In Sachen Corona-Mietminderung sind zahlreiche Verfahren anhängig, zum Teil bereits abgeschlossen. Hier gibt es einen – jederzeit aktualisierten – Überblick über eben diese Entscheide. Unser Beratungshinweis siehe unten.
Die Rechtslage: Seit 1.1.2020 gilt – eine Pandemie gilt als Störung der Geschäftsgrundlage bei Mietverträgen (§ 313 BGB). Dennoch: Hier muss der Einzelfall geprüft werden. Für daraus resultierenden Rechtsstreitigkeiten gilt ein ein Vorrangs- und Beschleunigungsgebot (BT-Drucksache 17/25322)
Für Mietminderung: Ein interessantes Urteil für alle Unternehmen, die von einer Schließung / Begrenzung der Kundenzahl und/oder der Verkaufsfläche (Handel, Gastronomie, Reisebüro usw.) betroffen sind, kommt vom Landgericht (LG) München: Solche Maßnahmen begründen einen Anspruch auf Mietminderung. Konkret: Wer nur noch halb so viele Kunden wie bisher empfangen kann, darf die Miete um ca. 50 % mindern. Quelle: LG München, Urteil v. 22.9.2020, 3 O 4439/20.
Aus dem Urteil: „Der Mietzweck ist durch die öffentlich rechtlichen Corona-Beschränkungen erheblich gestört worden. Diese Beschränkungen fallen auch nicht in den Risikobereich der beklagten Mieterin. Daran ändere auch eine vereinbarte Klausel nichts, wonach die Mieterin verpflichtet sei, auf ihr Risiko alle weiteren etwaigen für ihren Betrieb erforderlichen behördlichen Genehmigungen einzuholen und aufrechtzuerhalten”.
Gegen Mietminderung: Dazu gibt es aber auch aktuell eine Entscheidung ebenfalls vom Landgericht München – in Sachen C&A‑Filiale in der Münchner Innenstadt. Hier halten es die Richter für vertretbar, wenn – angesichts der zurückliegenden 3 erfolgreichen Geschäftsjahre – vom Unternehmen eine Rücklage in Höhe einer Monatsmiete gebildet ist und auf die zurückgegriffen werden kann. Eine Mietkürzung ist nicht zulässig. C & A wird wohl in die nächste Instanz gehen – wir halten Sie auf dem Laufenden (LG München, Urteil v. 12.2.2021, veröffentlicht bei BECK aktuell). Neben C&A haben weitere Einzelhandelsketten während der ersten Corona-Welle die Mietzahlungen eingestellt oder gekürzt, so der Schuhhändler Deichmann und die H&M‑Boutiquen.
Für die Praxis: Offensichtlich unterscheidet das LG hier nach „Leistungsfähigkeit”. Dennoch: Kleinere Unternehmen mit hohem Mietkostenanteil, sind gut beraten, entweder nachzuverhandeln, den Rechtsweg in die Verhandlungen einzubringen, anzudrohen oder sogar einzuschlagen. Als Betroffener sollten Sie das dennoch nutzen. Umgekehrt: Wer vermietet, sollte den Minderungsanspruch genau nachrechnen. Kriterium laut Urteil: „Für die Zeit der weitgehenden Schließung des Geschäfts (hier: Möbel) könne die Miete um 80% gemindert werden. Für den Monat Mai, in dem im ersten Drittel die Verkaufsflächenbeschränkung – es konnten daher nur 25% der Fläche genutzt werden – und die Begrenzung des Kundenaufkommens und anschließend nur noch letztere gegolten habe, könne die Miete um 50% gemindert werden. Für den Juni, in dem es nur die Begrenzung des Kundenaufkommens gegeben habe, sei nur noch eine Minderung der Miete um 15% gerechtfertigt”.
Weitere Urteile in der Sache:
OLG Karlsruhe: Pflicht zur vollen Mietzahlung trotz Corona-Schließung (Urteil v. 24.2.2021, 7 U 109/20, kommentiert bei BECK)
OLG Dresden: Geschäft muss im Lockdown nur halbe Miete zahlen (Urteil v. 24.2.2021, 5 U 1782/20, kommentiert bei BECK)
Amtsgericht Oberhausen: Kampfkunstschule muss nicht die volle Miete zahlen (Urteil v. 6.10.2020, 37 C 863/20)
ACHTUNG: Es ist davon auszugehen, dass in der Sache abschließend vom Bundesgerichtshof entschieden wird. Bis dahin gilt: Betroffene Unternehmen sind gut beraten, ihr Verfahren offen zu halten – mit Hinweis auf das höhergerichtliche Urteil, dass zu ihren Gunsten spricht.