % erwarten eine einfachere Kreditvergabe, 18 % halten Steuersenkungen für hilfreich, nur 11 % mahnen zusätzliche Förderprogramme an.
Mit besten Grüßen
Ihr Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur der Volkelt-Brief