GF/Haftung: Insolvenzhaftung bleibt … + GmbH/Steuer: Die aktuelle Liste der Prüffelder für GmbH/UG + Geschäftsführer-Perspektive: virtuell und kostensparend + Praktisch … : Noch mehr Hilfen für Unternehmen + Digitales: Von der Reklame zum Influencer + Terminsache: Meldung zu den GmbH-Anteilen + Die Bank-Haftung: Umsatzsteuer auf einem Kunden-Konto + Abfindungszahlung: Insolvenz einer GmbH & Co. KG + Pflichtoffenlegung: Tochter-GmbHs sind nicht automatisch befreit
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Der Volkelt-Brief 22/2020 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 29. Mai 2020
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
trotz Zuschüssen und Kredithilfen: In vielen GmbHs – so berichten es die Kollegen/Innen – wird weiterhin fieberhaft gerechnet, wie das Geschäftsjahr gerettet werden kann, ohne dass eine kritische rote Linie überschritten werden muss (vgl. zuletzt Nr. 15/2020). Stichwort: Insolvenz. Ganz auf die Schnelle hat der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht für den GmbH/UG-Geschäftsführer bis zum 31.12.2020 ausgesetzt. Aber – und darauf weisen unterdessen alle GmbH-Experten nach ausführlichem Studium der rechtlichen Grundlagen hin: Die neue Rechtslage entbindet den Geschäftsführer nur von der Haftung gegen Verstöße gemäß § 64 GmbH-Gesetz (Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung).
Die neue Rechtslage entbindet aber nicht gegen Pflichtverstöße nach § 43 des GmbH-Gesetzes (Haftung des Geschäftsführers). Danach gilt: „Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden”. Im Klartext heißt das: Wer in der Krise einfach weiter wirtschaftet wie bisher, geht ein hohes Risiko ein, schlussendlich mit dem Privatvermögen für offene Forderungen der GmbH/UG – sei es von Gläubigern, der Sozialversicherung oder den Steuerbehörden – einstehen zu müssen.
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GmbH/Steuer: Die aktuelle Liste der Prüffelder für GmbH/UG
Jährlich veröffentlicht die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen (NRW) die Liste der Prüfungsschwerpunkte für das laufende Steuerjahr – wir berichten dazu regelmäßig an dieser Stelle (vgl. zuletzt Nr. 20/2020). Anbei die von den NRW-Behörden ermittelten Prüfungsschwerpunkte für GmbH/UG – orientieren Sie sich an der folgenden Liste und bereiten Sie sich zusammen mit Ihrem Steuerberater auf den Prüfungsfall vor bzw. gestalten Sie entsprechend:
- Gewinneinkünfte (gemäß § 15 und § 18 EStG)
- Verlustabzug bei Körperschaften (§ 8c KStG)
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG)
- Sonderausgaben (§ 10 EStG): Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen
- Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG)
- Überschusseinkünfte (§ 21 EStG): Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Erstjahr
- Darlehensbeziehungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschafter
- Kirchensteuer auf Abgeltungssteuer als Sonderausgaben
- Erhaltungsaufwendungen bei Einkünften gemäß § 21 EStG
- Erstmalige doppelte Haushaltsführung (§ 19 EStG)
- Erstmalige Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit einer außergwöhnlichen Belastung
Diese Aufstellung gilt zunächst nur für Nordrhein-Westfalen (NRW). Die übrigen Bundesländer – zumindest die mit SPD-Regierungsbeteiligung – werden sich erfahrungsgemäß am wirtschaftsstärksten Bundesland orientieren, so dass die Liste gute Anhaltspunkte liefert, worauf man als privater Steuerzahler bzw. als GmbH-Geschäftsführer vorbereitet sein sollte. Welches Finanzamt in NRW sich auf welche Bereiche spezialisiert, können Sie aus einer Liste entnehmen, die von den OFDen veröffentlicht wurde und im Internet über den Link oben abgerufen werden kann.
Achtung: Im Einzelfall ist das jeweilige Finanzamt nicht an diese Punkte gebunden. Der Steuerprüfer kann also bei entsprechenden Anhaltspunkten auch andere Vorgänge prüfen. Erfahrungsgemäß orientieren sich die Finanzbeamten an den Punkten, die den meisten „Umsatz” – sprich Steuernachforderungen – einbringen. In den meisten Finanzverwaltungen wird unterdessen streng auf wirtschaftliches Arbeiten geachtet. Die für GmbHs wichtigen Steuerfälle haben wir für Sie mit Fettschrift hervorgehoben.
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Geschäftsführer-Perspektive: virtuell und kostensparend
Rund 40% aller GmbH/UG sind Einpersonen-Gesellschaften – haben also nur einen Gesellschafter/in und damit keine Probleme mit divergierenden Meinungen um die Geschäftspolitik. Etwa 35 % aller GmbH/UG sind Zweipersonen-GmbH/UG. Immerhin 15 % aller GmbH/UG haben 4 und mehr Gesellschafter – bis zu 20 Gesellschaftern und mehr. Das sind immerhin 120.000 Unternehmen, die jährlich mindestens eine formal korrekte und rechtlich unangreifbare Gesellschafterversammlung abhalten müssen. Das ist sogar in digitaler Form möglich – auch mit rechtlich verbindlichem Beschluss-Votum. Einige der großen Aktiengesellschaften haben das unterdessen vorgemacht. Zum Beispiel: Die Munich Re sammelte erste Erfahrungen mit dem neuen Format und ließ sich ihre erste virtuelle Hauptversammlung immerhin 1,1 Mio. EUR kosten. Experten kritisierten das etwas spröde Format – etwa zu langatmige CEO-Vortragsausführungen ohne eingespielte Videos oder animierte Grafiken. Aber das wird schon. Man ist zuversichtlich. Erfreulicher Nebeneffekt: Die Präsenzveranstaltung kostete rd. 2,4 Mio. EUR und damit mehr als doppelt so viel. M. E. ein guter Grund, auch in der GmbH/UG über die virtuelle Gesellschafterversammlung nachzudenken. Mit freundlichen Grüßen.
Praktisch … : Noch mehr Hilfen für Unternehmen
Betrifft … | Darum geht es … | to do … |
Das neue Corona-Hilfspaket | Für die Mitarbeiter-Bindung: Bezuschussen Sie einen Mitarbeiter zum Kurzarbeitergeld (max. 80 % des Entgelts), bleibt der sozialversicherungs- und steuerfrei. Bares vom Finanzamt (FA): Corona-Verluste können rückwirkend verrechnet werden. Das FA zahlt die gezahlte Steuer zurück. | Diese Steuerhilfen gibt es vom 1.3.2020 bis 31.12.2020. Infos zum Hilfspaket > Hier anklicken. (TOPs für Ihren nächsten Steuertermin) |
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Digitales: Von der Reklame zum Influencer
Reklame war. Marketing in digitalen Zeiten heißt Influence – frau/man plaudert im Alltagsjargon über die vermeintlichen Themen des Lebens, veröffentlicht in den Sozialen Medien der Jugend – auf Youtube, Instagram, Facebook oder auf Musikplattformen wie Tiktok, Spotify – und verkauft ganz nebenbei jede Menge Consumer-Produkte. Die Marketing-Ikonen der digitalen Zeit heißen Cathy Hummels, Pamela Bär oder Rezo – das ist der Youtuber, der mit einer CDU-Schelte über Nacht zum Influencer-Medienstar krönte.
Allerdings darf man nicht glauben, dass es sich dabei noch – wie in den Anfangszeiten – um private Newcomer handelt, die zu Hause mit dem Smartphone Bildchen machen und ins Netz stellen. In den meisten Fällen stecken dahinter professionelle Agenturen, die unterdessen – wie z. B. die Bertelsmann-RTL-Tochter Divimove – dreistellige Millionenumsätze machen und mit professionellem Equipment und semi-professionellen Influencer-Schauspielern/Innen ans Werk gehen. Gedreht wird im richtigen Studio und jedes dramaturgische Element ist optimiert. Das Budget für Influencer-Marketing in Deutschland lag 2018 bei 550 Mio. EUR, 2019 stieg das Volumen bereits auf fast 800 Mio. EUR. Und der Markt wächst weiter. Etwa in die B2B-Geschäfte, in digitale Messen oder als Content-Marketing für die Wirtschaft und die Politik.
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Terminsache: Meldung zu den GmbH-Anteilen
Spätestens zum 31.5. müssen GmbHs, die Anteile an einer anderen Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter zum Buchwert übernommen haben, dem Finanzamt gegenüber darlegen, „dass sie noch im Besitz der Anteile sind“. Damit stellt das Finanzamt sicher, dass die 7‑jährige Sperrfrist für eine Weiterveräußerung der steuerfrei erworbenen Anteile eingehalten wird (§ 16 EStG). Das gilt für alle GmbHs, die in den letzten 7 Jahren eine Beteiligung an einer anderen GmbH von einem Gesellschafter, der eine natürliche Person ist, und der statt eines Kaufpreises eine Beteiligung an der GmbH erhalten hat. Als Geschäftsführer sind Sie verantwortlich da-für, dass die Meldung an das Finanzamt jeweils zum 31.5 des Jahres rechtzeitig und über die gesamte Frist von 7 Jahren eingehalten wird.
Ohne diese Meldung geht das Finanzamt davon aus, dass die Anteile weiter veräußert wurden und versteuert automatisch die stillen Reserven nach. Ist der Apparat erst einmal in Gang gesetzt, muss der Veräußerer und neue Gesellschafter gegen den entsprechenden Steuerbescheid Einspruch einlegen bzw. den Nachweis erbringen, dass der Anteil nicht weiterveräußert wurde. Haben Sie den Anteil innerhalb der 7‑Jahresfrist aber bereits weiterveräußert wird das teuer: Ist der Wert des Anteils auch schon vor Ihrem Erwerb außerordentlich gestiegen ist, müssen Sie die gesamte Wertsteigerung dieser stillen Reserven versteuern.
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Bank-Haftung: Umsatzsteuer aus einem Kunden-Konto
Hat eine insolvenzbedrohte GmbH/UG Forderungen aus einem Kundenkonto an die Bank abgetreten, muss die Bank dafür sorgen, dass die darin enthaltene Umsatzsteuer ordnungsgemäß den Finanzbehörden gemeldet und fristgerecht abgeführt wird. Das Finanzamt nahm die Bank für die in den auf den Konten der GmbH eingegangenen Forderungen enthaltenden Umsatzsteuerbeträge in Haftung (gemäß § 13c UStG). Aufgrund der Kontoüberziehungen sind die Beträge als von der Bank vereinnahmt anzusehen (FG Münster, Urteil v. 23.4.2020, 5 K 2400/17 U).
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Abfindungszahlung: Insolvenz einer GmbH & Co. KG
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt über den Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters aus einer GmbH & Co. KG entschieden – und zwar für sein Ausscheiden aus der (insolventen) Komplementär-GmbH. Danach gilt: „Die Abfindungsforderung, deren Auszahlung gegen das Kapitalerhaltungsgebot (hier: §§ 30,31 GmbH-Gesetz) verstößt, ist erst bei der Schlussverteilung des verbliebenen GmbH-Vermögens anteilig zu berücksichtigen” (gemäß § 199 InsO). Das gilt auch dann, wenn die Abfindung zum Zeitpunkt des Ausscheidens und auch noch ein Jahr danach aus dem freien Vermögen der GmbH hätte bedient werden können. U. U. besteht sogar eine Rückgabepflicht der bereits ausgezahlten Abfindung, wenn die GmbH in zeitlichem Zusammenhang Insolvenz anmelden muss (BGH, Urteil v. 28.1.2020, II ZR 10/19).
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Pflichtoffenlegung: Tochter-GmbHs sind nicht automatisch befreit
GmbHs, die Tochterunternehmen von (EU) Konzernen sind, brauchen sich um eine Pflichtveröffentlichung des Jahresabschlusses nicht zu kümmern. Die Offenlegung erfolgt im Rahmen des Konzernabschlusses. Als Geschäftsführer sollten Sie sich aber nicht darauf verlassen, dass die Konzern-Mutter Alles korrekt erledigt. Hierzu gibt es ein Urteil des Landgerichts (LG) Bonn, das für alle Tochter-GmbHs gilt. Veröffentlicht die Muttergesellschaft den Konzernabschluss nicht innerhalb der Frist (zum 31.12. nach Ablauf des Geschäftsjahres bzw. 6 Wochen nach Fristsetzung für die Nachmeldung), hat das Konsequenzen. Das Bundesamt für Justiz kann auch gegen die Tochter-GmbH wegen Nicht-Erfüllung der Offenlegungspflichten Bußgeld androhen bzw. festsetzen (Urteil v. 27.3.2012, 35 T 693/11). Dokumentieren Sie den Eingang der Bußgeldandrohung und leiten diesen umgehend an die zentrale weiter.
Eine informative Lektüre und ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
Lothar Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief