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Volkelt-Briefe

Europawahl: Nirgendwo Rezepte für den Mittelstand

Am Sonn­tag wird gewählt – euro­pa­weit. Für die deut­sche Poli­tik ist das zugleich ein Grat­mes­ser für die Gro­ße Koali­ti­on (Gro­Ko) und – aus Sicht der Wirt­schaft – für deren wirt­schafts­po­li­ti­sches Stan­ding.  Zuletzt offen­bar­ten sich größ­te Dif­fe­ren­zen um die Aus­rich­tung einer neu­en Struk­tur­po­li­tik. Bei­de gro­ßen Par­tei­en zeig­ten sich beson­ders auf­ge­schlos­sen für eine euro­pa­wei­te Indus­trie­po­li­tik. Dafür gab es hef­ti­ge Kri­tik vom Mit­tel­stand und ins­be­son­de­re von den Ver­tre­tern der mit­tel­stän­di­schen fami­li­en­ge­führ­ten Unter­neh­men. In der Kri­tik steht auch die Ener­gie­po­li­tik. Deut­sche Unter­neh­men zah­len unter­des­sen die höchs­ten Prei­se in Euro­pa. Ten­denz: Wei­ter (stark) zuneh­mend. Das bedeu­tet auch eine immer grö­ße­re Belas­tung für vie­le klei­ne­re Unter­neh­men in nicht-indus­tri­el­len Sektoren.

Neu­es­te (hier: INSA für Bild) ermit­teln für die CDU/CSU 28 %, 15 % für die SPD, 19 % für die Grü­nen, 13 % für die AfD, 7 % für die FDP und 8 % für die Lin­ke – mit gering­fü­gi­gen Abwei­chun­gen für alle Par­tei­en, je nach Umfra­ge. Die Gro­Ko kann damit nur noch mit einer Zustim­mung von von etwas über 40 % rech­nen. Die bei­den Volks­par­tei­en ste­cken – wie in Rest-Euro­pa – im Abwärts­sog. Aller­dings mit unter­schied­li­chen Sze­na­ri­en, den Trend zu stop­pen. Bei­spiel Steu­er­po­li­tik: Die SPD will die CO2-Steu­er und eine Zusatz­be­steue­rung für Kon­zer­ne. Die Uni­on will Steu­er­ent­las­tun­gen (Soli­da­ri­täts­zu­schlag), CDU-Che­fin Anne­gret Kramp-Kar­ren­bau­er kann sich jetzt sogar eine umfas­sen­de Steu­er­re­form  vor­stel­len (Pro­gres­si­ons­ab­bau). Aber auch die in der Ren­ten­po­li­tik gehen die Vor­stel­lun­gen soweit aus­ein­an­der, dass eine Neu­ord­nung der Kräf­te­ver­hält­nis­se nach dem 26. Mai immer wahr­schein­li­cher wird. Aus Wirt­schafts-Per­spek­ti­ve wird es dar­auf ankom­men, wie sich die FDP behaup­ten kann. Eini­ges deu­tet dar­auf hin, dass sie ihre alte Rol­le als Mehr­heits­be­schaf­fer für eine Regie­rung wie­der ein­neh­men kann. Aller­dings: Die pro­gnos­ti­zier­ten 5 – 7 % der Stim­men dürf­ten dafür jeden­falls noch nicht ausreichen.

Nicht weni­ge Ana­lys­ten gehen unter­des­sen davon aus, dass die Gro­Ko die Legis­la­tur­pe­ri­ode nicht über­ste­hen wird. Fol­ge: Es kann zu vor­ge­zo­ge­nen Neu­wah­len kom­men. Neben­ef­fekt: Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel wird nicht – wie geplant und von vie­len favo­ri­siert – in ruhi­gem Fahr­was­ser in den Ruhe­stand ver­ab­schie­det. Den­noch: Die wirt­schafts­po­li­ti­schen Per­spek­ti­ven für Unter­neh­mer blei­ben unkal­ku­lier­bar. Schwa­cher Trost: Ein Umschwen­ken im Wäh­ler­ver­hal­ten, das eine Rot-Rot-Grü­ne Mehr­heit brin­gen wür­de, ist der­zeit nicht aus­zu­ma­chen. Und: Mit dem Ende der Mer­kel-Ära dürf­te die Uni­on wie­der einen deut­li­chen Schwenk hin zur Unter­neh­mer­par­tei machen – eini­ge Aus­sa­gen der neu­en Bun­des­vor­sit­zen­den deu­ten bereits in die­se Rich­tung (Steu­er­re­form auch für Unter­neh­men, Abschaf­fung des Soli­da­ri­täts­zu­schlags für Unter­neh­men usw.). U. U. bringt die Euro­pa-Wahl bereits einen ers­ten Schub.