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Die meisten Kolleginnen und Kollegen mit denen ich in den letzten Tagen gesprochen habe, sind mit dem Geschäftsjahr 2014 im Großen und Ganzen zufrieden. Damit kann man leben. Wenn man genauer nachfragt, gibt es aber auch viel Frust und Ärger. Zum Beispiel,
- dass auch unter schwarz/rot für kleinere Unternehmen nicht viel getan wird. Das betrifft die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen insgesamt und in vielen Fällen auch die Wertschätzung der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft vor Ort in den Kommunen im Besonderen oder
- dass die Politik sogar so weit geht, die gute wirtschaftliche Lage in Deutschland als Ergebnis ihrer guten politischen Arbeit zu verkaufen. Was sehr viele, die Verantwortung in der Wirtschaft tragen und die tagtäglich die Geschäfte von Unternehmen führen, sehr verärgert.
Ob Dokumentationspflichten für den Mindestlohn, Hilfsrechnungen nach der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung oder den neuen EU-Vorschriften zur Umsatzsteuer: Viele Regelungen sind in der Praxis höchst bürokratisch und völlig überdimensioniert. Man hat oft den Endruck, dass das Kontrollbedürfnis der Behörden und nicht praktische Anforderungen die Ausgestaltung von Gesetzen und Verwaltungserlassen bestimmen. So wie die Große Koalition die Legislaturperiode eröffnet hat, ist allerdings zu befürchten, dass diese Entwicklung auch in 2015 nicht stehen bleiben wird.
Konjunktur: Prognosen stehen auf wackligen Füßen
Die Zeiten zuverlässiger Konjunkturvoraussagen sind vorbei. Zwar gehen die meisten Institute für Deutschland immer noch von einem moderaten Wachstum in 2015 aus. Ob die Binnennachfrage stabil bleibt, lässt sich höchstens für das 1. Halbjahr 2015 prognostizieren. Schon im 2. Halbjahr können sich Konjunktur- und Wachstums-Schwächen in einzelnen Märkten, Sektoren und Branchen auf Deutschland auswirken.
Fakt ist: Einige wichtige reale Zahlen weisen bereits wieder nach unter. Aber auch das rechtfertigt keine zuverlässige kurz- und mittelfristige Prognose. Fakt ist, dass die Welt‑, die Binnenwirtschaft und die regionale Wirtschaftsentwicklung in immer kürzeren Zyklen taktet. Für die Krisenmärkte (Russland, Ukraine, mittlerer Osten, EU-Südstaaten) ist keine Entspannung in Sicht. So wie für 2014 zunächst ein gutes Wachstum prognostiziert wurde, das im Laufe des Jahres immer weiter nach unten korrigiert wurde, sieht es mit Blick auf 2015 nicht anders aus.
Wirtschaftspolitik: Für die Großen JA, für die Kleinen NEIN
Die deutsche Wirtschaftspolitik hat nicht viel Einfluss. Hier geht es um Forschungsgelder und Fördermittel, steuerliche Rahmenbedingungen und Wettbewerbsrecht. Oder um Themen wie Organisation der Energiewende, Ausbau der digitalen Netze oder Förderung der Grundlagenforschung. Die meisten dieser Themen haben für kleinere Unternehmen, die regional tätig sind oder auf Sondermärkten agieren, keine oder nur marginale Bedeutung. Eine Neuausrichtung der Mittelstandspolitik dahin, dass mittelständische Firmen gegen die Übermacht der großen Konzerne und die zunehmende Konzentration ganzer Branchen zumindest etwas gefördert werden, wird weiterhin nicht kommen.
Behörden: Bürokratie-Abbau kommt nicht wirklich voran
Bisher hat (fast) jede Regierung als Ziel ausgegeben, Bürger und Unternehmen mit weniger Bürokratie zu belasten. Bisher ist das keiner Regierung gelungen und auch unter einem deutschen EU-Kommissar ist nichts Nennenswertes geschehen. Im Gegenteil: Gerade kleinere Firmen kämpfen täglich mit für außen stehende unvorstellbar vielen, komplizierten und teuren Vorschriften, deren praktischer Sinn sich oft nur schwer oder überhaupt nicht erschließt (Zertifizierungsverfahren, Dokumentationspflichten).
Dazu kommen mehr und mehr Vor-Ort-Kontrollen von Zoll, Gewerbeaufsicht, Wirtschaftskontrolldienst, Außenprüfung der Finanzbehörden, der Rentenversicherung, neu: der Künstler-Sozialversicherung usw.. Vorgänge, die jedes Mal den betrieblichen Ablauf empfindlich stören und zusätzliche (Berater-) Kosten verursachen. Beim Bürokratieabbau ist es nicht damit getan, dass das Bundesfinanzministerium z. B. alte Finanzerlasse abschafft und in einer Liste zum Bürokratieabbau veröffentlicht (Erlasse, die ohnehin nicht mehr gelten). Für viele kleinere Unternehmen ist die Belastungsgrenze mit unproduktiven Kosten (Overhead) schon lange erreicht.
Finanzen: Kleinere Unternehmen müssen flexibler werden
Abseits der großen Probleme um Zinsen und Staatsfinanzen haben viele kleinere Firmen auch in diesem Jahr wieder die Erfahrung gemacht, dass herkömmliche Finanzierungen von mittel- und langfristigen, umfangreicheren Projekten immer schwieriger werden. Und dass, obwohl viele (private und öffentlich-rechtliche) Banken den Geschäftskunden wieder „entdeckt“ haben. Realität ist es aber, dass es nicht die Banken sind, die verlorenes Vertrauen durch neues Geschäftsgebaren zurückgewinnen müssen.
Fakt ist oft, dass es die kleineren Unternehmen sind, die durch totale Transparenz das „Vertrauen“ der Banken gewinnen müssen, um überhaupt eine Finanzierung zu bekommen. Viele, auch kleinere Unternehmen haben reagiert und setzen auf neue Finanzierungsformen. Ob private Investoren oder Anleihen für mittelständische Unternehmen: Dank Internet ist hier Vieles transparenter geworden. Der Wettbewerb von Anlegern um Investitionen in die Realwirtschaft ist für kleinere Unternehmen unterdessen zu einer echten Chance geworden. Stichwort: Crowdfunding. Diese Form der Mittelstandsförderung wird weiter ausgebaut werden.
Arbeitsmarkt: Kleinere Unternehmen brauchen neue Ideen
Das Thema Mitarbeiter bleibt das Kernthema der nächsten Jahre für kleinere Unternehmen. Der Arbeitsmarkt für Qualifizierte ist leer gefegt und die demographische Entwicklung gibt vor, dass sich daran in den nächsten Jahren auch nichts ändern wird. Als Arbeitgeber müssen Sie den Wettbewerb um Arbeitskräfte annehmen, das Thema zur Chefsache machen und kreative Ideen entwickeln, um gute Mitarbeiter zu binden und neue zu finden. Immenser Druck kommt zusätzlich vom Gesetzgeber. Hier nur einige Stichworte: Mindestlohn, und die Ausweitung von Sozialansprüchen für Arbeitnehmer (Elternzeit, weitere Flexibilisierung der Teilzeitarbeit, Entgeltgleichheit) wirken sich insbesondere auf die Lohnkosten von kleineren Firmen überproportional aus.
Dazu kommen die Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt bei den Werkverträgen und Leiharbeitnehmern. Alle diese Vorgaben haben sich und werden sich weiter auf die Arbeitskosten auswirken und insbesondere für kleinere und mittelgroße Betriebe für zusätzliche Probleme bei der Personalbeschaffung sorgen. Ihre Nachteile im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter gegenüber Großunternehmen werden zunehmen.
Geschäftsführer privat: Der Druck lässt nicht nach
Wir alle spüren und wissen, dass die Anforderungen an die Geschäftsführung in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Das belegt nicht zuletzt die steigende Zahl von Burnouts – also von berufsbedingter Überlastung insbesondere auch bei Unternehmensnachfolgern. In den letzten Jahren sind die Zahlen stark gestiegen. Für den Geschäftsführer sind es drei Themen, die ständige Herausforderungen sind:
- Auf sich schneller ändernden Märkte müssen Unternehmen immer schneller reagieren und Ihre Organisation flexibel halten. Dagegen steht das Beharrungsvermögen vieler Mitarbeiter, die eine Umsetzung von Neuerungen erschweren.
- Der Entscheidungsumfang für die Geschäftsführung nimmt permanent zu. Ob IT-Investitionen, Strategie, Umweltauflagen oder Arbeitsrecht: Als Geschäftsführer müssen Sie in der Lage sein, immer mehr und immer komplexere Situationen schnell und sicher zu beurteilen und daraus die richtigen Entscheidungen abzuleiten.
- Der finanzielle Spielraum ist enger geworden. Banken verlängern Kredite nicht mehr ohne weiteres. Der Wettbewerb ist so intensiv, dass höhere Preise kaum durchzusetzen sind. Als Geschäftsleiter müssen Sie mit Ihrer Person und mit Ihrer Performance für die Finanzen des Unternehmens gerade stehen. Auch hier sind Sie gefordert.
Dazu kommt das private Umfeld. Fast alle Unternehmer-Beziehungen sind vom stressigen Geschäfts-Alltag geprägt. Es bleibt wenig Zeit, sich um die Familie, um Ausbildung und Erziehung oder um eine ausgleichende Freizeitgestaltung zu kümmern. Alles Dinge, die sich über die Jahre nachteilig auswirken und zusätzliche Probleme schaffen (Gesundheit, Unternehmensnachfolge, Trennung). Sie bleiben auch 2015 gefordert – geschäftlich und privat.
Erholsame Feiertage und einen guten Start in 2015 wünscht Ihnen
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief
Lothar Volkelt