Seit 2004 gilt die Regelung zur sog. Mindestbesteuerung. Danach kann ein Verlustvortrag über 1 Mio. € nur noch zu 60% auf den Gewinn angerechnet werden. Folge für viele Unternehmen: Sie müssen Steuern zahlen, obwohl sie eigentlich noch Verluste ausgleichen müssten. Mit dieser (stillen) Steuererhöhung mussten sich viele Unternehmen abfinden. In bestimmten Fällen – so jetzt der BFH – ist das aber nicht rechtens. Die zu viel eingezogene Steuer muss zurückgezahlt werden > Unser TIPP
In bestimmten Fällen führt die Neuregelung de facto dazu, dass der Verlustvortrag teilweise oder sogar komplett entfällt. Und zwar dann, wenn ein Unternehmen mit Verlustvortrag in den Folgejahren umstrukturiert wird. Wird dann z. B. neues Kapital zugeführt oder werden im Zuge der Umstrukturierungen mehr als 25 % der Anteile übertragen, geht der Verlustvortrag komplett verloren (§ 8c KStG). Auch der Teil des Verlustvortrages, der aus dem Streckungseffekt der Mindestbesteuerungsvorschriften resultiert. Das – so der Bundesfinanzhof (BFH) – ist aber verfassungsrechtlich bedenklich (BFH, Beschluss vom 26.8.2010, I B 49/10, soeben veröffentlicht). Hier wird der Gesetzgeber sehr wahrscheinlich nachbessern müssen.
Für die Praxis: Nach diesem Beschluss ist davon auszugehen, dass der die beanstandete Regelung außer Kraft setzen wird. Wie die Finanzverwaltung das umsetzen wird, ist noch offen. GmbHs, denen durch Umstrukturierungen seit 2004 der Verlustvortrag deswegen gekürzt wurde, sollten zusammen mit dem Steuerberater prüfen, was zu tun ist. Für alle offenen KSt-Bescheide sollte in der Sache Einspruch eingelegt werden. Für bereits bestandskräftige Bescheide ist zu prüfen, ob Rechtsmittel möglich sind, ggf. kann ein Musterverfahren angestrengt werden – mit dem Ziel, den Verlustvortrag nachträglich zu verrechnen.
Aktuell: Das Bundesverfassungsgericht hat unterdessen die oben genannte BFH-Vorlage als unzulässig abgewiesen (BVerfG, Beschluss vom 11.10.2010 – 2 BvL 59/06). Damit ist zunächst offen wie entsprechende Verfahren vom Finanzamt behandelt werden. Empfehlung: Es ist u. E. davon auszugehen, dass der BFH den im Urteil geprägten Standpunkt beibehalten wird und das Besteuerungsverfahren zur Mindestbesteuerung nicht akzeptieren wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden.