Dass der US-Präsident so manches Klischee zerstört, mit Traditionellem aufgeräumt und sich über diplomatische Gepflogenheiten hinwegsetzt, wundert unterdessen keinen mehr. Weit verbreitete Einschätzung: Hier agiert ein Mann der Wirtschaft, der es gewohnt es, Dinge in Bewegung zu setzen und sich an seinen Ergebnissen messen lässt. Ist die Strategie „Wo ich bin, ist oben” tatsächlich erfolgreicher als andere Strategien? Oder handelt es sich um Macho-Gebaren, das zwar kurzfristig wirkt, auf lange Sicht aber scheitern muss, weil man sich damit zu viele Feinde macht? Frage: Was können Sie für sich als Geschäftsführer aus diesem Szenario als neue Erkenntnisse ableiten? …Ganz unabhängig von der Verhandlungs-Strategie gilt: „Kenne Deinen Feind”. Dabei geht es nicht um Gegnerschaft, sondern darum, dass in der Regel unterschiedliche – bisweilen gegenläufige – Interessen am Tisch sitzen. Gute Vorbereitung ist Alles. Dabei geht es um Informationen über die Person des Gegenübers, über die weiteren Gesprächsteilnehmer, über das von ihm vertretene Unternehmen, über Produkte und den Gesamtmarkt. Dazu gehört Benchmarking, das Lesen von Geschäftsberichten (Anhang und Lagebericht), aber auch das z. K. nehmen von Pressemitteilungen und Presseberichten. Wichtig ist darüber hinaus die Einsicht, dass es kein starres Erfolgsrezept für Verhandlungen gibt, sondern dass es immer auf den Mix aus Verhandlungs-Strategie, Einsicht in kulturelle Gepflogenheiten (international, aber auch regional) und eine realistische Einschätzung der Machtverteilung zwischen den beteiligten Unternehmen ankommt. Insofern kann Donald Trump nie Maßstab sein, da er in seiner Eigenschaft als US-Präsident wohl der mächtigste Mensch dieser Welt ist. Man unterscheidet:
- Integrative Verhandlungs-Strategie: Darunter versteht man alle kooperativen Strategien, die auf faire, ausgeglichene und beiderseitig ausgelegte Lösungen zielen. In der Regel werden so langfristig angelegte wirtschaftliche Beziehungen ausgehandelt, die als stabil gelten und die auf eine win-win-Situation hinauslaufen.
- Disruptive Verhandlungs-Strategie: Darunter zusammengefasst werden alle konfrontativen Strategien, die darauf angelegt sind, Machtpositionen durchzusetzen und einseitige Lösungen zu implementieren. In der Regel sind die so durchgesetzten Lösungen instabil und die wirtschaftlichen Beziehung instabil und meist nur von kurzer Dauer.
Wesen der Strategie ist es, mit analytischer Überlegung in die Verhandlungen einzutreten. Das bedeutet: Zeichnet sich ab, dass die gewählte Strategie nicht zum gewünschten Erfolg führt, kann es angebracht sein, die Strategie im Laufe des Prozesses zu verändern. Das ist legitim und zulässig. Darüber darf auch während der Verhandlung gesprochen werden.
Beispiel: Sie sind auf keinen Fall bereit, das vorliegende Angebot zum gebotenen Preis anzunehmen. Auch Ihr Gegenüber signalisiert keinerlei Entgegenkommen. Während der Verhandlungen haben Sie Ihre Strategie von integrativ auf konfrontativ geändert – müssen aber einsehen, dass beide Strategien nicht zum Erfolg führen. Sie ändern Ihre Strategie erneut dahin gehend, dass Sie das Geschäft nicht zum Abschluss bringen wollen, aber dass Sie durchaus Interesse an weiteren Kontakten und eventuellen Geschäften haben (gemäß dem sog. Harvard-Konzept).
Welche Strategie der US-Präsident tatsächlich verfolgt ist im Einzelnen kaum nachzuvollziehen. Klar ist dagegen, dass er und sein Beraterstab die Klaviatur der PR perfekt beherrscht und ohne Rücksichten einsetzt. Inwieweit ihm das in den konkreten Verhandlungen wirklich einen Vorteil verschafft, bleibt offen. Für Unternehmer ist das in den Verhandlungen um Preise und Mengen mit einem potenziellen Geschäftspartner jedenfalls keine reale Option.