Derzeit plaudern ausgeschiedene Top-Manager in der ARD-Serie Einsame Spitze (montags 22.45 Uhr) über ihre beruflichen Biografien, über Probleme und Schwierigkeiten im Berufsleben und die Verhältnisse hinter den verschlossenen Türen der Chef-Büros. Dabei geht es um einsame Entscheidungen, den richtigen Umgang mit Fehlern und deren Auswirkungen auf die Psyche und die gesundheitliche Befindlichkeit (Stress, Burn-out) der Unternehmenslenker. Herbert Henzler, Ex-Europa-Chef von McKinsey, beklagt: „Eigene Schwächen zuzugeben, ist sehr schwer. Wer Schwächen zeigt wird ausgetauscht“. Bert Bleicher, 2‑maligen Manager des Jahres, stellt fest: „Wer Fehler macht, bekommt statt sozialer Achtung soziale Ächtung“. …
Die Kehrseite dieser Medaille: Nach einer Kienbaum-Befragung aus dem Herbst 2015 interessieren sich unterdessen fast 50 % aller Hochschulabsolventen nicht (mehr) für eine Führungskarriere. Fakt ist zudem, dass immer mehr (Fremd-) Geschäftsführer und Junioren/-innen in der 2. und 3. Unternehmergeneration die Schule internationaler Consulting- und Beratungs-Unternehmen durchlaufen, dort ihr Führungshandwerkszeug erlernen und nach wie vor immer noch eine überwiegend funktional orientierte Führungskultur trainieren.
Fakt ist aber auch: Die meisten Geschäftsführer kleinerer Unternehmen haben gar nicht die Zeit und den Apparat, sich um eine solche Fehlerkultur mit weißer Weste zu kümmern. Fehler werden unmittelbar offensichtlicht und müssen umgehend nachgebessert werden. Die meisten Chefs, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, haben keine Probleme damit, eigene Versäumnisse (meistens: Kommunikation, fehlende oder unvollständige Dokumentation) oder eigenes Fehlverhalten (Überforderung von Mitarbeitern) einzusehen, zuzugeben oder darüber zu sprechen. Im Gegenteil: Es herrscht eine Kultur, die sich mit „Fehler müssen sein, um besser zu werden“ am besten beschreiben lässt. Ärgerlich wird es nur dann, wenn der gleiche Fehler zweimal gemacht wird – von den gleichen Leuten. Spätestens dann muss der Geschäftsführer einschreiten. Die meisten Kollegen handhaben das auch so.