Krisen-Strategie: Preiserhöhungen gegen Umsatzeinbußen + BUV: Was tun, wenn der Versicherer nicht zahlt? + Geschäftsführer-Perspektive: Frauenquote für Beirat und Geschäftsführung + Geschäftsführung praktisch: Soforthilfen und Zuschuss + Digitales: IT-Service in kontaktlosen Zeiten + GmbH/Sanierung: Was tun, wenn ein Gläubiger blockiert? + GmbH-Geschäftsführer: Erschwerter Zugang zum Arbeitsgericht + GmbH/Finanzen: Bund fördert Corona-Beratungsbedarf + Wie lang kann der Insolvenzverwalter auf das Privatvermögen des Geschäftsführers zugreifen? + Falschberatung: Haftung des Steuerberaters
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Der Volkelt-Brief 16/2020 > Download als PDF - lesen im „Print”
Freiburg, 17. April 2020
Sehr geehrte Geschäftsführer-Kollegin, sehr geehrter Kollege,
„Dann muss ich eben die Preise erhöhen” – so die Reaktion einer Kollegin auf die Frage, ob und wie sie den Umsatzverlust der vergangenen Wochen mit Blick auf das gesamte Geschäftsjahre und den benötigten Umsatz ausgleichen will. Andere aus den betroffenen Branchen sehen das eher mit Zurückhaltung und stellen sich auf eine insgesamt härtere Wettbewerbssituation in der Zeit nach Corona ein. Hier hält man Preiserhöhungen nicht für das geeignete Mittel, um Umsatzausfälle zu kompensieren. Fakt ist: Es gibt keine Blaupause für diese Situation. Am besten werden die Kollegen/Innen fahren, wenn sie sich genau und laufend anschauen, wie die Branche reagiert und welche Ratschläge vom Branchenverband kommen. Fakt ist allerdings auch, dass Nachzügler bei Preiserhöhungen die schlechteren Karten haben – der relative Umsatzverlust im Vergleich zur Konkurrenz ist dann nicht mehr auszugleichen.
In der Immobilienbranche geht man davon aus, dass die Preise im nächsten Jahr langsamer und nur noch moderat steigen werden. Die Preise für Rohöl sind unten – allerdings nicht Corona-bedingt. In der Statistik wirken sich beide Positionen überproportional auf den Preis-Index aus. Dagegen steht: In allen direkt betroffenen Branchen (Gastronomie, Messen, Logistik, Tourismus usw.) wird das Controlling neu rechnen. Im Zweifel mit – spürbar – steigenden Angebotspreisen. Nachverhandeln kann man immer.
Arbeitshilfe: Excel-Tabelle Deckungsbeitragsrechnung
Phantasie ist gefragt. Denkbar sind z. B. gespreizte Preiserhöhungen mit (moderaten) Erhöhungen für Neukunden und Preisstaffeln für Bestandskunden – je nach Liefermengen und Bestellhäufigkeiten. Ihr Controlling ist gefordert.
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BUV: Was tun, wenn der Versicherer nicht zahlt?
Event-Veranstalter, Hoteliers und Gastronomen oder Arztpraxen: Das sind die typischen Branchen, die eine Betriebsunterbrechungsversicherung (BUV) abgeschlossen haben, um sich gegen außergewöhnliche Umsatzrückgänge abzusichern – z. B. gegen solche Ereignisse wie jetzt die Corona-bedingten Schließungen und Veranstaltungsabsagen. Viele Versicherer zahlen nicht. Der Bundesverband der Versicherungsmakler zeigt sich enttäuscht und mahnt eine Image-Krise der Branche an. Hier einige Informationen und Hinweise, wie Sie als Geschäftsführer richtig vorgehen. Fakt ist: Versicherer verweisen auf ihre AGB. Z. B. die AXA-Gruppe. Hier beruft man sich auf folgende Rechtslage:
- Allgemein zur Betriebsunterbrechungsversicherung: „Wenn es aufgrund des Coronavirus zu einer Betriebsunterbrechung kommt, besteht über die klassische Betriebsunterbrechungsversicherung kein Versicherungsschutz. Grund dafür ist, dass diese als auslösendes Ereignis einen Sachschaden an einer dem Betrieb dienenden Sache haben muss. Ebenso besteht kein Versicherungsschutz, wenn es aufgrund des Coronavirus zu Lieferengpässen oder Ausfall von Lieferketten kommt. Auch über die „Unbenannten Gefahren“ besteht kein Versicherungsschutz, da Seuchen hier explizit ausgeschlossen sind“.
- Zur Event-Branche: „Fällt die Veranstaltung aufgrund „Verfügung von hoher Hand“, z. B. einer behördlichen Absage aus, besteht nur dann Versicherungsschutz, wenn die individualvertragliche Deckungserweiterung „Verfügung von hoher Hand“ eingeschlossen wurde“.
- Arzt-Praxen: „Sollte es eine behördliche Anordnung zur Quarantäne geben, von der Sie mit Ihrer versicherten Praxis betroffen sind und die dazu führt, dass Sie Ihrer Tätigkeit nicht weiter nachgehen können, greift der Versicherungsschutz“. Anmerkung: Einrichtungen der medizinischen Versorgung sind ausdrücklich nicht von der behördlichen Schließung betroffen.
- Andere (Hotel, Gastronomie, Messen): „Voraussetzung für eine Versicherungsleistung ist die offizielle Schließung des Betriebs durch die zuständige Behörde beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger und/oder wenn die Vernichtung von Waren und Vorräten angeordnet wird. Eine Entschädigung ist in vielen Fällen jedoch vom Versicherungsvertrag und dem konkreten behördlichen Vorgehen im Schadensfall abhängig“.
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Geschäftsführer-Perspektive: Frauenquote für GmbH-Beirat und Geschäftsführung
Im GmbH-Gesetz gibt es bereits den § 36, der die Quotenfrage für mitbestimmte Unternehmen in der Rechtsform der GmbH regelt. Danach gilt: „Die Geschäftsführer einer Gesellschaft, die der Mitbestimmung unterliegt, legen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführer Zielgrößen fest. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein”. Jetzt zieht der Gesetzgeber die Zügel in Sachen Quote weiter an. Für börsennotierte Aktiengesellschaften soll nach dem Entwurf eines Zweiten-Führungspositionen-Gesetzes gelten: Ab mindestens 4 Vorstandsmitgliedern muss dann mindestens eine Frau im Vorstand vertreten sein. Mitbestimmte GmbHs – die ja nicht börsennotiert sind – sind danach erst einmal außen vor. Für deren Geschäftsführungen bliebe also erst einmal Alles beim Alten.
Vorerst: Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber weiter evaluieren wird. Sieht der Gesetzgeber nicht, dass die gewollten Veränderungen eintreten, ist es eine Frage der Zeit, wann auch die 340 mitbestimmten GmbHs mit neuen gesetzlichen Vorgaben für den Aufsichtsrat/Beirat und für die Geschäftsführung rechnen müssen. Noch handelt es sich um einen Entwurf, der noch nicht „öffentlich” ist. Mit freundlichen Grüßen.
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Geschäftsführung praktisch: Soforthilfen und Zuschuss
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Digitales: IT-Service in kontaktlosen Zeiten
Viele Kollegen/Innen haben in den letzten Tagen und Wochen Erfahrungen dazu sammeln können, wie der Geschäftsbetrieb im Home-Office-Modus läuft und wie gut Ihre IT/IT-Dienstleister die Umstellung organisiert haben. In den meisten Unternehmen hat man sich – wie zahlreiche Rückmeldungen bestätigen – schnell auf die neue Arbeitssituation eingestellt. Auch die hauseigene IT konnte sich in den meisten Fällen gute Noten erarbeiten.
Kleinere Unternehmen, die einen externen IT-Dienstleister einschaltet haben, machten durchweg gute Erfahrungen mit der TeamViewer-Software – ein deutsches StartUp, das 2019 den Börsengang riskierte und bis heute wohl auch nicht ohne guten Grund einen sehr guten Start und Einstand hinlegen konnte. Das Erfolgsrezept: Der externe Dienstleister kann sich via Internet direkt im PC/Notebook/Tablet einloggen und vor Ort Service leisten (sog. Fernsupport). Für die meisten der Kollegen/Innen, die diesen Service bisher nicht kannten, ist der TeamViewer schon nach kürzester Zeit nicht mehr wegzudenken. IT-Support ist damit nicht nur schneller, sondern auch günstiger geworden.
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GmbH/Sanierung: Was tun, wenn ein Gläubiger blockiert?
Für die Kollegin/Innen, die sich in der Krise zu einer Sanierung der GmbH entschlossen haben, haben wir bereits zum Ablauf des Verfahrens berichtet (vgl. Nr. 15/2020). Entscheidender Teil des Verfahren ist der Sanierungsplan, in dem die wesentlichen wirtschaftlichen und finanziellen Fragen zum Neustart des Unternehmens zusammengefasst werden. Wichtig: Der Plan muss von allen Gläubigern getragen werden. Widerspricht nur einer der Gläubiger, stockt das Verfahren. In der Praxis wird man verhandeln – und den Gläubiger davon überzeugen, dass auch er mit einer Sanierung in der Regel besser gestellt ist als mit einer Abwicklung der GmbH. Wird der Fortsetzungsbeschluss ohne die Zustimmung aller Gläubiger gefasst und zur Eintragung beim Registergericht angemeldet, wird das Gericht die Eintragung ablehnen. Die GmbH wird anschließend liquidiert. Das kann aber auch passieren, wenn der Sanierungsplan fehlerhaft oder unvollständig ist.
Ein Fall aus der Praxis: Der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer hatte zusammen mit seinen (wenigen) Gläubigern einen Sanierungsplan verabschiedet. Allerdings fehlte eine konkrete Fortführungsplanung. Das entschhiede das Oberlandesgericht Celle: „Eine GmbH kann nach Aufhebung des Insolvenzplanverfahrens nicht kraft Fortsetzungsbeschlusses ihres Alleingesellschafters fortgesetzt werden, wenn der Insolvenzplan keine Fortführungsplanung enthält” (OLG Celle, Beschluss v. 8.3.2019, 9 W 17/19). Aber: Diesen Fehler können Sie nachbessern – selbst dann, wenn es dauert (ca. 6 Monate und mehr). Das OLG Celle hält dann eine Weiterführung der Geschäfte im Wege einer Neugründung für möglich. Im Ergebnis entspricht das einer Fortführung der GmbH.
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GmbH-Geschäftsführer: Erschwerter Zugang zum Arbeitsgericht
In einem für Geschäftsführer ausgesprochen nachteiligen Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) in Köln, hat das Gericht den Weg zu einem Arbeitsgericht erschwert. Ein gekündigter Geschäftsführer wollte nach seiner Abberufung gegen die Kündigung vor einem Arbeitsgericht klagen kann. Begründung: Mit Beendigung der Organstellung gehört er nicht mehr zu den Personen, der keine Arbeitnehmer sind. Das Landesarbeitsgericht hält diese Begründung aber für nicht stichhaltig. Dem Geschäftsführer wurde der Rechtsweg zu einem Arbeitsgericht verwehrt (LAG Köln, Beschluss v. 13.12.2019, 9 Ta 186/19).
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GmbH/Finanzen: Bund fördert Corona-Beratungsbedarf
Unternehmen, die wegen der Corona-Folgen externe Beratung in Anspruch nehmen (Fördermittelberatung, Marketing-Beratung, Digitalisierungs-Prozesse usw.) erhalten einen Zuschuss von bis zu 4.000 EUR. Ausführliche Informationen zur Antragsberechtigung, zum Antragsverfahren und zu den geförderten Beratungsleistungen bzw. den dazu zertifizierten Beratern gibt es auf den Internet-Seiten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) unter www.bafa.de/unb. Die Rahmenrichtlinien zur Förderung unternehmerischen Know-Hows gibt es hier und sind auch im Bundesanzeiger veröffentlicht > https://www.bundesanzeiger.de.
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Wie lang kann der Insolvenzverwalter auf das Privatvermögen des Geschäftsführers zugreifen?
Wird das Insolvenzverfahren über die GmbH eröffnet, prüft der Insolvenzverwalter regelmäßig, ob die Geschäftsführung die Insolvenzantragsfrist (3 Wochen) eingehalten hat. Ist das nicht der Fall, kann der Insolvenzverwalter unzulässige Auszahlungen bzw. den daraus der GmbH entstandenen Schaden gegen den Geschäftsführer durchsetzen. Laut OLG München gilt dabei: „Der Anspruch des Insolvenzverwalters gegenüber einem früheren Geschäftsführer einer GmbH für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit verjährt in fünf Jahren” (§ 64 Satz4, § 43 Abs. 4 GmbH-Gesetz). Die Frist beginnt mit der Entstehung des Anspruchs (OLG München, Urteil v. 25.7.2019, 23 U 2916/17).
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Falschberatung: Haftung des Steuerberaters
Ein Steuerberater handelt grob schuldhaft, wenn er in Kenntnis von der Entstehung eines Auflösungsverlustes bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung den Stand des Insolvenzverfahrens nicht ermittelt. So entschieden vom Finanzgericht (FG) Hamburg in einem Verfahren gegen eine insolvente GmbH, deren Insolvenzverfahren zwar noch nicht mit der offiziellen Beendigung der Gesellschaft abgeschlossen war, der Steuerberater aber mit einem entsprechenden Verlust rechnen musste. Der Steuerberater muss für den entstandenen Schaden aufkommen (FG Hamburg, Urteil v. 22.3.2019, 3 K 33/18).
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Eine informative Lektüre und ein erholsames Wochenende wünscht
Ihr
L. Volkelt
Dipl. Volkswirt, Herausgeber + Chefredakteur Volkelt-Brief