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Archiv: Volkelt-Briefe

Volkelt-Brief 15/2011

Finanz­äm­ter rüs­ten ihre Soft­ware auf – 2 Wochen Steu­er­pau­se in BW + Pflicht-Ver­öf­fent­li­chung für GmbHs: Kei­ne Chan­ce für Ver­wei­ge­rer + Neu­er Dreh: Haupt-Gesell­schaf­ter darf Mit-Gesell­schaf­ter aus­boo­ten (neu­es BGH-Urteil) + Preis-Baro­me­ter April: Die Infla­ti­on nimmt Faht auf + GmbH darf Rück­stel­lung für Auf­be­wah­rung von Geschäfts­un­ter­la­gen bil­den + Vor­sicht bei neu­er EU-Domain + BISS 

The­men heu­te:  Finanz­äm­ter rüs­ten ihre Soft­ware auf – 2 Wochen Steu­er­pau­se in BW + Pflicht-Ver­öf­fent­li­chung für GmbHs: Kei­ne Chan­ce für Ver­wei­ge­rer + Neu­er Dreh: Haupt-Gesell­schaf­ter darf Mit-Gesell­schaf­ter aus­boo­ten (neu­es BGH-Urteil) + Preis-Baro­me­ter April: Die Infla­ti­on nimmt Fahrt auf + GmbH darf Rück­stel­lung für Auf­be­wah­rung von Geschäfts­un­ter­la­gen bil­den + Vor­sicht bei neu­er EU-Domain + BISS .…..

15. KW 2011
Frei­tag, 17.4.2011

Sehr geehr­te Geschäfts­füh­rer-Kol­le­gin, sehr geehr­ter Kollege,

laut Lan­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um Baden-Würt­tem­berg wird ab 20. April die Soft­ware für die 69 Finanz­äm­ter des Lan­des umge­stellt. Damit wird ein nächs­ter Schritt in die zen­tra­le IT des Bun­des voll­zo­gen – die Bun­des­län­der ver­ein­heit­li­chen ihre Soft­ware (Neme: Kon­sens) und so die Mög­lich­kei­ten zum bun­des­wei­ten Datenabgleich.

Die Umstel­lung wird rund zwei Wochen dau­ern. Exper­ten gehen davon aus, dass die Umstel­lung noch län­ger – bis zu 4 Wochen – dau­ern wird­Kri­ti­siert wird auch, dass hier nicht wie üblich mit einem par­al­le­len Sys­tem gear­bei­tet wird, das nach erfolg­rei­cher Test­pha­se inner­halb von weni­gen Stun­den den gesam­ten Betrieb rei­bungs­los über­neh­men kann.

Für die Pra­xis: In die­ser Zeit kön­nen Daten­sät­ze nicht bear­bei­tet oder ange­legt wer­den. Erfreu­lich für den Geschäfts­füh­rer, der gewohnt ist, mehr­mals in der Woche Post vom Finanz­amt zu erhal­ten: Über die Oster­zeit bleibt er von Mah­nun­gen, Nach­zah­lun­gen oder nach oben kor­ri­gier­ten Steu­er­vor­aus­zah­lun­gen ver­schont. Umge­kehrt: Steu­er­zah­ler, die Rück­zah­lun­gen aus der ESt-Ver­an­la­gung für 2010 erwar­ten, wer­den – zumin­dest in Baden-Würt­tem­berg – kei­ne Post und kei­ne Rück­zah­lung erhal­ten. Noch in die­sem Jahr wird auch in Hes­sen und Nie­der­sach­sen „umge­stellt“ – die Ter­mi­ne sind aber noch nicht bekannt.

GmbH-Pflichtveröffentlichung: Keine Chance auf Verweigerung

Seit Ein­füh­rung der Pflicht­ver­öf­fent­li­chung des Jah­res­ab­schlus­ses für GmbHs zum 1.1.2007 lie­ßen GmbHs vor dem Land­ge­richt Bonn prü­fen, ob das Ver­fah­ren rechts­staat­lich kor­rekt ist. Man bezwei­fel­te ins­be­son­de­re den Umfang der offen zu legen­den Zah­len und kri­ti­sier­te die damit ver­bun­de­ne Offen­le­gung von detail­lier­ten Unter­neh­mens-Infor­ma­tio­nen als einen nicht gerecht­fer­tig­ten Ein­griff in die unter­neh­me­ri­sche Freiheit.

Dabei gab es nicht ein Gerichts­ver­fah­ren, in dem sich eine betrof­fe­ne GmbH gegen die Pflicht­ver­öf­fent­li­chung durch­set­zen konn­te. Das betrifft die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Vor­schrift über­haupt, zu ein­zel­nen Fra­gen der Offen­le­gung (z. B. Fris­ten, Umset­zung bei Toch­ter­ge­sell­schaf­ten usw.) und zum Ord­nungs­geld­ver­fah­ren. Das für Fra­gen der Offen­le­gung zustän­di­ge Bun­des­amt für Jus­tiz hat die grund­le­gen­den Urtei­le (ins­ge­samt 32) auf sei­nen Inter­net-Sei­ten ver­öf­fent­licht (www.bundesjustizamt.de > Han­dels- und Wirt­schafts­recht > Recht­spre­chung). Seit 2010 gibt es kaum noch neue juris­ti­sche Ver­fah­ren gegen die Pflicht­of­fen­le­gung. Fazit: Die meis­ten Geschäfts­füh­rer von GmbHs haben in der Sache resi­gniert. Vie­le Geschäfts­füh­rer bestä­ti­gen aber auch, dass die „Trans­pa­renz“ weni­ger nega­ti­ve Fol­gen beschert als befürchtet.

Für die Pra­xis: Vie­le Unter­neh­mer nut­zen das Unter­neh­mens­re­gis­ter auch für eige­ne Recher­che-Zwe­cke. Sei es, um den eige­nen Stand­ort bes­ser bestim­men zu kön­nen (Bench­mar­king) oder um Unter­neh­mens-Infor­ma­tio­nen über grö­ße­re Wett­be­wer­ber ein­zu­ho­len > www.Unternehmensregister.de.

BGH-aktuell: Gesellschafter darf seine Mit-Gesellschafter ausbooten 

In der Pra­xis üblich ist es, dass auch die Nur-Gesell­schaf­ter für Bank­kre­di­te der GmbH per­sön­lich bür­gen. Das wird oft in GmbHs mit meh­re­ren nicht in der GmbH akti­ven Gesell­schaf­tern so prak­ti­ziert. Hier führt der Haupt-Gesell­schaf­ter die Geschäf­te der GmbH allei­ne. Die Mit-Gesellschafter,

  • finan­zie­ren die GmbH mit ihrer Stammeinlage,
  • bür­gen für zusätz­li­che Kre­di­te und
  • haben anteils­mä­ßi­gen Anspruch am erwirt­schaf­te­ten Gewinn.

Pro­ble­ma­tisch ist es in die­ser Situa­ti­on, wenn der Haupt-Gesel­l­­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer in der wirt­schaft­li­chen Kri­se die For­de­run­gen der Bank gegen die GmbH über­nimmt und die ande­ren Gesell­schaf­ter aus den Bürg­schaf­ten in Anspruch nimmt. Damit hat der Haupt-Gesell­schaf­ter die reel­le Mög­lich­keit, sei­ne Mit-Gesel­l­­schaf­ter aus der GmbH herauszudrängen.

Recht­lich ist dage­gen nichts zu machen. Der Bun­des­ge­richts­hof hat dazu jetzt klar­gestellt: „Der Gesell­schaf­ter haf­tet gegen­über dem Mit-Gesell­schaf­ter, der die For­de­run­gen von der Bank über­nom­men hat“ (BGH, Urteil 5.4.2011, II ZR 279/08). Das gilt auch dann, wenn die Antei­le die­ser Gesell­schaf­ter in der Zwi­schen­zeit – etwa im Wege der Kapi­tal­erhö­hung – zu gro­ßen Tei­len an den Haupt­ge­sell­schaf­ter über­ge­gan­gen sind.

Für die Pra­xis: Oft ist der geschäfts­füh­ren­de Gesell­schaf­ter der „Unter­neh­mer“ in der GmbH – in der wirt­schaft­li­chen Kri­se ist er damit wahr­schein­lich der Ein­zi­ge, der ein zukunfts­fä­hi­ges, neu­es Geschäfts­mo­dell ent­wi­ckeln kann. Legt er das der Bank vor, kann er sich mit der Bank auf fol­gen­des Vor­ge­hen ver­stän­di­gen: Er über­nimmt die unsi­che­re For­de­rung der Bank gegen die GmbH, die stellt ihm dafür sogar einen Kre­dit zur Ver­fü­gung. Anschlie­ßend nimmt er die Mit-Gesell­schaf­ter aus der Bürg­schaft in Anspruch, ver­wen­det die­se für eine Sanie­rung durch eine Kapi­tal­erhö­hung und redu­ziert damit die Betei­li­gungs­hö­he der Mit-Gesell­schaf­ter. Ergeb­nis: Der Haupt-Gesell­schaf­ter hat sei­nen Anteil erhöht und die GmbH fak­tisch allei­ne „über­nom­men“.

Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Für Kos­ten, die dem Unter­neh­men für die Auf­be­wah­rung von Geschäfts­un­ter­la­gen ent­ste­hen, darf in der Bilanz eine Rück­stel­lung aus­ge­wie­sen wer­den. Das sind z. B. die Kos­ten, die der Steu­er­be­ra­ter dafür ver­an­schlagt oder die dem Unter­neh­men für die Bereit­stel­lung von Büro­räu­men und den damit ver­bun­de­nen Kos­ten ent­ste­hen (BFH, Urteil vom 18.1.2011, X R 14/09). 

Für die Pra­xis: Die Kos­ten dür­fen  nur in der Höhe ange­setzt wer­den, wie die­se vor­aus­sicht­lich inner­halb der gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen Auf­be­wah­rungs­pflich­ten zu erwar­ten sind (vgl. § 147 Abs. 3 AO). Dar­an muss sich Ihr Steu­er­be­ra­ter ori­en­tie­ren. Wird eine even­tu­el­le Ver­län­ge­rung der Auf­be­wah­rungs­pflich­ten ange­nom­men und ent­spre­chend höhe­re Kos­ten ange­setzt, müs­sen Sie dafür zumin­dest eine plau­si­ble Erklä­rung lie­fern – z. B. auf­grund einer Ände­rung der Unter­neh­mens­grö­ße oder neu­en EU-Vorgaben.

Mittelständische Unternehmen greifen nach „eu“-Domain

31 % der bis­her in Euro­pa ange­mel­de­ten EU-Domains wur­den in Deutsch­land bean­tragt. Dar­un­ter sind auch vie­le klei­ne und mitt­le­re Unternehmen.

Für die Pra­xis: Laut EuGH-Urteil kann die eu-Domain Kri­te­ri­um dafür sein, dass das Unter­neh­men „euro­pa­weit tätig“ ist. Fol­ge: Damit liegt der Gerichts­stand im Wohn­sitz­land des Kun­den. Wenn Sie das nicht ris­kie­ren wol­len, soll­ten Sie wei­ter­hin eine de-Domain verwenden.

Mit bes­ten Grüßen

Ihr Lothar Volkelt

Dipl. Volks­wirt, Her­aus­ge­ber + Chef­re­dak­teur der Volkelt-Brief

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